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Januar 2015

Webseite-Besucher
Im Dezember 2014 besuchten 26.291 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich Dezember 2014 hatten wir damit 1.096.385 Besucher: Wir bedanken uns für das anhaltende Interesse.
Neu unter “Aktuelles”: 
Boston 2024: Privatbewerbung eines Baukonzerns; Die verkauften Leichtathletik-Weltmeisterschaften; Olympisches Abholzen für Pyeongchang 2018; Agenda 2020 – Wie das IOC sein Geschäftsmodell erweitern will; Fifa spricht sich frei; Sotschi: Formel 1 in Putin-Russland
Neu im Kritischen Olympischen Lexikon:
25.1.2015 Aktualisiert nach Pechstein-Urteil: Court of Arbitration for Sport (Cas); 20.1.2015: DFB gegen Galopprennbahn; 19.1.2015: Afrika-Cup 2015; 19.1.2015: Handball-WM 2015; 17.1.2015: Deripaska, Oleg; 7.1.2015: Gazprom-NTW; 1.1.2015: Doping Russland; 22.12.2014: Wintersport im Klimawandel: 2014/2015; 18.11.2014: Hayatou, Issa; 18.11.2014: Totalitärer Sport-Terminkalender; 6.9.2014 Kosten Olympischer Spiele
Laufend aktualisiert
im Kritischen Olympischen Lexikon:
Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis Juni 2014: hier; 7-8/2014: hier; 9-10/2014: hier; 11-12/2014: hier
Was ein Gaskonzern und Sport, Oligarchen und Putin miteinander zu tun haben. Gazprom-Chronik (1) bis 31.12.2012: hier; Gazprom-Chronik (2) 1/2013 – 8/2014: hier; Gazprom-Chronik (3) ab 9/2014: hier; Gazprom-Chronik (4) ab 11/2014: hier

In eigener Sache
Die Webseite und ihre Informationen stehen allen zur Verfügung, um die tatsächlichen Hintergründe im Spitzensport und seinem Umfeld aufzuzeigen und zu beschreiben. Ich bemühe mich meinerseits, korrekt zu zitieren und Quellen anzugeben. Umgekehrt wäre es fair, wenn auch die Nolympia-Webseite als Quelle in den Artikeln von Journalisten angegeben wird.
Dr. Wolfgang Zängl

Die Gliederung im Januar 2015 sieht so aus:
I: Zitate des Monats
II: Nachrichten von Olympischen Spielen, dem IOC und den Internationalen Sportverbänden
III: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den deutschen Sportverbänden
IV: Aktuell aus München und Bayern
V: Allgemeine Nachrichten
VI: Aktuelle Sportsplitter von Fifa, Uefa, DFB etc.
VII: Sport-Millionen und -Millionäre
VIII: Der totalitäre Sport-Terminkalender
IX: Doping-News
X: Die Sportsender ARD/ZDF
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I: Zitate des Monats

IOC-Präsident Thomas Bach drohte am 2.1.2015 in einem Gastbeitrag der Hamburger Morgenpost: „Und Fortschritt bedeutet für uns, die Rolle des Sports in unserer Gesellschaft durch unsere Werte zu stärken“ (dosb.de 5.1.2014).

Claudio Catuogno war für die SZ bei der Weltfußballer-Wahl in Zürich: „Gebuht wurde nur einmal, draußen am roten Teppich: um kurz nach 17 Uhr, als der Fifa-Patriarch Sepp Blatter, 78, ins Gebäude schritt. Im Presseraum wurde da eilig für ein paar Minuten der Ton abgedreht“ (Catuogno, Claudio, Ein deutscher Abend in Zürich, in SZ 13.1.2015).

Christian Hönicke im Tagesspiegel zum geplanten Abriss der Frankfurter Galopprennbahn durch den Deutschen Fußballbund: „Nach den (Leichtathletik-) Laufbahnen, die aus den modernen Stadien verdrängt werden, werden nun auch die Laufbahnen neben den Stadien plattgemacht“ (Hönicke, Christian, Vandalen der Rennbahn, in tagesspiegel.de 15.1.2015). 15.1.2015; Hervorhebung WZ). Zum Beitrag DFB gegen Galopprennbahn: hier

Der Münchner Alt-OB Hans-Jochen Vogel: „Es stimmt nicht, dass Olympia die S- und U-Bahn gebracht hat!“ (Pfaffinger, Christian, Hans-Jochen Vogel: „Der Kaufhof am Marienplatz – eine Sünde“, in abendzeitung-muenchen.de 15.1.2015. Am 1. Februar 1965 wurde mit dem U- und S-Bahnbau begonnen, erst danach kam Willi Daume zu Vogel).

Der Wirtschaftsexperte Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte vor Berlin 2024: „Berlin hat das Geld nicht für solche Protzveranstaltungen“ („Berlin hat das Geld nicht für solche Protzveranstaltungen“, in rbb-online.de 21.1.2015; siehe auch unter III).

Der Bürgermeister von Boston, Martin J. Walsh, unterzeichnete ein Abkommen mit dem Olympischen Komitee der USA, das Kritik an Boston 2024 verbietet: Falls Sie ein städtischer Angestellter von Boston sind, gibt es nun ein offizielles Dekret: Sprechen Sie nicht schlecht über die Olympischen Spiele(Levenson, Michael, Walsh OK’d ban on criticism of Olympic bid, in bostonglobe.com 21.1.2015; siehe unten).

Minky Worden ist Direktorin für weltweite Initiativen bei Human Rights Watch und äußerte im Interiew in der FAZ: „Wir wissen, dass sportliche Mega-Events die Menschenrechtslage in den Ausrichterländern verschärfen“ (Ashelm, Michael, Becker, Christoph, „In Saudi-Arabien herrscht Geschlechter-Apartheid“, in faz.net 29.1.2015; siehe auch unter II).

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II: Nachrichten von Olympischen Spielen, dem IOC und den Internationalen Sportverbänden

– Nein zu San Franzisko 2024. Nicht nur in Boston sammeln sich die Gegner der Spiele 2024 (zur Webseite hier), sondern auch in San Francisco: zur Webseite hier

– Tokio 2020 als nationalistische Selbstfeier. Das Olympiastadion von 1964 in Tokio sollte gemäß der Bewerbung von 2013 renoviert werden. Nun wird es unter Protesten der Bevölkerung derzeit abgerissen. Stararchitektin Zaha Hadid stellte für rund zwei Milliarden Euro ihren Entwurf vor – „ein megalomaner Fahrradhelm“ (Neidhart, Christoph, UFO-Landung unerwünscht, in Tages-Anzeiger 7.1.2015). Durch Proteste wurde die Stadion-Höhe von 75 auf 71 Meter reduziert. Der Tokioter Architekt Arata Isozaki monierte, das Stadion sei nicht auf den Sport, sondern auf die Eröffnungs- und Schlussfeier zugeschnitten und wies darauf hin, dass Olympische Spiele erst seit Berlin 1936 mit nationalistischem Pomp eröffnet werden. „Und Premier Shinzo Abe will genau das: eine nationalistische Selbstfeier, die an Größe alle bisherigen übertrifft. Vor allem jene in Peking 2008“ (Ebenda).

– Tokio 2020: Hybris in Japan. Der Gouverneur der Präfektur Fukushima, Masao Uchibori, forderte Ende Dezember 2014, einige olympische Wettbewerbe bei den Sommerspielen 2020 in Tokio auch in Fukushima durchzuführen: „Wir brauchen ein Ziel, um zu zeigen, wie weit sich Fukushima erholt hat“ (Lill, Felix, Olympische Spiele in Fukushima, in tagesspiegel.de 20.1.2015). – „In Fukushima, wo das seit März 2011 havarierte Atomkraftwerk Fukushima Daiichi immer noch täglich reichlich radioaktive Strahlung ausstößt. (…) Aber das Kraftwerk, in dem es im März 2011 zu Kernschmelzen in drei Reaktoren kam, strahlt weiterhin kaum kontrolliert vor sich hin. Wind und Regen können jederzeit Radioaktivität in andere Gebiete transportieren“ (Ebenda).

– Japan eigentlich pleite. „Während die Regierung jährlich knapp 40 Billionen Yen aufnimmt, erwirbt die Notenbank im Rahmen ihrer ultralockeren Geldpolitik auf dem Markt Staatspapiere für 80 Billionen, etwa 600 Milliarden Euro. Sie trocknet den Anleihenmarkt aus; schon heute hält sie ein Viertel aller ausstehenden Staatsanleihen“ (Neidhart, Christoph, „Verrückte Geldpolitik“, in SZ 27.1.2015). Japan ist mit 250 Prozent von Japans Wirtschaftsleistung verschuldet und hat am 26.1.2015 mit 97,3 Milliarden Euro das höchste Handelsbilanzdefizit der Geschichte angegeben. Koichi Hamada (79) ist einer der Erfinder der Abenomics, der wirtschaftlichen Tricks des japanischen Premiers Shinzo Abe. Sein Credo: Es „kann sich eine Regierung stets auf die nächste Generation Steuerzahler stützen“ (Ebenda). Die japanische Ökonomin Noriko Hama findet es „kriminell, wenn ein Akademiker, der es wissen sollte, wie die Finanzmärkte funktionieren, so was sagt“ (Ebenda).
Auf nach Tokio 2022!

– USOC wählt Boston für 2024. Dazu unter „Aktuelles“ Boston 2024: Privatbewerbung eines Baukonzerns

– Olympische Sportdemokratur in Boston angekommen. „Falls Sie ein städtischer Angestellter von Boston sind, gibt es nun ein offizielles Dekret: Sprechen Sie nicht schlecht über die Olympischen Spiele“ (Levenson, Michael, Walsh OK’d ban on criticism of Olympic bid, in bostonglobe.com 21.1.2015; Hervorhebung WZ). Bürgermeister Martin J. Walsh hat mit dem Olympischen Komitee der USA (USOC) ein Abkommen getroffen, das städtischen Beschäftigten verbietet, die Bewerbung Boston 2024 zu kritisieren. Das gemeinsame Abkommen zwischen Boston und dem USOC verbietet der Stadt Boston und ihren Beschäftigten, schriftliche oder mündliche Bekundungen abzugeben, die das USOC oder die Olympischen Spiele verunglimpfen oder herabsetzen und schädlich für deren Ansehen sind. Sarah Wunsch von der „American Civil Liberties Union“ von Massachusetts äußerte, dass das Agreement von Walsh und dem USOC offensichtlich die Redefreiheit der städtischen Angestellten einschränkt und hält dies für verfassungswidrig. Sie forderte Walsh auf, diese Vereinbarung sofort zu revidieren, sodass Lehrer, Feuerwehrleute und andere auf den neun geplanten städtischen Treffen frei reden könnten. Walsh betonte, er wolle nicht die Diskussion über die Bewerbung behindern, aber es handelte sich um eine „Standardklausel“: „Die Klausel stand in der Vereinbarung, und wir haben sie unterschreiben müssen“ (Ebenda). USOC-Sprecher Patrick Sandusky verteidigte die Abmachung ebenfalls als „Standardklausel-Vereinbarung“. 
Hallo, Herr IOC-Präsident: Ist das die versprochene neue Demokratie und Transparenz der IOC-Agenda 2020? Hamburg 2024 und Berlin 2024: Habt ihr wirklich Lust, so etwas zu unterschreiben?
Vergleiche: Wie die Sportdemokratur funktioniert

– Peking 2022. „Dessen Schneewettbewerbe sollen in der Nähe der 200 Kilometer nordwestlich von Peking gelegenen Stadt Zhangjiakou in der Provinz Hebei nahe der Chinesischen Mauer stattfinden, eine noch zu bauende Hochgeschwindigkeitsstrecke soll die Städte verbinden. (…) Einen Volksentscheid wie in München sollte man allerdings von einem autoritär regierten Einparteiensystem nicht erwarten. Auch müssten für eine noch nicht näher bezifferte Summe eine Strecke für den alpinen Abfahrtslauf sowie Sportanlagen wie Sprungschanzen und eine Bob- und Rodelstrecke aus dem Boden gestampft werden. (…) Den berüchtigten Pekinger Smog hingegen könnte die Regierung zumindest für die Zeit der Spiele mit Fabrikschließungen und Fahrverboten in den Griff bekommen, das hat sie jüngst beim Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft, kurz Apec, bewiesen. Seitdem wird der seltene Zustand eines smogfreien Himmels von den Pekingern auch ‚Apec-Blau‚ genannt“ (Voigt, Benedikt, Zu Besuch in den Alpen von Peking, in tagesspiegel.de 12.1.2015).

– St. Moritz will keine Zusatz-Kosten. In Bad Kleinkirchheim konnte der Weltcup-Super-G der Frauen am 10.1.2015 wegen fehlendem Schnee nicht ausgetragen werden: Der Skiverband FIS sagte nach der Abfahrt am Samstag auch den Super-G der Frauen am Sonntag ab… der Regen hatte ein Drittel der Piste weggeschwemmt, es war warm, zu warm” (Zu warm und zu windig, in SZ 12.1.2015; vgl. im Kritischen Olympischen Lexikon: hier). Nun sollte St. Moritz den Super-G zusätzlich übernehmen. Aber die Organisatoren – der Vermarkter Infront, der Verband Swiss-Ski und das OK des Gastgeber-Ortes – weigerten sich: Zusätzliche 100.000 Franken für das Rennen seien nicht aufzubringen (St. Moritz übernimmt kein Zusatz-Rennen, in nzz.ch 14.1.2015). Die FIS zeigte Unverständnis.

– Gefakte Handball-WM begann. In Doha/Katar begann die Handball-WM (15.1.-1.2.2015). Deutschland wurde durch die Hintertür eingelassen, obwohl es die Qualifikation nicht geschafft hatte: Handball-Pharao Hassan Moustafa hatte getrickst. „Moustafas Aktion war höchst umstritten: Erst entzog der Handball-Weltverband IHF dem ozeanischen Kontinentalverband aus formalen Gründen die Anerkennung und als Folge dessen zuvor regelmäßig bei einer WM vertretenen Ozeanien-Repräsentanten Australien das Startrecht in Doha. Dann entschied der Rat der IHF, den freien Platz an die bestplatzierte Mannschaft der WM 2013 zu vergeben, die nicht für das Turnier 2015 qualifiziert war. Es war dies die deutsche – als Fünfter des Turniers in Spanien. Was für ein Zufall! In der Szene wird von einer ‚Lex Deutschland‘ gesprochen“ (Mölter, Joachim, Auf de Nase aufpassen, 16.1.2015).
Siehe auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Handball-WM 2015

– Der nächste Kandidat für 2024. Südafrika zahlt noch an den Schulden der Fußball-WM 2010, die etwa vier Milliarden Dollar gekostet hat – damit hätte man das südafrikanische Gesundheitssystem sanieren können. (Den ungefähr gleichen Betrag hat die Fifa als Gewinn nach Zürich mitgenommen.) Nun stehen viele Stadien als White Elephants in der Landschaft. Und schon erwägt Südafrika die Kandidatur für Olympische Sommerspiele 2024 (Noch ein Kandidat, in SZ 15.1.2015).

– Neue IOC-Kriterien. „Die Kriterien des IOC werden zurzeit überarbeitet, einige stehen schon jetzt fest: weltweite Verbreitung, Präsenz im Fernsehen und in anderen Medien, Kosten, Mitbestimmungsmodelle für Athleten, Beteiligung von Frauen“ (Pochhammer, Gabriele, Bruch mit Beethoven, in SZ 20.1.2015).

– Katar bei Olympischen Sommerspielen dabei. Scheich Saoud bin Abdulrahman Al-Thani, Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees: Es werde in Zukunft eine Bewerbung Katars geben, „wenn nicht für 2024, dann für 2028 oder 2032“ (Katar: Noch keine Entscheidung über Bewerbung für Olympia 2024, in handelsblatt.com 26.1.2015).

– Referendum in Boston? Der stellvertretende Vorsitzende von „No Boston Olympics“, Chris Dempsey, kündigte an, dass die Opposition von Boston 2024 überlegt, entweder 2016 eine Abstimmung im ganzen Bundesstaat oder 2015 zur Stadtratswahl zu organisieren. Im ersten Fall wären 65.000 Unterschriften von Stimmberechtigten nötig, für die Abstimmung nur in Boston wären 40.000 Unterschriften Stimmberechtigter nötig. Auch würden gesetzliche Überlegungen angestellt, die entweder die Spiele ganz verhindern oder zumindest den derzeitigen Entwurf verbessern sollen (Marcelo, Philip, Opponents weigh referendum on Boston’s 2024 Olympic bid, in yahoo.com 26.1.2015).
Vgl. auch: Boston 2024: Privatbewerbung eines Baukonzerns

– Hallo Hamburg 2024, Berlin 2024: ein Blick auf Rio 2016. „Wie teuer wird Olympia 2016? Rund 18 Monate vor Beginn der Sommerspiele in Rio de Janeiro steht für ein Viertel der 56 geplanten Projekte eine definitive Kostenkalkulation noch aus. Das geht aus der am Mittwoch vorgestellten Budget- und Projektplanung der öffentlichen Olympia-Koordinierungsstelle (Apo) hervor“ (Kosten für viele Olympia-Bauten ungeklärt, in spiegelonline 28.1.2015; Hervorhebung WZ). Die Gesamtsumme soll – derzeit – bei 12,9 Milliarden Euro liegen.
In Hamburg und Berlin gibt es für 2024 außer Witzsummen („zwei Milliarden insgesamt“) noch überhaupt keine belastbaren Zahlen –  aber man will sich bewqerben – offenbar um und zu jedem Preis.

– „Human Rights Watch naiv“. Der Kommentator der taz, Johannes Kopp, sieht die Agenda 2020 des IOC nicht so positiv wie Human Rights Watch: „Die Menschenrechtler von Human Rights Watch sind voll des Lobes für das Internationale Olympische Komitee. Aber das ist naiv. (…) Vielleicht verfolgt HRW mit dem öffentlichen Lob für das IOC und dessen Chef Thomas Bach, den Mentor der Agenda 2020, auch eine Strategie. Möglicherweise glaubt man, die Sportfunktionäre mit einem derartigen Vertrauensvorschuss am besten in die Pflicht nehmen zu können. Aber diese Vorstellung ist einfältig. Thomas Bach ist ja nicht neu im Geschäft. Bei der Abschlussfeier der Winterspiele in Sotschi 2014 richtete der Funktionär seinen ausdrücklichen Dank an Russlands Präsidenten Wladimir Putin für dessen „außerordentliche Bemühungen“. Über die auch von HRW attestierten Verschlechterungen der Menschenrechtslage in Russland verlor Thomas Bach kein Wort. (…) Die Naivität von Human Rights Watch ist ärgerlich, weil das Lob seitens der Sportverbände bereits stolz nach außen getragen wurde. ‚Human Rights Watch sieht das IOC als Vorreiter‘, titelte beispielsweise der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). HRW macht sich so zur PR-Agentur des IOC“ (Kopp, Johannes, Erst hinschauen, dann loben, in taz.de 29.1.2015).

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III: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den deutschen Sportverbänden

– Berlin lässt abstimmen. Am 13.9.2015 soll die Berliner Bevölkerung über Berlin 2024 befragt werden. Voraussetzung ist ein „Olympia-Volksbefragungsgesetz„, das am 21.1.2015 vom Sport-Innensenator Frank Henkel (CDU) vorgelegt wurde. Auch in Hamburg soll die Bevölkerung im Herbst 2015 befragt werden (Treichel, Thorkit, Zylka, Regine, Das hat der Senat für Berlin beschlossen, in berliner-zeitung.de 9.1.2015; Berliner sollen am 13. September abstimmen, in Berliner Zeitung 9.1.2015).
Bis dahin wird man in Hamburg und Berlin noch hohe Summen in die Propagandamaschinerie investieren, Beamte abstellen, öffentliche Institutionen werben lassen, etc. – wie bei München 2018 und München 2022.

– Unbekannte Berliner Finanzmittel. „Wir wollen die Spiele!“ heißt der recycelte Slogan der Werbekampagne des Berliner Senats. Geplant sind Plakate, Flyer, Videospot und „Guerilla-Marketing-Aktionen“ (Hassenfratz, Celestine, Viel Wirbel um die Spiele, in neues-deutschland.de 17.1.2015). „Wie viel der Senat für die Werbung ausgibt, wollte Böhning (Chef der Staatskanzlei; WZ) am Freitag nicht beziffern“ (Ebenda; Hervorhebung WZ). Bekannt geworden sind gerade einmal 150.000 Euro der privaten Wirtschaft für die Pro-2024-Kampagne Berlins. Dazu kommen z.B. die Kosten für bislang 120 Pro-Informationsveranstaltungen des Senats seit August 2014 (Ebenda).

– Unbekannte Hamburger Finanzmittel. „So rollt in Hamburg die PR-Maschine an. ‚Feuer und Flamme für die Spiele in Hamburg‘ lautet das Motto. (…) Viele Einzelhändler, koordiniert vom City Management, begleiten mit eigenen Aktionen die Kampagne. Die Standort- und Tourismusförderagentur Hamburg Marketing unterstützt das Event finanziell. Über die  Summe hüllt man sich dort in Schweigen“ (Heydekampf, S. v., Hoffmann, J., Hamburgs Wirtschaft mobilisiert für Olympia 2024, in tagesspiegel.de 12.1.2015; Hervorhebung WZ). – „Fünf bis sieben Milliarden Euro dürften allein die Betriebsumsiedlungen und Infrastrukturmaßnahmen kosten, wenn das Olympiagelände wie geplant auf dem Kleinen Grasbrook mitten im Hafen entsteht“ (Ebenda).

-Deutschland: vier Bobbahnen, zwei Biathlonzentren. 17 Bobbahnen gibt es weltweit – davon stehen vier in Deutschland – Altenberg, Königssee, Oberhof und Winterberg – und müssen unterhalten, laufend modernisiert und finanziert werden. Und zwei WM-taugliche Biathlonzentren sollen weiter unterhalten werden: Ruhpolding und Oberhof. Dort fand 1984 der erste Weltcup statt und 2004 die Biathlon-WM, für die alles auf den neuesten Stand gebracht wurde. Der ist zehn Jahre später schon wieder ein alter Hut. „Das Pflichtenheft der IBU (Internationale Biathlon-Union; WZ) ist mit den Jahren immer dicker geworden“ (Dieterle, Claus, Alarm am Grenzadler, in faz.net 10.1.2015). 27 Millionen Euro ist der Investitionsbedarf bis 2020: auch weil sich Oberhof wieder um eine WM bewerben will. Da in Ruhpolding erst 2012 eine (sündteure) Biathlon-WM stattfand, könnte man natürlich die Frage stellen, ob Deutschland wirklich zwei Zentren braucht, noch dazu, wo Oberhof mit permanenten Wetterproblemen zu tun hat. Der in das ehemalige DDR-Dopingsystem eingebundene DSV-Geschäftsführer Thomas Pfüller will beide: „Deshalb werden wir als Verband auch für Oberhof kämpfen“ (Ebenda). – Der DSV bezahlt es ja nicht, sondern das Land Thüringen soll die Millionen aufbringen. Wie praktisch, dass die früher für den Sport zuständige Sozialministerin Heike Taubert in der neuen Regierung Finanzministerin ist (Trotz Weltcup-Sorgen: Oberhof will Biathlon-WM, in sueddeutsche.de 6.1.2015). 2015 kam es bereits zu einem eklatanten Zuschauerrückgang: „2012 kamen an den fünf Tagen zusammen 100.500 Menschen. Die Bilanz diesmal: 66.000, kein Tag ausverkauft“ (Aleythe, Saskia, Ruhe am Birxsteig, in SZ 12.1.2015).

– DOSB-Papst. DOSB-Präsident Alfons Hörmann zur Wahl des DOSB zwischen Hamburg und Berlin: „Das ist wie bei der Papstwahl. Am Ende kommt ein einstimmiger Beschluss heraus“ (Johannes Aumüller, Hamburgs Vorteil, in SZ 12.1.2015). – „Zum anderen spotteten manche Beobachter, das Prozedere in der Sixtinischen Kapelle sei ‚deutlich demokratischer‘ als im deutschen Sport“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Dies war kein singulärer peinlicher Ausrutscher von Hörmann: Einstimmigkeit ist in der IOC-DOSB-Sportdemokratur zur Pflichtübung geworden.
Vergleiche: Die Sport-Demokratur

– NOlympia Berlin: Senat verschaukelt. Die Frist für die notwendige Verfassungsänderung, um eine verbindliche Volksbefragung zu erreichen, sind verstrichen. Eine ehrliche Abstimmung war wohl nie gewollt. „Trotz andauernder Willensbekundungen, die Berliner*innen (mit)entscheiden zu lassen, ist nichts passiert“ (NOlympia Berlin, Senat verschaukelt die Berliner*innen mit dem Olympiaabstimmungsgesetz, Berlin 20.1.2015).

– DOSB will es Ende Februar wissen. Hamburg 2024 oder Berlin 2024 – oder keiner? „Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hat beschlossen, in der letzten Februarwoche in Berlin und Hamburg Meinungsumfragen durchführen zu lassen“ (Kern, Oliver, Wer ablehnt, fliegt raus, in neues-deutschland.de 12.1.2015).
Warum der DOSB schon am 10.1.2015 präzise den Termin bekannt gibt – entgegen seines sonst üblichen Geheimhaltungsgetues? Damit die Materialschlacht pro 2024 termingerecht und gezielt ablaufen kann. Ein Beispiel:
„Eine Marketing-Kampagne unter dem Motto ‚Wir wollen die Spiele‘ soll die Olympia-Begeisterung in der Hauptstadt entfachen. Aus der privaten Wirtschaft werden dabei 150.000 Euro bis zur Bekanntgabe der deutschen Kandidatenstadt im März fließen“ (Liebigt, Sarah, Ja zu Olympia, nein zu Olympia, in neues-deutschland.de 12.1.2015).
Das wird nur der Anfang sein – und Hamburg wird nachziehen. (Für München 2022 nannten die Befürworter selbst einen einstelligen Millionenbetrag, der für den „Wahlkampf“ zur Verfügung stand).

– Illustere DOSB-Berater. Hamburg 2024 oder Berlin 2024, fragt sich der DOSB – nicht allein: „Das Präsidium soll bei seiner Entscheidung unter anderem von den Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsparteien, dem deutschen Gewerkschaftsbund, den Kirchen, den Vorsitzenden der Sportminister- und der Kulturministerkonferenz beraten werden“ (Hecker, Anno, Fragen an 3000 Bürger, in faz.net 20.1.2015).
So ungefähr war auch die Zusammensetzung des Kuratoriums für München 2018. Was der Sport eben so macht, wenn er sich so wichtig nimmt, wie er gar nicht ist.

– Am 13.9.2015 wird über Berlin 2024 abgestimmt – oder nicht. „Sollte der DOSB sich für Hamburg entscheiden, landet der Koalitionsentwurf für die Volksbefragung ohnehin im Papierkorb. Wählen die Sportfunktionäre Berlin aus, bleibt den Olympia-Gegnern nur noch ein Volksentscheid ‚von unten‘. Der wäre selbst dann noch möglich, wenn das IOC Berlin 2017 den Zuschlag für die Spiele erteilt. Über ein solches Szenario mag zurzeit noch niemand nachdenken im Senat“ (Zylka, Regine, Olympia oder NOlympia? in berliner-zeitung.de 20.1.2015).

– „Geplante Volksbefragung in Berlin verfassungswidrig“. Die Rechtsprofessoren Hermann K. Heußner und Arne Pautsch stellten am 21.1.2015 in einer Stellungnahme fest, dass der Berliner Senat mit dem „Olympiagesetz“ Verfassungsbruch begeht. Der Senatsvorschlag ermögliche es nur der Parlamentsmehrheit, eine Volksabstimmung herbeizuführen. „Dies verletze das Recht der Opposition auf politische Chancengleichheit“ (Pressemitteilung hier). Zur Stellungnahme der Professoren: hier

– Berlin 2024: „Protzveranstaltung“. Der Wirtschaftsexperte Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte vor Berlin 2024: „Berlin hat das  Geld nicht für solche Protzveranstaltungen.“ Die Stadt lebe von ihrer Substanz. „Und wenn ich mir die mittelfristige Finanzplanung ansehe, wird die Situation sogar noch schwieriger werden“ („Berlin hat das Geld nicht für solche Protzveranstaltungen“, in rbb-online.de 21.1.2015).

– Berlin 2024: Das große olympische Wunschkonzert. Sportstaatssekretär Andreas Statskowski schrieb alle Berliner Bezirke  an und ersuchte um Meldung von jeweils fünf olympiatauglichen Sportstätten, möglichst gleich mit Sanierungskosten. Statzkowski: „Damit wird klar, dass jeder, der in Berlin im Breitensport tätig ist, auch konkret etwas von der Bewerbung Berlins hat“ (Schuhmacher, Ute, Senat ködert Vereine und Bezirke mit Geld für Sportstätten, in rbb-online.de 23.1.2015).
Die Sanierung erfolgt also nur, wenn Berlin 2024 kommt? Und da kann es schon mal ganz schnell ganz viel teurer werden…
Der Jahn-Sportpark soll Zentrum der Paralympics werden. Die längst fällige Sanierung lag laut Statzkowski bei 30 bis 40 Millionen Euro. Interessanterweise sagte SPD-Sportexperte Dennis Buchner: „Intern haben wir mit rund 100 Millionen gerechnet“ (Beikler, Sabine, Loy, Thomas, Olympia: 150 statt 30 Millionen Euro für Jahn-Sportpark, in tagesspiegel.de 22.1.2015). „Nach einer Machbarkeitsstudie, die dem Tagesspiegel vorliegt, sind für Neubau und Sanierung der Sportanlagen 150 Millionen Euro fällig“ (Ebenda). Statzkowski bezeichnete diese Summe als „Ergebnis einer sportlichen Maximalplanung“ (Loy, Thomas, Jahn-Sportpark-Sanierung geht auch billiger, in tagesspiegel.de 23.1.2015). Dazu hat die für Olympia 2000 gebaute Halle an der Landsberger Allee einen Sanierungsbedarf von zehn Millionen Euro (schon mit oder noch ohne Olympia-Zuschlag?). Auch die für Olympia 2000 gebaute Max-Schmeling-Halle muss saniert werden (Ebenda).
„Aus Sicht der sportpolitischen Sprecherin der Linken im Abgeordnetenhaus, Gabi Hiller, wird hier Zustimmung und Unterstützung erpresst – in diesem Fall von den Bezirken. Man wolle die Bezirke ködern, sagt sie. ‚Das ist für mich der Versuch zu kaufen, und zwar auf eine recht plumpe Art und Weise. Es ist die Regierung, die hier Forderungen umsetzen kann. Die könnte Sportstätten sanieren und bauen, auch ohne solche Kampagnen für die Spiele machen zu müssen'“ (rbb-online.de 23.1.2015).

– Die Causa Pechstein. Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein wurde 2009 für zwei Jahre wegen angeblichem Doping vom Welteislaufverband ISU gesperrt. Ihre auffälligen Blutwerte führte Pechstein auf eine vom Vater ererbte Anomalie zurück und bestritt, gedopt zu haben. Sie klagte vor dem Cas und verlor. Daraufhin klagte sie vor einem deutschen Gericht. Das wurde ihr aufgrund der “Athletenvereinbarung” mit dem DOSB (initiiert vom IOC) verboten: Erlaubt sei nur ein Gang vor das Cas. Pechstein verklagte trotzdem vor dem Landgericht in München die ISU auf 4,4 Millionen Euro Schadensersatz. Am 26.2.2014 urteilte das Landgericht München I, dass die Schiedsvereinbarung in der “Athletenvereinbarung” unwirksam sei, weil diese “seitens der Klägerin nicht freiwillig getroffen” worden sei: die Verbände DESG und ISU hätten eine Monopolstellung (Wikipedia). 
Nun wird der Fall Pechstein vor dem Oberlandesgericht München (OLG) verhandelt. Der Cas sei “gar kein echtes Schiedsgericht”, so Pechsteins Anwalt Thomas Summerer (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Eine Welt mit eigenen Regeln, in SZ 14.1.2015). Die Richter störte das Ungleichgewicht zugunsten der Sportverbände. “Auffallend hartnäckig bearbeiteten sie vor allem das Verfahren, wie Cas-Richter auf die Liste kommen. Maßgeblich ist hier ein 20-köpfiges Gremium namens Icas – das nahezu komplett mit Leuten bestückt ist, die von Verbänden berufen werden” (Ebenda).
Der ISU rechnete schon vor der Urteilsverkündung offenbar mit einer Niederlage und kündigte den Gang zum Bundesgerichtshof (BGH) schon vor der Urteilsverkündung an: Dies hatten die Richter des OLG angesichts der Bedeutung zugelassen (Verband stellt sich auf Sieg Pechsteins ein, in spiegelonline 14.1.2015). Am 15. Januar 2015 fällte das OLG das erwartete bahnbrechende Urteil. Es ließ die Schadensersatzklage Pechsteins gegen den Weltverband ISU zu. Damit können sich – falls das BGH dieses Urteil bestätigt -, alle Sportler an ein Zivilgericht wenden. “Dies hatten Sportrechtler schon im Vorfeld als ‘Revolution’ bezeichnet” (spiegelonline 15.1.2015). – Die Schiedsvereinbarung, mit der sich Pechstein wie alle Athleten per eigener Unterschrift der Sportgerichtsbarkeit unterwirft, ist unwirksam. (…) Es ist ein Urteil, das dem Sport die juristische Basis entzieht” (Aumüller, Johannes, „Mehr wert als alle Medaillen“, in 16.1.2015a).
“Das Gericht unter Vorsitz von Reiner Zwirlein sprach mit Verweis auf die ISU von einem ‘Missbrauch von Marktmacht’. Grundsätzlich seien Schiedsvereinbarungen zwar zulässig, im konkreten Fall aber unwirksam, weil sie gegen Kartellrecht verstoßen. Und zwar hauptsächlich die Konstruktion des Sportgerichtshofs Cas. Dabei wurden vor allem zwei Punkte moniert. Zum einen das Verfahren, mit dem der Cas Juristen auf seine Schiedsrichterliste wählt; darüber entscheidet ein 20-köpfiges Gremium, dessen Zusammensetzung das Internationale Olympische Komitee (IOC) und andere Sport-Verbände maßgeblich bestimmen. Zum anderen, dass dieses 20er-Gremium auch den Präsidenten der Cas-Berufungskammer bestimmt. Über fast zwei Jahrzehnte hatte diesen Posten der heutige IOC-Präsident Thomas Bach inne. Mit deutlichen Worten kritisierte das Gericht, dass die Neutralität des Cas ‘grundlegend in Frage gestellt’ sei” (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Das Gericht forderte „Vorkehrungen schon gegen die bloße Möglichkeit und den Verdacht einer Manipulation der Richterbesetzung”.
Ausführlich zum „Court of Arbitration for Sport (Cas): hier
Dopingforscher Werner Franke warf den Ermittlern im Fall Pechstein eine unsaubere Untersuchung vor: „Hätte man damals gleich sauber gearbeitet, hätte man unter Umständen etwas finden können. Denn der Eisschnelllauf in der DDR, aus der Pechstein ja kommt, war eine der versautesten Disziplinen überhaupt“ (Philipp May, „Es gibt keine Beweise für Pechsteins Blutanomalie“, in deutschlandfunk.de 1.2.2015). – „Werner Franke wirft den Gutachtern zudem vor, die Fälle der beiden anderen Erfurter Eisschnellläuferinnen Heike Hartmann und Bente Kraus, die ähnlich hohe Blutwerte wie Pechstein aufwiesen, nicht mit bedacht zu haben“ (Ebenda).

– Olympische Sportdemokratur in Hamburg. 1) Sky-Lights auf öffentlichen Gebäuden für Hamburg 2024. Die Linke-Fraktion in Wandsbek sieht die Neutralitätspflicht der Bezirksämter verletzt. Rainer Behrens, sportpolitischer Sprecher der Linksfraktion Wandsbek: „Seit Anfang dieses Jahres passiert das genaue Gegenteil eines ergebnisoffenen, kritischen Beteiligungsprozesses. Alle Signale sind auf Kampagne ‚Feuer und Flamme für Olympia‘ gestellt. Senat, Handelskammerleitung und die Werbeagenturchefs mit den dicksten Etats von Olympiaprofiteuren setzen auf Meinungsmanipulation pro Olympia, auf Euphorie statt Sachdebatte. Kritische Stimmen finden derzeit kaum mediales Echo“ (PM: Das Bezirksamt ist keine Werbeagentur, Hamburg 22.1.2015).
Ein Anwalt prüft inzwischen, ob die erforderlichen Genehmigungen überhaupt eingeholt wurden. 2) Hamburger Taxis fahren mit beleuchteten Dachträgern. Mitteilung der Taxizentrale: „Ab sofort sind wir Feuer und Flamme für Hamburgs Vision, Gastgeber der Olympischen Spiele 2024 zu werden… TAXi-AD, Hansafunk, Taxi und die Taxiunternehmer stellen die beleuchtete Dachwerbung kostenlos zur Verfügung, um ihre Unterstützung für die Hamburger Bewerbung zu demonstrieren“ (Seifert, Dirk, Ist das erlaubt? Olympische  Taxi-Werbe-Offensive in Hamburg, nolympia-hamburg.de 28.1.2015).

– Der Hamburger Senat antwortet. Die Abgeordneten von DIE LINKE, Heike Sudmann und Mehmet Yildiz, fragten den Senat, 1) wer diese Werbung veranlasst hat, 2) wer bei HHA, S-Bahn über die Genehmigung entschied und 3) wo der Senat beteiligt war. Kurze und arrogante Antwort: „Die Entscheidung (…) wurden bei der HOCHBAHN vom Vorstand in Abstimmung mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden, bei der S-Bahn von der Unternehmensleitung getroffen. Im Übrigen: Entfällt“ (Drucksache 20/14393, 27.1.2015). Die Hochbahn trug die Kosten von 11.060 €. Material und Klebung der Werbung wurden von der S-Bahn bezahlt. Auf die Frage, ob auch den GegnerInnen von Hamburg 2024 eine Werbung in öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht würde, lautete die Antwort NEIN, weil sich Hochbahn und S-Bahn einen positiven Effekt durch die Bewerbung auf den Öffentlichen Nahverkehr erwarten.
Was man eben so antwortet, wenn man den Öffentlichen Verkehr zwangsverpflichtet…

– Berliner Senatoren: Button-los. Olympiadebatte im Berliner Abgeordnetenhaus am 29.1.2015: Die Grünen-Politikerin Anja Schillhaneck stellte wenig Begeisterung fest: „Und auch sonst sieht es ein bisschen nackig am Revers aus“ (Beikler, Sabine, Nackte Senatoren: Wo ist denn mein Olympia-Sticker? in tagesspiegel.de 29.1.2015). – „Zur Debatte trug nämlich nur Sportsenator Frank Henkel (CDU) den Olympia-Button mit der Aufschrift: ‚Berlin für Olympia. Wir wollen die Spiele.‘ Nach Schillhanecks Worten kam dann Bewegung bei den Senatoren auf. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) zog aus seiner Aktentasche einen Button und heftete ihn an sein Revers. Das tat auch Sozialsenator Mario Czaja (CDU), lief demonstrativ mit Buttons in der Hand zur gegenüber sitzenden Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) und steckte ihr die Plakette an. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) brauchte zum Anstecken keine Hilfe. Als Czaja auch dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) einen Button anbot, zeigte Müller deutlich kopfschüttelnd sein Missfallen. Währenddessen holte sich Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) schnell einen Button bei ihrer Fraktion ab. Bis auf Müller hatte auch Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) keinen Anstecker an ihrem Jacket. (…) Warum sich Wirtschaftssenatorin Yzer übrigens den Button nicht ansteckte, wurde am Rande des Plenums damit begründet, sie möchte sich mit der Anstecknadel nicht ihr Jacket ruinieren“ (Ebenda).

– Ganz was Lustiges: „Justizsenator Heilmann nahm die Aufforderung von Müller, mehr olympisches Engagement zu zeigen, auf und wird sie ressortspezifisch umsetzen. In zwei Wochen lässt er in der Justizvollzugsanstalt Tegel Pfannkuchen von Häftlingen backen. Die süßen Teile sollen ein Olympia-Logo tragen. Heilmann will die Pfannkuchen in der Kreuzberger Marheineke-Markthalle verteilen. Zur besonderen Freude von Jecken und Narren: Die Pfannkuchen-Verteilaktion ist am 12. Februar zur Weiberfastnacht geplant“ (Ebenda).

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IV: Aktuell aus München und Bayern

– Olympiastadion wird teure Konzertbühne. Das Münchner Olympiastadion wird (wieder einmal) für 80 Millionen Euro saniert. Es wäre auch 35 Millionen Euro billiger gegangen, aber dann wären die „Katakomben“ nicht saniert worden, die für Großkonzerte nötig sind (Glas, Andreas, Große Lösung, in SZ 21.1.2015)..
Damit besteht das „olympische Erbe“ des Olympiastadions in einer teuerst aufrecht erhaltenen und seltenst genutzten Musikbühne.

– Brot und Spiele in Kaufbeuren. Dem Eishockeyklub ESV Kaufbeuren droht das Ende: Deshalb will die verarmte Stadt Kaufbeuren 20 Millionen Euro in ein neues Eisstadion stecken. Dabei war die Förderung schon vorher kräftig: „2008 wurde ein Kredit in Höhe von 540.000 Euro in einen Zuschuss umgewandelt. 2013 gab es ein weiteres 220.000-Euro-Darlehen. (…) Kaufbeuren gilt als eine der ärmsten Städte Bayerns“ (Mayr, Stefan, Ein Stadion spaltet Kaufbeuren, in sueddeutsche.de 15.1.2015). Derzeit steht der ESV auf dem letzten Platz der Deutschen Eishockey Liga 2 und ist damit vom Abstieg bedroht. Der Klub verweigert eine finanzielle Eigenleistung. Sportpolitiker forderten zuerst eine Förderung des Breitensports. Eine Bürgerinitiative hatte einen Bürgerentscheid durchgesetzt, da das Profiteam des ESV ein kommerzielles Unternehmen sei. . Am 18.1.2015 wurde abgestimmt. „Die Befürworter der 20-Millionen-Euro-Arena setzten sich mit 60 zu 40 Prozent durch“ (Mayr, Stefan, Kaufbeuren darf Eisstadion neu bauen, in SZ 20.1.2015).
Brot und Spiele…

– Steuergelder in die Luft geblasen. MdL Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die Finanzierung von Beschneitechnik durch die CSU-Regierung. „Seit 2009 subventionierte der Freistaat den Wintertourismus mit stattlichen 34 Millionen Euro. (…) Es muss endlich Schluss sein mit den Fantastereien vom Wintersportparadies Bayern. Unsere Heimat ist ohne Schneekanonen und Beschneiungsteiche ein noch viel attraktiveres Urlaubsziel. Der Förder-Wahnsinn an den Skipisten muss gestoppt werden“ (PM Schneekanonen: Wie Steuergelder in die Luft geblasen werden,  25.1.2015).

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V: Allgemeine Nachrichten

– Albert Speer und die Tabus. Albert Speer ist ein Sportpalast-Architekt. Sein Frankfurter Büro Albert Speer & Partner war u. a. federführend bei der Bewerbung München 2018 und München 2022 – und bei der Bewerbung Katars für die Fußball-WM 2022. Im Folgenden Ausschnitte des Spiegel-Interviews (alle Zitate: Großekathöfer, Maik, Moreno, Juan, „Die waren bei Null“, in Der Spiegel 2/5.1.2015). Speer: „Großereignisse wie Olympische Spiele oder eine Fußball-Weltmeisterschaft machen das Undenkbare denkbar. Es gibt dann keine Tabus.“ Der Spiegel: „Ihr Büro hat den Masterplan  für die Fußball-WM 2022 in Katar übernommen (…) zwölf Stadien in der Wüste, teilweise in Sichtweite, Kühlung auf jedem Sitzplatz, 20 Grad Lufttemperatur im Mittelkreis, selbst bei Außentemperaturen von 50 Grad. (…) Sprachen wir wirklich gerade von Nachhaltigkeit? – Speer: „Ja, aber natürlich. Auch hier stand von Anfang an Nachhaltigkeit im Vordergrund.“ … Der Spiegel: „Sie verstehen also die ganze Diskussion nicht, ob Katar die richtige Wahl war?“ Speer: „Wir Deutschen und auch die Europäer insgesamt werden – global betrachtet – immer weniger und spielen auf der Welt eine immer kleinere Rolle. Die Einzigen, die aber immer dagegen sind, sind die Europäer.“ … Speers Projektplaner Stefan Klos äußerte zu Katar: „Wissen Sie, was bei unserer Präsentation auf der ersten Folie stand? Too hot, too small, too boring. Zu heiß, zu klein, zu langweilig. Wir sagten ihnen, so sehen wir euch – und so sieht euch die ganze Welt. Dieses Image zu ändern, das war die Aufgabe.“ (Ebenda). … Speers geschäftsführender Gesellschafter Friedbert Greif zur Frage, ob eine Vergabe an Katar sinnvoll ist: „Was ist das für eine Frage? Natürlich ist es legitim, dass ein Land wie Katar und damit die arabische Welt die WM bekommt.“

-Auf dem Weg zum Frühinvalidentum: die Streif in Kitzbühel. 40 Millionen Euro Umsatz wird in der Region Kitzbühel in den Renntagen erzielt. Die Abfahrtsstrecke wird mit einer 20 Zentimeter dicken harten Eisschicht überzogen, um das Tempo zu erhöhen. Der FIS-Renndirektor Hannes Trinkl war gegen die durchgeführte Entschärfung der Strecke nach vielen schweren Unfällen und sorgte für den Wiedereinbau weiter Sprünge: „Kitzbühel braucht den Sprung, unser Sport braucht den Sprung“ (Eberle, Lukas, Der finale Tusch, in Der Spiegel 4/19.1.2015). – „Man müsse nur mal im Fernsehen durch die Sportkanäle zappen, um zu sehen, was gerade los sei. ‚Früher waren wir Abfahrer immer die Wahnsinnigen, inzwischen gibt es vieles, was noch wahnsinniger ist.‘ Im Kampf um die globale Aufmerksamkeit bekamen die alpinen Wintersportler zuletzt viel Konkurrenz aus der eigene Familie. Es sind jetzt Slopestyle-Hipster, Halfpipe-Trickser und Skicrosser, die spektakuläre Bilder aus den Bergen liefern und den TV-Stationen bei Olympischen Spielen Spitzenquoten bescheren“ (Ebenda).
Vgl. auch: Event

– London 2012: keine Motivation für Breitensport. Die britische Sportministerin Helen Grant ist sehr besorgt, weil die Zahl der Sporttreibenden trotz des Versprechens der Olympischen Sommerspiele 2012 ständig zurückgeht – auch unter den Behinderten. Dabei war eine der Versprechungen des olympischen Erbes ein langfristiges Ansteigen der Sportaktivitäten. Der britische Schatten-Sportminister Clive Efford hält die Zahlen für erschreckend: Drei Jahre nach den Olympischen Spielen sollten wir eine signifikante Teilnahmesteigerung sehen: Diese sehen wir nicht. Am beängstigendsten ist der große Rückgang unter Menschen mit geringem Einkommen. (…) Einfach nur Geld in die Sportverwaltungen hineinzuschütten funktioniert nicht“ (Gibson, Owen, Sports minister concerned over decline in number of people playing sport, in theguardian.com 29.1.2015). Dabei hatte die damalige Labour-Regierung bei der Wahl Londons 2005 versprochen, die Zahl der dreimal die Woche Sporttreibenden bis 2012 um eine Million zu erhöhen – dieses Ziel musste schnell aufgegeben werden (Ebenda).

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VI: Aktuelle Sportsplitter von Fifa, Uefa, DFB etc.

– Blatter bekommt (k)eine Konkurrenz. Am 29.5.2015 wird der ewige Sepp Blatter (*1936) zur fünften Amtszeit als Fifa-Präsident antreten und sich wählen lassen. Der Fundus an vom Geldtopf Fifa abhängigen Kleinstaaten und Südsee- und Karibikinseln ist ja groß, zu groß, als dass der von der Uefa erfundene Gegenkandidat aus Jordanien, Prinz Ali Bin al-Hussein (*1975) eine Chance hätte. Blatter sammelt schon Stimmen aus Afrika und Amerika – und auch aus Europa – die Uefa ist tief gespalten (Ahrens, Peter, Der Prinz, der kein König wird, in spiegelonline 6.1.2015). Und so viel Geld wie der Fußball-Pate (läuft zum Beispiel bei der Fifa unter „Entwicklungshilfe“) hat der junge Jordanier nicht zu vergeben. Außerdem hat sich der Königsmacher von IOC-Präsident Thomas Bach, Ahmad Al Fahad Al Sabah aus Kuwait, für Blatter ausgesprochen: „Auch der einflussreiche Scheich Ahmad Al Fahad Al Sabah, Präsident des asiatischen Olympia-Rates OCA, hat Blatter seine volle Unterstützung zugesichert. Er unterstütze eine weitere Kandidatur Blatters an der Spitze des Fußball-Weltverbandes, sagte Scheich Ahmad am Rande eines Besuches der indonesischen Hauptstadt Jakarta. ‚Ich spreche für Kuwait. Wir werden Blatter nach Kräften unterstützen und es niemandem erlauben, Blatter herauszufordern‚“ (Blatter sammelt seine Truppen, in spiegelonline 7.1.2015; Hervorhebung WZ). Die elf Mitglieder der ozeanischen Konföderation (OFC) der Fifa kündigten umgehend an, für Blatter zu votieren. Im April 2015 wird Al-Hussein das Amt des Fifa-Vizepräsidenten gegen den Blatter-Freund Scheich Salman Al-Khalifa aus Bahrain verlieren (Aumüller, Johannes, Ein Scheich und elf Ozeanier, in SZ 8.1.2015; Blatter-Vertrauter Al-Khalifa bleibt im Amt, in spiegelonline 30.4.2015).
Blatter „stützt seine Macht weiterhin vor allem auf die Stimmen seiner Freunde in Asien, Afrika und Südamerika. (…) Wer den Weltfußballverband unter Blatter wirklich für korrupt hält und die Fifa wirklich revolutionieren will, der kann eigentlich nicht in einer regulären Wahl gegen den Schweizer antreten. Denn dann lässt er sich auf die Regeln eines zwielichtigen Spiels ein, bei dem man den Amtsinhaber nur mit den Mitteln schlagen kann, die das System vorgibt. Und das wäre der erste Schritt in die gleiche Richtung“ (Hönicke, Christian, Das System lässt sich nicht mit seiner eigenen Logik schlagen, in tagesspiegel.de 8.1.2015).

– Der dritte Blatter-Konkurrent. Neben Prinz Ali und dem Franzosen Jérôme Champagne erwägt der Chilene Harold Mayne-Nicholls eine Kandidatur. Blatter hat schon Vorbereitungen getroffen. „Chiles Ex-Verbandspräsident hat die Fifa-Prüfkommission für die WM-Vergaben 2018 und 2022 geleitet. Nicht nur in Lateinamerika könnte er Stimmen holen, sondern auch dort in Europa, wo es Vorbehalte gegen einen arabischen Kronprinzen gibt. Im Fall des Chilenen aber darf Blatter auf seine Ethikkommission bauen: Die betreibt schon ein Verfahren gegen Mayne-Nicholls. Und weil das Gremium bisher nah an Blatters Interessen operierte, darf nicht überraschen, falls Kandidat Nummer vier flott der Prozess gemacht wird: Sobald er antritt“ (Kistner, Thomas, Der Außenseiter, in SZ 7.1.2014).

– Stadion in St. Petersburg etwas teurer. Seit 2007 wird an der neuen Fußball-Arena St. Petersburg gearbeitet. 190 Millionen Euro sollte es einmal kosten: Nun liegt man bei einer Milliarde Euro. Derzeit arbeiten 2.500 Arbeiter dort – vornehmlich aus Tadschikistan und Usbekistan (Hallo Katar 2022!) Nach dem WM-Zuschlag 2018 an Russland wurden die Sitzplätze von 62.000 auf 68.000 erhöht, dazu kamen mehr VIP-Logen und mehr Super-VIP-Logen (Bidder, Benjamin, Eberle, Lukas, Russlands Mega-Baustellen, in spiegelonline 6.1.2015).
Kann sich jemand vorstellen, wer alles in den Super-VIP-Logen residieren wird? W.P.? S.B.? J.V.?…
Alexej Kowaljow, der Fraktionschef der Oppositionspartei „Gerechtes Russland“ im St. Petersburger Stadtparlament, berichtete, dass das Stadtparlament nie Dokumente zur Kostenexplosion erhalten habe. Als die Kosten für den Bau weiterwuchsen, wurde zwischen Baufirma und Regierung ein Geheimvertrag aufgesetzt. „Der bleibt geheim, damit unterm Strich eine größere Zahl stehen kann. Mit diesem Trick wird unser Volk beklaut“ (Ebenda). Die Baufirma ist der Baukonzern Transstroy, dessen Eigentümer der Milliardär und Oligarch Oleg Deripaska.
Deripaska (*1968) tauchte schon öfter auf der Nolympia-Webseite auf. Er begann im russischen Rohstoffhandel, stieg in russische Aluminium-Unternehmen ein und gründete den Aluminiumkonzern SIBAL, der mit dem Sibneftkonzern von Roman Abramowitsch zu RUSAL fusionierte; aktuell hat Derispaska an Rusal 66 Prozent. Mit dem Oligarchen Wladimir Potanin hält Deripaska jeweils 25 Prozent bei Norilsk Nickel. Er war bei Sotschi 2014 für den Bau des Olympischen Dorfes zuständig. Deripaska ist seit 2010 auch mit 17 Prozent an der österreichischen Baufirma Strabag beteiligt, die ebenfalls in Sotschi baute. Strabag erhielt im Gegenzug 26 Prozent Beteiligung am führenden russischen Straßenbaukonzern Transstroy (Wikipedia). Bei einer realen Finanzrechnung für Sotschi 2014 in der SZ lag Deripaska bei 1,2 Milliarden Euro Umsatz (Wer finanziert die Spiele, in SZ 7.2.2014). Da Sotschi 2014 immer teurer wurde, mussten die zehn reichsten russischen Geschäftsleute auf Druck von Putin der staatlichen Sportförderung zusätzliche Finanzhilfen in Milliardenhöhe gewähren – dazu gehörte auch Deripaska (Hahn, Thomas, Nur Geld, keine Liebe, in SZ 2.10.2008). – „Ihm werden sehr gute Beziehungen zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt“ (Wikipedia).

– Kunstrasen-Fifa. Vom 6. Juni bis 5. Juli 2015 findet in Kanada die Frauen-Fußball-WM statt. Die Fifa beharrt auf Kunstrasen, der von den Spielerinnen wegen der höheren Verletzungsgefahr abgelehnt wird (Vgl. Der Fifa-Geld-Kunstrasen). Einen von Experten erarbeiteten Kompromissvorschlag mit flexiblem Rollrasen lehnte die Fifa umgehend ab. „Geklärt ist nur, dass die Fifa auf den Aufruf des Gerichts in Toronto, an einer Mediation teilzunehmen, nicht eingegangen ist, da die Fifa nach eigener Aussage die Zuständigkeit des Gerichts gar nicht erst anerkennt“ (Steinbichler, Karin, Untergrund-Bewegung, in S 14.1.2015). Mitte Januar 2015 zogen die Spielerinnen ihre Klage ohne Begründung zurück (Steinbichler, Frauen unter Druck, in SZ 23.1.2015).
Die Fifa erkannte das kanadische Gericht wie erwartet nicht an, nur den – sportabhängigen – Internationalen Sportgerichtshof Cas in Lausanne an: Dessen Kompetenz hat das Münchner Oberlandesgericht im Fall Claudia Pechstein gerade eingedämmt. Siehe oben.

– FC Bayern sonnt sich in Katar. Pünktlich zu Anfang Januar 2015 reiste der FC Bayern wieder in sein einwöchiges Trainingslager nach Katar – ungeachtet der Menschenrechtsdiskussionen. Vorstand Karl-Heinz Rummenigge sagte: „Die Plätze sind wunderbar, das Klima perfekt“ und: „Bayern München ist nicht verantwortlich für Katar“ (Warmbrunn, Benedikt, Botschafter ohne Botschaft, in SZ 9.1.2015). Benedikt Warmbrunn nennt einen anderen Grund für das Trainingslager des FCB in Katar. „Ein Grund zum Beispiel ist es, dass die Tage in Doha viel Geld wert sind“ (Ebenda). Der FC Schalke 04 hatte einen Vierjahresvertrag – und verlängerte ihn über 2015 hinaus nicht. Der FC Bayern dagegen „lässt sich sein Trainingslager sponsern… Dass auch das Geld eine Rolle bei der Trainingslagerwahl gespielt haben könnte, sagt kein Funktionär“ (Ebenda). Dabei hat der FCB bei seiner Mitgliederversammlung Ende November 2014 ein Eigenkapital über 405 Millionen Euro verkündet (Ebenda).
Pekunia non olet…
Der FCB blieb bis zum 17.1.2015, um dann nach Saudi-Arabien weiterzureisen, siehe unten. Nach den Bayern kamen die Fußball-Mannschaften von Red Bull Leipzig und Red Bull Salzburg nach Katar… (Warmbrunn, Benedikt, Geld macht träge, in SZ 17.1.2015).
Vergleiche: Katar-Sport

– FC Bayern spielt im Auspeitscherland. Der saudi-arabische Blogger Raif Badawi hat die Religionspolizei mehrmals für ihren harten Kurs kritisiert. „Der junge Aktivist habe Christen, Juden und Muslime gleichgestellt, den Überlegenheitsanspruch des Islam infrage gestellt. Das, so die Richter, komme einer Infragestellung des Islam insgesamt gleich, worauf die härtesten Strafen stünden bis hin zum Tod“ (Avenarius, Thomas, Ein barbarisches Exempel, in SZ 4.2.2015). Er wurde in Saudi-Arabien zu 1000 Peitschenhieben, 200.000 Euro Geldstrafe und zehn Jahren Haft verurteilt. Nach 50 Peitschenhieben Anfang Januar 2015 ging es Badawi körperlich sehr schlecht; am 23.1.2015 soll die mittelalterliche Tortur fortgesetzt werden (siehe unten). Am 19.1.2015 protestierten 18 Nobelpreisträger in einem offenen Brief an die Bevölkerung Saudi-Arabiens (Islamkritischer Blogger muss neue Peitschenhiebe fürchten, in spiegelonline 20.1.2015). – „Ein achtköpfiges Ärztekomitee habe jedoch nach einer Untersuchung empfohlen, dass Badawi aus gesundheitlichen Gründen nicht geschlagen werden sollte, teilte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mit. (…) Badawi ist Familienvater. Seine Ehefrau Ensaf Haidar und seine drei Kinder leben seit 2012 in Kanada, weil sich die Familie in Saudi-Arabien nicht mehr sicher fühlte“ (Ärzte empfehlen erneute Schonfrist für Blogger Badawi, in spiegelonline 22.1.2015; vgl. auch Amjahid, Mohamed, „Er hat nichts verbrochen“, in Die Zeit 29.1.2015).
In der ersten Woche des Amtsantritts vom neuen König Salman sind mindestens drei  Menschen öffentlich mit dem Schwert geköpft worden. Die saudi-arabische Regierung verübt Sippenhaft: Die Ehefrau von Badawi, Ensaf Haidar, ist mit drei Kindern nach Kanada geflohen. Der Rechtsanwalt von Badawi, der Menschenrechtler Walid Abulkheir ist mit Badawis Schwester verheiratet und wurde zu 15 Jahre Haft verurteilt. Badawis Schwester, die Menschenrechtlerin Samar, hat den Innenminister verklagt, weil er gegen autofahrende Frauen vorgegangen ist (Avenarius 4.2.2015).
Hallo Herr Rummenigge: weiterhin fröhliches Fußballspielen in Saudi-Arabien…
Der FC Bayern spielte derweilen am 17.1.2015 gegen den saudi-arabischen Klub Al-Hilal in Riad. „Dem Vernehmen nach soll der Abstecher nach Riad dem Klub eine Gage im Millionen-Bereich eingebracht haben“ (Aumüller, Johannes, Warmbrunn, Benedikt, „Es liegt keine Ehre darin“, in sueddeutsche.de 20.1.2015; Hervorhebung WZ).
Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge, gab nach der Rückkehr eine kurze schriftliche Erklärung ab, darunter der Satz: „Wir sind ein Fußballverein und keine politischen Entscheidungsträger, aber natürlich tragen am Ende alle, also auch wir, dafür Verantwortung, dass Menschenrechte eingehalten werden“ (Erklärung des FC Bayern, in SZ 22.1.2015). Man hätte die Verstöße gegen die Menschlichkeit „besser deutlich ansprechen“ sollen. Rummenigge stellte dann noch fest, dass es in vielen Ländern Verstöße gegen Menschenrechte gäbe: „Ich sage nur Guantanamo und Todesstrafe“ (Voigt, Benedikt, Human Rights Watch: Klub fördert Diskriminierung, in tagesspiegel.de 30.1.2015). Der Deutschland-Direktor von Human Rights Watch, Wenzel Michalsky, fand diese Bemerkung gut: „Prima, wenn Karl-Heinz Rummenigge mit dem FC Bayern das nächste Mal in den USA spielt, soll er das auch anprangern“ (Ebenda).
Rummenigge „vergaß“ allerdings, das umstrittene Trainingslager in Katar anzusprechen (Bayern-Boss Rummenigge räumt Fehler ein, in spiegelonline 21.1.2015).
Und wohin fährt der FC Bayern nächstes Jahr ins Trainingslager,