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Januar 2010

Garmisch-Partenkirchen

Am 2.1.2010 bekannte sich im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt der ehemalige Bobfahrer Stefan Gaisreiter als Olympia-Fan und führte aus: „Unverständlich sind mir Bedenken gegen die Olympia-Bewerbung 2018. Diesen Personen ist wohl nicht bewusst, welch positive Akzente schon die Spiele 1936 brachten…“ (Vergleiche hierzu den Prolog 1936 in diesem Beitrag). Das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen wurde vom DOSB zur Werbung und Unterschriftensammlung für 2018 genutzt und wie alle seine Aktivitäten ausführlich im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt gewürdigt.

In der selben Ausgabe stand ein Kommentar von Matthias Holzapfel, einem glühenden Befürworter der Olympia-Bewerbung. Die Olympia-Befürworter hätten immerhin eine Vision – im Gegensatz zu ihren Kritikern, die unrealistische Szenarien heraufbeschwören und Angst und Schrecken verbreiten würden. Die Gegner der Bewerbung hätten zwar das demokratische Recht, gegen die Olympia-Bewerbung zu sein: „Das moralische haben sie nicht.“ (Holzapfel, Matthias, Moralisch verwerflich, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 2.1.2010) Dieser Kommentar brachte ihm eine Reihe kritischer Leserbriefe ein.

Der Murnauer SPD-Fraktionssprecher und Gemeinderat Michael Manlik wollte die finanzielle Belastung im Kreistag behandelt sehen, denn „mittel- und langfristig geht auch der Kreis kaputt, wenn Garmisch-Partenkirchen durch Olympia pleite geht“. (Merkur-online 1.1.2010: „NOlympia 2018: Kritiker knüpfen Netzwerk)

Neue Sponsoren

Der Adidas-Konzern wurde „Nationaler Förderer“; Adidas verwies explizit auf das Treffen mit Angela Merkel im Kanzleramt im Juni 2009. Auch der Siemens-Konzern stehe vor dem Einstieg. Mit BMW (2,8 Millionen Euro) und den ähnliche Summen entrichtenden Unternehmen Flughafen München und Sparkassen-Finanzgruppe (beide in öffentlicher Hand) hat die Bewerbungsgesellschaft 16 bis 17 Millionen gesammelt. „Nationale Ausstatter“ sind Messe München und Stadtwerke (ebenfalls in öffentlicher Hand) sowie Deloitte. Dazu kam die Nürnberger GfK (Gesellschaft für Konsumforschung). (sueddeutsche.de 7.1.2010: Adidas und Siemens setzen auf Olympia; Tibudd, Michael, Fromm, Thomas,  Adidas setzt auf Olympia, in SZ 8.1.2010;)

Die GfK ermittelt – natürlich streng objektiv –  für die Bewerbungsgesellschaft die Haltung der Münchner und Bayern zur Olympiabewerbung.

DOSB-Generaldirektor Michael Vesper

Michael Vesper gab in einem Interview in der SZ vom 9.1.2010 die Linie vor, dass das „Alleinstellungsmerkmal“ der ökologischen Spiele für die deutsche Bewerbung spreche: „Wer global denkt, muss für München sein.“ Gleichzeitig diffamierte er die Mitbewerberstädte: „Olympia 2018 wird stattfinden, die Frage ist nur, wo – in Südkorea, in Frankreich oder mit unserem überzeugenden ökologischen Konzept.“ (merkur-online 24.1.2010)

Annecy hat zum Beispiel auch den – unhaltbaren – Anspruch der CO2-freien Spiele proklamiert, und in Pyeongchang sind wirklich fast alle Anlagen vorhanden, im Gegensatz zur Situation in München und den drei Orten im Oberland .

(Siehe auch 18 Gründe: Leitprojekte)

Gleichzeitig behauptete Vesper, in Garmisch-Partenkirchen würden nur zwei Prozent der benötigten Flächen neu bebaut würden. Er verwies auf das Konzept der Fachkommission Umwelt mit 18 Leitprojekten.

In der Fachkommission „Umwelt“ saßen übrigens zu diesem Zeitpunkt von den Naturschutz-Verbänden nur noch der DAV, der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und die Naturfreunde. Die anderen Verbände – Bund Naturschutz in Bayern e.V., der Verein zum Schutz der Bergwelt, CIPRA und Mountain Wilderness – haben die Mitarbeit begründet eingestellt.

Vesper diffamierte anschließend auch die Kritiker der Bewerbung: „Es gibt einzelne, die fundamental gegen solche Großveranstaltungen sind. Die sind natürlich nicht erreichbar.“  – „Ich werde die Kritiker (…) mit der Realität unserer Bewerbung konfrontieren, damit sie nicht auf selbst gebastelte Pappkameraden eindreschen.“ („Wer global denkt, muss für München sein“, in SZ 9.1.2010)

Der Landesvorsitzende der Grünen, Dieter Janecek antwortete Vesper und forderte am 9.1.2010 in seinem Blog: „Olympia: Schluss mit dem Greenwashing!“ Vesper sei zuallererst Cheflobbyist des DOSB und sollte seine Mitgliedschaft bei den Grünen ruhen lassen. Die Etikettierung Olympischer Winterspiele als „ökologisch“ oder „nachhaltig“ sei nichts als Propaganda. Janecek sprach sich gegen ein Alpen-Disneyland aus, gegen „temporäre“ Anlagen auf sonnigen, schneefreien Südhanglagen in Oberammergau, gegen den massiven Ausbau der Schneekanonen. Zum Umgang Vespers mit Mitbewerbern schrieb er: „Südkorea hat 83 % seiner Konjunkturprogramme für ökologische Investitionen ausgegeben, Deutschland 13 %. Hochnäsigkeit ist nicht angebracht.“

NOlympia

Am 11.1.2010 fand auf Einladung des Landtagsabgeordneten Ludwig Hartmann die Gründungsversammlung der Plattform „Nolympia 2018“ im Bayerischen Landtag statt. Um die 50 Vertreter von Naturschutzorganisationen, von Grünen, ÖDP und weiteren Parteienvertretern und anderen Initiativen waren erschienen. Hartmann wandte sich in Zeiten des Klimawandels gegen künstliche Beschneiung, temporäre Sportanlagen und den massiven Ausbau der Straßeninfrastruktur. Willi Rehberg aus Salzburg informierte über den dortigen Widerstand gegen die Bewerbung um Olympische Winterspiele. Er erwähnte auch, dass es im Herbst 2009 ein Treffen aller Chefredakteure der Münchner Zeitungen mit dem DOSB auf der Zugspitze gegeben habe, um eine olympiakonforme Berichterstattung zu erreichen. (Szymanski, Mike, Kastner, Bernd, Bündnis gegen Olympia, in SZ 4.1.2010)

Es fällt auf, dass die Berichterstattung seit diesem Zeitpunkt speziell für den Münchner Raum und die hier geplanten riesigen Bauvorhaben tatsächlich unkritischer geworden ist.

Vor allem in den Alpen selbst soll der Widerstand vor Ort mobilisiert werden. (Olympia-Gegner schmieden Allianz, in SZ 12.1.2010) Eines der Themen war das von den DOSB-Offiziellen gefürchtete Bürgerbegehren in Garmisch-Partenkirchen: Es könnte auch noch dann erfolgen, wenn – wie im Fall Denver – der Ausrichterort schon benannt ist. Zwei Webseiten werden informieren: www.nolympia2018.de wird über die täglichen Nachrichten und aktuelle Aktionen als Kampagnen-Webseite wirken. Diese Website www.nolympia.de (Sylvia Hamberger, Axel Doering, Wolfgang Zängl, Andreas Keller, Thomas Pampuch) informiert über wissenschaftliche Zusammenhänge und liefert Fachinformationen.

Ludwig Hartmann wandte sich in einem Interview gegen die brutalen Eingriffe in den sensiblen Alpenraum. Die Spiele seien in keinem Fall nachhaltig. Hartmann kritisierte auch die Spielregeln des IOC und die Münchner Bewerbungsunterlagen, in denen steht, dass es keinen Widerstand gegen die Bewerbung gebe. So sei zum Beispiel der Bund Naturschutz dagegen, der mehr Mitglieder als die CSU habe. Er vermutete, dass sich der Münchner OB Ude mit Olympia ein letztes Denkmal setzen wollte. Der Münchner SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaff kritisierte umgehend, dass Hartmann damit „den wirtschaftlichen, politischen und sportlichen Interessen der Stadt und der Region“ nachhaltig schade und sich auf Kosten Münchens profilieren wolle. („Wir müssen die Spiele verhindern, in SZ 18.1.2010; Kemnitzer, Sebastian, Netzwerk der Spieleverderber, in taz.de 13.1.2010; Schelte für Hartmann für Olympia-Boykott, in SZ 19.1.2010)

OB Ude gibt die Linie vor, und die SPD-Parteifreunde bellen hinterdrein. Auf die Idee, dass der Stadt München wirtschaftlich, politisch und sportlich am meisten mit dem Rückzug der Bewerbung geholfen wäre, kommt natürlich keiner der Jubel-Olympioniken.

Der Grüne Stadtrat und Leiter des Ressorts Umwelt bei der Bewerbungsgesellschaft, Boris Schwartz, äußerte bei einem Streitgespräch in der Münchner VHS: „Wir drehen das Rad der grünen Spiele weiter.“ Der Münchner BN-Vorsitzende Christian Hierneis hielt dagegen die Bewerbung von Pyeongchang für ökologischer als jene Münchens. (Bielicki, Jan, Schaulaufen in Vancouver, in SZ 20.1.2010)

Barcelona 2022

Barcelona will sich mit dem selben unsinnigen Argument wie München – Austragungsort für Sommer- und Winterspiele – für die Olympischen Winterspiele 2022 bewerben. Diese werden im Jahr 2015 vergeben. (Barcelona bewirbt sich für Olympia 2022, in Handelsblatt.com 14.1.2010)

Umfrage von Prof. Bausch

Eine Umfrage des Touristik-Professors Thomas Bausch von der Fachschule München ergab, dass nur 57 Prozent der Einwohner von Garmisch-Partenkirchen hinter der Bewerbung stehen – im Gegensatz zur offiziellen Behauptung, dass fast der ganze Ort für Olympische Spiele sei. Kritisiert wurde – auch von den Befürwortern – die Informationspolitik, mit der nur 43 Prozent zufrieden waren. Ein Fünftel sorgte sich um starke Eingriffe in die Natur und die Zerstörung des Landschaftsbildes. Mehr als der Hälfte war das Logo unbekannt, nur ein Drittel kannte die Kosten von 3,1 Milliarden Euro. Jeder Dritte sorgte sich um die Verschuldung des Ortes. 14 Prozent fürchteten steigende Miet- und Immobiliepreise. (Bausch, Thomas, München 2018 und Wettbewerbe in Garmisch-Partenkirchen. Von Euphorie noch keine Spur, München, Januar 2010; vgl. auch Effern, Heiner, Garmischer skeptisch bei Olympia-Bewerbung, in SZ 21.1.2010; Alarmsignal vom Alpenrand, in SZ 22.1.2010)

Ludwig Hartmann kommentierte die Umfrage so: „Wenn die Leute wissen, welche Knebelverträge das Internationale Olympische Komitee die Austragungsorte unterzeichnen lässt, wie groß die Umweltzerstörung sein wird und dass Milliardenkosten anfallen, wird die Mehrheit Olympia ablehnen.“ OB Ude sprach von anderen Umfragen, die angeblich 80 Prozent Befürworter genannt hätten (eine Zahl, die immer wieder von der Bewerbungsgesellschaft ohne Quellenangabe kolportiert wurde). (Effern, Heiner, Prummer, Karin, „Ohrfeige für die Organisatoren“, in SZ 22.1.2010) Er äußerte zu den 57 Prozent: „Die Idee eines Bürgerentscheids ist damit tot“ und spottete über den Widerstand gegen die Bewerbung: „Nur einige kleinere Windmaschinen erzeugen Gegenwind.“ (Bielicki, Jan, München über den Wolken, in SZ 28.1.2010)

Alternativer Standort in Garmisch-Partenkirchen vorgeschlagen

(Siehe auch 18 Gründe: Naturschutz)

In Garmisch-Partenkirchen erregten vor allem die temporären Anlagen auf den Wiesen mit „Snow-Village“, Medien-Center und Sportstraßen Ärger. Die neun Vereine, die Anfang Dezember 2009 eine Anzeige aufgegeben hatten (siehe oben), trafen sich am 21.1.2010 mit der Bewerbungsgesellschaft und formulierten nochmals ihre Bedenken: Eine weitere Verstädterung soll vermieden, schwere Eingriffe in die Landschaft abgewendet und die finanziellen Belastungen begrenzt werden. Für den Standort „Snow Village“ wurde alternativ der Golfplatz in Burgrain vorgeschlagen und für das Mediencenter der bereits umzäunte Bereich der amerikanischen Edelweiß Lodge und des Marshall European Centers und den früheren Hotels Patton und Abrams. Damit würden auch die Sportstättenstraßen überflüssig. Der Vorsitzende der Weidegenossenschaft Josef Glatz berichtete, dass einige Eigentümer von Kerngrundstücken über eine „Umnutzung“ nicht einmal verhandeln wollten. (Olympia 2018: Alternative Standorte, in merkur-online 21.1.2010)

Willy Bogner

Bewerbungschef Bogner beerdigte umgehend diese Alternativ-Vorschläge der neun Garmisch-Partenkirchner Vereine. Er appellierte an „einzelne Bauern, die ihre hochsubventionierten Wiesen nicht an die olympischen Organisatoren verpachten wollten, ihrer Verantwortung für das Land gerecht zu werden“. (Bielicki, Jan, München über den Wolken, in SZ 28.1.2010) Drei Wochen später in Vancouver äußerte sich Bogner weiter abfällig über Bauern, die ihre Grundstücke nicht abgeben möchten: „Winterspiele sind ein Ereignis von nationaler Bedeutung, die Staatsbürger sollten sich an die Zusagen, die die Volksvertreter einmal gemacht haben, halten.“ (Pfeil, Gerhard, Weiße Krawatten, in: Der Spiegel 8/22.2.2010)

Und zur Kritik aus Garmisch-Partenkirchen äußerte er: „Manches ist einfach Fundamentalopposition, die nur die Aufmerksamkeit nutzt, die ihr die Spiele bieten. In Garmisch-Partenkirchen, wo sich der Gemeinderat ja einst einstimmig für die Bewerbung ausgesprochen hat, gibt es sicher noch ein paar Einzelinteressen, die befriedigt werden müssen.“ („Wir müssen noch viel tun“, Interview mit Willy Bogner in SZ 26.2.2010)

Das ist schon unverfroren: Der Chef der Bewerbungsgesellschaft 2018 ignoriert die berechtigten Befürchtungen der Bauern um ihre Wiesen und der von ihnen erhaltenen Kulturlandschaft (deren Reiz die Landschaft im Loisachtal und in Oberammergau darstellt) und diffamiert sie zuerst als Empfänger hoher Subventionen, um für nicht zu verantwortende olympische 18 Tage an ihre Wiesen zu gelangen.

Sodann verweist Bogner auf die Verantwortung „für das Land“ und setzt hier die Interessen der Olympiamacher mit den Interessen des ganzen Landes gleich: Die Staatsbürger sollen gefälligst das nachvollziehen, was ihre Volksvertreter oben beschlossen haben. Und mit dem Hinweis auf die „zu befriedigenden Einzelinteressen“ unterstellt er den um die Zukunft ihrer Landwirtschaft und ihrer Heimat Besorgten rein materialistische Motive.

Er liefert einen weiteren Hinweis auf das mangelnde Demokratieverständnis der Olympia-Macher: Jeder, der sich kritisch äußert, wird öffentlich diffamiert. Aber eine Enteignung von Grund und Boden ist selbst für olympische Zwecke nicht machbar.

Oberammergau

(Siehe auch 18 Gründe: Naturschutz)

Auch in Oberammergau, wo die Biathlon- und Langlaufwettbewerbe geplant sind, droht Ärger. Der Bayerische Bauernverband hielt die vorliegenden Verträge in keiner Weise für zufrieden stellend. Die Bewerbungsgesellschaft will die Grundstücke für drei Jahre benutzen: 2016 für den Bau der Anlagen, 2017 für vorolympische Tests und 2018 für Winterspiele sowie den Rückbau. Die Bauern rechnen mit einer möglichen Ansaat nicht vor Frühjahr 2019.

Die verschuldete Gemeinde selbst müsste das volle Haftungsrisiko tragen und den Grundeigentümern für Schäden Ersatz leisten, dazu sämtliche Kosten für Notar, Vertragsabschlüsse und Vollzüge tragen (bei 188 Grundeigentümern!). (Effern, Heiner, Nur die Präambel überzeugt, in SZ 26.1.2010; Hutter, Ludwig, „Züge von Selbstentmündigung“, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 27.1.2010) Ludwig Hutter warnte im Kommentar Fair geht vor: „Daher ist Vorsicht geboten bei diesem Nutzungsvertrag für Olympia 2018… Das IOC, der Bund, das Land tauchen in der Vereinbarung so gut wie gar nicht auf… Fairness gibt es nicht nur im Sport. Dieses Wort sollte doch gerade in Zusammenhang mit Olympia Programm sein, auch für das IOC.“

Deutsche Olympische Akademie

Willi Daume

Von dort wurde am 20.1.2010 eine Email versandt, worin zur Aktion „Olympia ruft: Mach mit!“ Unterrichtsmaterialien für Schulen angeboten werden, um das „Großereignis Olympische Spiele“ pädagogisch begleiten zu können. Man kann sich informieren u. a. über den „Traum von Olympia“, die Olympiastadt München 2018 und olympische Maskottchen.

Das Wort Umwelt kommt im Übrigen nirgends vor.

München

Unterdessen informierte OB Ude, dass in München der Bund sein Gelände zwischen Dachauerstraße und Olympiapark für den Bau des Olympischen Dorfes zur Verfügung stellen würde. (Bielicki, Jan, Effern, Heiner, Garmisch prüft neue Standorte für Olympia, in SZ 22.1.2010; Münchner Merkur 22.1.2010)

Hier befindet sich immerhin die Bundeswehrverwaltung, die in andere Gebäude umziehen muss, wobei ihre intakten Gebäude aus den siebziger Jahren für die Winterspiele abgerissen werden sollen. Außerdem wird, wie schon erwähnt, das Olympiagelände durch die neuen Bauten für die Bundeswehrverwaltung plus das neue Olympische Dorf weiter zugebaut und versiegelt. Und in Garmisch-Partenkirchen und in Oberammergau  sollen die „temporären“ Anlagen nach der Nutzung für die Olympische Winterspiele wieder abgerissen werden: soviel zum Thema Nachhaltigkeit.

Oberbürgermeister Ude

Christian Ude schilderte beim Neujahrsempfang des DOSB in Frankfurt seine Sicht der Dinge: „München zum Beispiel hat eigentlich nur ein wirklich bedrückendes Problem: den Wohnungsmangel.“ (Von einem weiteren ernsten Problem, der hohen Münchner Verschuldung, redet der OB nicht – sie würde durch die Bewerbung 2018 noch drastischer steigen.) Ude führte weiter aus: „Wir haben die Chance, ein neues Kapitel in der Sportgeschichte aufzuschlagen, nämlich wenn wir als erste Stadt nach Sommer- auch Winterspiele ausrichten. Davon sollte mehr die Rede sein als von den Bedenken des einen oder anderen Umweltschützers.“ (Auf die Frage, was das für ein Argument für München sei, antwortete übrigens IOC-Präsident Jacques Rogge im Interview im Februar 2010: „Gar kein Argument.“ Kistner, Thomas, „Der Reiz der Spiele ist stärker denn je, in SZ 9.2.2010)

Ude hielt es geradezu für „sträflich“, „den einen oder anderen kritischen Punkt zum Anlass zu nehmen, die olympische Idee in frage zu stellen“. Er erhielt tosenden Applaus von Sportlern und Funktionären. (tz 23.1.2010: Ude watscht Kritiker ab; Weinreich, Jens, München 2018: Christian Ude und die „Kniffe der propagandistischen Darstellung“,  26.1.2010)

Hier erhebt sich wieder die Frage, welches Demokratieverständnis Ude inzwischen hat und wie viele Denkmäler dieser Oberbürgermeister noch braucht.

Treibriemen

Das Münchner Planungsreferat feierte sein dreißigjähriges Bestehen mit einer Broschüre und einem klaren Bekenntnis zur Bewerbung, da solche Großveranstaltungen ein „Treibriemen“ für die Weiterentwicklung Münchens sei. (Planungsreferat feiert mit Broschüre Jubiläum, in SZ 26.1.2010)

SZ-Forum

Am 27.1.2010 diskutierte das SZ-Forum über Olympia 2018. Die Befürworter waren der SZ-Chefredakteur Werner Kilz (Diskussionsleiter), der Generalsekretär des DOSB Michael Vesper („die umweltfreundlichsten Spiele der olympischen Geschichte“), der Dritte Bürgermeister Josef Monatzeder, der dem Bund Naturschutz „Miesepetrigkeit“ vorwarf („Ich sehe keinen Ort auf der Welt, wo Olympia ökologischer ginge“), der ehemalige Skirennfahrer Christian Neureuther („Auch wir Sportler haben doch ein grünes Herz“). Er fügte hinzu, dass in seiner Heimat Garmisch kein einziger Baum weichen müsse und erntete den Zwischenruf einer Zuhörerin: „Verlogen!“

Den vier Befürwortern der Bewerbung stand als Kritiker einzig Christian Hierneis vom Landesvorstand des BN und Vorsitzender der Münchner Kreisgruppe gegenüber, der den Olympischen Winterspielen die Nachhaltigkeit absprach und kritisierte, dass bis 2018 Unsummen in den Straßenbau fließen sollen. (Fischhaber, Anna, Deutsche Sportler entdecken ihr grünes Herz, sueddeutsche.de, 28.1.2010; Bielicki, Jan, Fünf Ringe, grün, in SZ 29.1.2010; Etscheit, Georg, Grüner Zoff um, Olympia, in Die Zeit 29.1.2010; Kemnitzer, Sebastian, Netzwerk der Spieleverderber, in taz.de 13.1.2010)

Lufthansa fliegt mit

Der Konzern Lufthansa wurde fünfter Nationaler Förderer der Bewerbungsgesellschaft und will mit Geld und Flügen rund drei Millionen Euro einbringen. Ein Airbus A380 wird im Sommer auf den Namen „München getauft und erhält das Olympia-Logo, ebenso die Jets „Bayern“ und „Garmisch-Partenkirchen“. Damit sei „über die Hälfte“ der Bewerbungskosten von 30 Millionen Euro gedeckt, erklärt OB Ude. Dazu sollen demnächst noch der Versicherungskonzern Allianz und der Elektrokonzern Siemens kommen.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer verwirrte seine Zuhörer, als er zum Umbau der Ruhpoldinger Biathlon-Arena bemerkte, dass der Ort „alle Voraussetzungen für einen exzellenten Olympiastandort“ habe, was zu einer nicht geringen Irritation in Oberammergau geführt haben soll. (Effern, Heiner, Ramsauers Zwischensprint, in SZ 29.1.2010

Um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2018 haben sich seit 1988 noch nie so wenig Orte beworben wie 2018, nämlich ganze drei. IOC-Präsident Rogge sah den Grund in der „grundsätzlich begrenzten Anzahl von Ländern mit der Fähigkeit für die Gastgeberrolle bei Winterspielen“. (Wenig Lust auf Olympia, in SZ 29.1.2010)

Vielleicht könnte es aber auch sein, dass immer mehr Orte die Folgen des Klimawandels und den ökonomischen und ökologischen Wahnwitz eines solchen globalen sportlichen Großereignisses erkennen und deshalb so intelligent sind, sich gar nicht erst auf eine Bewerbung einzulassen.