Aktualisiert am 24.9.2014
Am 19.8.2014 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) – wie schon so oft in den letzten Jahrzehnten – gegen den Naturschutz entschieden. Der VGH wies die Beschwerde des Deutschen Alpenvereins (DAV) und des Bund Naturschutz (BN )gegen den Gerichtsentscheid vom 3.6.2014 zurück.
BN und DAV klagen mit Unterstützung von CIPRA Deutschland, Verein zum Schutz der Bergwelt, Mountain Wilderness, NaturFreunde Deutschland und Gesellschaft für ökologische Forschung gegen den Ausbau der größten Beschneiungsanlage in Bayern und forderten einen Baustopp. Denn trotz der Klage wurde weiter gebaut – der Baustopp wurde vom VGH abgelehnt. BN und DAV hatten gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Nun wurde auch die Beschwerde zurückgewiesen. Die Landschaftszerstörung für die Großbeschneiung am Sudelfeld geht also weiter.
Das größte Speicherbecken in den bayerischen Alpen mit über 150.000 Kubikmetern darf gebaut werden – für 250 neue Schneekanonen und Beschneilanzen.
“Das öffentliche Interesse und das Interesse der Bergbahnbetreiberin am Fortschreiten der Baumaßnahmen überwiege, begründete das Gericht seine Entscheidung. (…) Die Verwaltungsrichter argumentierten, dass die Gewährleistung von Schneesicherheit für das Gebiet wichtig ist. Am Sudelfeld sei man vom Tourismus abhängig, somit sei das geplante Projekt auch für den Erhalt und die Förderung der Wirtschaftskraft und von Arbeitsplätzen nötig” (Sudelfeld-Ausbau geht weiter, in sueddeutsche.de 25.8.2014). – “In der Summe hat der VGH die Argumentation der Naturschutzverbände Stück für Stück als unzutreffend klassifiziert” (Krehl, Daniel, Niederschlag zur Unzeit, in merkur-online 27.8.2014).
Das hat der VGH im Zeitraum von zig Jahren auch bei der Isental-Autobahn (im Bau) und bei vielen anderen Projekten so gemacht.
Der Bund Naturschutz und der Deutsche Alpenverein bedauern diese Entscheidung sehr. Sie beurteilen die Modernisierung des Skigebietes als nicht nachhaltige Investition, die gleichzeitig die Entwicklung eines tragfähigen Ganzjahrestourismus verhindert (PM des DAV und BN vom 26.8.2014). Ein Teilerfolg für die Verbände war die Herabsetzung des Beschneizeitraums von geplanten viereinhalb auf dreieinhalb Monate.
Also business as usual: Im Zweifelsfall entscheidet die Verwaltungsjustiz für die Investoren, den Kommerz und den harten Tourismus. Langfristiges Denken wird zugunsten eingefahrener Geschäftsmodelle blockiert. Der Klimawandel wird aber auch um das Sudelfeld-Gebiet keinen Bogen machen – und damit ist die Unrentabilität der Natur-zerstörenden Maßnahmen vorgezeichnet.
Am fatalsten ist das Signal an die Öffentlichkeit: Klimawandel? Den bekämpfen wir in Bayern mit Schneekanonen! Und wenn da sonst was ist, dann geht das uns in Bayern nix an! Letzte Meldung vom 9.9.2014: CO2 ist in der Atmosphäre von 2012 auf 2013 so schnell gestiegen wie noch nie zuvor! Leider: Kein Wunder!
Nachtrag: Sudelfeld-Ausbau: DAV und BN ziehen Klage zurück. Am 19.8.2014 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde vom Deutschen Alpenverein und Bund Naturschutz auf Erlass eines sofortigen Baustopps zurückgewiesen. Das Hauptverfahren war damit noch nicht entschieden, aber absehbar im Sinne der Umweltzerstörung. Bei einem Urteil Mitte 2015 wären die Baumaßnahmen beendet gewesen und die Klage chancenlos.
Am 18.9.2014 gaben BN und DAV auf einer Pressekonferenz bekannt: „Das Hauptverfahren, in dem BN und DAV gegen den Ausbau der Beschneiungsanlagen geklagt hatten, ist damit zwar noch nicht entschieden. BN und DAV werden es allerdings vor dem Hintergrund der abgewiesenen Beschwerde und entsprechend fehlender Erfolgsaussichten allerdings nicht weiter betreiben. „Wir bedauern die Entscheidung des Gerichts ausdrücklich“, sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BN, „Mit dem Ausbau der Beschneiungsanlage am Sudelfeld wird ein völlig falsches Signal für die Entwicklung des Alpenraumes gesetzt, da damit kurzfristigen ökonomischen Interessen der Vorrang vor dem Schutz und der Erhaltung der gerade durch den Klimawandel besonders bedrohten Alpenlandschaft eingeräumt wird.“ DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig forderte vor diesem Hintergrund: „Mehr denn je brauchen wir jetzt eine noch breitere öffentliche Debatte über die touristische Entwicklung der gesamten bayerischen Alpen.“
BN-Vorsitzender Hubert Weiger monierte, bei einem Urteil im Sommer 2015 sei „die Anlage auf dem Sudelfeld schon feierlich eröffnet“ (Effern, Heiner, Schwere Schlappe am Sudelfeld, in SZ 19.9.2014). Weiger weiter: „Mit dem Ausbau der Beschneiungsanlage am Sudelfeld wird ein völlig falsches Signal für die Entwicklung des Alpenraumes gesetzt, da damit kurzfristigen ökonomischen Interessen der Vorrang vor dem Schutz und der Erhaltung der gerade durch den Klimawandel bedrohten Alpenlandschaft eingeräumt wird“ (DAV, PM Eine öffentlicher Debatte über die touristische Entwicklung in den bayerischen Alpen ist wichtiger denn je! 19.9.2014). DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig: „Mehr denn je brauchen wir jetzt eine noch breitere öffentliche Debatte über die touristische Entwicklung der gesamten bayerischen Alpen“ (Ebenda; DAV und BN ziehen Klage zurück, in merkur-online 18.9.2014). Weiger kündigte aufgrund dedr Chancenlosigkeit des Naturschutzes vor bayerischen Gerichten für 2015 eine Musterklage vor dem Europäischen Gerichtshof an, um das deutsche Planungsrecht anzugreifen (Effern, Heiner, Schwere Schlappe am Sudelfeld, in SZ 19.9.2014).
Siehe auch: http://www.goef.de/alpen/beschneiung/sudelfeld