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Der 12. Sportbericht der Bundesregierung

  • von

Wolfgang Zängl

13.6.2011

Der 12. Sportbericht der Bundesregierung: DOSB-Spitzensport vor Breitensport

Gliederung:

I Prolog
II Der Antrag „Gesellschaftliche Bedeutung des Sports“

Der 12. Sportbericht der Bundesregierung
Vorwort von Thomas de Maizière

A. Allgemeine Rahmenbedingungen der Sportpolitik
1. Sportpolitik der Bundesregierung
2. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
2.1 Verfassungsrechtlicher Schutz sportlicher Betätigung
2.2. Verfassungsrechtliche Kompetenzregelung
3. Selbstverwaltung des Sports
4. Staat und Sport
5. Finanzierung des Sports
5.1 Autonomie des Sports
5.4 Staatliche Förderung des Sports

B. Förderung des Spitzensports
1. Deutscher Olympischer Sportbund
1.3 Olympische Spiele 2008 und 2010

2.3 Wettkampfprogramm
2.5 Förderung
4.2 Spitzenförderung der Bundeswehr
4.3 Spitzensportförderung durch die Bundespolizei
4.4 Spitzensportförderung der Bundeszollverwaltung (Zoll Ski Team)
5. Leistungssportpersonal
6. Trainerakademie
8. Talentsuche/Talentförderung/Nachwuchsleistungssport
9. Sport der Menschen mit Behinderung
10. Dopingbekämpfung
11. Sportmedizinische Betreuung
12. Stiftung Deutsche Sporthilfe (DSH)
13. Sportwissenschaften
14. Auszeichnungen von Spitzensportlerinnen und -sportlern
16. Olympiabewerbung München 2018

C. Maßnahmen des Bundes im Breitensport
6. Kinder- und Jugendsport

E. Gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports
3. Sport und politische Bildung
6. Sport und Umwelt

7. Sport und Wirtschaft
8. Internationale Sportförderung

F Gegenwärtige Planungen und Perspektiven

III Fazit

Abkürzungsverzeichnis

—————————

I Prolog

Die offizielle Bezeichnung des Sportberichts lautet: Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, Drucksache 17/2880, 3.9.2010, Unterrichtung durch die Bundesregierung, 12. Sportbericht der Bundesregierung (im Internet hier). Die Zusammenstellung des Sportberichts ist teils unzusammenhängend, teils wirr: Ich habe mich dennoch bemüht, seine Gliederung zu erhalten.

Der Sportbericht hat 130 Seiten. Nur die Seiten 71 bis 85 beschäftigen sich mit dem Breitensport, die Seiten 10 bis 70 sind dem Spitzensport gewidmet – wen wundert es angesichts dessen kommerzieller Übermacht. Der Spitzensport hat Priorität.

Seine zahlreichen Gremien und Institutionen erhalten jährlich viele Millionen Euro Fördermittel von staatlichen Stellen – hier vor allem des Innenministeriums. Im Berichtszeitraum 2006 bis 2009 wurden vom Bund über 841 Millionen Euro Bundesmittel für den Spitzensport bereitgestellt.

Der Sportbericht zeigt vor allem eines: wie die Lobbyisten des DOSB-Sports die Republik, die politischen Institutionen und die Öffentlichkeit bearbeiten, um ihren Einfluss und die Geldmittel für den Spitzensport immer noch weiter zu steigern. Das Fazit dazu steht am Schluß unter III: Hier wird deutlich, wie raffiniert die Sportverbände den Staat um finanzielle und politische Unterstützung angehen.

Die von mir ausgewählten Zitate aus dem Sportbericht verdeutlichen den heute üblichen Primat des Spitzensports und rechtfertigen recht offen die üppige Alimentierung mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten. Sie zeigen auch die dahinter stehende Ideologie: Spitzensport ist gut, nützt allen, fördert das Zusammenleben, die Völkerverständigung, den Weltfrieden – was eben auch das IOC erklärt.

Die Gliederung folgt den Punkten im Sportbericht. Ich zitiere im folgenden aus diesem Bericht: Die Seitenzahlen stehen in Klammern, meine Kommentare sind kursiv, meine Hervorhebungen fett.

II Der Antrag „Gesellschaftliche Bedeutung des Sports“

Die Haltung der Bundespolitik – und die Lobbyarbeit des DOSB, seiner Verbände und anderer Sportgremien – wird deutlich in dem Antrag Gesellschaftliche Bedeutung des Sports, der von Abgeordneten der CDU/CSU und SPD am 3.12.2008 gestellt und von den Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU), Peter Ramsauer (CSU) und Peter Struck (SPD) unterschrieben wurde. Der Antrag zeigt sehr klar die starke Unterstützung für den Spitzensport.

Antragsteller waren auch zahlreiche Mitglieder des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, von denen viele gleichzeitig hohe Ämter als Sportfunktionäre ausüben: Dies dokumentiert die oftmals engen Beziehungen zwischen politischem Amt und Sport-Amt, siehe später.

Besonders der letzte Punkt dieses Antrags „Sport als Staatsziel im Grundgesetz“ ist seit längerem ein erklärtes Ziel des DOSB: Noch ist es aber nicht soweit.

Im Antrag heißt es u. a.:

– „Sport mit all seinen Facetten ist in unserer Gesellschaft von zentraler Bedeutung.“

– „Sport in seiner Vielfalt ist ein Kulturgut von hohem Rang. Es bedarf daher der Präsenz der gesamten Bandbreite des Sports in den öffentlich-rechtlichen Medien“ (S. 115)

– „Der Deutsche Bundestag erkennt die Leistungen des unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vereinten Sports und der Sportorganisationen an und würdigt insbesondere ihren Beitrag zur Integration, Gesundheit, Bildung, Erziehung, nationaler Repräsentanz und internationaler Verständigung.

– Der Deutsche Bundestag respektiert die Autonomie des Sports.

– Der Sport ist neben seinen eigenen Einnahmen auf öffentliche Zuwendungen angewiesen.

– Die vielfältigen Herausforderungen und Aufgaben, denen der Sport sich stellen muss und will, erfordern die Unterstützung durch die Politik.

– Sollte es zu einer Ergänzung der Staatszielbestimmungen im Grundgesetz kommen, wird auch der Sport als Staatsziel aufgenommen“ (S. 118).

„Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. darauf hinzuwirken, dass alle staatliche Stellen den sozialen und gesellschaftspolitischen Beitrag des Sports bei ihren Entscheidungen angemessen berücksichtigen;

2. die über Jahrzehnte gewachsene staatliche Förderung des olympischen und nicht olympischen Spitzensports von Menschen mit und ohne Behinderung ergebnisorientiert fortzuführen“ (S. 118).

Berlin, den 3. Dezember 2008

Am 22.4.2009 gaben sechs damalige Mitglieder des Sportausschusses des Deutschen Bundestages eine Beschlussempfehlung für den oben zitierten Antrag ab:

Peter Danckert (SPD, damaliger Vorsitzender des Sportausschusses, Präsident des Landesverbandes Pferdesport Berlin-Brandenburg e.V.)

Klaus Riegert (CDU, Vizepräsident des Schwäbischen Turnerbundes)

Katrin Kunert (Die Linke)

Dagmar Freitag (SPD, heutige Vorsitzende des Sportausschusses, seit 2001 Vize-Präsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes)

Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen, 1. Vorsitzender Kuratorium Sport und Natur e.V.)

Detlef Parr (FDP, Absolvent Sporthochschule Köln, Mitglied im Deutschen Sportlehrerverband, Vize-Präsident Special Olympics Deutschland).

Wenn in einem Energieausschuss des Deutschen Bundestages vor allem Vertreter der Energiekonzerne sitzen würden, wäre die Empörung groß. Wenn im Sportausschuss des Deutschen Bundestages hohe Sportfunktionäre des DOSB sitzen, wird dies anscheinend problemlos goutiert.

Der 12. Sportbericht der Bundesregierung

Der damalige Bundesminister des Innern, Thomas de Maizière, schrieb im Vorwort zum 12. Sportbericht:

„Wir bekennen uns in Deutschland zum Leistungsprinzip im Sport“ (S. 10)

Frage: Wer ist wir? Wer hat das deutsche Leistungsprinzip als vorrangig erklärt? Wer priorisiert den Profisport?

„Sportliche Höchstleistungen sind jedoch nur möglich, wenn optimale Rahmenbedingungen für Leistungs- und Nachwuchssportler sichergestellt werden können. Diese ehrgeizigen Ziele können wir nur durch einen optimalen Mitteleinsatz und in enger Abstimmung mit dem Sport erreichen. Der Etat für den Spitzensport konnte im Berichtszeitraum – trotz der angespannten Haushaltslage des Bundes … – sogar gesteigert werden“ (S. 10).

Hier wird festgeschrieben, dass der Spitzensport Priorität hat, teuer ist, opulent unterstützt wird – unter der „Abstimmung mit dem Sport“. Mit „der Sport“ ist in erster Linie der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gemeint.

„Sport wird – zu Recht – mit vielen positiven gesellschaftlichen Werten wie Fairness und Gemeinschaft verbunden“ (S. 11).

Der Sportbericht ist ein offizieller Beitrag der Bundesregierung, der sich allerdings nicht nur hier so liest, als sei er beim DOSB im Haus des Deutschen Sports in Frankfurt entstanden. (Im Nazi-Deutschland gab es auch ein Haus des Deutschen Sports: Es stand auf dem Reichssportfeld in Berlin. Hier residierte der Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen.)

„Zentrales Anliegen des deutschen Sports ist darüber hinaus die Bewerbung der Stadt München um die Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018… Die Bundesregierung sieht die Bewerbung als nationale Aufgabe und wird sie … uneingeschränkt unterstützen“ (S. 11).

Der Begriff „nationale Aufgabe“ ist weitgehend undefiniert und suggeriert Wichtigkeit, Nationales, Offizielles – und vor allem: öffentliche Mittel und politische Unterstützung.

„Die Bundesregierung wird auch in Zukunft ein verlässlicher Partner des Sports sein… Vieles verdanken wir dabei einem in vielen sportpolitischen Fragen zu beobachtenden Konsens im Deutschen Bundestag“ (S. 11).

Die Bundesregierung ist ein verlässlicher Partner des DOSB-Sports, denn der Sport ist zum olympischen Profisport des DOSB geworden: Der Breitensport, auch gern verächtlich Amateursport tituliert, wird vernachlässigt.


Der Konsens im Deutschen Bundestag zeigt, dass es den Sportfunktionären gelungen ist, für ihre Spitzensport-Projekte kritiklos und parteiübergreifend Mittel und Unterstützung zu finden.

Allgemeine Rahmenbedingungen der Sportpolitik

1. Sportpolitik der Bundesregierung

„Sport ist ein zentraler Bestandteil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Dies gilt für den Spitzensport und den Breitensport“ (S. 12).

Hier wird eine völlig ungerechtfertigte Gleichsetzung von Spitzensport und Breitensport suggeriert. Spitzensport hat mit gesellschaftlichem Zusammenleben nichts zu tun.

Sport ist für viele eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, fördert eine gesunde Lebensführung und stiftet Gemeinschaft“ (S. 12).

Das gilt (in Maßen) für den Breitensport, nicht für den Spitzensport. Hier muss man noch gar nicht an Doping und Frühinvalidität denken. Interessant ist die häufige Verwendung des Begriffs Gemeinschaft, der an Volksgemeinschaft erinnern lässt. Hier werden folgende Zusammenhänge verwendet: „der Gemeinschaft verbunden“, „Sport stiftet Gemeinschaft“, „das Gemeinschaftsverhalten junger Menschen“, „Sportgemeinschaften“, „Jugendarbeit gemeinschaftsfördernd“, „gemeinschaftliche Aktivitäten“, „Gemeinschaftsförderung“, „Gemeinschaftsaufgabe“, „Verantwortung für die Gemeinschaft“, „Gemeinschaft zu erleben“ …

In der Beschlussempfehlung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages vom 2.7.2009 „fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf,

1. darauf hinzuwirken, dass alle staatlichen Stellen den sozialen und gesellschaftspolitischen Beitrag des Sports bei ihren Entscheidungen angemessen berücksichtigen…

Der DOSB-Sport hat es geschafft, die staatlichen Stellen offiziell als Vertreter seiner Interessen vor seinen Karren zu spannen.

Allerdings ist der Sportausschuss keine quasi neutrale Institution, sondern vertritt explizit die Interessen des Sports. Viele seiner Mitglieder haben oft, wie schon erwähnt, hohe Posten als Sportfunktionäre. Und die meisten Mitglieder sind sportaffin, nur wenige sind kritisch.Zur Haltung des Sportausschusses siehe auch: Die Sport-Sender.

2. die über Jahrzehnte gewachsene staatliche Förderung des olympischen und nicht olympischen Spitzensports der Menschen mit und ohne Behinderung ergebnisorientiert fortzuführen…

Es geht um den Spitzensport, der sich am besten für nationale Zwecke instrumentalisieren lässt. Das zeigt sich auch an der mit Stolz präsentierten Aufstellung der Olympischen Spiele in Turin 2006 mit dem 2. Platz der Nationenwertung (11x Gold, 12x Silber, 6x Bronze), Peking 2008 mit dem 5. Platz der Nationenwertung (11x Gold, 12 x Silber, 6 x Bronze) und Vancouver 2010 mit dem 2. Platz der Nationenwertung (10x Gold, 13 x Silber, 7x Bronze) (S. 26).

Von wegen Völkerverständigung: Es geht – neben viel Geld – also doch um den Wettbewerb der Nationen.

7. sich sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene für einen klaren Rechtsrahmen für die Teilnahme des Sports am Wirtschaftsleben einzusetzen, der der Besonderheit des Sports Rechnung trägt;

Der Spitzensport ist längst zum Industriezweig geworden und fordert hier seine juristische Legitimation und Sonderrechte.

8. sich bei den Bundesländern dafür einzusetzen, dass in den gebührenfinanzierten Rundfunk- und Fernsehanstalten Sport in seiner Vielfalt angemessen dargestellt wird.

Ohne Fernsehübertragung der Sportereignisse bleiben die Sponsoren weg: deshalb der Druck auf ARD und ZDF. Und so kann der Profisport, den der DOSB-Sport vertritt, von den öffentlich-rechtlichen Sportsendern abkassieren und mit Hilfe ihrer Übertragungen auch von den Sponsoren abkassieren. (Siehe hierzu wiederum „Die öffentlich-rechtlichen Sportsender“)

11. die Möglichkeit des Sports zu nutzen, Frieden und Verständigung zu fördern“ (S. 12f)

Das Gegenteil ist der Fall: Spitzensport fördert im Gegenteil nationales Denken (Medaillenspiegel, Hymnen), Egoismus, Konkurrenzkampf, Materialismus, Unsolidarität.

„Mit dem Beschluss unterstreicht der Deutsche Bundestag nicht nur die ‚Gesellschaftliche Bedeutung des Sports’, sondern würdigt sie ausdrücklich“ (S. 13).

Und weiter unter „Sportpolitische Ziele und Grundsätze“:

„Die große gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports ist der Grund für die Förderung durch die Bundesregierung. Damit würdigt die Bundesregierung die Leistungen des Sports auf gesellschaftspolitisch zentralen Feldern wie Integration, Bildung, Erziehung, Gesundheitsvorsorge und internationale Verständigung“ (S. 13).

Nur die wenigsten Spitzensportler haben materiellen Reichtum errungen. Die meisten Athleten haben nach ihrer aktiven Zeit häufig keine abgeschlossene Berufsausbildung und damit dementsprechend schlechte Berufsaussichten und sind materiell schlecht gestellt. Dazu bringt das System Hochleistungssport häufig entsprechende medizinische Probleme und Schädigungen bis hin zur Frühinvalidität mit sich. Es ist also schon fast zynisch, den Spitzensport mit „Bildung, Erziehung, Gesundheitsvorsorge“ in Verbindung zu bringen: Das gilt nur und bedingt für den Breitensport.

„Der Spitzensport trägt sehr zum Ansehen unseres Landes in der Welt bei. Ein ganz besonderes Anliegen der Bundesregierung ist es deshalb, im Jahr 2018 die Olympischen und paralympischen Winterspiele nach München zu holen. Die Bundesregierung versteht die Bewerbung Münchens als eine Bewerbung von nationaler Bedeutung“ (S. 13).

Schon die Bewerbung München 2018 kommt den Steuerzahler bis heute teuer zu stehen; die „nationale Bedeutung“ würde dann unbezahlbar. Dabei kostet schon der Spitzensport wahnwitzige Summen:

„Der Bund hat im Berichtszeitraum 2006 bis 2009 seine erfolgreiche Sportpolitik auf hohem Niveau fortgesetzt. In diesem Zeitraum wurde ein Betrag von 841.799 Millionen Euro an Bundesmitteln für die Spitzensportförderung des Bundes bereitgestellt“ (S. 13).

2. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen


2.1. Verfassungsrechtlicher Schutz sportlicher Betätigung

„Alle sportliche Betätigung findet ihren verfassungsrechtlichen Schutz im Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit… Bei der Lösung von Kollisionen mit anderen Verfassungsgütern ist das Verfassungsgut Sport mit dem anderen betroffenen Verfassungsgut nach dem Prinzip des schonendsten Ausgleichs abzuwägen“ (S. 15).

Das „Verfassungsgut Sport“ lässt schon erahnen, worauf die Bemühungen des DOSB hinauslaufen: auf die Verankerung und Anerkennung von Sport als „Grundrecht“, wie schon erwähnt. Bereits Willi Daume forderte schon 1968 ein „Grundrecht auf Sport (Rode, Jan C., Willi Daume und die Entwicklung des Sports in der
Bundesrepublik Deutschland zwischen 1945 und 1970, Göttingen 2010, S. 151).


2.2. Verfassungsrechtliche Kompetenzregelung

„Einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Spitzensports leistet der Bund auch durch die Förderung des Sports in seinem eigenen Dienstbereich, insbesondere bei Bundeswehr, Bundespolizei und Zoll“ (S. 15).

Auszüge aus meinem Beitrag Sportsoldaten in Vancouver 2010: „In Deutschland gibt es derzeit etwas über 800 „Sportsoldaten“: Das sind Dienstangehörige von Bundeswehr, Bundespolizei und Zoll, die für die Ausübung ihres Sportes vom Dienst freigestellt werden. Der Olympiasieger im Rudern 1988, Wolfgang Maennig, kritisierte diese auch in anderen Ländern zu beobachtende Entwicklung zum Sportsoldatentum und schrieb: „Weil andere Nationen Ähnliches tun, haben wir es im Grunde in Vancouver schon fast mit Militärfestspielen zu tun“ (Völker, Markus, „Fast schon Militärfestspiele“, in taz.de 6.2.2010; Hervorhebung W.Z.).

Von 153 Athleten des deutschen Teams waren 99 Sportsoldaten (Bundeswehr 63, Bundespolizei 24, Zoll 12). Das sind knapp 65 Prozent Anteil Sportsoldaten.

Das deutsche Team holte in der Medaillenwertung 10 Gold-, 13 Silber- und 7 Bronzemedaillen. Die Teamwettbewerbe erbrachten 52 Medaillen, davon gewannen die Sportsoldaten 44 (84,6 Prozent).

Die Sportsoldaten gewannen 13 von 13 Goldmedaillen, 20 von 24 Silbermedaillen und 11 von 15 Bronzemedaillen.“

Siehe hierzu Kritisches Olympisches Lexikon: Sportsoldaten und Vancouver-Siege Sportsoldaten

3. Selbstverwaltung des Sports

„Auf Bundesebene vertritt der DOSB als Dachorganisation des organisierten Sports in Deutschland die gemeinschaftlichen Interessen seiner Mitgliedsorganisationen gegenüber dem Staat und der Öffentlichkeit. Ihm gehören insgesamt 61 Spitzenverbände (34 olympische und 27 nichtolympische) … an. Zudem sind alle 16 Landessportverbände Mitglied im DOSB … ein besonderes Weisungsrecht gegenüber den Bundessportverbänden … und Vereinen hat der DOSB nicht“ (S. 16).

Aber der DOSB ist der Ansprechpartner für die meisten Mittelzuweisungen der Bundesregierung und damit Geldvermittler: Durch Mittelerhöhung oder Mittelkürzung lässt sich trefflich Politik machen.

4. Staat und Sport

In der Sportministerkonferenz (SMK) sitzen alle 16 für den Sport zuständigen Länderminister, dazu als Gast der Bundesminister des Inneren – und natürlich der DOSB. Im Sportausschuss des Deutschen Städtetages sitzen neben dem Bundesministerium des Innern, der SMK und dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) – der DOSB! (S. 17)

5. Finanzierung des Sports

5.1. Autonomie des Sports

Der Staat darf zwar die Millionen überweisen, hat aber streng die Autonomie des Sports zu beachten:

„Jede sportpolitische Maßnahme muss in Anerkennung der Unabhängigkeit und des Selbstverwaltungsrechts des Sports erfolgen, der sich selbst organisiert und seine Angelegenheiten in eigener Verantwortung regelt. Dies erfordert einen weiten, grundrechtlich abgesicherten Freiraum für die Verbände und Vereine und die in ihnen organisierten Mitglieder“ (S. 17).

„Sämtliche Sportförderung ist subsidiär und setzt daher voraus, dass die Organisationen des Sports die zu fördernden, im Bundesinteresse liegenden Maßnahmen nicht oder nicht vollständig aus eigenen Mitteln finanzieren können“ (S. 17).

5.4. Staatliche Förderung des Sports

Rund 842 Millionen Euro hat die Bundesregierung in den Jahren 2006 bis 2009 für den Spitzensport zur Verfügung gestellt (S. 17). Davon stellten u. a. das BMI 559,0 Millionen Euro, das Bundesministerium für Verteidigung 211,8 Millionen Euro, das Auswärtige Amt 15,3 Millionen Euro und das Bundesministerium der Finanzen 10,4 Millionen Euro zur Verfügung: Insgesamt überwiesen neun Ministerien von 2006 bis 2009 mehr als 832 Millionen Euro.

Von den 559 Millionen Euro des BMI im Berichtszeitraum entfielen auf die Bundespolizei 45 Millionen und auf das Bundesinstitut für Sportwissenschaften 19 Millionen Euro (S. 18).

Die Fernsehlotterie „Glücksspirale“ überwies von 2006 bis 2009 insgesamt 60,2 Millionen Euro, davon 35 Prozent an den DOSB, 25 Prozent an die Deutsche Sporthilfe (DSH) und 40 Prozent an die Landessportverbände (S. 20).

„Die Bundesrepublik ist bestrebt, den Einfluss des deutschen Sports in internationalen Gremien zu stärken“ (S. 24). Deshalb stellt das BMI Fördermittel für elf internationale Sekretariate zur Verfügung.

B. Förderung des Spitzensports

1. Deutscher Olympischer Sportbund

„Der DOSB ist die regierungsunabhängige Dachorganisation des deutschen Sports… Der DOSB, am 20. Mai 2006 gegründet durch Zusammenschluss des Deutschen Sportbundes (DSB) und des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) für Deutschland, zählt rund 27.5 Millionen Mitgliedschaften in mehr als 91.000 Sportvereinen. Damit ist der DOSB die größte Personenvereinigung Deutschlands“ (S. 24).

Der damals durchaus umstrittene Zusammenschluss von DSB und NOK zum DOSB setzte die Funktionärsclique um Thomas Bach endgültig in Amt und Würden.

Und wenn der DOSB mit seinen 27,5 Millionen Mitgliedern droht – was er oft genug tut -, kuscht die Politik. Dabei stehen die meisten der 27,5 Millionen Mitglieder für den Breitensport: eine nur sehr kleine Zahl betreibt Spitzensport. Aber nicht mit Breitensport, sondern nur mit Spitzensport kann man viel Geld machen: mit Übertragungsrechten, Werbezeiten, Sponsoren, Produktmarketing etc. – und natürlich nicht zuletzt Steuergeldern.

„Der DOSB ist satzungsgemäß der Bewahrung, Förderung und Weiterentwicklung der Olympischen Idee verpflichtet“ (S. 24).

Sport ist also (und nicht erst seit) 2006 in Deutschland IMMER olympischer Sport und damit eine Unterabteilung vom IOC in Lausanne. (Siehe DOSB)

„Der DOSB ist dabei zugleich die Interessensvertretung in allen internationalen Fragen des deutschen Sports“ (S. 24)

Damit wird der Alleinvertretungsanspruch erklärt.

1.3. Olympische Spiele 2008 und 2010

Die Kosten für die Entsendung der Mannschaften nach Peking 2008 betrugen 6,129 Millionen Euro: Davon übernahm der Bund 50,3 Prozent. Die Kosten für die Entsendung der Mannschaften nach Vancouver 2010 betrugen 4,863 Millionen Euro: Davon übernahm der Bund 54,7 Prozent (S. 25).

„Insgesamt werden zur Zeit 30 Bundessportfachverbände mit olympischen Sportarten unmittelbar gefördert… Der Spitzensport erfährt seit Jahren steigende Popularität; dies führt zu einem stetigen Anstieg der Zahl der internationalen Wettkämpfe… Viele internationale Verbände haben – nicht zuletzt aus ökonomischen Interessen für ihre Sportarten/Disziplinen eine dichtere Folge ihrer Meisterschaften sowie Welt- und Europacupserien eingeführt. Zudem wurde durch das Internationale Olympische Komitee eine Reihe neuer Disziplinen in das olympische Programm aufgenommen“ (S. 25).

Dadurch kommt es nicht nur zu einer dauerhaften sportlichen Berieslung durch Printmedien und Fernsehen, sondern auch zu weiteren finanziellen Zuschüssen durch den Steuerzahler.

„Diese Entwicklung führt viele Bundesfachverbände organisatorisch und finanziell an ihre Grenze. Die Bundesregierung unternimmt daher unter dem Aspekt des Bundesinteresses erhebliche finanzielle Anstrengungen…“ (S. 26)

Man kann diesen Prozess ad infinitum fortsetzen, bis jeden Tag eine Europameisterschaft und jeden zweiten Tag irgendwo auf der Welt eine Weltmeisterschaft stattfindet. Ob dies mit den Interessen der Bürger konform geht, geschweige denn mit den Interessen des Blauen Planeten Erde, interessiert die Sportfunktionäre nicht, die ihre ureigenen kommerziellen und persönlichen Interessen vertreten.

2.3. Wettkampfprogramm

„Es liegt im Interesse des Bundes, den deutschen Spitzensportlerinnen und -sportlern eine Teilnahme an internationalen Wettkämpfen zu ermöglichen… Ebenso dient es nach Auffassung der deutschen Bundesregierung den Interessen des Sports und der gesamtstaatlichen Repräsentation, dass die Durchführung nationaler und internationaler Sportgroßveranstaltungen im Inland, wie z.B. Welt- und Europameisterschaften, gefördert werden“ (S. 27).

Bemerkenswert ist hier zweierlei: Die Interessen des Sports werden unhinterfragt mit den Interessen des Staates gleichgesetzt. Und auf wohl keinem Ausgabenfeld des Bundeshaushaltes wird so unkritisch mit Geldmitteln und ideologischen Inhalten umgegangen wie beim Spitzensport. Allerdings werden selbst im Sportbericht enorme Kosten eingeräumt:

„Wegen der immer höheren Aufwendungen in diesem Sektor… kann nicht jede Teilnahme gefördert werden“ (S. 27).

2.5 Förderung

Die Aufstellung im 12. Sportbericht ist, wie eingangs erwähnt,  unsystematisch und verwirrend; dennoch soll sie hier wiedergegeben werden.

Neben vielen in der Öffentlichkeit weithin unbekannten, aber mit Millionen Euro geförderten Einrichtungen wie z.B. Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp), Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES), Institut für angewandte Trainingswissenschaft (IAT), Olympiastützpunkte (OSP, derzeit 19 plus jeweils „Häuser der Athleten“), die Trainerakademie des DOSB, das Wissenschaftliches Verbundsystem Leistungssport (WVL) werden die Bundessportfachverbände gefördert, wenn sie „gezielt Spitzensportmaßnahmen durchführen und nicht in der Lage sind, dies mit eigenen Mitteln zu finanzieren“ (S. 28).

Dieses System scheint grenzenlos ausbaubar zu sein. Und: Der Breitensport erfährt diese Förderung nicht.

„Der Förderumfang orientiert sich an den Ergebnissen der Zielvereinbarungen des DOSB mit den Bundessportfachverbänden… Das Konzept trägt den tiefgreifenden Veränderungen im Spitzensport, insbesondere der zunehmenden Professionalisierung und Kommerzialisierung sowie der Ausweitung der Wettkampfsysteme Rechnung…“ (S. 28).

Das heißt im Klartext: Der Spitzensport wird zunehmend kommerzieller, und der Staat fördert diese Tendenz. Der Begriff Amateur hat nur noch einen eher lächerlichen Impetus.

„Die Vergabe von Sportfördermitteln erfolgt aufgrund einer von dem jeweiligen Bundessportfachverband vorgelegten und mit BMI und DOSB abgestimmten Jahresplanung…“ (S. 28).

Der DOSB ist also die Durchgangsstation der Mittel und bestimmt den Geldfluss mit: Das ist eine Schlüsselposition. Ohne ihn geht nichts. Und dadurch ist auch eine automatische Anpassungsleistung eingebaut: Wer z.B. Kritik an diesem DOSB-System übt, ist sowohl vom Wettkampf ausgeschlossen als auch bei der finanziellen Förderung draußen. Kritik wird innerhalb des Sportsystems sowieso nicht gern vernommen.

„Für die Förderung der Bundessportfachverbände wurden aus dem Sporthaushalt des BMI im Zeitraum 2006 bis 2009 Mittel in Höhe von insgesamt 171,9 Millionen Euro bereitgestellt“ (S. 28).

Auch die 19 OSP wurden üppig gefördert: „Im Berichtszeitraum 2006 bis 2009 hat das BMI Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt rund 108,7 Millionen Euro bereitgestellt“ (S. 30), das waren 70,3 Prozent der Gesamtaufwendungen..

Auch die Bundesleistungszentren (BLZ) wurden von 2006 bis 2009 mit 7,3 Millionen Euro gefördert (S. 31).

Förderung von Baumaßnahmen: „Die deutschen Spitzenathletinnen und –athleten können international nur bestehen, wenn ihnen Einrichtungen für Training und Wettkampf zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung fördert daher den Bau von Sportstätten für den Spitzensport

Maßnahmen an Olympiastützpunkten und Bundesleistungszentren werden grundsätzlich bis zu 70 Prozent, an anderen Einrichtungen grundsätzlich bis zu 30 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten gefördert“ (S. 68).

„In den Jahren 2006 bis 2009 hat die Bundesregierung für die Förderung des Baues und für die Unterhaltung von Sportstätten des Spitzensports insgesamt 84,7 Millionen Euro Bundesmittel ausgegeben…“ (S. 69).

Das Sonderförderungsprogramm „Goldener Plan Ost“ stellte für die Sportstätteninfrastruktur von 1999 bis 2009 71,0 Millionen Euro zur Verfügung (S. 69).

„Die Baumaßnahmen zur Ausrichtung der Fußball-WM 2006 wurden durch die Bundesregierung mit einer Beteiligung von insgesamt rd. 247,0 Millionen Euro … unterstützt“. Die Gelder flossen in den Ausbau des Olympiastadions in Berlin und des Zentralstadions in Leipzig (S. 15; S. 69).

Nicht nur dies: Die kompletten Sicherheitskosten bis auf den Sicherheitsdienst in den Stadien trug der Steuerzahler.

Das BMI-finanzierte Programm „Integration durch Sport“, das der DOSB mit den Landessportbünden durchführt, wurde im Zeitraum 2006 bis 2009 mit 22,1 Millionen Euro unterstützt (S. 90).

4.2. Spitzenförderung der Bundeswehr

Die Bundeswehr stellt


„dem DOSB bis zu 744 Stellen für die Spitzensportförderung in Sportfördergruppen der Bundeswehr zur Verfügung. Im Zeitraum 2008 bis Februar 2010 wurden auf Grund einer Anfrage des DOSB vorübergehend bis zu 824 Förderplätze bereitgestellt“ (S. 32).

Von den 744 Plätzen werden nur maximal 200 für Frauen bereitgestellt. Die Sportfördergruppen der Bundeswehr sind grundsätzlich in der Nähe der Olympiastützpunkte angesiedelt. Spitzensportler werden „auf Antrag und nach Zustimmung ihrer Spitzenverbände in die Bundeswehr einberufen.“ Sie haben die Möglichkeit,

während des Dienstes zu trainieren und an Wettkämpfen teilzunehmen… Die Festlegung der betreffenden Sportfördergruppe der Bundeswehr berücksichtigt grundsätzlich die Wünsche der Spitzenverbände. Anzahl und Platzverteilung werden mit dem Bereich Leistungssport des DOSB abgestimmt, dabei wird den olympischen Sportarten/Disziplinen höchste Priorität eingeräumt“ (S. 33).

Es geht also schlicht um die Medaillen und den nationalen Medaillenspiegel. Die Sportfunktionäre vergeben dafür die Förderplätze und bestimmen den Dienstplan! Der DOSB regiert also in die Bundeswehr hinein.

Als Bilanz bei den letzten Olympischen Spielen werden aufgeführt:

Turin 2006: Von 162 TeilnehmerInnen (gesamt 11x Gold, 12x Silber, 6x Bronze) kamen 73 (45 Prozent) von der Bundeswehr (9x Gold, 8x Silber und 2x Bronze), das waren 66 Prozent der Medaillen.

Peking 2008: Von 440 TeilnehmerInnen (gesamt 16x Gold, 10x Silber, 15x Bronze) kamen 127 (29 Prozent) von der Bundeswehr (5x Gold, 2x Silber, 8x Bronze), das waren 37 Prozent der Medaillen.

Vancouver 2010: Von 153 TeilnehmerInnen (gesamt 10x Gold, 13x Silber, 7x Bronze) kamen 63 (41 Prozent) von der Bundeswehr (4x Gold, 9x Silber, 4x Bronze), das waren 57 Prozent der Medaillen.

Zu den Sportsoldaten gehören auch die Angehörigen von Bundespolizei und Zoll, siehe später.

„Für den DOSB ist das Sportfördersystem der Bundeswehr zu einem unverzichtbaren Bestandteil seiner mittel- und langfristigen Planungen geworden. Auch das Nationale Spitzensportkonzept des DOSB stellt die optimalen Rahmenbedingungen der Förderung bei der Bundeswehr heraus“ (S. 34). Und das Sportsoldaten-System wird immer weiter ausgeweitet: „Im Rahmen der DOSB-Traineroffensive können künftig auch bis zu 50 Förderplätze für Trainer/Trainerinnen, die mit Bundesaufgaben betraut sind, genutzt werden“ (S. 34).

Die Sportschule der Bundeswehr in Warendorf verfügt über alle nötigen sportartspezifischen Einrichtungen, wo auch „verschiedene Sportfachverbände des DOSB ihre Kadermaßnahmen“ durchführen (S. 86).

Man muss sich immer wieder klar machen: Der Status des Sportsoldaten ist gegenüber „normalen“ Spitzensportlern privilegiert und gegenüber anderen Nationen, die sich keine Sportsoldaten leisten können oder wollen, zutiefst ungerecht.

Zur Problematik der Sportsoldaten und die Wettbewerbsverzerrungen durch sie vgl. Sportsoldaten.

4.3 Spitzensportförderung durch die Bundespolizei (BPOL)

Seit 1978 fördert die BPOL den Spitzensport: Den Wintersport in der Bundespolizeischule Bad Endorf (elf olympische Wintersportarten) und im Bundespolizeileistungssportprojekt in Cottbus (75 Plätze in sechs Sommer- und Ganzjahressportarten) (S. 35).

Der Wettkampfsport in der Bundespolizei soll

– den Leistungswillen steigern,

– die körperliche Leistungsfähigkeit auf einem hohen Stand halten,

– für den Polizeidienst werben

– das Ansehen der Bundespolizei in der Öffentlichkeit heben (S. 87).

„Die XXI. Olympischen Winterspiele in Vancouver waren die sportliche Krönung der Winterportsaison 2009/2010. In der 153köpfigen deutschen Olympiamannschaft befand sich ein großes Team der Bundespolizei mit 25 Nominierten (11 Frauen und 14 Männer)… Mit acht von insgesamt 30 errungenen Medaillen hat die Bundespolizeisportschule Bad Endorf zu diesem Gesamterfolg beigetragen“ (S. 87)

Die Bundespolizei gewann zwei Goldmedaillen, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen (XXI. Olympische Winterspiele Vancouver 2010, in Bundespolizei kompakt 2-2010)

4.4 Spitzensportförderung der Bundeszollverwaltung (Zoll Ski Team)

„Derzeit sind 48 Förderplätze im Zoll Ski Team (20 Sportlehrerinnen/18 Sportler sowie neun Trainer und ein Techniker) in den Disziplinen Ski alpin, Skilanglauf und Biathlon besetzt… Fünf der zehn vom deutschen Olympiateam erzielten Goldmedaillen (in Vancouver; W.Z.) erhielten vom Zoll geförderte Sportlerinnen und Sportler“ (S. 36).

Dazu kamen drei Silbermedaillen.

Gesamtbilanz Sportsoldaten Vancouver 2012:

Von 153 Athleten waren 99 Sportsoldaten (Bundeswehr 63, Bundespolizei 234 und Zoll 12). Von 43 Medaillengewinnern waren 34 Sportsoldaten (79 %).

Der Medaillenspiegel in der Nationenwertung für das deutsche Team zeigte 10 Goldmedaillen, 13 Silbermedaillen und 7 Bronzemedaillen (Sportbericht S. 33).

Das deutsche Team gewann insgesamt 54 Medaillen, davon gingen 45 Medaillen an die Sportsoldaten (nämlich 13 von 13 Goldmedaillen, 20 von 24 Silbermedaillen und 11 von 15 Bronzemedaillen), das sind 83,3 Prozent.

Quelle: S. 33, 36, XXI. Olympische Winterspiele Vancouver 2010, in Bundespolizei kompakt 2-2010; siehe wiederum Vancouver-Sportsoldaten

5. Leistungssportpersonal

„Mit Hilfe der Mittel des BMI konnten im Berichtszeitraum (2006 bis 2009; W.Z.) jährlich 267 hauptberufliche Bundestrainer und 296 Honorar-Bundestrainer beschäftigt werden… Die Beschäftigung und Finanzierung von Trainerinnen und Trainern basiert auf der DOSB-Konzeption für Leistungssportpersonal…“ (S. 37).

Die Förderrichtlinien sind üppig: Sie sehen z. B. für Stützpunkttrainer/-innen jährlich bis zu 67.000 Euro vor, für Disziplintrainer/-innen und Funktionstrainer/.innen bis zu 85.000 Euro  und für Cheftrainer/innen bis zu 94.000 Euro (S. 37).

6. Trainerakademie

Finanziert wird in diesem Rahmen auch die „Trainerakademie“ des DOSB, die im Sportbericht „eine wesentliche Säule im Nationalen Leistungssportsystem“ genannt wird: Im Jahr 2009 wendete für sie das BMI 416.000 Euro auf (S. 39). Die Deutsche Schulsporthilfe erhielt im Jahr 2009 vom BMI 500.000 Euro (S. 41).

8. Talentsuche/Talentförderung/Nachwuchsleistungssport

In den Schulen findet seit 1969 der Bundeswettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ statt, an dem inzwischen jährlich mehr als 800.000 SchülerInnen teilnehmen (S. 40). Träger ist seit 2003 die Deutsche Schulsportstiftung – wiederum alimentiert mit Bundesmitteln – 2009 in Höhe von 500.000 Euro (S. 41).

Derzeit gibt es 40 vom DOSB anerkannte Eliteschulen des Sports: Sie sollen das „Spannungsverhältnis zwischen hohem Trainingsaufkommen und schulischer Belastung“ mindern (S. 41).

Die „Häuser der Athleten“ sind an allen 19 Olympiastützpunkten eingerichtet worden: Dort gibt es Sportinternate für Schüler und Wohnheime für Athleten (S. 41).

9. Sport der Menschen mit Behinderung

Der Leistungssport der Menschen mit Behinderung wurde vom BMI von 2006 bis 2009 mit 20,32 Millionen Euro gefördert (S. 42). Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) wurde  von 2006 bis 2009 mit 15,4 Millionen Euro gefördert (S. 44).

Natürlich wird auch hier der Medaillenspiegel der Paralympics 2006, 2008 und 2010 stolz präsentiert (S. 43)

10. Dopingbekämpfung

Eine der Folgen des Spitzensports ist Doping: Auch dessen Untersuchung wird – wie der Spitzensportals ursache des Dopings selbst – vom Staat maßgeblich finanziert. „Die im Jahr 2002 mit maßgeblicher finanzieller Unterstützung des Bundes gegründete NADA (Nationale Anti-Doping-Agentur; W.Z.) hat auch im aktuellen Berichtszeitraum erneut erhebliche Bundeszuwendungen erhalten. So wurde das Stiftungskapital der NADA um weitere 4,0 Millionen Euro erhöht“ (S. 46; 2006 bis 2009; W.Z.) „Das BMI hat in den Jahren 2006 bis 2009 jährlich 300.000 Euro für Projekte der Dopingprävention zur Verfügung gestellt“ (S. 46). Für Dopinganalytik und –forschung hat der Bund 2009 zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt (S. 47).

Die Internationale Anti-Doping-Organisation WADA wird jährlich von Deutschland mit 500.000 Euro unterstützt (S. 47).

11. Sportmedizinische Betreuung

Für Sportmedizinische Untersuchungen (Vorsorgeuntersuchungen durch besondere Anforderungen des Spitzensports) wurden von 2006 bis 2009 über 2,51 Millionen Euro vom Bund aufgebracht (S. 48).

12. Stiftung Deutsche Sporthilfe (DSH)

Die Deutsche Sporthilfe (DSH) wurde 1967 von der Olympischen Gesellschaft und dem DSB (jetzt: DOSB) gegründet. Sie hat seither rund 40.000 Spitzensportler mit 350 Millionen Euro unterstützt. Zur Zeit werden 3800 Athleten mit zehn bis zwölf Millionen Euro gefördert. Dazu werden etwa 600 Nachwuchstalente an den Sportinternaten und den “Eliteschulen” unterstützt (Deutscher Bundestag, S. 49). Die besten Sportler sind die so genannten Elitesportler. Sie genießen mit der Eliteförderung die höchste Förderstufe im Fördersystem der Sporthilfe, um sich gezielt auf die jeweils anstehenden Olympischen Spiele vorbereiten zu können. (Wikipedia).

„Die Bundesregierung unterstützt die Zielsetzung der Sporthilfe in jeglicher Hinsicht“ (S. 48). Die DSH erhält (angeblich) keine direkten staatlichen Zuwendungen. Sie bekommt Erlöse aus der Lotterie „Glücksspirale”, dem Verkauf von Sport-Briefmarken, Events und Spenden. Die Fernsehlotterie „Glücksspirale“ überwies von 2006 bis 2009 insgesamt 60,2 Millionen Euro an den Sport, davon 25 Prozent an die Deutsche Sporthilfe, 35 Prozent an den DOSB, und 40 Prozent an die Landessportverbände (A.a.O., S. 20).

Die DSH initiiert jährlich den “Ball des Sports” (mit 2000 geladenen Gästen aus Sport, Wirtschaft, Politik, Kultur und Medien), die “Goldene Sportpyramide” (Ehrung von Sportlern für ihr Lebenswerk, z.B. Katarina Witt im Jahr 2010) und das “Fest der Begegnung” (300 Sporthilfe-Kuratoren treffen sich mit aktiven und ehemaligen Athleten; a.a.O., S. 49; Wikipedia).

Im Jahr 2008 initiierte die DSH eine virtuelle “Hall of Fame”. Unter den ersten 30 Kandidaten aus dem frühen 20. Jahrhundert waren fünf NSDAP-Mitglieder. Bei den Jahren 1945 bis 1972 sollte zunächst Gustav-Adolf (“Täve”) Schur, Straßenrad-Weltmeister 1958 und 1959, zwei olympische Medaillen, 1989 zum “größten Sportler der DDR-Geschichte” gewählt werden, dazu die DDR-Sprinterin Renate Stecher, Olympiasiegerin 1972 über 100 und 200 Meter (Catuogno, Claudio, Friedensfahrt und Silberpapier, in SZ 16.4.2011). Laut Spiegel waren Anabolika sowohl bei Schur als auch bei Stecher im Spiel (Alles Lügen, in Der Spiegel 16/1998). Schur wurde dann im Gegensatz zu Stecher nicht aufgenommen.

Im April 2005 startete die DSH das „Sporthilfe Elite-Forum“. Die DSH will betreute Spitzenathleten auf ihre „Vorbildfunktion als Eliten“ vorbereiten:

„Dabei geht es um ein neues Selbstverständnis der Sport-Eliten mit dem Ziel, sich verstärkt auch als Vorbilder für andere Belange unserer Gesellschaft einzusetzen”, um “die eigene Persönlichkeit  zu formen und das Selbstbewusstsein zu stärken” (Deutscher Bundestag,  S. 49f).

Sportler als “Eliten”: Was sollen und können wohl die auf Leistung und Ruhm, Gehorsam und Anpassung, Egoismus und Geldverdienen getrimmten Spitzensportler der Gesellschaft vermitteln?

Die DSH fährt auch seit Januar 2010 die Kampagne „Dein Name für Deutschland“: Hier kann man ab drei Euro pro Monat „offizieller Sponsor“ der von der DSH geförderten Athleten werden. „Die Bundesregierung hat der Sporthilfe-Kampagne ihre volle Unterstützung zugesagt, da die erfolgreichen Spitzensportlerinnen und –sportler das Ansehen Deutschlands in der Welt stärken“ (S. 110).

Das ist offizielle DOSB-Diktion. Aber warum steigern diese Elitesportler das Ansehen Deutschlands? Und könnte diesem angeblichen Ansehen für die vielen hundert Millionen nicht besser und sympathischer, mit sinnvolleren Aktivitäten geholfen werden, anstatt die anderen Länder bei diesem unrühmlichen Wettbewerb mit Millioneneinsatz verlieren zu lassen?

Vergleiche Deutsche Sporthilfe

13. Sportwissenschaften

Im „Wissenschaftlichen Verbundsystem Leistungssport“ führen den Vorsitz abwechselnd DOSB und Bundesinstitut für Sportwissenschaft. Folgende „Partner“ wirken mit: BMI, BISp, DOSB, Bundessportfachverbände, Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES), Institut für angewandte Trainingswissenschaft (IAT), Olympiastützpunkte (OSP), Trainerakademie Köln des DOSB, zwei Wissenschaftsvertreter, Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (S. 50)

Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp): Im Zeitraum 2006 bis 2009 erhielt das BISp Haushaltsmittel von 19,5 Millionen Euro und 10,2 Millionen Euro Mittel für Forschungsprojekte (S. 52).

Institut für angewandte Trainingswissenschaft (IAT) und Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES):

„Das IAT und das FES als zentrale Institute des deutschen Sports orientieren sich an den wissenschaftsorientierten Bedürfnissen des Spitzen- und Nachwuchssportes…“ (S. 56) „Die Zielstellung des DOSB ist die Erhaltung der Spitzenposition im Wintersport und die Wiedereinnahme der Position 1 bis 3 im Sommersport“ (S. 61). „Das deutsche Team errang in Peking 41 Medaillen. Für ca. die Hälfte der Medaillen konnte das FES durch seine Technologie erfolgreich Hilfestellung geben“ (S. 62).

Sportspitzenleistungen sind „ohne Orientierung an internationalen Leistungsmaßstäben, ohne Hochtechnologie bei der Entwicklung von Sportgeräten bzw. Wettkampfausrüstungen … und ohne zukunftsorientierte sportwissenschaftliche Forschungnicht möglich. Das FES soll Spitzensportlerinnen und –sportler „auf ihrem Weg in die Weltspitze unterstützen und ihnen internationale Chancengleichheit bzw. Konkurrenzfähigkeit gewährleisten“ (S. 61).

Was machen hier ärmere Länder – oder solche, die ihre Mittel lieber für Sinnvolleres verwenden? Wo bleibt da die Chancengleichheit?

Und natürlich werden Ängste geschürt, um noch mehr Gelder lockerzumachen: Deutschland ist „in der wissenschaftlichen Betreuung des Spitzen- und Nachwuchssports starker internationaler Konkurrenz ausgesetzt“, außerdem verringert sichder Vorsprung gegenüber anderen Ländern“ (S. 63).

Und so werden von den konkurrierenden Industrieländern weitere Unsummen in den Sportsektor gesteckt.

Vergleiche auch: Kritisches Olympisches, Techno-Doping.

Im Zeitraum 2006 bis 2009 erhielen das IAT Haushaltsmittel von 6,866 Millionen Euro und das FES Haushaltsmittel von 4,952 Millionen Euro. „Das IAT steht für Weltspitzenleistungen deutscher AthlethInnen in olympischen Sportarten“ (S. 57).

14. Auszeichnungen von Spitzensportlerinnen und -sportlern

„Das am 23. Juni 1950 von Bundespräsident Heuss gestiftete „Silberne Lorbeerblatt“ hat sich seither zur höchsten staatlichen Auszeichnung für sportliche Leistungen entwickelt“ (S. 67).

Die Medaillengewinner von Turin 2006 wurden damit im Schloss Bellevue geehrt, die von Peking 2008 im Tempodrom in Berlin und die von Vancouver 2010 wieder im Schloss Bellevue.

16. Olympiabewerbung München 2018

„München 2018 steht für eine Vision umweltfreundlicher Spiele“ (S. 70).

Das ist allerdings eine Vision: denn umweltfreundlich sind die Spiele überhaupt nicht, siehe Beitrag Bid Book.

„Sämtliche Eissportwettbewerbe sollen im Münchner Olympiapark ausgetragen werden“ (S. 70).

U. a. soll eine temporäre Eisschnelllaufhalle errichtet werden, die nach den Spielen wieder abgerissen wird: die neue „Nachhaltigkeit“! Die Eislaufhalle in Inzell wurde gerade für 36 Millionen Euro neu errichtet.

„Die nordischen Disziplinen Biathlon und Skilanglauf sind auf dem Gestüt Schwaiganger in Ohlstadt, Landkreis Garmisch-Partenkirchen geplant“ (S. 70f).

Das wäre ebenfalls eine temporäre Veranstaltung für zwei Wochen, die mindestens 27 Millionen Euro kosten würde.


Die Biathlon-Anlage in Ruhpolding wurde gerade für die WM 2011 für 16 Millionen Euro ausgebaut.

„Zur Wahrnehmung der aus der Bewerbung anfallenden Aufgaben hat das für den Bund federführende BMI in der Abteilung Sport im Januar 2008 die PG 2018 eingerichtet“ (S. 71).

C. Maßnahmen des Bundes im Breitensport

Die „Sportplakette des Bundespräsidenten“ wird aus Anlass des 100jährigen Bestehens eines Sportvereins oder –verbands nach positiver Entscheidung des Empfehlungsausschusses verliehen: „Diesem Gremium gehören fünf Mitglieder an, die vom DOSB (3 Mitglieder) BMI und DSMK benannt werden“ (S. 72).

Der DOSB hat in solchen Gremien gern die Mehrheit, siehe auch Bewerbungsgesellschaft München 2018, wo er 51 Prozent hat (allerdings mit Null Prozent haftet).

6. Kinder- und Jugendsport

„Das Projekt ‚Fankulturen gegen Rassismus’ ist Bestandteil des von der dsi (Deutschen Sportjugend; W.Z.) entwickelten Konzepts ‚Sport! Jugend! Agiert!’, das im Rahmen des von Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel einberufenen Integrationsgipfels im Juli 2006 vorgestellt wurde“ (S. 75).

Zwei bemerkenswerte Punkte: Die Beziehungen des DOSB reichen bis zur Bundeskanzlerin und zum Bundespräsidenten (der am 6.7.2011 in Durban bei der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018 Präsenz zeigen muss). Und niemand fällt anscheinend auf, dass die Phänomene Massensport und Elitenbildung als Ergebnis zur Betonung des Nationalstolz führt: mit nationalen Medaillenwertungen, Nationalhymnen und Flaggen. Die nationale Verherrlichungen ist die logische Kehrseite des olympischen Sports. Das zeigt auch der folgende Punkt E.

E. Gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports

Der Sportbericht kommt nicht darum herum,

„rechtsextremistische Erscheinungsformen“ festzustellen. „In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl von öffentlich bekannt gewordenen rechtsextremistischen Erscheinungsformen im Sport… Ein umfassendes Problembewusstsein ist in den Vereinen und Verbänden kaum vorhanden“ (S. 91).

Einige Maßnahmen wurden ergriffen wie zwei Kongresse 2007 und 2008, doch wirken die Reaktionen auf die massiven rechtsradikalen Strömungen reichlich hilflos.

3. Sport und politische Bildung

„Sport ist nicht unpolitisch… Sport dient als Beitrag zur Völkerverständigung, als Vermittler von zentralen Werten wie Teamgeist, Fairness und Toleranz, aber auch negative Erscheinungsformen wie Doping, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit sind eng mit dem Sport verbunden“ (S. 93).

Den Verfassern des Sportberichts ist anscheinend nicht aufgefallen, dass der erste Teil ihrer positiven Aussagen theoretischer Natur ohne realen Hintergrund und ohne Nachweis sind, während der zweite Teildie negativen Erscheinungsformensehr real ist und ein logisches Produkt des Spitzensports sind: die Professionalisierung und Kommerzialisierung, die Millionenverdienste und der dadurch geförderte Egoismus.

6. Sport und Umwelt

„Die große Zahl der Sport treibenden Menschenmüssen mit dem Natur- und Umweltschutz in Einklang gebracht werden … Ziel ist es,. dass Natursportler künftig stärker Verantwortung für den Schutz der von ihnen genutzten Natur und Landschaft übernehmen“ (S. 101)

Was soll das bedeuten? Sport ist das Primat, dem sich Natur unterzuordnen hat, und die Sportler werden zu Natursport-Schützern. Vergleiche den Beitrag Vom Naturschutz zum Natursport

„Mit dem wachsenden Bedürfnis nach Naturerlebnis und gesunder Lebensweise hat sich bereits eine größere Sensibilität für eine umweltverträgliche Sportausübung entwickelt“ (S. 101).

Mitnichten: Das bedeutet nur, dass immer mehr Menschen in Naturräumen mit den entsprechenden Sportgeräten unterwegs sind.

Im Vorfeld der Fußball-WM 2006 wurde vom Öko-Institut in Berlin und der Sporthochschule in Köln der Leitfaden „Green Champions“ entwickelt, der Umweltkonzepte für Sport-Großveranstaltungen wie Olympische Spiele und Weltmeisterschaften liefern soll. Nicht von ungefähr wurde er 2009 mit dem „IOC-Award für Sport und Umwelt“ ausgezeichnet (S. 102).

7. Sport und Wirtschaft

Die wirtschaftliche Bedeutung des Sports ist unbestritten, leitet der Sportbericht dieses Kapitel ein und verweist auf den Export im Wert von 1,21 Milliarden Euro für ausgewählte Sportartikel und den Import von 1,71 Milliarden Euro. Im Bereich „Betrieb von Sportanlagen und Sportvereine“ werden 50.000 Beschäftigungsverhältnisse genannt, dazu über 9000 im Bereich Fitnesscentren (S. 103).

Ohne die hohe Subventionierung durch öffentliche Gelder wäre der Spitzensport in dieser Form längst bankrott: Die Öffentliche Hand finanziert ihn.

8. Internationale Sportförderung

Das Auswärtige Amt (AA) startete die Initiative „Sport und Außenpolitik“. Der Sportbericht verzeichnet die üblichen ideologischen Schemata:

„Die Initiative soll aufzeigen, dass Sport als Mittel der Krisenprävention und Völkerverständigung genutzt wird und dazu beiträgt, Vorurteile abzubauen, Minderheiten zu integrieren und Werte zu vermitteln. Sport schafft Vertrauen und Verständnis füreinander…“ (S. 105)

Und deshalb möchte das IOC seit Juan Antonio Samaranch den Friedensnobelpreis. Aber welche Krise wurde je mit Sport gemeistert, welche ökonomischen oder sozialen Konflikte besser bewältigt? Vielmehr werden durch die extreme Förderung des Spitzensports soziale Krisen noch verstärkt.

„Im Jahr der Fußball-WM in Südafrika sieht das AA große Chancen, mit Sportprojekten Zeichen zu setzen, um diese friedensstiftende Botschaft des Sports zu verbreiten und den Zusammenhang der Sportförderung mit außenpolitischen Zielen wie Konfliktprävention und Stärkung der Menschenrechte deutlich zu machen“ (S. 105)

Das ist das übliche sportpolitische Blabla. Die Fifa zog mit etwa vier Milliarden Dollar Gewinn ab, und Südafrika bezahlte eine ähnliche Summe für das zweifelhafte Vergnügen, Gastgeber für die Fußball-WM sein zu dürfen. Die Milliarden hätten in dem armen Land wesentlich gewinnbringender für die Bevölkerung angelegt werden können.

Zur Fußball-WM 2010 mit fatalen Folgen für Südafrika vergleiche Fußball.

Auch das AA unterstützt selbstverständlich auch die Bewerbung München 2018:

Dazu zählen „die Durchführung von Konferenzen zum Thema, Sonderausgaben des Deutschlandmagazins und die Berücksichtigung des Bereichs Sport bei den Planungen des Besucherprogramms und des Gästeprogramms der Bundesrepublik Deutschland. Die Auslandsvertretungen weltweit sind regelmäßig über den Stand des Bewerbungsverfahrens informiert und unterstützen die Bewerbung…“ (S. 105)

Oder anders formuliert: Ein ganzer Staat mit seinen Ministerien müht sich ab, für den DOSB – der keine finanzielle Eigenleistung erbringt -, die Olympischen Winterspiele 2018 in das Land zu holen. Steuer-Milliarden müssten aufgebracht werden. Nach der olympischen Drei-Wochen-Party hätten jahrzehntelang die Steuerzahler die olympisch bedingten Schulden abzuzahlen.

F. Gegenwärtige Planungen und Perspektiven

„Die Bundesrepublik hat die finanziellen Rahmenbedingungen für den Spitzensport in den letzten Jahren grundlegend verbessert.“ Die Sportförderung wird „auf hohem Niveau fortgesetzt. Damit wird das wesentliche Ziel verfolgt, Deutschland im Sommersport an die Weltspitze heranzuführen und im Wintersport den Spitzenplatz im internationalen Vergleich zu halten“ (S. 107).

Warum wird dieses Ziel mit einem hohen Einsatz öffentlicher Mittel verfolgt? Warum finanziert der DOSB seine teueren Steckenpferde nicht selbst?

„Die Bundesregierung wird bei allen nationalen und internationalen Gelegenheiten die Olympiabewerbung Münchens thematisieren und uneingeschränkt unterstützen“ (S. 107).

Diese uneingeschränkte Unterstützung in materieller und politischer Hinsicht bekamen wir als Gegner der Bewerbung bislang hinlänglich zu spüren. Transparenz: Fehlanzeige. Demokratieverständnis: gleich Null, siehe die Drohkulisse gegen das Bürgerbegehren in Garmisch-Partenkirchen.

„Sportliche Großereignisse bieten die Möglichkeit, Deutschland weltweit als offenes und modernes Gastgeberland zu präsentieren“ (S. 107).

Eben nicht: Die „Sportlichen Großereignisse“ wie Olympische Spiele oder Fußball-Weltmeisterschaften, aber auch „normale“ Weltmeisterschaften zeigen weltweit eine ähnliche Tendenz zum Polizeistaat: Das ist angesichts der Besuchermassen und der zunehmenden Bedrohung durch terroristische Anschläge ein logisches Produkt dieser Großveranstaltungen.


Aus diesen und vielen anderen Gründen – auch ökonomischen und vor allem ökologischen – sollten sie sinnvollerweise abgeschafft werden.

III Fazit

1) Der olympische Sport hat sich als parasitäres System etabliert, das sich ungeachtet aller ökologischer und ökologischer Probleme und nationalistischer Tendenzen als primäres Mittel für Völkerverständigung, Frieden und Umweltschutz darzustellen versucht.

2) Eine kleine, aber lautstarke und bestens mit Politik und Wirtschaft vernetzte Truppe von Sportfunktionären kämpft täglich um mehr Einfluss und mehr Bedeutung.

3) Das DOSB-Sportsystem wird konsequent ausgeweitet und erobert immer wei