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Die „Panama Papers“ und die Verbindungen zum Sport

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9.4.2016, aktualisiert 5.6.2016

Die Süddeutsche Zeitung sowie weltweit viele andere Medien veröffentlichten Anfang April 2016 Hintergründe und Analysen zu den „Panama Papers“, die der SZ 2015 anonym zugespielt und über Briefkastenfirmen (mit sogenannten Offshore-Konten) der Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama Auskunft gibt. Zu den Gründern der Kanzlei: Ramón Fonseca war Berater von Panamas Präsident Juan Carlos Varela im Ministerrang und geschäftsführender Vorsitzender der Regierungspartei Panamenista. „Jürgen Mossack, geboren 1948 in Fürth als Sohn eines früheren SS-Mitglieds, war mit seinen Eltern nach Panama ausgewandert, studierte Jura und gründete 1977 die Jürgen Mossack Lawform“ (Burghard 14.4.2016). Mossack Fonseca reüssierte unter dem Diktator Manuel Noriega und gewann beträchtlichen politischen Einfluss in Panama (Ebenda. Zur Rolle Noriegas vgl. Lutheroth 19.12.2014).
„Die Süddeutsche Zeitung hat sich dafür entschieden, die Dokumente gemeinsam mit dem International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ) auszuwerten (..) Panama Papers ist die größte bislang dagewesene grenzüberschreitende Zusammenarbeit dieser Art: Rund 400 Journalisten von mehr als 100 Medienorganisationen in rund 80 Ländern recherchierten in den vergangenen zwölf Monaten in den Dokumenten (…)  2,6 Terabyte, 11,5 Millionen Dokumente und 214 000 Briefkastenfirmen: Die Panama Papers sind das größte Leak, mit dem Journalisten je gearbeitet haben“ (http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56ff9a28a1bb8d3c3495ae13/).
Anbei einige Beispiele, wie die Zusammenhänge zu den Sportorganisationen Fifa, Uefa, Putins Russland etc. aussehen.

– Michel Platini kaufte eine Offshore-Gesellschaft
„Der ehemalige Mittelfeld-Star aus Frankreich war damals seit Anfang des Jahres (2007; WZ) Präsident des Europäischen Fußballverbandes Uefa. Am 27.12.2007 wurde die Schweizer Privatbank ‚Banque Baring Brothers Sturdza’ (BBBS) bei der Anwaltskanzlei ‚Mossack Fonseca’ vorstellig. Das belegen die ‚Panama Papers’, ein riesiger Datensatz aus dem Innersten jener Kanzlei. (…) Als Inhaber der ‚Balney‘ ließ Platini keinen Namen eintragen, stattdessen ließ er eine Inhaberaktie ausstellen. Die Firma gehörte damit demjenigen, der die Aktie – nicht mehr als ein Blatt Papier – in seinem Besitz hatte“ (Strozyk 3.4.2016). Die Aktien der Balney Enterprises Corp. wurden als anonyme Inhaberaktien ausgegeben: Damit ist nicht feststellbar, wem die Firma gehört. „Per Generalvollmacht kann Platini aber nahezu uneingeschränkt im Namen dieser Firma handeln“ (Much, Obermayer 4.4.2016a).

– Jérôme Valcke und seine 32-Meter-Yacht
Im Juli 2013 gründete der im September 2015 wegen Korruptionsvorwürfen suspendierte Ex-Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke eine Offshore-Firma bei Mossack Fonseca (Much, Obermayer 4.4.2016a). „Der ehemalige FIFA-Generalsekretär hatte den Offshore-Dienstleister genutzt, um seine 32-Meter-Jacht in einer Gesellschaft unterzubringen. Im September 2015 wurde der Vertraute Blatters von seinen Ämtern suspendiert, kurz darauf wurde er von der FIFA für zwölf Jahre gesperrt. Mittlerweile ermittelt auch die Schweizer Bundesanwaltschaft wegen Korruption gegen Valcke, sein Anwesen wurde im März 2016 durchsucht. Als die ersten Ermittlungen bekannt wurden, ließ ‚Mossack Fonseca’ seine Direktoren von Valckes Firma zurücktreten“ (Strozyk 3.4.2016).

– Ex-Uefa-Funktionär Eugenio Figueredo hat elf Briefkasten-Firmen
„Figueredo, 83-jähriges Fußball-Urgestein aus Uruguay und ehemaliger FIFA-Vizepräsident, soll sich gemeinsam mit anderen südamerikanischen Funktionären an Schmiergeldzahlungen in Höhe Dutzender Millionen US-Dollar bereichert haben. Das wirft ihm das FBI vor, auf dessen Drängen hin Figueredo im vergangenen Jahr in der Schweiz verhaftet worden ist. In einem weiteren Fall, der in seiner Heimat Uruguay verhandelt wird, hat Figueredo seine Beteiligung an Betrug und der Geldwäsche eingeräumt. In den ‘Panama Papers’ finden sich gleich elf Firmen, über die Figueredo verfügte. Der ehemalige FIFA-Vize nutzte die Firmen nicht alleine, sondern baute sich ein Netz an Vertrauten: In den Unterlagen finden sich Vollmachten für seine Frau, mehrere Anwälte und Berater und sogar einen Architekten, mit dem Figueredo offenbar Immobilienprojekte entwickelte“ (Strozyk 3.4.2016). Figueredo gehört zu den sieben Fifa-Funktionären, die Ende Mai 2015 beim Fifa-Kongress aus dem Luxus-Hotel Baur au Lac inhaftiert wurden. Er soll auch Bestechungsgelder von den TV-Rechte-Händlern Hugo und Mariano Jinkis genommen haben (Mossac Fonseca SZ 4.4.2016). Die Bestechungsgelder der Jinkis (siehe unten) investierte Figueredo über Offshore-Firmen von Mossack Fonseca in Immobilien in Uruguay (Ebenda).

– Hugo und Mariano Jinkis
„Vater und Sohn sollen laut der New Yorker Anklage jahrelang hohe Funktionäre des Weltfußballverbandes bestochen haben, um so an Übertragungsrechte für Fußball-Veranstaltungen wie die Copa América oder WM-Qualifikationsspiele in Südamerika zu gelangen“ (Mossac Fonseca SZ 4.4.2016). – „Als Vehikel für verdeckte Zahlungen sollen die Jinkis Briefkastenfirmen genutzt haben. Das US-Justizministerium erhob im Mai 2015 Anklage gegen sie und zwölf andere Personen“ (Kistner u. a. 4.4.2016). Für die Rechte der Copa-América-Turniere von 2015 bis 2023 und der Copa Centario erwarben sie die Rechte für 317 Millionen US-Dollar. „Im Gegenzug sollten insgesamt 110 Millionen Dollar an die Verantwortlichen zahlreicher Lateinamerika-Verbände fließen. 40 Millionen sollen schon gezahlt worden sein, als die Schweizer Polizei am 27.5.2015 auf Antrag der USA in Zürich sieben Fifa-Funktionäre festnahm. Die fünf Millionen für Cross Trading stufte das FBI als Ausgleichszahlung zwischen den beteiligten Schmiergeldfirmen ein“ (Ebenda). Die Jinkis benutzten ihre drei Offshore-Firmen namens „Cross Trading“ in drei Steueroasen: Auf der kleinen Insel Niue im Südpazifik, auf den Seychellen und im US-Bundesstaat Nevada (Ebenda). Zwei der Jinkis-Briefkastenfirmen wurden von Juan Pedro Damianis Kanzlei vermittelt (Ebenda; zu Damiani siehe unten).
Die Welt der Briefkastenfirmen ist klein…
Auch mit der Uefa und deren damaligen Generalsekretär Gianni Infantino (und heutigem Fifa-Präsidenten, siehe unten) machten Hugo und Mariano Jinkis Geschäfte. „Dabei ging es um ein richtig gutes Geschäft – für Cross Trading. Laut diesem Papier von September 2006 kaufte die Briefkastenfirma mit Sitz auf der winzigen südpazifischen Koralleninsel Niue von der Uefa die Champions-League-Rechte für drei Spielzeiten von 2006 bis 2009 ab, für 111. 000 US-Dollar. In einem zweiten Vertrag von März 2007 bekam sie auch die Rechte am Uefa-Cup und am europäischen Super-Cup für dieselben Jahre, Preis: 28.000 Dollar. Die Rechte von Cross Trading landeten am Ende bei der ecuadorianischen Teleamazonas-Gruppe, die nun das fußballverrückte 15-Millionen-Einwohner-Land mit Bewegtbildern von den Weltstars aus den Übersee-Wettbewerben versorgen konnte. Allerdings hat Teleamazonas 311. 700 US-Dollar für die Champions League bezahlt – und 126 .200 Dollar für die Rechte an Uefa Cup und Super Cup. Das belegen Verträge aus anderer Quelle, die der SZ vorliegen. Was für eine famose Marge: Die beiden Angeklagten der Fifa-Ermittlung haben TV-Rechte für fast 440 .000 Dollar weiterverkauft, die ihnen die Uefa für knapp 140.000 Dollar verkauft hatte“ (Almeida u. a. in SZ 6.4.2016). – „Noch ein Beispiel für die Geschäftspraktiken von Vater und Sohn Jinkis aus der zweiten New Yorker Fifa-Anklageschrift vom 3. Dezember 2015: Im Herbst 2011 sollen die beiden drei hochrangige zentralamerikanische Fußballfunktionäre nach Uruguay eingeladen haben. Diese sollen versprochen haben, Hugo Jinkis und seinem Sohn zu helfen, bestimmte Medienmarketingrechte zu bekommen. Dafür seien die Funktionäre laut Anklage mit insgesamt 450 .000 US-Dollar belohnt worden, die von einem Konto einer Jinkis-Firma namens Cross Trading stammen sollen“ (Ebenda).

– Damiani: Das Mitglied der Fifa-Ethik-Kommission hat 400 Briefkasten-Firmen
Seit die Fifa-Ethikkommission am 23.10.2006 gegründet wurde, war der Rechtsanwalt Juan Pedro Damiani, einer der reichsten Männer Uruguays, dort Mitglied. „Wie eine Spinne im Netz der FIFA-Offshore-Verstrickungen sitzt der Anwalt Juan Pedro Damiani aus Uruguay. In seiner Kanzlei ‚JP Damiani & Associates’ nahmen viele der zweifelhaften Geschäfte ihren Anfang: Sie verwaltete mindestens sieben der Firmen von Ex-FIFA-Vize Eugenio Figueredo, beriet den CONMEBOL-Mann Deluca und trat als Zwischenhändler für eine Briefkastengesellschaft in Nevada auf, die Hugo Jinkins und seinem Sohn Mariano zugerechnet wird. Sie sollen laut FBI mehrere zehn Millionen US-Dollar an Bestechungsgeld gezahlt haben, um ihren Unternehmen die Übertragungsrechte für FIFA-Veranstaltungen in Lateinamerika zu sichern. (…) Auch für sich selbst hat Damiani offenbar vorgesorgt. In mehreren Briefkastenfirmen ist er als wirtschaftlich Berechtigter eingetragen. Wozu genau er die Firmen nutzt, geht aus den Unterlagen nicht hervor“ (Strozyk 3.4.2016). Die Großkanzlei J. P. Damiani hat von Mossack Fonseca rund 400 Offshore-Firmen gekauft. Für Vater und Sohn Jinkis war Damiani höchstpersönlich tätig: Damianis Kanzlei war seit der Gründung der ersten Cross Trading im Jahr 1998 auf der Insel Niue bis zur Abwicklung von Cross Trading in Nevada involviert: „E-Mails legen nahe, dass er sich persönlich einmischte, wenn er die Vertraulichkeit von Kunden gefährdet sah“ (Kistner u. a. 4.4.2016).
Damiani, der wie oben erwähnt Gründungsmitglied der Fifa-Ethikkommission und Mitglied der rechtssprechenden Kammer war, trug auf zwei Schultern. Als die Jinkis-Deals im Mai 2015 aufflogen, „hätte der Anwalt aus Uruguay seine Verstrickung gegenüber der Fifa offenlegen müssen. Nach SZ-Informationen hat Damiani genau das aber bis Anfang April 2016 nicht getan. (…) Der Fall Damiani ist doppelt brisant, weil der uruguayinische Anwalt tatsächlich auf beiden Seiten der Korruptionsaffäre involviert ist. Seine Kanzlei organisierte nicht nur die Briefkastenfirmen für diejenigen, die angeklagt sind, Schmiergeld gezahlt zu haben, sondern auch für einen, bei dem Schmiergeld angekommen sein soll. So arbeitete Damiani seit Ende der 90er Jahre auch für Eugenio Figueredo, 84, den ehemaligen Fifa-Vizepräsidenten. Figueredo steht in Verbindung zu elf Offshore-Firmen, die von Mossfon gegründet wurden – mitsamt Scheindirektoren, um die wahren Besitzer zu verschleiern. Die meisten der Firmen, sieben, wurden von Damianis Kanzlei verwaltet und besitzen eine Reihe von Immobilien“ (Ebenda). Als Figueredo am 27.5.2015 in Zürich verhaftet wurde, ließ Mossfon die Scheindirektoren zurücktreten und die Vollmacht für Figueredos Frau widerrufen (Ebenda).
Am 6.4.2016 erklärte Damiani seinen Rücktritt als Fifa-Ethikrichter (Bigalke u. a., in SZ 7.4.2016).

– Schweizer Bundesanwaltschaft lässt Uefa-Sitz durchsuchen
Am 6.4.2016 ließ die Schweizer Behörde den Uefa-Verbandssitz in Nyon durchsuchen, ebenso die Büros der Agentur „Team“, die für die Uefa die TV-Rechte verhandelt (Boss, Wiegand 7.4.2016). Die Schweizer Polizei ermittelt im Gefolge der Durchsuchung der Uefa-Zentrale in Nyon wegen des „Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung und eventuell der Veruntreuung“ (SID, SZ 11.4.2016).

– Putin: Osero-Vertraute im Zentrum
Putin ist als emsiger Förderer internationaler Sport-Großveranstaltungen bekannt – siehe Sotschi 2014, siehe die Fußball-WM 2018, zahlreiche Weltmeisterschaften etc. (Vgl. auch im Kritischen Olympischen Lexikon u. a.: Totalitärer Sport-Terminkalender; Oligarchen-Sport). „Im Sog von Putins steilem Aufstieg in der russischen Politik mehrte sich auch der Reichtum einer kleinen Gruppe bis dahin eher unbedeutender Leute: Kameraden, die beim KGB gedient hatten, politische Gefährten aus der Verwaltung von Sankt Petersburg, entfernte Familienmitglieder – vor allem aber jene sieben Männer, mit denen er Mitte der 1990er Jahre eine Genossenschaft zum Bau einer Ferienhaussiedlung vor den Toren vor Sankt Petersburg gegründet hatte: die Datschen-Kooperative Osero. (…) Die Osero-Mitglieder von einst sind heute die wohl mächtigste Clique Russlands. Die meisten von ihnen sind Milliardäre“ (Blum u. a. 4.4.2016). Putins sagenhafter Reichtum wird anscheinend von seiner Freundesclique gebunkert – u. a. bei Briefkastenfirmen. Das amerikanische Außenministerium bezeichnete Putins Russland als einen „Mafia-Staat“. „Die Panama Papers spiegeln all diese Beschreibungen wider. In den Dokumenten finden sich die Briefkastenfirmen von vielen Männern, die mit Putin in die russische Machtelite aufgestiegen sind. Der Milliardär Genadij Timtschenko etwa, der parallel zu Putins Karriere zu einem der weltweit größten Rohstoffhändler wurde und der den Judoclub Yawara-Newa finanziert, dessen Ehrenpräsident Putin ist. Gegründet wurde der Judoclub von Arkadij Rotenberg, der wie sein Bruder Boris ein enger Putin-Freund ist“ (Ebenda; siehe unten).

– Cellist Roldugin mit zwei Milliarden
Putins langjähriger Freund und Taufpate seiner ersten Tochter Maria, der Cellist Sergej Roldugin, ist laut Unterlagen von Mossack Fonseca Inhaber von vier Offshore-Briefkastenfirmen, über die hunderte Millionen Dollar verschoben wurden: Sonnette Overseas, International Media Overseas, Raytar Limited und Sandalwood Continental Ltd. „Der Cellist Roguldin und seine mutmaßlichen Komplizen sollen laut Panama Papers in wenigen Jahren rund zwei Milliarden US-Dollar durch ein komplexes Firmengeflecht geschleust haben“ (SZ 5.4.2016). – „Aus den Unterlagen der Kanzlei Mossack Fonseca geht hervor, dass durch Briefkastenfirmen, die mit Rodulgin verbunden sind, insgesamt etwa zwei Milliarden Dollar geschleust wurden“ (Hans 11.4.2016). – „Mit Ausnahme höchstens der Raytar Limited wurden alle Firmen des Roguldin-Netzwerks ausweislich der Panama Papers von Mitarbeitern der Sankt Petersburger Bank Rossija gesteuert. Sie gilt unter US-Experten als ‚Putins Bank’“ (Blum u. a. 4.4.2016). – „Einen besonders einträglichen Deal schließt Roldugins Firma international Media Overseas im Februar 2011 ab: sie bekommt alle Rechte an einem 200-Millionen-Dollar-Darlehen überschrieben – für den Preis von einem Dollar“ (Ebenda).
Der Kreml wiegelte umgehend ab. Putins Sprecher Dmitrij Peskow nannte die Aufdeckung der Verschiebung von mehr als zwei Milliarden Dollar durch Briefkastenfirmen von Roldugin eine „Informationsattacke“. Putin selbst kritisierte auf einem Medienforum in Sankt Petersburg die Panama Papers scharf, ja, berichtete quasi aus seinem Geheimdienst-Werkzeugkasten: „‚Die einfachste Methode ist welche? Das ist, irgendein Misstrauen in der Gesellschaft gegenüber dem Staat zu erzeugen, den Organen der staatlichen Führung, die einen gegen die anderen zu stimmen.‘ Eine solche Taktik sei in den Jahren des Ersten Weltkriegs eingesetzt worden, sagte Putin“ (SZ 8.4.2016). Er wies auch die Angaben über Rodulgin zurück: „‚Ich bin stolz auf solche Menschen wie Sergej Pawlowitsch‘, sagte der Präsident. Fast das gesamte Geld, das Rodulgin verdient habe, habe er ‚in den Erwerb von Musikinstrumenten im Ausland investiert und diese dann nach Russland gebracht'“ (Ebenda).
Roldugin selbst räumte in einer 19-minütigen Sendung im russischen Staatsfernsehen die großen Summen ein – allerdings mit anderen Ursachen: „Ich habe angebettelt, wen ich konnte, für dies und jenes, denn alles kostet Geld“  (Hans 11.4.2016). Er sei seit 1977 mit Putin befreundet: „Wahrscheinlich trägt diese  Freundschaft dazu bei, dass die Wirtschaft bereit ist, für die Unterstützung der russischen Kultur zu spenden“ (Ebenda). Die immensen Geldsummen würden in einem restaurierten Romanow-Palais in Sankt Petersburg stecken.
Das ist wohl eher die Darstellung der Propagandaabteilung des Kremls in einer gelenkten Sendung des gesteuerten russischen Fernsehens. Wenn alles so legal war: Warum liefen dann zwei Milliarden Dollar über Briefkastenfirmen von Roldugin – und nicht alles innerhalb von Russland?

– Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny zu Putins Geschäften
„Wir wussten ungefähr, wie die Putin’sche Korruption funktioniert: Er hat Freunde, diese Freunde gewinnen staatliche Ausschreibungen und verdienen damit Milliarden. Diese Milliarden sind wie ein gemeinsamer Topf, aus dem er sich bedienen kann. Jetzt stellt sich heraus, dass es außerdem noch eigene Kassen Putins gibt. Und wir sehen, wie sie gefüllt werden. Dass das, was dem Cellisten Sergej Roldugin gehört, eine Kasse von Putin ist, daran habe ich keinen Zweifel. (…) Die Indizien sind eindeutig: Erstens: Roldugin ist ein enger Freund Putins. Zweitens: Es gibt keine Erklärung dafür, weshalb er auch nur annähernd über solche Summen verfügen könnte. Er wäre der reichste Musiker auf dem Planeten. Drittens: Die Art und Weise, wie diese Kasse gefüllt wurde, indem Staatsunternehmen Straftaten begangen haben, durch Insiderhandel, nicht zurückgezahlte Kredite – warum sollten die so etwas tun? (…) Was sollen das für Spenden sein? Zwei Milliarden Dollar, das ist mehr als der Jahresgewinn der größten Unternehmen in Russland! Laut der offiziellen Statistik des Zolls führte Russland im vergangenen Jahr Musikinstrumente für etwa 50 Millionen Dollar ein. Wenn man das hochrechnet, könnte Roldugin mit den zwei Milliarden 40 Jahre lang den Import aller Musikinstrumente nach Russland finanzieren. Das ist doch lächerlich“ (Hans, Julian, „Die Indizien sind eindeutig“, in SZ 15.4.2016a)
Und zu Putins erstaunlichem Sportengagement und der grassierenden Korruption äußerte Nawalny: „Viele sagen: Ja, die Mächtigen bereichern sich, aber wenigstens kennen wir die; wenn andere an die Macht kämen, würden die noch viel mehr klauen. Eine andere Variante lautet: Die bereichern sich, aber wenigstens tun sie etwas, Sotschi, die Fußball-WM. Oder: Die haben sich schon bereichert; wenn neue drankommen, geht es von vorn los! Und wenn du Präsident würdest, Nawalny, würdest du genauso klauen!“ (Hans 15.4.2016a; Hervorhebung WZ).

– Putin-Show im russischen Staatsfernsehen
Putin bestritt am 14.4.2016 jegliche Verwicklung mit den Panama Papers. „Die Show wurde stundenlang live im russischen Staatsfernsehen übertragen“ (Putin bestreitet Verwicklungen in Panama-Affäre, in spiegelonline 14.4.2016). Putin: „Wir wissen, dass Mitarbeiter der amerikanischen Behörden damit zu tun haben“ (Ebenda). – „Über das Netzwerk der Putin-Freunde sollen zwei Milliarden Dollar geflossen sein. Laut ‚Guardian‘ untermauern die Papiere den Verdacht, dass Putin über seine Freunde Zugriff auf riesige Vermögen hat. Putins Name fällt in den Papieren jedoch nicht“ (Ebenda).
Die Pressekonferenz  – ein weiteres Exempel aus dem russischen Propagandaministerium. „Als Wladimir Putin zum Gegenschlag ausholt, gegen die Kritiker, die Westpresse, die vermeintlich dunklen Kräfte, die Russland am Werk wähnt hinter der Enthüllung der Panama Papers, haben ihm die Medien die größtmögliche Bühne bereitet. Drei staatliche Fernsender übertragen live seine TV-Fragestunde, hinzu kommen drei Radiosender. Russia Today, der Auslandssender des Kreml, streamt den vierstündigen Marathon im Internet, mit Übersetzung auf Deutsch, Englisch und Französisch. Bei der Sendung wird nichts dem Zufall überlassen. Schon vor Tagen hat die Regie die 200 handverlesenen Gäste im Studio vor den Toren Moskaus zur Generalprobe in einem abgeschiedenen Pensionat zusammengetrommelt. (…) „Putin beginnt mit einer Ehrenerklärung für den Cellisten Roldugin, der sein ganzes Geld aufgewandt habe, um zwei wertvolle Geigen und zwei Cellos zu erstehen. Eines stamme von Stradivari, Baujahr 1732, und Roldugin vermache diese Kostbarkeiten nun dem russischen Staat, obwohl er Schulden gemacht habe für die Instrumente. Das erklärt zwar nicht, warum eine russische Staatsbank auf die Idee kam, Roldugin eine für Cellisten ungewöhnliche Kreditlinie von 650 Millionen Dollar einzuräumen, aber mit solchen Details hat sich das russische Fernsehen in den Berichten über die Panama Papers ohnehin nie beschäftigt“ (Bidder 14.4.2016). Und dann log Putin direkt in alle TV-Kameras und Mikrofone: „Er beschuldigte sogar die bei der Enthüllung federführende ‚Süddeutsche Zeitung‘. Er habe sich bei seinem Pressesprecher Dmitrij Peskow erkundigt, das Blatt ’sei Teil einer Mediaholding, die dem amerikanischen Finanzkonzern Goldman Sachs gehört. Das heißt: Überall gucken die Ohren der Auftraggeber heraus. Sie schauen heraus, aber sie werden noch nicht einmal rot'“ (Ebenda). – Putin wörtlich: „Von wem kommen diese Provokationen? Wir wissen, dass es dort Mitarbeiter offizieller amerikanischer Einrichtungen gibt. Wo ist der Artikel zuerst erschienen? Ich habe gestern Peskow gefragt, meinen Presse-Sekretär: in der Süddeutschen Zeitung. Die Süddeutsche Zeitung gehört zu einer Medienholding und diese Medienholding gehört einer amerikanischen Finanzgruppe: Goldman Sachs. Das heißt, überall ist die Hand der Auftraggeber zu erkennen‘. (…) Die Vorwürfe gegen ihn, Putin, seien ein Angriff auf das ganze Land“ (Hans 16.4.2016).
Julian Hans von der SZ stellte dazu richtig: „Putin unterstellte der Süddeutschen Zeitung, im Auftrag der USA zu arbeiten. Wörtlich sagte er laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax: ‚Von wem kommen diese Provokationen? Wir wissen, dass Mitarbeiter amerikanischer Institutionen dabei sind. Zum ersten Mal ist dieser Artikel in der Süddeutschen Zeitung erschienen, die zu einer Medienholding gehört, die wiederum im Besitz des amerikanisches Unternehmens Goldman Sachs ist. Überall schauen die Ohren heraus, aber sie werden nicht einmal rot‘. Diese Behauptung ist falsch. Die Süddeutsche Zeitung gehört weder direkt noch indirekt zu Goldman Sachs. Ob Putin diese Information nun bewusst falsch eingesetzt hat oder seine Leute ihn falsch informiert haben, blieb am Dienstag offen. Allerdings hatte der Kreml schon vor zwei Wochen angesichts der Panama Papers mitgeteilt, man befinde sich in einem ‚Informationskrieg'“ (Hans 15.4.2016b).
Was zur üblen Putin-Medienpropaganda dazu gehört: Am nächsten Tag, als die TV-Kameras und Mikrofone des staatlichen Propagandaapparates längst abgeschaltet waren, entschuldigte sich der Kreml bei der „Süddeutschen Zeitung“. D. h. sein Sprecher entschuldigte sich. „‚Das ist wahrscheinlich unser Fehler, wahrscheinlich mein Fehler‘, sagte Putins Sprecher Dmitrij Peskow. Es habe tatsächlich eine unbestätigte Information gegeben, die nicht noch einmal überprüft, sondern direkt an Präsident Wladimir Putin gegeben wurde. ‚Wir bitten den Verlag um Entschuldigung'“ (spiegelonline 15.4.2016; Hervorhebung WZ).

– Putins KGB-Propaganda-Arbeit: gelernt ist gelernt
Putin lieferte auch hier wieder die Propaganda des KGB-Geheimdienstes ab: Peskow entschuldigte sich offiziell bei der SZ, aber die russische Öffentlichkeit erfuhr davon nichts mehr. „Die jährliche Fragestunde des russischen Präsidenten gehört zu den Sendungen mit der höchsten Resonanz. Im vergangenen Jahr haben sie mehr als acht Millionen Menschen gesehen. Von der Richtigstellung durch Putins Sprecher dürften weit weniger Russen erfahren haben. Etwa 90 Prozent beziehen ihre Informationen ausschließlich aus dem Fernsehen“ (Ebenda).
Der stellvertretende Chefredakteur der SZ, Wolfgang Krach, schrieb dazu in einem Kommentar: „Dass die Geschichte mit Goldman Sachs nicht stimmt, hätte Putin wissen können, um nicht zu sagen: Er hätte es wissen müssen. Es ist bekannt, dass die Fragen, die Bürger dem Präsidenten in der Sendung ‚Der direkte Draht‘ stellen, vorher eingereicht, ausgesucht und Antworten vorbereitet werden. Also haben Putins Getreue auch Informationen über die Süddeutsche Zeitung zusammengestellt, wie Peskow am Freitag bestätigte. Bei der Akribie, mit der der Kreml sonst seinen Präsidenten informiert, wäre es erstaunlich, wenn dieses Dossier diesmal einen so eklatanten Fehler enthalten hätte. (…) Im Ergebnis aber bleibt, dass Millionen Russen in Funk und Fernsehen gehört haben, dass die Süddeutsche eine vom US-Großkapital gesteuerte Zeitung sei, die Putin böse mitspiele. Die Berichtigung dagegen erfolgte nicht vor einem Millionenpublikum im Fernsehen, sondern versendete sich. Von ihr wird in Russland – anders als in Deutschland – kaum jemand Notiz nehmen. Das dürfte ganz im Sinne des Präsidenten sein, dessen Adressat ja das heimische Publikum ist. Er zielt darauf, die Glaubwürdigkeit all jener Medien zu beschädigen, die sich in den vergangenen Monaten an der Recherche zu den Panama Papers beteiligt haben, und bedient sich dabei der klassischen Mittel von Propaganda und Desinformation“ (Krach 16.4.2016).
Russische Desinformationspolitik – Schmierentheater Teil III: „Es ging bereits auf Mitternacht zu, die meisten Menschen schliefen schon, als am Sonntag Wladimir Putins falsche Behauptung, die Süddeutsche Zeitung gehöre der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs, im russischen Fernsehen thematisiert wurde – allerdings ohne die SZ zu nennen und ohne deutlich zu machen, wo denn Putins Fehler lag. (…) Über seinen Fehler sagte Peskow: ‚Ich wünsche niemandem, vom Präsidenten kritisiert zu werden'“ (Hans 19.4.2016).
Damit kann der Kreml behaupten, dass er seine Lüge über die Süddeutsche Zeitung vor einem Millionenpublikum dann (vor einigen wenigen Zuschauern) öffentlich berichtigt hat. Desinformation à la KGB/FSB…

– Auch die Ehefrau von Putins Sprecher hat eine Briefkastenfirma
„Demnach war etwa Tatjana Nawka zeitweise Eigentümerin der Firma Carina Global Assets Limited auf den Britischen Jungferninseln. In den Unterlagen findet sich eine Kopie ihres Reisepasses. Außerdem geht daraus hervor, dass die Briefkastenfirma Vermögen von mehr als einer Million Dollar verwalten sollte. Nawka, eine Eiskunstläuferin, feierte im Sommer 2015 ihre Hochzeit mit Putins Sprecher Dmitrij Peskow“ (Hans 15.4.2016b).

– Wieder dabei: Gazprom NTW
„Auf das Gazprombank-Konto von Roldugins International Media Overseas sollen laut Dokumenten aus den Panama-Papers Millionen-Dividenden einer weiteren Briefkastenfirma geflossen sein, die wiederum Anteile eines großen russischen Medienunternehmens namens Video International besitzt. (…) Dieses Unternehmen war in den 1990er Jahren von Michael Lessin gegründet worden. Lessin, der als Eigentümer einer auf den Britischen Jungferninseln gegründeten Briefkastenfirma in den Panama Papers auftaucht, war von 2004 bis 2009 Putins Medienberater. Am 5. November 2015 wurde er tot in einem Washingtoner Hotelzimmer aufgefunden“ (Blum u. a. 4.4.2016). – Der Schweizer Korruptionsexperte Mark Pieth, der im Auftrag Blatters die Fifa untersucht hat, zu Lessin und dem Darlehensvertrag Roguldins (siehe oben): „Eine Gruppe um den ehemaligen russischen Telekommunikationsminister steht bis heute unter dem Verdacht, Hunderte Millionen Dollar gewaschen zu haben und zwar exakt mit solchen Darlehensverträgen. Auch dieser Minister war ein Freund Putins“ (Ebenda).

– Auch wieder dabei: Arkadij und Boris Rotenberg
„In das Netz der Briefkastenfirmen, in deren Mittelpunkt Putins Freund Roldugin steht, floss laut Panama Papers offenbar auch Geld russischer Oligarchen. Allein im Jahr 2013 gewährten mehrere Briefkastenfirmen, die mit den Brüdern Boris und Arkadij Rotenberg in Verbindung stehen, einer Offshore-Firma im Rodulgin-Netzwerk Kredite von rund 200 Millionen Dollar – und es ist in den Dokumenten nicht erkennbar, ob sie jemals zurückgezahlt wurden. Kurz zuvor hatte eine Firma Arkadij Rotenbergs den Zuschlag für das milliardenschwere, im Zuge der Ukrainekrise jedoch auf Eis gelegte Pipeline-Projekt South Stream bekommen“ (Blum u. a. 4.4.2016). – „Während der Krim-Krise wurden die Rotenbergs auf die Sanktionsliste der USA gesetzt. Auch die EU verhängte sanktionierte Arkadij Rotenberg. Die Panama Papers zeigen, wie einfach sich solch ein Embargo mithilfe von Briefkastenfirmen womöglich umgehen lässt. (…) Von den sechs Firmen, in deren Zusammenhang die Namen der Rotenbergs in den Panama-Papers auftauchen, ist in offiziellen Registern und Datenbanken nur die Honeycomb Holding zu finden. Die übrigen waren bislang offenbar das kleine Geheimnis der Gebrüder Rotenbergs. Laut den geleakten Dokumenten war Arkadij Rotenberg zumindest zeitweise der letztgültige Eigentümer der Firmen Beechwood Associates, Breckenridge Global Management, Causeway Consulting. Bei Highland Ventures Group, Culloden Properties und Kenrick Overseas war offenbar sein Bruder Boris zumindest zeitweise Eigentümer beziehungsweise Miteigentümer. Hunderte Seiten interner Firmenunterlagen geben Einblick in die Firmenstrukturen der Rotenbergs. Beechwood Associates, die in den Panama Papers Arkadij Rotenberg zugeordnet wird, gehörten demnach drei zyprische Firmen, die laut einer internen Mail vom 2013, ‚Anteile an russischen Firmen halten sollen, die Industriebauten, Pipelines, Anlagen zur Gas- und Öl-Verarbeitung bauen, Pipelines verlegen, Öl- und Gasfelder erschließen und die Energie-Infrastruktur in der Russischen Föderation ausbauen sollen‘. Nachdem die USA und die EU Sanktionen gegen die Rotenbergs verhängt hatten, verschwanden ihre Namen innerhalb weniger Monate aus den Unterlagen. Im März 2015 heißt es in einer Erklärung zur Herkunft der Gelder von Beechwood Associates, die zuvor Arkadij zugeschrieben wurde, plötzlich: Sein Sohn Igor sei der Eigentümer. Ebenso passiert es bei Causeway Consulting. Schon davor gehörten Igor Rotenberg laut einer in den Panama Papers enthaltenen Liste die Firmen Stormont Management, Stormont Systems und Highland Business Group. Auf eine SZ-Anfrage reagierte keiner der Rotenbergs“ (Hans, Julian u. a. 20.4.2016).

– Natürlich dabei: Robert Louis-Dreyfus
Der ehemalige Adidas-Vorstandsvorsitzende Louis-Dreyfus war mit Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit dem deutschen „Sommermärchen“ – der Fußball-WM 2006 – in Verbindung gebracht worden: Der DFB hatte ihm 6,7 Millionen Euro überwiesen; die Gründe sind bis heute unklar. Auch Louis-Dreyfus hatte mehrere Offshore-Konten bei Mossack Fonseca (Much, Obermayer 4.4.2016a).

– Ebenfalls dabei: Fußballstar Lionel Andrés Messi
Ende Mai 2016 muss sich Lionel Messi/FC Barcelona (Jahreseinkommen 2015 geschätzte 65 Millionen Euro vor Steuern) vor einem spanischen Gericht wegen Steuerhinterziehung von 4,1 Millionen Euro verantworten. Messis erste Briefkastenfirma Jenbril wurde zunächst von einem anderen Offshore-Anbieter in Panama gegründet: Messis Kanzlei aus Uruguay stellte am 17.2.2012 eine Bestätigung aus, dass Messi der einzige Eigentümer der früheren Briefkastenfirma Jenbril war (Much, Obermayer 4.4.2016b). In den Panama Papers tauchte dann eine bislang unbekannte Briefkastenfirma namens MegaStar Enterprises auf, die augenscheinlich zur Hälfte Messi gehört. Sie wurde bis vor kurzem von fünf unbekannten Scheindirektoren geleitet. Am 12.6.2013 wurde das Steuerverfahren gegen Messi in Spanien eröffnet: Am 13.6.2013 meldeten sich Messis Anwälte aus Uruguay und wollten mit MegaStar Enterprises zu Mossfon wechseln. Im Dezember 2015 bekam Messis Vater die anonymisierten Anteilsscheine übertragen – die Schuld sollte vor Gericht auf den Vater geschoben werden (Ebenda).

– Auch Fifa-Präsident Gianni Infantino mischte mit
Infantino war bis zur Wahl zum Fifa-Präsidenten am 26.2.2016 Generalsekretär der Uefa. „Aus den Panama Papers lässt sich rekonstruieren, dass Infantino in seiner Zeit bei der Uefa Verträge mit einer Briefkastenfirma geschlossen hat – ohne gewusst haben zu wollen, wem sie gehörte. Durch dieses Geschäft entgingen dem europäischen Verband womöglich Hunderttausende Euro. Sowohl Infantino als auch die Uefa leugneten diese Geschäftsbeziehungen zunächst. Aus der Zeit, als der spätere Uefa-Generalsekretär dort noch Direktor der Rechtsabteilung war, stammen jene Verträge mit einer Firma namens Cross Trading. Diese gehörte zwei von der US-Justiz im Fifa-Skandal angeklagten argentinischen Sportrechtehändlern, Hugo und Mariano Jinkis. Unterschrieben hat für den Verband: Gianni Infantino“ (Almeida u. a., in SZ 6.4.2016). Vater und Sohn Jinkis (siehe oben) machten später richtig Geld mit den billigen TV-Rechten von der Uefa. „Die Unterschrift Infantinos unter den Verträgen steht neben dem Autogramm jenes Mannes, der heute zusammen mit seinem Sohn Mariano als einer der in den USA Angeklagten im Fifa-Skandal geführt wird: Hugo Jinkis. Beide saßen kurz in Untersuchungshaft“ (Ebenda). Am 2.9.2015 fragte die SZ bei der Uefa nach Kontakten zu Vater und Sohn Jinkins nach. „Antwort der Uefa am 3. September: ‚Die Uefa hat keine Geschäftsbeziehungen mit den von Ihnen genannten Personen’“ (Ebenda). Bei einer erneuten Nachfrage am 2.3.2016 bei Infantino persönlich – da war er schon Fifa-Präsident -, antwortete am 8.3.2016 eine Fifa-Sprecherin: „Gianni Infantino hatte weder persönlich noch die Uefa in seiner Zeit als Generalsekretär mit einer der unten genannten Personen oder Organisationen geschäftlich oder wissentlich anderwärtig zu tun“ (Ebenda). – „Nachfrage am selben Tag, ob Infantino in früheren Positionen, etwa als Direktor der Rechtsabteilung, mit diesen Personen oder Firmen zu tun gehabt habe. Die Fifa nur 30 Minuten später: ‚Er hat in keiner seiner Funktionen bei der Uefa persönlich mit einer der genannten Personen oder Organisationen geschäftlich oder wissentlich anderwärtig zu tun gehabt’“ (Ebenda). Erst als die SZ dann am 23.3.2016 den Inhalt des von Infantino für die Uefa und Hugo Jinkis für Cross Trading abgezeichneten Vertrages vom September 2006 übermittelte, gab die Uefa die Vertragsunterzeichnung zu“ (Ebenda). Die Uefa dazu: „Wer hinter Cross Trading gestanden habe, sei nicht bekannt gewesen, behauptet der Verband: Man habe ‚zu der Zeit, als die Verträge unterschrieben wurden, nicht gewusst, wer die ,wahren Eigentümer‘ von Cross Trading waren’. Ein Blick auf den Vertrag hätte helfen können. Auf der Unterschriftenseite des ersten Vertrags mit Cross Trading steht nur ein paar Zentimeter neben dem Namen Infantino in Druckbuchstaben und deutlich lesbar der Name ‚Hugo Jinkis’. Das macht es so schwer, die Erklärung einer Fifa-Sprecherin nachzuvollziehen, ‚in keiner seiner Funktionen bei der Uefa’ habe der heutige Präsident ‚persönlich’ mit Angeklagten der Fifa-Ermittlungen geschäftlich zu tun gehabt“ (Ebenda).
Der SZ stellten sich an dieser Stelle einige Fragen: „Warum verkaufte der europäische Verband die TV-Rechte offenbar deutlich unter Wert? Und wieso konnte Cross Trading die Champions-League-Rechte schon im Juli 2006 an den Sender Teleamazonas verkaufen – Wochen, bevor sie sie selbst von der Uefa erwarb? Und überließ die Uefa womöglich auch in anderen Ländern das große Geschäft den Vermittlern und machte selbst nur das kleine? Das könnte dann die Mitglieder des Verbands, die nationalen Verbände, interessieren“ (Ebenda).
Einsicht fehlte Infantino – zunächst. „Infantino liess als frisch gewählter Fifa-Präsident ausrichten, dass er während seiner Zeit bei der Uefa mit den genannten Personen nie zu tun gehabt habe. Dem Vernehmen nach stützte er sich dabei auf die erste Mitteilung der Uefa, weil er sich an die fraglichen Geschäfte nicht mehr erinnern konnte. Tatsache ist, dass das drohende Problem in beiden Fällen nicht erkannt wurde. Die Uefa erhielt bereits im September letzten Jahres erste Anfragen von Journalisten und nahm sich nicht die Zeit, um die Verträge zu durchforsten. Und Infantino wurde vor drei Wochen mit entsprechenden Fragen konfrontiert. Trotzdem reagierte er nach Bekanntwerden des Falles alles andere als souverän. Im offiziellen Communiqué gab er sich empört: Wie man nur an seiner Integrität zweifeln könne. Und überdies sei der fragliche Deal ohnehin durch die Agentur Team Marketing abgewickelt worden (in deren Verwaltungsrat er seit 2014 sitzt). Tags darauf gab sich auch die Uefa larmoyant. Sie bedaure es, dass die Öffentlichkeit in die Irre geführt werde; es sei dies ’nicht nur ein trauriger Tag für den Fussball, sondern auch ein trauriger Tag für den Journalismus'“ (Wagner 6.4.2016. Die Agentur Team wurde am 6.4.2016 neben dem Uefa-Sitz ebenfalls von der Bundesanwaltschaft durchsucht, siehe oben).
Tage später stellte Infantino dann die Jinkis-Uefa-Affäre als äußerst sauber dar: „Der ganze Vorgang war korrekt und ist gut dokumentiert“ (SID, SZ 11.4.2016). – „Meine Unterschrift steht unter 1000 Verträgen“ (Ebenda).
Fadenscheinig. Warum leugneten z. B. Uefa und Fifa, dass Infantino die Herren Jinkis überhaupt kennen würde? Außerdem bedeutet Infantinos Aussage wohl, dass die restlichen 999 Verträge auch nicht genauer geprüft wurden.
Aus einem Kommentar von Ralf Wiegand in der SZ zum „Neuanfang“ nach der Ära Blatter unter Gianni Infantino und dessen Verwicklung mit der Briefkastenfirma Cross Trading: „Nun sieht es so aus, als ginge es mit dem Schweizer auf dem Thron des Weltfußballs gerade so weiter – als stehe er doch für das gleiche System. (…) Dazu hat Infantino von Blatter auch noch einen Fifa-Ethiker geerbt, Juan Pedro Damiani, der so viele Briefkastenfirmen gründen ließ, dass er abtreten musste. Für Infantino gerade sechs Wochen im Amt, ist das alles wie ein 0:3 nach 15 Minuten – und der Saubermann steht schon wieder da wie ein üblicher  Schmutzfink“ (Wiegand 7.4.2016).

– Fährt auch mit: Nico Rosberg
Der deutsche Formel-1-Pilot Nico Rosberg soll von Mercedes 50 Millionen Euro für drei Jahre erhalten. Allerdings erhebt sich die Frage, wer die Millionen in Wirklichkeit erhält. „Denn offensichtlich wird Nico Rosberg nicht von Mercedes bezahlt, er hat offensichtlich nicht einmal einen Vertrag mit Mercedes – weil der Rennstall offensichtlich einen Vertrag mit einer Briefkastenfirma geschlossen hat, dem die Rechte an Nico Rosbergs Fahrkünsten zu gehören scheinen. (…) In den Panama Papers finden sich verschiedene Dokumente, die bestätigen, dass das Mercedes-Benz Grand Prix Operations Centre im englischen Brackley einen Vertrag mit einer Firma namens Ambitious Group Limited auf den Britischen Jungferninseln geschlossen hat. Vertragsgegenstand: die Fahrerdienste von Nico Rosberg“ (Much, Obermayer 6.4.2016).
Wem gehört nun die Firma Ambitious Group Limited? „Die Antwort ist nicht so einfach, die Ambitious Group Limited ist wie eine schwarze Box: Niemand kann von außen feststellen, wem sie gehört. Laut den vorliegenden Unterlagen gehört die Firma offiziell zwei anderen Offshore-Firmen, der Magnus Nominees Limited und der Fidelis Nominees Limited, beide residieren auf der britischen Kanalinsel Jersey, ebenfalls eine Steueroase. Und es wird noch seltsamer, denn auch die Direktoren der Firma sind wiederum Scheinfirmen – Rouge Limited und Vert Limited – mit Sitz in Jersey und gehören offenbar indirekt zur britischen Privatbank Couts & Co, einer der ältesten Banken der Welt“ (Ebenda). – „Auf Anfrage wollten Rosberg und sein Management dazu keine Stellungnahme abgeben, ebenso wenig wie auf die Frage, ob die Briefkastenfirma dem Rennfahrer gehört. Oder warum er eine so aufwendige Konstruktion gewählt hat, die so anonym ist, dass selbst die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca nicht wissen dürfte, wem sie gehört. Mossack Fonseca hatte die Ambitious Group 2009 gegründet. (…) Rein technisch gibt es dafür verschiedene Erklärungen: So könnte Nico Rosberg die Rechte an sich selbst als Fahrer der Ambitious Group verkauft haben. Oder er könnte der wahre Eigentümer dieser Offshore-Firma sein. (…) Wie passen Geschäfte mit einer anonymen Offshore-Firma von den britischen Jungferninseln, die auf jeder schwarzen Liste von Steueroasen zu finden sind, zur Daimler-Compliance? Der Konzern erklärt dazu, sein ‚Compliance Management System’ sei ‚risikobasiert’, und man habe ‚bezogen auf unsere Geschäftspartner und unsere Aktivitäten in dieser Konstellation bislang keine Auffälligkeiten’ festgestellt“ (Ebenda).

– Rotes Kreuz und WWF in den Mossack-Fonseca-Sumpf gezerrt
Die im Fokus der Panama Papers stehende Kanzlei Mossack Fonseca hat den Namen des Roten Kreuzes offenbar benutzt, um fragwürdige Geldflüsse zu tarnen. Mossack Fonseca hat Stiftungen gegründet, die angeblich Geld an das Rote Kreuz ausschütten. Ihren Kunden bot die Kanzlei die Stiftungen dann als Anteilseigner für Briefkastenfirmen an, damit die Kunden nicht als wahre Eigentümer erschienen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf zeigte sich empört über das Vorgehen von Mossack Fonseca. Das IKRK habe nie Geschäftsbeziehungen zu Mossack Fonseca gehabt oder Geld aus den Stiftungen bekommen, sagte der Präsident des IKRK, Peter Maurer. ‚Unsere Mitarbeiter sind in Kriegsgebieten einigermaßen sicher, weil unser Name und das Emblem respektiert werden. Wenn die Reputation des IKRK leidet, gefährdet das Menschenleben“, sagte er. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende unternehmen, um solchen Missbrauch zu stoppen.‘ (…) Die Naturschutzorganisation WWF ist ebenfalls betroffen. Mossack Fonseca bot Kunden an, den WWF als scheinbaren Begünstigten“ (Brinkmann 11.4.2016).
Es wird immer unglaublicher – und immer dreister und unverfroren!

– Aserbaidschans Diktatorenfamilie: auch in Panama dabei
Die Dynastie der Aliyews, die seit dem Zerfall der UDSSR das rohstoffreiche Land Aserbaidschan ausbeutet, hat sich mit Baku mehrmals um die Austragung Olympischer Sommerspiele beworben und die European Games 2015 durchgeführt. Nun taucht die Diktatorenfamilie auch bei den Panama Papers auf. „Die Dokumente legen den Verdacht nahe, dass sich Präsident Ilham Alijew und seine Familie über diskrete Offshore-Konstruktionen den Zugriff auf einen der wichtigsten Industriekonzerne des Landes, die Ata-Holding, gesichert haben – und außerdem auf eine Goldmine in Aserbaidschan. Eine zentrale Rolle spielen dabei in den vergangenen Jahren offenbar die beiden Töchter des Präsidenten: Leyla und Arzu. (…) Die Alijews sind nicht irgendeine Herrscherfamilie, sondern sie regieren – obwohl nicht von königlichem Blut – das Land mit Prunk und Protz, fast wie eine Monarchie. Die Frau des Präsidenten, Mehriban, etwa leitete das Organisationskomitee der Europaspiele, die im Jahr 2015 mit Pomp und Gloria ausgetragen wurden und die eine Art europäische Olympische Spiele sein sollen“ (Obermaier u. a. 12.4.2016). Die Diktatorenfamilie hat sich u. a. auch die Kontrolle über eine Goldmine in Westen von Aserbaidschan gesichert. Die Regierung in Baku hat die Abbaurechte an die Azerbaijan International Mineral Resources Operating Company Ltd. vergeben: „Ausweislich der Panama Papers gehört dieses Unternehmen offenbar zu 56 Prozent zwei Firmen, die demnach – über drei zwischengeschaltete Briefkastenfirmen – von Leyla und Arzu Alijewa, den beiden Töchtern des Präsidenten, und einem Freund der Familie kontrolliert werden. (…) Die Globex International besitzt elf Prozent des Minenkonzerns, wie ein Verbund investigativer Journalisten, das Organized Crime and Corruption Reporting Project, das auch an dieser Recherche beteiligt war, 2012 aufdeckte. Globex gehörte demnach den Töchtern des Präsidenten und dem Freund der Familie, und zwar über die drei Briefkastenfirmen in Panama“ (Ebenda).
Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Aserbaidschan-Sport

Nachtrag 1: Die Verbindung vom Cellisten Sergej Roldudin zum Anwalt Sergej Magnitskij
Der russische Anwalt Sergej Magnitskij  starb qualvoll am 16.11.2009 in einem berüchtigten Moskauer Gefängnis. Er hatte einen Fall von krimineller Steuerrückerstattung an die Öffentlichkeit gebracht. „2008 laut einem in den geleakten Dokumenten enthaltenen Vertrag mehr als 800 000 Dollar von einer Briefkastenfirma aus dem Magnitskij-Fall an eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln fließen, die damals dem Putin-Freund Roldugin gehörte: die International Media Overseas. Diese zählte zu dem Netzwerk von Offshore-Unternehmen, über das die SZ und andere Medien Anfang April erstmals berichtet hatten. (…) Der große Steuerbetrug, den Magnitskij aufdeckte und der am Anfang aller Geldtransfers steht, nahm offenbar im Juni 2007 seinen Lauf: Damals stürmten Dutzende Polizisten in Russland die Büros von Firmen des Investmentsfonds Hermitage Capital, den der Amerikaner Bill Browder gegründet hatte. Der Vorwand: Man suche Informationen über einen der Investoren. Die Beamten beschlagnahmten Siegel und Gründungsdokumente der Firmen. In Russland hat man mit den Unterlagen dieselbe Macht wie der Unternehmenseigner – auch wenn einem die Firma nicht gehört“ (Blum, P., Obermaier, F., Radu, P., Der Cellist und der tote Anwalt, in SZ 27.4.2016). Die Firmen wurden dann auf  Komplizen der Beamten überschrieben. Kompluzen „beschuldigten Hermitage Capital, im Jahr 2006 andere Unternehmen, von denen nie jemand gehört hatte, um eine Milliarde Dollar geprellt zu haben –und bekamen recht. In dem Jahr hatte Hermitage Capital eine Milliarde Dollar Gewinn erzielt. Diese Milliarde wurde rückwirkend aus der Bilanz getilgt“ (Ebenda). Die Komplizen der Beamten verlangten vom Finanzamt eine Rückerstattung der bezahlten Steuern: „Prompt wurden ihnen einen Tag später 230 Millionen Dollar überwiesen. Das Geld floss unter anderem an ein Konto der russischen Universal Savings Bank. Anschließend wurden die 230 Millionen Dollar offenbar über ein Geflecht an Scheinfirmen mit Sitz in Zypern, Panama, Moldawien, den Britischen Jungferninseln immer weiterüberwiesen, bis sich die Spuren verloren. Nach Recherchen des Journalistennetzwerks Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) flossen damals auch mehrere Millionen Dollar an eine Firma namens Delco Networks auf den Britischen Jungferninseln – an jene Firma also, die später offenbar mit Roldugins Briefkastenfirma Geschäfte machte. (…) Nach Recherchen des Journalistennetzwerks Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) und der SZ zeigen die Panama Papers nun eine überraschende Verbindung vom Fall Magnitskij zum Roldugin-Netzwerk auf – also von jenem Firmengeflecht, über das der russische Staat offenbar um Hunderte Millionen erleichtert wurde, zum Geflecht von Briefkastenfirmen um den Putin-Freund Sergej Roldugin. (…) Ausweislich der Panama Papers schloss eine der Firmen aus seinem Netzwerk, die International Media Overseas, im Frühjahr 2008 einen Vertrag mit der Briefkastenfirma Delco Networks – eine Firma aus jenem Geflecht, über das ergaunertes russisches Steuergeld aus dem Magnitskij-Fall abgeflossen sein soll. (…) In den Panama Papers findet sich nun der Vertrag, den die Delco Networks und Roldugins International Media Overseas 2008 schlossen. Demnach vereinbarte Roldugins Firma, 70 000 Aktien der russischen Ölfirma Rosneft an Delco Networks zu verkaufen – um im Gegenzug insgesamt 807  800 Dollar zu bekommen. Das Geld sollte von der litauischen Ukio Bankas auf ein Konto von Roldugins Firma in der Schweiz eingezahlt werden“ (Ebenda).

Nachtrag 2: Putins Cellist, Putins Dirigent
Die Truppen des syrischen Diktators Assad hat mit militärischer Unterstützung Russlands die Terrormiliz des „Islamischen Staates“ aus der antiken Stadt Palmyra vertrieben. „Russland, das mit dem Assad-Regime in Syrien verbündet ist, hat am Donnerstag die Befreiung Palmyras mit einem Sinfoniekonzert gefeiert. Unter dem Titel „Ein Gebet für Palmyra“ spielte im römischen Theater der historischen Oasenstadt das Orchester des Sankt Petersburger Mariinskij-Theaters Werke von Bach und Prokofjew, geleitet von Valery Gergiev, der seit 2015 auch Chefdirigent der Münchner Philharmoniker ist. Der aus den ‚Panama Papers‘ bekannte Cellist Sergej Roldugin spielte ein Solo“ (DPA/SZ, Gergiev dirigiert Konzert in Palmyra, in SZ 6.5.2016). Das russische Fernsehen übertrug – natürlich – das Konzert.
Während Diktator Assad mit russischer Hilfe Aleppo bombardiert und dort bewusst Krankenhäuser zerstören lässt, feiert Russland den Diktator in Palmyra – und stellt sich bewusst hinter Roldugin.
Dazu aus einem Kommentar von Sonja  Zekri in der SZ: „Heimspiel, Gastspiel, aber Valery Gergievs Botschaft ist immer dieselbe: Russland ist groß, Wladimir Putin ist stark, und klassische Musik dient dazu, diese Botschaft in die Welt zu tragen. So war es im August 2008 im südossetischen Zchinwali, und so war es am Donnerstag im syrischen Palmyra. Damals wie heute flog Gergiev mit dem Mariinsky Orchestra aus Sankt Petersburg an einen Ort, den russische Truppen frisch befreit hatten. Und er dirigierte. (…) Und natürlich ist gegen Bach, Prokofjew und Schtschedrin nichts zu sagen. Aber auf den Rängen des antiken Theaters saßen syrische Mädchen in knallbunter Folklore, ein paar syrische Soldaten und Zivilisten, hundert extra nach Palmyra eingeflogene Journalisten. Die meisten Ränge aber füllten die russischen Soldaten. Aus irgendeinem Grund trug Valery Gergiev eine weiße Baseballmütze, ebenso wie der Solo-Cellist Sergej Roldugin, noch ein enger Putin-Vertrauter. Der russische Präsident selbst ließ sich per Video zuschalten. Hätte es dessen noch bedurft, so wäre spätestens damit der Eindruck perfekt gewesen, dass dies ein Truppenbesuch ist, und Valery Gergiev sich in die lange, traditionsreiche, wenn auch nicht unumstrittene Reihe von Künstlern einreiht, die zur Erbauung der Soldaten auftreten. (…) Es war auch eine Musik der Macht, des fast kolonialen russischen Anspruchs auf Syrien. Aber das dürfte Valery Gergiev kaum stören“ (Zekri, Sonja, Valery Gergiev, in SZ 7.5.2016; Hervorhebung WZ).

Nachtrag 3: „FC Offshore“
Unter diesem Titel berichtete die SZ über Fußballer, die die Honorare für ihre „Bildrechte“ u. a. hinter Offshore-Firmen verbargen. Lionel Messi (FC Barcelona) z. B. verdiente laut einem Ranking des französischen Fachblatts France Football aktuell 74 Millionen Euro, sein Kollege Cristiano Ronaldo (Real Madrid) 67,4 Millionen Euro. Dazu kommen für jeden über Werbeeinnahmen jeweils 35 Millionen Euro. „Die Hälfte ihres Einkommens erzielen die beiden Fußballer also nur dadurch, dass Firmen mit den Gesichtern der Stars für ihre Produkte werben dürfen. Der Verkauf der Bildrechte ist für Fußballer sehr lukrativ. Wie die Panama Papers zeigen, werden die Rechte nicht selten über Briefkastenfirmen in Steueroasen veräußert. Die Werbeeinnahmen fließen dann zurück in diese Offshore-Finanzplätze, wo kaum oder gar keine Steuern anfallen. Zwei Dutzend aktuelle und ehemalige Weltklassefußballer finden sich in den geleakten Dokumenten der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca – darunter Messi. Die meisten Spieler haben über Offshore-Firmen Bildrechte gehandelt“ (Much, Mauritius, 1. FC Offshore, in SZ 7.5.2016). – „Lionel Messi hat seine Werbeeinnahmen zwischen 2007 und 2009 hingegen nicht an seinem Wohnsitz in der spanischen Provinz Katalonien deklariert. Sie flossen in mehrere Offshore-Firmen in Belize oder Uruguay. Messi muss sich deshalb bald wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 4,1 Millionen Euro vor einem Gericht in Barcelona verantworten. Interessant wird dann sein, was für eine Rolle die Mega Star Enterprises spielen wird. Diese 2012 in Panama registrierte Briefkastenfirma war den spanischen Ermittlern bisher nicht bekannt. Doch aus den Panama Papers geht hervor, dass Barcelonas Profi diese Firma zusammen mit seinem Vater gehörte, ehe Jorge Horacio Messi im Dezember 2016 die Anteile alleine übernahm“ (Ebenda). auch dabei: Iván Zamorano, Ex-Real Madrid (mit seiner Briefkastenfirma Fut Bam International); Gabriel Heinze, Ex-Manchester United (Offshore-Firma Galena Mills Corp.); Leonardo Ulloa, Leicester City (Offshore-Firma Jump Drive Sport Rights) etc. etc. (Ebenda). – „Wie die Panama Papers zeigen, gehen nicht nur Spieler selbst für den Transfer ihrer Bildrechte offshore. Beim spanischen Erstligisten Real Sociedad San Sebastián wurden dafür zwischen 2000 und 2008 sogar flächendeckend ausländische Spieler mit Offshore-Firmen ausgestattet: der deutsch-türkische Mittelfeldspieler Tayfun Korkut, der von Dezember 2013 bis April 2015 Trainer bei Hannover 96 war, der russische Regisseur Valeri Karpin, der türkische Angreifer Nihat Kahveci, sein serbischer Sturmpartner Darko Kovacevic, der argentinische Verteidiger Gabriel Schürrer sowie die beiden Torhüter aus den Niederlanden bzw. Schweden, Sander Westerveld und Mattias Asper“ (Ebenda).

Nachtrag 4: Dubioser Schach-Präsident und Panama Papers
Kirsan Nikolajewitsch Iljumschinow, 54, ist nicht nur wegen der Sache mit den Aliens eine der kuriosesten und dubiosesten Figuren der an kuriosen und dubiosen Figuren nun wahrlich nicht armen Sportfunktionärswelt. Mehr als 15 Jahre lang war er Präsident der autonomen Republik Kalmückien in Russlands Süden; dazu scheffelte er als Geschäftsmann Hunderte von Millionen; und seit zwei Dekaden ist er der Chef des Welt-Schachverbandes Fide. (…) Und auch aufgrund von Dokumenten aus den Panama Papers stellen sich an ihn nun neue Fragen. (…) Es ist aber in der Tat ein merkwürdiges Firmengeflecht, das sich im vergangenen Jahrzehnt rund um die Fide gesponnen hat. Am Anfang gab es dort ein Unternehmen namens Global Chess, dann eines namens Chess Lane und seit 2012 schließlich die Firma Agon – immer ging es um die Vermarkungsrechte des Schachsports. Es ist bis heute die Frage, warum es diese Firmen in dieser Form braucht, vieles ist verworren. Aber der gewaltige Datensatz der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca aus Panama, der der SZvon einer anonymen Quelle zugespielt wurde, hilft, ein paar weitere Teile diesem schwer zu lösenden Fide-Puzzle hinzuzufügen. (…) Chess Lane ist eingebettet in ein größeres Geflecht, und am Ende stehen zwei Offshore-Firmen namens Binkler und Orion. (…) Nach Anfragen an diverse Fide-Protagonisten gab es nur eine allgemeine Antwort, dass der Weltverband seine finanziellen und kommerziellen Aktivitäten nicht über Offshore-Firmen abwickele und alles transparent zugehe. Auch Chess Lane funktionierte nicht so, wie Iljumschinow, die Fide und die Schachwelt sich das wünschten. Aber die konkreten Besitzverhältnisse nachzuvollziehen, ist auch deshalb wichtig, weil 2012 die nächste Firma auf den Plan trat, die sich um die Schach-Vermarktung kümmerte. Ihr Name: Agon. Laut den Beteiligten gehörte sie damals dem Geschäftsmann Andrew Paulson, aber es gab auch hier stets den Verdacht, dass Iljumschinow dahintersteckt. Vor zwei Jahren wurde ein ‚Agon Memorandum‘ publik, das dem Kalmücken 51 Prozent zusichern sollte. (…) Kurz nach dem SZ-Gespräch in Moskau, am 23. Mai, endete die Frist, die der Kalmücke Kirsan Iljumschinow den Vereinigten Staaten von Amerika gesetzt hat. Jetzt teilt er mit, er ziehe also gegen die USA vor Gericht. Auf 50 Millionen Dollar will er sie verklagen. (…) Kontaktaufnahme mit dem Supreme Court, dem höchsten US-Gericht: Was können Sie mitteilen über das Verfahren? Die Antwort: Weder unter dem Namen Kirsan Iljumschinow noch unter Internationale Schach-Föderation oder Vergleichbarem steht gerade ein Fall auf der Prozessliste“ (Aumüller, Johannes, Berührt, entführt, in SZ 4.6.2016).

Wird weiter ergänzt

Quellen:
Almeida, Monica, Boss, Catherine, Much, Mauritius, Obermaier, Frederik, Obermayer, Bastian, Kistner, Thomas, Sag niemals nie, in SZ 6.4.2016
Bidder, Benjamin, Putins Presselüge, in spiegelonline 14.4.2016
Bigalke, S., Boss, C., Giesen, C., Schäfer, U., Razzia bei Uefa wegen Panama Papers, in SZ 7.4.2016
Blum, Petra, Obermaier, Frederik, Obermayer, Bastian, Putins beste Freunde, in SZ 4.4.2016
Boss, Catherine, Wiegand, Ralf, Razzia und Rücktritt, in SZ 7.4.2016
Brinkmann, Bastian, Kanzlei in Panama benutzte Rotes Kreuz als Tarnung, in SZ 11.4.2016
Burghardt, Peter, Im Zirkel der Macht, in SZ 14.4.2016
Fifa ermittelt gegen eigenen Ethikhüter Damiani, in spiegelonline 4.4.2016
Hans, Julian
– Melodien für Milliarden, in SZ 11.4.2016
– „Die Indizien sind eindeutig“, in SZ 15.4.2016a
– Putin, Panama und die SZ, in SZ 15.4.2016b
– Der Kreml entschuldigt sich, in SZ 16.4.2016
Hans, J., Obermaier, F., Obermayer, B., „Willst du Vergünstigungen, dann registriere dich!“, in SZ 20.4.2016
Kistner, Thomas, Obermaier, Frederik, Obermayer, Bastian, Much, Mauritius, Doppeltes Spiel, in SZ 4.4.2016
Krach, Wolfgang, Putins Propaganda, in SZ 16.4.2016
Kreml entschuldigt sich bei „Süddeutscher Zeitung“, in spiegeonline 15.4.2016
Lutteroth, Johanna, „Ich habe Bush an den Eiern“, in spiegelonloine 19.12.2014
Mossack Fonseca und der Fifa-Skandal, in SZ 4.4.2016
Much, Mauritius, Obermayer, Bastian
– Klassentreffen, in SZ 4.4.2016a
– Der kleine Kaiser, in SZ 4.4.2016b
– Ausgebremst? in SZ 6.4.2016
Nazi-Erbe und Milliarden-Jongleur, in taz.de 4.4.2016
Obermaier, Frederik, Obermayer, Bastian, Nienhuysen, Frank, Der Glanz von Baku, in SZ 12.4.2016
Präsident Russlands, in SZ 5.4.2016
Putin sieht die USA hinter Enthüllung, in SZ 8.4.2016
SID, SZ, Infantino wehrt sich, in SZ 11.4.2016
Strozyk, Jan Lukas, Fußball-Funktionäre nutzten Briefkastenfirma, in tagesschau.de 3.4.2016
Wagner, Elmar, Razzia am Uefa-Hauptsitz, in nzz.ch 6.4.2016
Wiegand, Ralf, Unter Schmutzfinken, in SZ 7.4.2016