Zum Inhalt springen

Von Mehrheiten und Minderheiten

  • von

11.8.2010, aktualisiert am 7.11.2010
Falsche Mehrheiten:

1) Im August 2009 meldete der Sportinformationsdienst (SID) mehr als 80 Prozent Zustimmung für die Bewerbung München 2018. Als Unkorrektheit können die Statistiker monieren, dass nur Leute befragt wurden,  die sportbegeistert sind.

Kommentar des Grünen Landtagsabgeordneten Ludwig Hartmann: „Das ist, wie wenn ich die Betreiber von Atomkraftwerken befrage, ob sie gerne die Laufzeiten verlängern würden.“

(Effern, Heiner, Kistner, Thomas, Die Begeisterung schmilzt, in SZ 29.4.2009)

2) Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude äußerte Anfang 2010: „Andere, auch von Dritten in Auftrag gegebene Umfragen haben immer gut 80 Prozent Befürworter im Bund und in Bayern gezählt.“
Ude benannte weder die Dritten noch eine Quelle (vermutlich bezog er sich auf den SID). Auch die Bewerbungsgesellschaft nannte ohne jede Quellenangabe wiederholt 70 oder 80 Prozent Zustimmung.
(Effern, Heiner / Prummer, Karin, Ohrfeige für die Organisatoren, in SZ 22.1.2010)

3) Gleichzeitig wurde bekannt, dass das IOC eine geheime Umfrage vor der Vergabe der Winterspiele durchführen will. DOSB-Präsident Bach kündigte an, das IOC wolle „die Athleten nur dorthin schicken, wo sie wirklich willkommen sind… für eine erfolgreiche Bewerbung Münchens muss die Bevölkerung hinter dieser Idee stehen“.
Auch die Studie wurde nie bekannt gemacht oder vorgestellt.
(Geheim-Umfrage wegen Olympia in München, in tz-online 12.2.2010)

4) Die Gesellschaft für Konsumforschung GfK in Nürnberg soll für die Bewerbungsgesellschaft München 2018 das Meinungsbild der Bevölkerung herstellen. Im April 2010 stellte die GfK traumhafte Zustimmungswerte fest: nämlich in Garmisch-Partenkirchen 64,9 Prozent Befürworter und nur 20 Prozent Gegner; in München 69,6 Prozent Befürworter und nur 10,9 Prozent Gegner.
Die Objektivität dieser Ergebnisse lässt allerdings zu wünschen übrig, denn die GfK ist seit Januar 2010 als Nationaler Ausstatter Sponsor der Bewerbungsgesellschaft. Der Grünen-Vorsitzende in Bayern, Dieter Janecek nannte die Zahlen „ungefähr so glaubwürdig wie die Propaganda der Kommunistischen Partei in China“.
(Bielicki, Jan, Werbung in der Stadt der Olympia-Kritiker, in SZ 17.4.2010; Kristlbauer, Matthias, Grüne kritisieren Olympia-Umfrage, in merkur-online.de 19.4.2010)

5) DOSB-Präsident und IOC-Vizepräsident Thomas Bach verkündete am 9.8.2010 folgendes zum drohenden Volksbegehren in Garmisch-Partenkirchen: „2000 Unterschriften nach zwei oder drei Wochen, von denen man nicht einmal weiß, woher die kommen. Und auf der anderen Seite 70 Prozent Zustimmung durch eine unabhängige Meinungsumfrage“ („Ich beneide die Jugendlichen in Singapur„, in faz.net 9.8.2010). Auch diese  Zahl von 70 Prozent Zustimmung wurde weder von ihm noch von jemand anderem jemals offen gelegt; sie wird von Bach und der Bewerbungsgesellschaft immer dann in die Diskussion eingeworfen, wenn sonst keine Argumente mehr vorhanden sind. Die Projektleiterin Kommunikation von München 2018,  Anna Lena Mühlhäuser, schrieb in einer Email vom 27.7.2010:  „Die Umfrage mit dem Ergebnis einer Zustimmung von 70 Prozent stammt vom Internationalen Olympischen Komitee. Wir haben leider keine Informationen dazu, wann und unter welchen Umständen diese Umfrage stattgefunden hat.“

Im Gegensatz ist sehr wohl nachzuvollziehen, woher die Stimmen gegen die Bewerbung und für ein mögliches Bürgerbegehren kommen, da sie mit Adresse und Unterschrift abgegeben werden.

Richtige Mehrheiten:
1) Mitte Februar 2010 veranstaltete der Bayerische Rundfunk eine Internet-Umfrage unter seinen Hörern zur geplanten Bewerbung. Die Frage „Ich bin für die Bewerbung“ wurde von 41,3 Prozent, „Ich bin gegen die Bewerbung“ von 56,4 Prozent angeklickt. Der BR-Umfrage zufolge stand die Bevölkerung also bereits im Februar 2010 mitnichten mehrheitlich hinter der Bewerbung, im Gegenteil.
(Olympia 2018: Voting-Mehrheit gegen Olympiabewerbung, BR-online 14.2.2010)

2) Die Augsburger Allgemeine machte ab 23.7.2010 eine Online-Befragung. Das Ergebnis war bis zum 9.8.2010 mehr als deutlich: 29 Prozent waren dafür, 65 Prozent dagegen.

3) Die übliche TED-Umfrage der „Münchner Runde“ im BR mit dem Thema Olympiakampf in Bayern: Wer gewinnt, wer verliert? am 27.7.2010 wurde vorsichtshalber abgesagt mit der offiziellen Begründung, dass die Sendung eine halbe Stunde vor Ausstrahlungstermin aufgezeichnet wurde, weil einer der Gäste sonst nicht hätte dabei sein können. Das TED-Ergebnis wäre mit Sicherheit erneut gegen München 2018 ausgefallen.

4) Eine zweite Online-Befragung von Bayern 3 ergab im Oktober 2010, dass 44,4 Prozent die Bewerbung befürworten, aber 55,6 Prozent sie ablehnen. (http://www.br-online.de/bayern2/radiowelt/radiowelt-10-kw40-olympia-ID1286376553861.xml, BR-online Stand 7.10.2010)

Fazit:
Nolympia vertritt deshalb ab sofort und mit öffentlicher Bestätigung durch den Bayerischen Rundfunk und die Augsburger Allgemeine den Standpunkt: Die klare Mehrheit der Bevölkerung ist GEGEN Olympische Winterspiele 2018 in München.

Vergleiche auch unter Aktuelles: https://www.nolympia.de/2010/09/vorsicht-mit-statistiken-die-man-nicht-selbst-gefalscht-hat/