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März 2011

Evaluierungskommission besucht München 2018:
I Kundgebung am Marienplatz

Was hat sich München 2018 nicht alles einfallen lassen zum Besuch der 14köpfigen Evaluierungskommission vom 1. bis 4. März 2011: ein Olympia-Empfangstor mit 200 Tonnen Gewicht am Münchner Flughafen (temporär für vier Wochen errichtet, siehe Foto unter „Fotogalerie“), 50.000 Bierdeckel („Eiskalt genießen!“), Flaggen im Straßenbild, Groß- und Kleinplakate, weiße Bogner-Skimoden mit München-2018-Signet, Reklameposter auf Müllwagen und Postautos (Kristlbauer, Matthias, Bereit für den Olympia-Test, in merkur-online 14.2.2011; Hutter, Dominik, Herausgeputzt, in SZ 26.2.2011). Allein die massenhafte Versendung  einer Werbepostkarte „An alle Wintersportfans“ im Rahmen einer Direct Mail-Kampagne kostete 192.000 Euro (Nielsen Media Research GmbH, Werbesendungen im Fokus, 31.3.2011).
Die Abendzeitung druckte am 26.2.2011 eine 48seitige olympische Jubel-Sonderbeilage mit viel Werbematerial der München-2018-Sponsoren. Die Süddeutsche Zweitung druckte jede Menge kostenlose Werbung für München 2018.
Die Kommission residierte standesgemäß im Bayerischen Hof. Gastgeber waren der bayerische Ministerpräsident Seehofer und Oberbürgermeister Ude. Zum Gala-Dinner im Antiquarium der Residenz am 3.3.2011 flog auch die Bundeskanzlerin ein. Referieren durften der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, der frühere Bundesinnenminister und jetzige Verteidigungsminister Thomas de Maizière zum Thema Sicherheit und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer über Verkehrskonzepte (Kristlbauer, Matthias, Wörmann, Caroline, Olympia 2018: München macht sich hübsch für „Eva“, in merkur-online 26.2.2011).
Außerdem soll dem IOC das 190seitige Umweltkonzept vorgestellt werden, das bislang unveröffentlicht war und bis heute nicht der Öffentlichkeit präsentiert wurde (Hutter, Dominik, Lode, Silke, Beflissene Gastgeber, in SZ 23.2.2011).
Die Kosten für dieses superbe Abendessen waren nicht herauszubringen: Die bayerische Staatskanzlei mauerte und gab keine Auskunft, wie Sebastian Kemnitzer (taz) feststellen musste (Festmahl, bezahlt aus leeren Kassen, in taz.de 23.5.2011).
Jens Weinreich kommentierte den Besuch so: „Sport-Deutschland hyperventiliert. Da werden die Abgesandten einer der intransparentesten Nichtregierungsorganisationen der Welt, des IOC, wie Staatsgäste empfangen. Sie dinieren mit Kanzlerin und Ministern und einem Ministerpräsidenten. Da werden Jubelperser eingesetzt, da streuen Spin-Doktoren und PR-Agenten ihre Botschaften unters Volk. Da werden Journalisten zu deren Handlangern“ (Weinreich, Jens, Allergie gegen Protestler, in dradio.de 27.2.2011). Weinreich berichtete von 200 Mitarbeitern der Bewerbungsgesellschaft, u. a. von Albert Speer & Partner, PR-Agenten und Spin Doktoren (Weinreich, Jens, Vom Sein und Schein im Rausch der Ringe, in fr-online 28.2.2011).
Nolympia hatte am 1.3.2011 um 17 Uhr auf dem Marienplatz eine kleine Kundgebung unter dem Motto „IOC – go home“ angemeldet: MdL Ludwig Hartmann kündigte eine Teilnehmerzahl von 45 an. Gegen 17.30 war die kleine Kundgebung beendet: Auffallend viel Presse war anwesend – auch aus dem Ausland. Es hatten sich schließlich etwa 120 Teilnehmer eingefunden. Mit schwarzen T-Shirts und weißer Schrift wurde „NOLYMPIA“ dargestellt, dazu gab es Banner mit den Aufschriften „IOC – Go home“, „IOC not welcome“ und „Intransparent Olympic Catastrophe“.
Vgl. unter Aktuelles

OB Ude konnte es sich nicht versagen, ein Foto vor 17 Uhr aus dem Rathaus machen zu lassen, es an die Presse zu übergeben und über „drei Dutzend Demonstranten“ zu spotten. „Ude bedankte sich bei der Nolympia-Bewegung, dass sie mit ihrer Protestaktion auf dem Marienplatz rechtzeitig zum Besuch der IOC-Evaluierungskommission eindrucksvoll demonstriert hätte, wie gering die Ablehnung der Olympiabewerbung bei den Münchnerinnen und Münchnern tatsächlich sei“ (LH München, Rathaus Umschau 2.3.2011).
Doch die Nolympia-Aktion zeigte Wirkung. Das Interesse der Fotografen und der TV-Anstalten war national, aber auch international sehr rege. gamesbids.com berichtete mit Foto, und Nolympia schaffte es sogar prominent mit Farbbild in das Wall Street Journal, das Ludwig Hartmann zitierte: „Naturally the IOC delegates weren’t particulary delighted about the ‚IOC, Go Home! signs'“ (Munich’s Olympic Hopes Face Wrath From Locals, in wsj.com 4.3.2011).
Siehe unter Wall Street Journal

„Zwar mühten sich die Befürworter der Spiele, das Problem zu verniedlichen. Doch der Protest wird im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) sicherlich genau registriert“ (Gläser, Heinz, Hypothek für Durban, in Mittelbayerische.de 2.3.2011).

Zu den von der Bewerbungsgesellschaft München 2018 verordneten „Jubelkindern“ vergleiche:
Aktuelles 1
Aktuelles 2

Evaluierungskommission besucht München 2018:
II Treffen mit Nolympia

Ludwig Hartmann vom Netzwerk Nolympia hatte am 17. Februar 2011 wegen zwei Gesprächsterminen (für München und Garmisch-Partenkirchen) bei der IOC-Evaluierungskommission angefragt (München-2018-Gegner bitten IOC um Gespräch, in focus.de 17.2.2011) und wurde am 23.2. informiert, dass ein Termin am 1. März von 18.30 bis 19 Uhr stattfinden würde, also kurz nach der Kundgebung auf dem Marienplatz. Es wurden ganze 30 Minuten Audienz gewährt. Ludwig Hartmann sagte vorab: „Es geht hier um drei Baustellen – die Grundstücke, das Bürgerbegehren und die Zustimmung der Bevölkerung“. Er ergänzte: „Ich finde es skandalös, wie hoch man diesen Besuch der Kommission hängt. Das sind ja keine Staatsgäste, das sind Vertreter eines privaten Vereins“ (Heichele, Uli, Oly-Gegner: Das sagen wir am Dienstag dem IOC, in tz-online 28.2.2011).

Seitens des IOC nahmen an dem Treffen teil die IOC-Mitglieder Gilbert Felli und Barry Maister, Ann Cody als Vertreterin der Paralympics und Simon Balderstone, ein Berater in Umweltfragen („Er fand selbst das Umweltkonzept in Rio de Janeiro 2016 in Ordnung, wiewohl dort Abwasser direkt ins Meer geleitet wird“; Elf Detektive sollt ihr sein, in SZ 26.2.2011).

Von Nolympia nahmen teil MdL Ludwig Hartmann, Axel Doering/BN-Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen, Christian Hierneis/BN-Kreisgruppe München; ich vertrat die GÖF. Rechtsanwalt Ludwig Seitz, der 63 Grundeigentümer vertritt, schloss sich mit dem Landwirt Anton Hornsteiner aus Garmisch-Partenkirchen an. Im Vorfeld äußerte DOSB-Präsident Thomas Bach zur Situation in Garmisch-Partenkirchen, die Schlagzeilen seien größer als manche Grundstücke (Treffen mit Kritikern, in SZ 18.2.2011).

Ludwig Hartmann übergab zu den Problemen der Bewerbung München 2018 aus Nolympia-Sicht vier Seiten Text in Englisch und die Kopien von 10.000 Unterschriften gegen München 2018. Axel Doering erläuterte das Bürgerbegehren und seine Aussichten. Christian Hierneis verwies auf die Probleme in München und speziell auf die gefährdeten Bäume des Bundeswehr-Geländes. Aus Zeitgründen hatte ich meine grundsätzliche Kritik am IOC auf zwei Seiten in Englisch zusammengefasst, die ich mit Fotos von der gerade abgelaufenen Aktion „IOC – go home“ an die Kommission übergab.

Rechtsanwalt Seitz erklärte die völlig ungelöste und von der Bewerbungsgesellschaft gegenüber dem IOC heruntergespielte Situation der Grundstücke in Garmisch-Partenkirchen, die auf keinen Fall zur Verfügung gestellt würden.
Vergleiche: https://www.nolympia.de/2011/03/schreiben-der-grundeigentumer-an-das-ioc-keine-grundstucke-fur-2018/
Seitz forderte die IOC-Kommission auf, sich vom Garmisch-Partenkirchner Bürgermeister Schmid die von ihm behaupteten zahlreichen unterschriebenen Verträge zeigen zu lassen. Die Grundstücke seiner Mandanten befänden sich „fast ausnahmslos seit Jahrhunderten im Familienbesitz“ und stünden „definitiv“ nicht zur Verfügung (Effern, Heiner, Hutter, Dominik, Lode, Silke, Erst protestieren, dann reden, in SZ 2.3.2011). Seitz überreichte auch Kartenmaterial, auf dem die Besitzverhältnisse der für München 2018 benötigten Grundstücke eingetragen waren.
Ludwig Hartmann sagte der Presse anschließend mit Seitenhieb auf die Bewerbungsgesellschaft: „Hier hat man sich wirklich zugehört“ (Ebenda). Die Kommission schien tatsächlich zugehört zu haben: „Auffallend war jedoch die unverhohlene Kritik von IOC-Direktor Gilbert Felli, dass er sich von den offiziellen deutschen Stellen mehr Informationen über den Garmischer Grundstücksstreit und die dort drohenden Enteignungen gewünscht hätte“ (Effern, Heiner, Hutter, Dominik, Lode, Silke, Vorhang zu und alle Fragen offen, in SZ 5.3.2011). Felli weiter: „Darüber hat die Regierung nie mit uns gesprochen“ (Hutter, Dominik, Lode, Silke, „Eine starke Bewerbung“, in SZ 5.3.2011).
Insgesamt machte es also den Eindruck, dass die vorgebrachten Gegenargumente die Kommission scheinbar beeindruckt hatten. Aber zu große Erwartungen an die Evaluierungskommission wären falsch: „Ansonsten werden Evaluierungsberichte zwar mit Akribie erstellt, taugen aber nur als Feigenblatt“ (Hutter, Dominik, Kistner, Thomas, Das große Schaulaufen, in SZ 26.2.2011).

Murnau protestiert auch

Am 2.3.2011 protestierten etwa 50 Mitglieder von Bund Naturschutz, Grünen, SPD und der ÖDP mit Parolen wie „Schwaiganger-Wahnsinn“ oder „Schwaiganger – Nein Danke“ gegen die Zerstörung der dortigen Landschaft. Der Bus der Evaluierungskommission musste genau das Spalier der Olympia-Gegner passsieren.
Vergleiche auch: Aktuelles

Garmisch-Partenkirchner Mitglieder von OlympJA 2018 reisten mit zwei Gemeindebussen an und bejubelten die IOC-Delegation. Da sie von den Verantwortlichen genau über den Zeitplan informiert worden waren, warteten die olympischen Jubler noch eine Stunde auf den Journalistentross, während die Olympiagegner dies nicht wussten und heimgefahren waren (Seiler, Andreas, Hoffmann, Nadja, Gulasch für die Geheimnisträger in Grün, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 3,.3.2011; Holzapfel, Matthias, Ein Jodler für die IOC-Prüfer, in Münchner Merkur 3.3.2011).
Die olympischen Jubler wurden dann schnellstens nach Garmisch-Partenkirchen zurückgebracht, um weiterzujubeln: „Der Fanbus aus Schwaiganger ist auch eingetroffen. Dreht sich ein Gesicht über einer grünen Jacke zu den OlympiJa-Aktivisten, beginnen die überwiegend älteren Herrschaften mit weißen München-2018-Mützen wie auf Kommando Fähnchen zu schwingen und sogar zu jodeln“ (Effern, Heiner, Hutter, Dominik, Jodeln und jubeln, in SZ 3.3.2011). „Als der Bus wieder abfährt, setzen sich die Menschen mit den Fähnchen in einen Sonderbus der Stadt, der sie zur Kreuzeckbahn bringt, der nächsten Station der Kommission. Auch dort werden sie jubeln“ (Frenzel, Veronica, Olympisches Ringen, in tagesspiegel.de 5.3.2011).
In einem der zwei Busse saßen auch Rosi Mittermaier und Christian Neureuther. Rosi Mittermaier hatte Ende Februar 2011 noch zum Widerstand gesagt: „Ich kenne in Garmisch-Partenkirchen überhaupt keinen, der gegen Olympia ist – das ist alles halb so wild“ (Olympija gegen Nolympia, in sueddeutsche.de 2.2.2011; IOC erwartet Jubel und Protest, in merkur-online 28.2.2011).
Axel Doering fragte sich an dieser Stelle: „Und was ist mit mir?“ (s. o. Frenzel 5.3.2011). Ludwig Hartmann sprach sich Anfang März 2011 auch mit Blick auf Mittermaier für ein Bürgerbegehren aus: „Damit kann niemand mehr in Garmisch herumlaufen und sagen, er kenne hier keine Olympia-Gegner“ (Fahrenholz, Peter, Lode, Silke, Schnelle Entscheidung, in SZ 7.3.2011).

Der Vorsitzende von OlympiJA, Heinz Mohr, hatte die beiden Jubler-Busse bei den Gemeindewerken bestellt – die Rechnung sollte jedoch an das Rathaus gehen. Erst auf Nachfrage von Gemeindebürgern wollte der Verein OlympiJA 2018 der Gemeinde doch noch die Kosten für die beiden zur Verfügung gestellten Gemeindebusse erstatten (vgl. Riedel, Katja, Finanziell unabhängig, in sueddeutsche.de 10.3.2011).

Gleichzeitig wurde bekannt, dass Garmisch-Partenkirchen derzeit schon mit 104 Euro je Zimmer und Nacht auf Platz drei der teuersten Hotelstädte Deutschlands hinter Baden-Baden und Köln liegt (Hotels sind nur in Baden-Baden und Köln noch teurer, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 10.3.2011).
Olympische Spiele würden Garmisch-Partenkirchen auf dieser Liste noch weiter vorbringen!

Bürgerbegehren NOlympia und OlympiJA

Die Fragestellung des Bürgerbegehrens gegen die Spiele betraf, wie im Februar 2011 erwähnt, die Überprüfung der rechtlichen Gültigkeit der abgeschlossenen Verträge. Vergleiche dazu:
Aktuelles 1
Aktuelles 2

Thomas Kistner schrieb hierüber: „Käme es dazu, wäre das hochbrisant – weil dabei das IOC selbst ins Fadenkreuz der Juristen gerät. Und sollte herumkommen, dass der Vertrag nationales Recht beugt oder missachtet, wäre dies ein Tiefschlag für die globale IOC-Bewerbungspolitik“ (Kistner, Thomas, Schuss nach hinten? in dradio.de 7.3.2011).
Am 22.2.2011 wurde das Bürgerbegehren „Keine Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen“ bekannt gegeben. Am ersten Märzwochenende 2011 begann das Pro-Olympia-Begehren. Dessen Unterschriftenlisten wurden in Sportstätten, Geschäften und amtlichen Stellen ausgelegt. Es sollte abgestimmt werden für eine Fortführung der Bewerbung und gegen Schritte gegen eine Bewerbung. Juristen des rot-grünen Münchner Rathauses und der CSU-Staatskanzlei hatten entsprechende Vorarbeiten geleistet.

Peter Fischer, Vorsitzender des Skiclubs Garmisch und Geschäftsführer des Organisationskomitees der Ski-WM 2011, der an der Spitze des Pro-Bürgerbegehrens steht, hatte während der Ski-WM 2011 ständig darum gebeten, doch bitte die beiden sportlichen Großereignisse Ski-WM 2011 und München 2018 auseinanderzuhalten. Nun, nach dem Ende der Ski-WM, beendete er die von ihm proklamierte Trennung und setzte beides umgehend gleich: „Diese Ski-WM hat unserem Ort so viel gebracht. Wir müssen diesen Schwung nun mitnehmen, wir dürfen uns das nicht kaputt machen lassen … Wofür haben wir sonst alle jahrelang gearbeitet? Deshalb möchten wir so schnell wie möglich abstimmen lassen“ (Holzapfel, Matthias, „Dann herrscht Klarheit“, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 4.3.2011).
Damit wurde klar, dass Fischers vorher von ihm selbst erbetene Trennung von Ski-WM und München 2018 reine Taktik war.

Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière äußerte Anfang März 2011 kryptisch: „Aber ich bin mir sicher, dass es Mittel und Wege gibt, dass die Bevölkerung von Garmisch-Partenkirchen rechtzeitig vor dem IOC-Entscheid im Juli ihre Zustimmung zum Ausdruck bringt“ („Wir waren sehr großzügig“, Interview in Spiegel 10/5.3.2011).
Eine Drohung?

Axel Doering und Peter Fischer diskutieren

Am 12. März 2011 erschien ein großes ganzseitiges Interview im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt mit dem Vertreter des Bürgerbegehrens „Keine Olympischen Winterspiele“, Axel Doering und dem Pro-Vertreter Peter Fischer. Ich kann nur einige der vielen angesprochenen Punkte erwähnen.
Doering nannte als Grund für den Ausstieg aus der Fachkommission Umwelt der Bewerbungsgesellschaft München 2018 unter anderem das Beispiel Ausbau der Kandahar. Die Planungen waren zunächst in Kooperation mit dem Bund Naturschutz erfolgte, bis plötzlich nach dem Zuschlag eine zweite Abfahrt beschlossen wurde, der viele Hektar Bergwald zum Opfer fielen. Grundsätzlich sind Olympische Spiele viel zu groß für das kleine Loisach-Tal. Dazu kommt der Klimawandel, wie schon bei der Ski-WM 2011 zu sehen war: „Ein bißchen wärmer, dann hätte es nicht mehr funktioniert.“
Fischer sprach sich zunächst grundsätzlich für die Olympischen Spiele 2018 aus. Er bestritt den Klimawandel: „“Ich mache jetzt 17 Jahre Weltcups. Die Klimaforscher haben mir schon vor vielen Jahren erzählt: Ihr könnt keinen Weltcup mehr machen.“
Mit über 100 Schneekanonen und gekühlten Beschneiteichen, jeder Menge Wasser aus dem Tal und jeder Menge elektrischem Strom ist das rein technisch noch durchführbar. Ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist es nicht!
Fischer forderte die Mitarbeit des Bund Naturschutz, um „miteinander Olympia“ zu machen.
Diese Forderung ist angesichts der geballten Argumente gegen München 2018 unverständlich.
Dann verstieg sich Fischer bei der Kritik am Bürgerbegehren der Gegner am Host-City-Contract zu dem Satz: „Den können Sie nicht einfach so ändern, wie Sie auch die Bibel nicht ändern können.“ Doering konterte: „Den-Host-City-Contract mit der Bibel zu vergleichen, meinen Sie nicht ernst!… Unser Bürgerbegehren geht an Eure Bibel, es geht an den Host-City-Vertrag.“

Beide bedauerten, dass die Bürger nicht schon vor zwei Jahren mit einem Ratsbegehren befragt worden waren. Fischer interpretierte dies allerdings anders: Er habe dieses Schlechtreden nach einer erfolgreichen Ski-WM satt: „Sonst wird am Ende meine (! W.Z.) WM, das sage ich so, wird meine WM kaputt gemacht… Jetzt kommt unser Bürgerbegehren, da gibt es ja oder nein… Dann ist Schluss mit Diskutieren. Dafür haben wir die Demokratie.“ Doering hielt dagegen: „Ihr Bürgerbegehren ist sehr merkwürdig. Es hat nur bei einem Ja eine Folge, bei einem Nein aber keine rechtlichen Auswirkungen, weil alle Verträge abgeschlossen sind. Das ist ein Bürgerbegehren, da kann man sich nur wundern.“

Fischer verwies wie viele vor ihm unkritisch auf 1936: „Wenn wir die Olympischen Spiele 1936 … nicht gehabt, hätten, wären wir bis 1978 (in dem Jahr fand die erste Ski-WM statt, Anmerkung der Redaktion) schon am Krückstock gegangen.“ Er wollte Doering erneut zur konkreten Kooperation bewegen. Dieser antwortete: „Die Diskussion führen wir, wenn wir das Pech gehabt haben, dass wir die Spiele bekommen… Deshalb kämpfe ich ja gegen Olympia, weil Sie als Realist jede Art von Zerstörung in Kauf nehmen. Ihre Realitäten hinterlassen Riesen-Probleme für die Orte und bieten nicht den Nutzen, den Sie vorgaukeln. Erst muss ich schauen, das Übel zu vermeiden. Erst wenn ein Übel nicht vermeidbar ist, muss ich schauen, wie ich es mindere.“

Auf Rückfrage der Redaktion sprach sich Fischer dafür aus, sich 2022 sofort wieder zu bewerben: „Der Fehler wäre aufzuhören.“ Doering entgegnete: „So lange wir uns um olympische Themen kümmern, braucht man die Probleme hier nicht wirklich zu lösen, weil Olympische Spiele ja angeblich alle Probleme lösen.“
(Inhalt und Zitate aus: „Das Leben geht weiter – auch nach dem 6. Juli“, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 12.3.2011)

Auf der rechten Seite des Garmisch-Partenkirchner Tagblattes wurde im übrigen ohne Kennzeichnung als Anzeige groß die Unterschriftenliste der Befürworter abgedruckt. Damit erschien die Liste für den Leser als redaktioneller Beitrag. Nach Auskunft der Anzeigenredaktion kostet eine solche Anzeige 2055 Euro.

Abgabe der Unterschriftenlisten

Als das Bürgerbegehren „Keine Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen! Gegen den Ausverkauf der Heimat!“ dem Rathaus den Abgabetermin mit Freitag, 18.3.2011 um 9.30 bekanntgegeben hatten, wurde von dort umgehend die OlympiJA-Seite informiert, die dann kurz vorher, am Donnerstag, den 17.3. um 16 Uhr die gesammelten Stimmen abgaben. Beide Initiativen hatten rund 2400 Stimmen gesammelt – 1693 waren für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in Garmisch-Partenkirchen nötig gewesen.

Die gesammelten 2422 Unterschriften des Bürgerbegehrens wurde im Rathaus von Garmisch-Partenkirchen an Bürgermeister Schmid von Renate Grünauer, Reiner Schmid-Egger und Karl Merk persönlich übergeben. Axel Doering konnte wegen einer länger geplanten Urlaubsreise ins Ausland selbst nicht an der Übergabe teilnehmen.
In der Presseerklärung vom 17.3.2011 hieß es dazu u. a.:
„Die Aussage von Münchens Oberbürgermeister Ude, das Bürgerbegehren sei nur schleppend angelaufen, war immer nur Wunschdenken und entsprach nie den Tatsachen… Doch aufgrund unseres Bürgerbegehrens wurden die Bewerber hektisch: OB Ude forderte von München aus umgehend ein zweites Bürgerbegehren in Garmisch-Partenkirchen… So entsteht immer mehr der Eindruck, dass Garmisch-Partenkirchen gar keinen eigenen Bürgermeister mehr braucht, sondern vom Münchner Oberbürgermeister gleich mit vertreten wird.
Schon jetzt zeichnet sich eine Materialschlacht ab. Manche Rundfunksender schalten kostenlose Werbespots für die Olympiabewerber, die Polizei fährt auf ihren Autos Olympiawerbeplaketten spazieren, und in der Lokalzeitung erscheinen bereits halbseitige Anzeigen mit der Unterschriftenliste des „Pro“-Begehrens.
Dazu werden von Seiten der Gemeinde offensichtlich Gegner der Bewerbung zu Stellungnahmen aufgefordert und so gezielt ein Klima der Einschüchterung und Verunsicherung geschaffen.
Unser Bürgerbegehren wird bei positivem Ausgang die Austragung der Spiele „München 2018″ in Garmisch-Partenkirchen verhindern und offen legen, dass die Verträge zur Bewerbung unzumutbar für die Bewerberorte sind.“
Vergleiche auch: Aktuelles
Die Süddeutsche Zeitung konnte sich folgende Bemerkung dazu nicht verkneifen: „Ski-Legende Rosi Mittermaier hat mit mindestens 2400 Menschen in ihrem Heimatort Garmisch-Partenkirchen noch nie gesprochen. ‚Ich kenne in Garmisch überhaupt keinen, der gegen Olympia ist‘, behautete die 60jährige kürzlich beim Besuch der Olympiaprüfer für die Bewerbung der Winterspiele 2018 zu Füßen der Zugspitze“ („NOlympia gegen „OlympiJA“: Wer hat die Nase vorn? in sueddeutsche.de 23.3.2011).
Bei der Gemeinderatssitzung am 30.3.2011 soll beschlossen werden, ob die beiden Bürgerbegehren zulässig sind. Die Gemeinde wird vorher die jeweiligen Unterschriften innerhalb von zwei Wochen überprüfen und eventuell versuchen, daraus EINEN Bürgerentscheid zu konstruieren. Das soll laut Bürgermeister Schmid noch im Mai 2011 möglich sein – rechtzeitig vor wichtigen IOC-Sitzungen. Schmid äußerte übrigens bei der Abgabe, dass „er zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens noch nicht zur Neutralität verpflichtet sei“ (Olympia 2018: 2400 Unterschriften pro und 2400 contra, in merkur-online,.de 17.3.2011).
Peter Fischer kündigte an: „Wir sammeln weiter Unterschriften“ (Ebenda). Und er verriet den Plan: „Unser Ziel ist es, bis zur nächsten Gemeinderatssitzung so viele Unterschriften zu sammeln, dass deutlich wird, dass die Mehrheit der Garmisch-Partenkirchner Bürger die Bewerbung für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018 unterstützt“ (Olympia-Befürworter präsentieren OlympiJa, in focus.de 17.3.2011).

Vesper gibt ein Interview

Im Deutschland-Radio gab der DOSB-Generalsekretär und Aufsichtsratsvorsitzende der Bewerbungsgesellschaft Vesper der Moderatorin Marietta Schwarz am 5.3.2011 ein Interview zur Bewerbung München 2018 und zum Besuch der Evaluierungskommission. Verkürzt klang das so:

Bürgerbegehren der Gegner: „… dieses Bürgerbegehren ist … zum ich weiß nicht wievielten Mal angekündigt worden … Ich meine, die Olympia-Gegner müssen erst mal die notwendigen Unterschriften zusammenbringen… Aber was entscheidend ist, dass die Olympia-Befürworter nun erklärt haben, … dass sie ein solches Bürgerbegehren einleiten werden – pro Olympia – und dann schauen wir mal, wie dieses Bürgerbegehren ausgeht.“
Bürgerbegehren der Befürworter: „… wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Olympia-Befürworter in Garmisch-Partenkirchen nun ein eigenes Bürgerbegehren zur Unterstützung der Spiele einleiten werden.“
Verweigerung der Grundeigentümer: „Es geht hier um ein einziges Grundstück auf einer Sportstätte…“
Flächenverbrauch:
Die Gegner „nehmen einzelne Informationen leider nicht auf, zum Beispiel die Tatsache, dass unsere Bewerbung nur weniger als ein Fußballfeld neue Flächen dauerhaft benötigt…“
Desinformation: „Die Bewerbungsunterlagen sind zunächst mal in Bürgerversammlungen, in vielen öffentlichen Veranstaltungen in Garmisch-Partenkirchen diskutiert worden… Es haben hunderte solcher Versammlungen “ stattgefunden…“
Warum München 2018: „Wir sind die führende Wintersportnation…“
Konjunkturprogramm: „… nicht zuletzt sind Olympische Spiele immer auch ein Konjunkturprogramm für die Gesellschaft, aber auch für den Sport, es hebt einfach die Stimmung für den Sport.“
Nichts neues eben.

Die Sport-Paläste

Im März war ich einige Tage in der Schweiz und habe die Paläste der – natürlich – steuerbefreiten Internationalen Sportverbände wie UEFA, FIS, Fifa und das IOC selbst fotografiert. Die Fotos und eine Auflistung der Verbände sind zu finden unter
Vergleiche Aktuelles

SZ-Architekturkritiker lobt Olympisches Dorf

Der langjährige Architekturkritiker der SZ, Gottfried Knapp, lobte in einem fast ganzseitigen Beitrag die Planung für das Olympische Dorf (Was die Winterspiele in München bewirken würden, in SZ 4.3.2011). Angeblich würden die Verantwortlichen in der Stadt ohne Zuschlag für München 2018 das Interesse am Olympiapark verlieren. Die Preisgewinner Léon Wohlhage Wernik nähmen den Skeptikern viel Wind aus den Segeln („plastisch lebendige Rundbauten mit ovalem Grundriss, die zwischen sechs und vierzehn Stockwerke hoch sind“).
Keine Rede ist von einer Planung, die im architektonischen Geist der 1970er Jahre verblieben ist (s.u.), vom geplanten Abholzen von mindestens 1275 alten Bäumen der Kategorie „erhaltenswert“ und weiterer Bäume, keine Rede von der Zerstörung eines für Neuhausen wichtigen öffentlich genutzten Parks des Bundeswehr-Verwaltungsgeländes, keine Rede von der in den siebziger Jahren prämierten existierenden und voll funktionsfähigen Büro-Bausubstanz, die abgerissen werden müsste, obwohl sie vor kurzem erst renoviert wurde, keine Rede vom Abriss eines Wohnhauses mit  80 Parteien.
Vvergleiche Aktuelles
Wahrscheinlich hat sich Knapp das Gelände genausowenig angesehen wie die meisten Münchner Stadträte.

Die Wohnungen auf dem Gelände müssten nach 2018 vermutlich zumeist als teuere Eigentumswohnungen verkauft werden, um das Defizit zu decken: Hier würde dann ziemlich rasch eine „gated community“ entstehen, wo gerade keine allgemeine Nutzung mehr gegeben wäre. Und die Hochhaus-Architektur, die die Sichtachsen im Olympiapark behindert, ist auch nicht wirklich gut und die Gesamtplanung als Konzept überholt, wie Architektenkollegen bemängeln.
Vergleiche dazu auch Aktuelles

Unverständlicher Brief von Charlotte Knobloch

Frau Knobloch ist seit 1985 Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und hat weitere hohe Ämter in vielen Organisationen. Daneben ist sie im Kuratorium von München 2018. In dieser Funktion schrieb sie, allerdings auf dem Briefpapier der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, an MdL Ludwig Hartmann einen Brief, in dem sie seinen „eindimensionalen Protest gegen die Olympiabewerbung München 2018“ nicht länger schweigend hinnehmen wolle: „Zeigen wir gemeinsam der Welt, dass wir geschlossen hinter der Bewerbung München 2018 stehen“ (Charlotte Knobloch, Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern, Offener Brief vom 7.3.2011)
Wie Frau Knobloch auf die Idee kommt, dass Ludwig Hartmann, der das Bündnis NOlympia mitgegründet hat, mit ihr „geschlossen hinter der Bewerbung München 2018“ stehen sollte, wird ihr Geheimnis bleiben.
Es fällt zumindest schwer, zu glauben, dass ihr Offener Brief auf dem Briefpapier der Israelitischen Kultusgemeinde keine Auftragsarbeit von München 2018 war.
Der Brief ging dann auch erwartungsgemäß durch einige Münchner Gazetten.

Ludwig Hartmann äußerte dazu: „Der Widerstand gegen die Bewerbung und gegen andere Großprojekte ist der beste Beweis, dass unsere Demokratie sich in 60 Jahren positiv entwickelt hat“ (Lode, Silke, Riedel, Katja, Knobloch mahnt Olympia-Gegner, in sueddeutsche.de 8.3.2011).
Hartmann beantwortete den Brief am 6.4.2011 und erklärte darin ausführlich die Stellung von Bündnis 90/Die Grünen zu München 2018 sowie sein eigenes Engagement.

München 2018 dankt im März 2011 den Medien

„Wir bedanken uns bei den folgenden Medienunternehmen für die Unterstützung:
Brigitte – CINEMAXX – Crew – Edgar – Faktor Sport – Fun Sporting – Gala – Gruner & Jahr – Hubert Burda Medien – München TV – New Business – PM Mgazin – Pro SiebenSAT1 Media AG – Public Marketing – Radio Arabella – Radio Trausnitz – Ski Magazin – Sky – Sport 1 – Stadionwelt – Süddeutscher Verlag – Transfermarkt – ZDF…“
Pressesprecher Jochen Färber schwärmte: „Normalerweise kostet Werbung viel Geld. Wir freuen uns, dass viele Medienhäuser sich pro Olympia positioniert haben“ (Kemnitzer, Sebastian, Bei Olympia unkritisch, in taz.de 2.3.2011). Und mit der Pro-Positionierung ging dann auch die Kritik an München 2018 weitgehend verloren.
Oh Süddeutsche Zeitung – jetzt wird manches verständlich!

Öffentlich-rechtlicher Spitzensport

DOSB-Präsident Thomas Bach war bis März 2010 Mitglied des ZDF-Fernsehrates – nicht von ungefähr: „Sportgroßereignisse zählen zu den Pflichtveranstaltungen von ARD und ZDF. Sie verursachen hohe Ausgaben, bringen aber auch ansprechende Quoten“ („Nicht verweigert“, in SZ 25.2.2011).
Für die Fernsehrechte an der Leichtathletik-WM in Südkorea vom 27.8. bis 4.9.2011 wollten ARD und ZDF sechs Millionen Euro zahlen.
Die Agentur International Events and Communication in Sports (IEC) forderte aber im Auftrag des LeichtathletikWeltverbandes IAAF 15 Millionen Euro. Die schwedische Sport-Vermarktungsagentur IEC gehört seit 2007 zum französischen Lagardère-Konzern und hat natürlich auch eine Filiale in Lausanne. (Auch der Sportrechtevermarkter Sportfive, der für das IOC die europäischen Fernsehrechte für Sotschi 2014 und Rio 2016 – exklusiv Deutschland, England, Frankreich, Spanien und Italien, die das IOC selbst verkauft -, vermarkten soll, gehört zum Lagardère-Konzern.)
Der IAAF hatte IEC die Fernsehrechte als Paket bis 2013 für 80 Millionen Euro verkauft: Der bisherige langjährige Vertragspartner des IAAF, die European Broadcasting Union (EBU) hatte 63 Millionen geboten (Gernandt, Michael, Warnsignal aus Doha, in SZ 15.4.2011).
Der ehemalige Rundfunkrat Bach unterstützte die hohe Forderung von IEC, weil „ARD und ZDF ihrem öffentlich-rechtlichen Vertrag nachkommen und die gesamte Vielfalt des Spitzensports im Fernsehen abbilden“ müssten. Dazu gehöre laut Bach „auch die Berichterstattung über Großereignisse wie die Leichtathletik-WM“ („Nicht verweigern“, in SZ 25.2.2011).

Der ARD-Programmdirektor Volker Herres legte Wert auf die Feststellung, dass ein gültiges Angebot seitens ARD und ZDF abgegeben worden war, das ausgeschlagen wurde. Die beiden Anstalten hätten auch 20 Millionen Euro für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin (2009) und Osaka entrichtet – mit der Begründung der attraktiven Heim-WM. Die WM in Berlin 2009 sahen zehn Millionen Zuschauer im Fernsehen; diese Zahl wurde als Rechtfertigung für die hohen Ausgaben für Übertragungsrechte herangezogen. Den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF wird häufig Gebührenverschwendung vorgeworfen. „Sie haben aber einen Auftrag: die Grundversorgung mit allem, was man als Gesellschaft von einem quasi staatlichen Rundfunk verlangt. Und dazu gehört der Sport“ . Die Frage ist aber: „Leitet sich aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter des deutschen Rundfunksystems ein Recht auf Sportübertragungen ab, wenn sie eine bestimmte Größenordnung angenommen haben? Und wenn ja, zu welchem Preis?“ (Keil, Christopher, Im Namen des Volkes, in SZ 17.3.2011).
Ein Minuspunkt ist der schwindende Medaillenanteil europäischer Leichtathleten,wodurch wiederum für die EBU die Einschaltquoten sinken: „Europas Athleten holten bei der WM 1987 in Rom 75,2 Prozent der Medaillen, 2003 in Paris waren es 50,4 Prozent, … und noch 37,3 bei der WM 2009 in Berlin“ (Kistner, Thomas, In der Abwärtsspirale, in SZ 22.2.2011)

Ende Februar 2011 verweigerten einige Leichtathleten wegen der gefährdeten Live-Übertragung sogar Interviews. 250 Leichtathleten schrieben deswegen – vermutlich vom DOSB initiiert – an Bundeskanzlerin Angela Merkel, ARD-Intendantin Monika Piehl und ZDF-Intendant Markus Schächter. Natürlich wiesen sie im Fall der Nichtübertragung sofort auf mögliche Folgen für die Bewerbung München 2018 hin (Hahn, Jörg, Protest gegen das mediale Abseits, in faz.net 22.2.2011; Kreuzer, Heinz Peter, Poker um Übertragungsrechte, in dradio.de 26.2.2011).
Die Intendanten schrieben zurück, dass sie ein „am Markt unübertroffenes Angebot “ vorgelegt hätten (Stiller Protest, in Der Spiegel 10/5.3.2011). Etwa acht Prozent des gesamten ARD-Programms besteht schon aus Sportübertragungen; das ZDF gibt eine ähnliche Prozentzahl an (Hahn, Jörg, Der Sport überschätzt sich bisweilen, in faz.net 23.3.2011).
Der frühere Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes DLV und jetzige Chef der Marketing-Kommission des IAAF, Helmut Digel, hob hervor, dass sich die Leichtathletik angeblich in den letzten 30 Jahren als „äußerst relevante“ Fernsehdisziplin erwiesen habe (Keil, SZ 17.3.2011). Am 23.3.2011 befasste sich der Sportausschuss des Bundestages mit Leitlinien für ARD und ZDF bezüglich internationaler Sportwettkämpfe. Dessen Vorsitzende ist die SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag, gleichzeitig Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Sie kündigte bereits im Vorfeld an, dass es wichtig sei, „eine Lösung im Sinne der Leichtathletik“ zu finden (Keil 17.3.2011).
Einen Interessenskonflikt vermochte Frau Freitag nicht zu entdecken: „Ich habe die Sitzung geleitet, wie ich jede andere Sitzung geleitet habe, und ich lege ja auch die Tagesordnung nicht alleine fest“ (Kempe, Robert, Debatte um ungeklärte Live-Berichterstattung der Leichtathletik-WM, in dradio.de 23.3.2011).
Viola von Cramon, Mitglied im Sportausschuss für Bündnis 90/Die Grünen, äußerte dazu Bedenken: „Dass es da aber eine Verquickung gibt, ist nicht von der Hand zu weisen, da muss jeder sehen, wie er damit umgeht“ (Ebenda). Der Sportausschuss tagte im übrigen unter Ausschluss der Öffentlichkeit!
Am 1.4.2011 wurde bekannt, dass ARD und ZDF sich bezüglich der Leichtathletik-WM 2011 geeinigt hätten: Die Summe soll „bei drei bis vier Millionen Euro liegen“ (ARD/ZDF übertragen Leichtathletik-WM 2011 live, in sueddeutsche.de 1.4.2011).

Die Rechte für die Übertragung der ersten und zweiten Bundesliga und der dritten Liga kosten derzeit pro Jahr 412 Millionen Euro: Die ARD entrichtet davon 100 Millionen Euro (Sportschau). Das ZDF bezahlt etwa 20 Millionen Euro (Spiel der Woche etc.). Die ARD hat gerade die Rechte für etwa 30 Boxabende in den Jahren 2013 bis 2015 für 54 Millionen Euro gekauft (Keil 17.3.2011).
Interessant war auch der Einstieg des ZDF in die Fußball-Champions-League der UEFA. Das ZDF ließ sich dies viel Geld kosten: allein für die Rechte etwas über 50 Millionen Euro – pro Saison! – also 150 Millionen Euro für einen Zeitraum von drei Jahren. Dazu kommen noch die Produktionskosten von etwa 20 Millionen Euro. Damit muss das ZDF auch die Präsentation der UEFA-Sponsoren senden; Werbespots sollen nicht nach 20 Uhr ausgestrahlt werden, da dies der Rundfunkstaatsvertrag den öffentlich-rechtlichen Anstalten verbietet („Ergänzungsbedarf“, in SZ 17.3.2011; ZDF sichert sich die Champions League, in spiegelonline 5.4.2011).

Die olympischen Übertragungsrechte für Sotschi 2014 und Rio de Janeiro 2016 seien noch offen (und fallen in Bachs Metier als IOC-Vizepräsident). „Die ARD, das sagte Herres bereits, wolle Olympia nicht um jeden Preis“ (SZ 25.2.2011). Das IOC verlangt 180 Millionen Euro; ARD und ZDF bieten 100 Millionen Euro (Hellmann, Frank, Rohlfing, Susanne, ARD muss am Sport sparen, in fr-online 25.2.2011).
Man darf gespannt sein…

Wie schon im Februar erwähnt: Zur Ski-WM vom 7.2. bis 20.2.2011 übertrug die ARD 14 Stunden 10 Minuten, das ZDF 14 Stunden 15 Minuten und der BR 5 Stunden 55 Minuten: Insgesamt waren dies 34 Stunden und 20 Minuten Übertragungszeit in den Öffentlich-Rechtlichen, die dafür sicher teuer zu bezahlen hatten – aus öffentlich-rechtlichen Pflichtgebühren! (Eigene Recherche: Wolfgang Zängl, Gloria Görgner)
Eine komplette Aufstellung aller Sportsendungen mit Wettbewerben und Zeitdauer im Jahr 2010 folgt demnächst in einem größeren Beitrag unter „Aktuelles“.
Die TV-Übertragungen sind für die Sportveranstalter wichtig im Hinblick auf Sponsoren und Werbeblöcke, Kommerzialisierung und natürlich den Gebühren für die Senderechte selbst. Und deshalb kann man von einer Übernahme der Politik und der öffentlich-rechtlichen Sender durch die Sportfunktionäre sprechen.

Naturschnee versus Kunstschnee

Kunstschnee ist „quasi Natur“, suggerieren Tourismusmanager wie Christophe Mutillod aus Hochsavoyen: „Das ist nur Wasser, Luft und Elektrizität“ (Georg Bayerle, Auswüchse der Skitourismus-Industrie: Neuschnee? Nein danke, in br-online 2.3.2011). Dass dieser ökologisch und ökonomisch äußerst aufwendig produziert werden muss, wird bewusst verschwiegen.
Vergleiche auch zu Kunstschnee
Kitzbühel verfügt inzwischen über 700 Schneekanonen und -lanzen: 70 Prozent des 440 Hektar großen Skigebiets werden künstlich beschneit. Für sechs Millionen Euro werden 1,8 Millionen Kubikmeter Kunstschnee erzeugt, wofür wiederum sieben hochalpine Wasserdepots nötig sind. Die Kunstschnee-Pisten halten angeblich länger: Schneefall ist nicht mehr wirklich erwünscht. „Die finanziellen Ersparnisse durch Naturschnee sind marginal. Die Präparierung wird noch aufwändiger“, sagte ein Vorstand der Bergbahn AG Kitzbühel (Fusser, Alexandra, Bergbahn AG Kitzbühel mit 700 Schneekanonen, in Kitzbüheler Anzeiger 27.9.2010). Eine weitere Folge: Auch bei schönem Wetter liegt Kitzbühel oft tagelang im Nebel des verwehten Kunstschnees.
Sölden im Ötztal investierte 50 Millionen Euro in die Beschneiung mit 250 Schneekanonen (Sölden ist nach Hans Haid „Porno Alpin“). Ischgl im Paznauntal beschneit 250 Pistenkilometer und will noch vier neue Pisten erschließen.
45 Millionen Euro sollen in das bayerische Sudelfeld-Skigebiet investiert werden, wobei 35 Prozent vom Land Bayern kommen sollen. Am Felllhorn beschneien 100 Schneekanonen (Bayerle 2.3.2011). Und in Garmisch-Partenkirchen werden die Beschneiteiche gekühlt – damit überhaupt beschneit werden kann.
Fazit: „Naturschnee wird zum Ärgernis“, notierte Georg Bayerle.
Soweit ist es inzwischen gekommen. Und der Wasser- und Stromverbrauch steigt immer weiter an.

Bürgerbegehren Garmisch-Partenkirchen II

Nachdenklich brachte Matthias Holzapfel, der Chefredakteur des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts, Anfang März 2011 ein Zitat des Münchner Oberbürgermeisters Ude vom 10. November 2009 in Erinnerung: „Für ein Rats- oder Bürgerbegehren ist es jetzt viel zu spät, nachdem sich der Gemeinderat jahrelang einmütig für die Olympia-Bewerbung ausgesprochen hatte.“ Holzapfels Erstaunen ging weiter: „Nur einen Tag vor Ude, am 9. November 2009, hatte auch Bürgermeister Thomas Schmid (CSB) ein Ratsbegehren klar abgelehnt: viel zu spät“. Und nun „fordert der SPD-Politiker aus der Landeshauptstadt nachgerade selbst die Bürgerbeteiligung im Werdenfelser Land“ (Holzapfel, Matthias, „Eine ganz andere Situation“, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 3.3.2011). Plötzlich soll es Anfang März 2011 sogar zwei Bürgerbegehren geben: das zweite allerdings nur, um das erste zu verhindern.

Salzburg, auf ein Neues

Die Prozessgeschichte nach den drei vergeblichen Bewerbungen von Salzburg um Olympische Spiele 2006, 2010 und 2014 ging weiter. Die beiden ehemaligen Geschäftsführer der Salzburger Bewerbung, Gernot Leitner und Rudi Höller, behaupteten Anfang März 2011 in einem Interview, die Spitzen von SPÖ und ÖVP seien massiv in die Kooperation von Bewerbungsgesellschaft in Salzburg und dem Förderverein in Wien eingebunden gewesen. Dies hatten Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ), Landeshauptmann-Stellvertreter Wilfried Haslauer (ÖVP) und Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) stets bestritten.

Darauf forderte die ehemalige Vorsitzende des Olympia-Untersuchungsausschusses, Astrid Rössler, strafrechtliche Konsequenzen. Außerdem solle sich das geschädigte Land Salzburg als Privatbeteiligter einem Strafverfahren anschließen. Schließlich wurden Sponsorengelder in Millionenhöhe an den Förderverein umgeleitet. (PM Die Grünen, Salzburger Landtag, Causa Olympia: SPÖ- und ÖVP-Spitzen im Verdacht der Falschaussage, Salzburg 9.3.2011)
Es soll ein „Supervisory Board “ über Bewerbungsgesellschaft und Förderverein installiert worden sein, in dem u. a. Burgstaller, Haslauer, Ex-ÖOC-Chef Leo Wallner, Ex-ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth und die Lobbyisten um Erwin Roth saßen. Die Grünen äußerten außerdem den Verdacht, „dass die Politik im Innenministerium interveniere, um den Ermittlungsausschuss zu beeinflussen… Offiziell tut sich in der Causa Olympiabewerbung gar nichts… “ (Resch, Christian, „Wir waren naiv, die Politiker aber noch mehr“, in salzburg.com 9.3.2011).
Was wohl ein eventueller Untersuchungsausschuss zu München 2018 ergeben wird?


Gernot Leitner ist übrigens aktuell als Projektentwickler für Sotschi 2014 tätig und äußerte: „Die Salzburger Bewerbung war mein Sprungbrett.“ Rudolf Höller entwirft für das Land Salzburg Marktauftritte von Tourismusdestinationen (Resch 9.3.2011).

Der ehemalige Olympia-Lobbyisten Erwin Roth sollte mit seiner Firma „Strategie GmbH“ im Zeitraum Juni 2006 bis Juli 2007 monatlich 90.000 Euro erhalten. Er hatte den ehemaligen ÖOC-Präsidenten Leo Wallner auf Nachzahlung von 335.970 Euro verklagt, wurde aber vor Gericht im März 2011 abgewiesen, da er wohl den Falschen verklagt hatte. Hier kamen auch die 290.000 Euro Schweigegeld zur Sprache, die der EX-ÖSV-Trainer Walter Mayer erhalten haben soll, damit er eine Klage gegen IOC-Präsident Jacques Rogge zurückzöge (Pessl, Fritz, Leo Wallner gewinnt Runde eins, in salzbuerg.com 21.3.2011). Mayer hatte den Dopingskandal in der Biathlon-Mannschaft bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin mitzuverantworten.

IOC-Umfrage: Zustimmung sackt ab

Das IOC gab Mitte März 2011 das Ergebnis seiner Umfrage bekannt: In Pyeongchang befürworten 93 Prozent der Bevölkerung die Bewerbung, in Annecy nur 51 Prozent und in München auch nur dürftige 61 Prozent (IOC-Umfrage: 61 Prozent für München 2018, in sueddeutsche.de 17.3.2011).
MdL Ludwig Hartmann schrieb in der PM „Olympiabewerbung: Kein Geld und keine Unterstützung“ am 17.3.2011: „Für so ein Milliarden-Projekt ist dies eine bescheidene Zustimmung, die meilenweit von den ’stabilen 3/4-Mehrheiten‘, welche von der Bewerbungsgesellschaft immer wieder ins Feld geführt werden, entfernt bleibt. Auch wird es den Bewerbern diesmal schwer fallen, die Umfrage als nicht repräsentativ hinzustellen, da sie vom IOC selbst in Auftrag gegeben wurde und Eingang in den Evaluierungsbericht finden wird.“
Hartmann wies auch darauf hin, dass der Rückhalt in der Wirtschaft ebenfalls unverändert niedrig sei (NOlympia: „Meilenweit von Drei-Viertel-Mehrheiten“, in sueddeutsche.de 17.3.2011). Siehe auch unten: „München 2018 geht das Geld aus“.
DOSB-Generaldirektor Vesper gab sich unbeirrt: „Diese Zahlen beunruhigen mich nicht, weil ich spüre, dass die Begeisterung in der Bevölkerung steigt und die Zahl der Gegner abnimmt“ (München 2018: Endspurt mit Hindernissen, in sueddeutsche.de 17.3.2011). Er gehe davon aus, „dass die Zustimmung bei rund 75 Prozent liegt“ („Langsam schließt sich das Zeitfenster“, in SZ 18.3.2011).
Vesper versuchte dann doch noch eine Ausrede zu finden: Angeblich stammte die Umfrage vom Dezember 2010, als die Absage an München 2018 auf dem Parteitag der Grünen und die Grundstücksstreitigkeiten auf dem Höhepunkt waren (IOC-Umfrage: 61 Prozent für München 2018, in sueddeutsche.de 17.3.2011; 93 zu 61 für Pyeongchang, in S 18.3.2011). Vesper weiter: „Es geht nur um ein Grundstück als Sportfläche, und da ist der Gesprächsfaden nie abgerissen“ („NOlympia gegen „OlympiJA“: Wer hat die Nase vorn? in sueddeutsche.de 23.3.2011).
Dabei waren die Grundstücksstreitigkeiten im März 2011 noch genauso ungelöst wie im Jahr 2010. Das bestätigte auch der Rechtsanwalt der Grundeigentümer, Ludwig Seitz: „Es gibt keine Verhandlungen“ (Ebenda).

Die Japan-Katastrophen und der Sport

Am 11.3.2011 brachen über Japan mehrere Katastrophen in apokalyptischen Ausmaßen herein: Das Land erlitt Erdbeben, Tsunami und den drohenden Atom-Gau.

Am 13.3.2011 berichtete das ZDF konzentriert, wenn auch mit leichten Einschränkungen, vom laufenden Sportgeschehen:
10.45 Sport extra. Biathlon: WM 4 x 6 km Staffel Damen/ ca. 12.30 Ski alpin: Weltcup Super-G Herren, live bis 13.03; 14.00 Sport extra. Biathlon: WM / ca. 14.15 Eisschnellauf: WM 500 m Damen und Herren /ca. 15.15 Teamverfolgung Damen/ca. 15.45 Langlauf: Weltcup, Sprint Damen und Herren/ca. 16.05 Skispringen: Weltcup, 2. Durchgang/ca. 16.45 Eisschnelllauf: WM Live bis 17.00; 17.10: Sportreportage bis 18.00.
Strahlende Gesichter, glückliche Sieger, bunte Bildchen…
Ungeniert vom katastrophalen Tagesgeschehen spult die Sportwelt ihr Programm ab, und der öffentlich-rechtliche Sender ZDF übertrug es – er hatte schließlich teuer bezahlt. Wieder wird die Verdrängungsfunktion der Sport-Glamourwelt deutlich.

Der Triathlon-Weltverband hielt noch Anfang April 2011 an seinem Plan fest, die Sportler 1,5 Kilometer durch das Hafenbecken von Yokohama kraulen zu lassen. Ein Freundschaftsspiel des FC Bayern in Japan wurde abgesagt; die Turn-WM wird nicht in Tokio stattfinden; die Formel 1 startete mit Aufklebern „Pray for Japan“, und die Motorrad-WM wird später in Japan stattfinden – „sofern bis dahin noch genügend Motorräder rollen“ (Hofmann, René, Fukushima und der Sport, in SZ 9.4.2011).

München 2018 geht das Geld aus

Mitte März 2011 gab die bayerische Staatskanzlei auf Anfrage von MdL Ludwig Hartmann bekannt, dass der Bewerbungsgesellschaft von Sponsoren 20 Millionen Euro an Geldmitteln zur Verfügung gestellt wurden und 3,4 Millionen Euro an Sachmitteln. Damit fehlten zum geplanten Etat von 33 Millionen noch 6,9 Millionen Euro (Kristlbauer, Matthias, Sponsoren – das Risiko für Olympia, in Münchner Merkur 18.3.2011).
Angeblich seien nun weitere 2,7 Millionen Euro von Sponsoren angekündigt. MdL Ludwig Hartmann äußerte: „Es ist das eingetreten, was wir von Anfang an befürchtet haben. Die Steuerzahler werden zur Kasse gebeten“ und verwies auf die fehlende Unterstützung durch die Wirtschaft (München 2018: Endspurt mit Hindernissen, in sueddeutsche.de 17.3.2011). Hartmann weiter: „Die Bewerber wissen doch schon lange, dass sie nicht ohne Steuermittel auskommen“ (Olympia-Bewerber München hat Geldsorgen, in spiegelonline 17.3.2011). Hartmann will klären lassen, wo die fehlenden Millionen Euro bis zum 6.7.2011 herkommen sollen und ob wiederum der Steuerzahler dafür bezahlen muss (Kistner, Thomas, München 2018 mit Finanzproblemen, in dradio.de 16.3.2011).
Eine Einsichtnahme in den Wirtschaftsplan der Bewerbungsgesellschaft hat auch Hartmann nicht erreicht, obwohl er Mitglied des Landtags ist. Der Wirtschaftsplan – so er denn existiert -, wird mit der lächerlichen Begründung des Wettbewerbs mit den Konkurrenzorten geheimgehalten (Riedel, Katja, Effern, Heiner, Kistner, Thomas, Ein Loch von sieben Millionen, in SZ 17.3.2011). DOSB-Generaldirektor Vesper nannte das so: „Wir praktizieren größtmögliche Transparenz, haben alle Dokumente zeitnah veröffentlicht… Allerdings befinden wir uns in einem Wettbewerb, und da gibt es Mitbewerber“ („Langsam schließt sich das Zeitfenster“, in SZ 18.3.2011).
Und mit dieser üblichen vom IOC normierten Ausrede veröffentlichen weder Annecy 2018 noch Pyeongchang  2018 noch München 2018 ihren Wirtschaftsplan. Das ist gängige IOC-Politik und -Argumentation.

Da die Bewerbungsgesellschaft im Juli 2010 von 16,4 Millionen Euro Sponsorengeldern 6,5 Millionen Euro als Sachleistungen deklariert hatte, die dann im März 2011 auf 3,4 Millionen Euro geschrumpft waren, warf ihr Hartmann vor, „schöngerechnet“ zu haben. Bewerbungssprecher Färber umschrieb dies so: „… viele von Sponsoren angebotene Sachleistungen wirken sich nicht liquiditätsentlastend aus“ (Riedel, Katja, Einmaleins der Bewerbung, in SZ 18.3.2011).
Zur Erinnerung:
Öffentliche Körperschaften gaben einen Kredit von 2,72 Millionen Euro (davon Garmisch-Partenkirchen rund 450.000 Euro).
von Unternehmen der Öffentlichen Hand wie Lotto Bayern, Sparkassen Finanzgruppe, Flughafen München, Stadtwerke München, Olympiapark, Messe München etc. kamen etwa 14 Millionen Euro.

„Als Gesellschafter haften der Freistaat Bayern (18 Prozent), die Stadt München (61), Markt Garmisch-Partenkirchen (16) und Berchtesgadener Land (4)“ (Den Bewerbern fehlen Millionen, in n-tv.de/sport 17.3.2011; vgl. auch Riedel, Katja, Effern, Heiner, Kistner, Thomas, Ein Loch von sieben Millionen, in SZ 17.3.2011). Danach haftet der Freistaat mit 770.000 Euro, Garmisch-Partenkirchen mit 685.000 Euro und München mit 2,57 Millionen Euro (Kristlbauer 18.3.2011),
Der DOSB, der mit 51 Prozent an der Bewerbungsgesellschaft München 2018 beteiligt ist, haftet mit: 0 (null) Prozent.
Ende März 2011 wurde bekannt, dass die (von Ude bereits zwangsverpflichteten) Stadtwerke München ihren Sponsorenanteil aufstocken sollen (Riedel, Katja, Sendepause für Olympia, in SZ 26.3.2011).Der Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke München, Christian Ude, gab bekannt, dass er „intensive Gesprächen mit Unternehmen“ führe (Sponsoren gesucht, in welt.de 30.3.2011).
Ob da ein Zusammenhang besteht? Und ob der Aufsichtsratsvorsitzende Ude der Stadtwerke München dem Stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Ude von München 2018 finanziell aus der Patsche helfen darf? Der Anteil der Sponsorengelder von Unternehmen der Öffentlichen Hand würde also damit noch weiter erhöht.
Nach SPD-Angaben waren Ende März 2011 26,2 Millionen Euro an Geld- und Sachleistungen von Firmen gekommen. Die 2,72 Millionen Euro Darlehen gelten bereits jetzt für die Gesellschafter als verloren (welt.de 30.3.2011). Der Münchner CSU-Stadtrat Mario Schmidbauer berichtete aus dem Wirtschaftsausschuss, dass 4,1 Millionen Euro für die Bewerbung durch die Gesellschafter fällig würden. Dazu werden die Gesellschafter-Darlehen in Höhe von 2,72 Millionen Euro nicht zurückfließen. Die Sponsorensuche durch OB Ude kommentierte Schmidbauer so: „Wenn ich das zwei Monate vor dem Ende der Bewerbung höre, fühle ich mich verarscht“ (Lücke im Olympia-Budget, in SZ 30.3.2011). OB Ude bezeichnete Schmidbauers Aussage als „geschäftsschädigend“ (Ebenda).
Die Frage ist, wer hier der Geschäftsschädigende ist: der, der die unangenehme Wahrheit ausspricht, oder der, der für das geschäftliche Desaster hauptverantwortlich ist.

Zur Erinnerung: Im Budget für die Durchführung von München 2018 geht der Haushaltsentwurf von Einnahmen nationaler Sponsoren von knapp 500 Millionen Euro aus: Dies kann nach den Schwierigkeiten mit dem Etat der Bewerbung von 33 Millionen Euro schon jetzt als völlig unrealistisch angesehen werden. Hartmann zur Kalkulation: „Die Einnahmen wurden hier nach oben gerechnet, die Ausgaben nach unten“ (Ebenda).
Hier passiert also das gleiche Spiel wie bei den Olympischen Winterspielen Vancouver 2010, Turin 2006, Salt Lake City 2002, Nagano 1998 …

OB Ude feilte unterdessen trotz dieser Widrigkeiten schon am Programm für den IOC-Vergabetag am 6.7.2011 an einem „Public Viewing“ auf dem Marienplatz mit Direktübertragung durch das Bayerische Fernsehen. 30.000 begeisterte Anhänger von München 2018 sollen dort feiern und zusehen, wie er seine Unterschrift unter den Host-City-Contract setzen würde (Holzapfel, Matthias, Zur Olympia-Vergabe: Public Viewing am Marienplatz, in merkur-online.de 17.3.2011).
So plant Ude die Ratifizierungsfeier dieses Knebelvertrages feiern, den das Garmisch-Partenkirchner Bürgerbegehren gerade zu Fall bringen möchte.

Bayerischer Innenminister für bayerische Sportpolizisten

„Joachim Herrmann will die Landespolizei für den Spitzensport öffnen… Mit Ministerpräsident Horst Seehofer und den Spitzenverbänden von Sport und Schützen ist die Idee (…) im Grundsatz abgestimmt.“ – „Deutschland hat rund 1000 Staats-Athleten – übrigens auch eine Tradition des DDR-Sports“ (Deutschländer, Christian, Bayerns Polizei will eigene Olympiasieger, in merkur-online.de 16.3.2011). Innenminister Herrmann meinte zu den Kosten: „Bei insgesamt 39.000 Mitarbeitern der Polizei sprengen zwei mal zehn Leute den Stellenplan nicht“ (Ebenda).
Vergleiche auch zu Sportsoldaten

GAP neu gedacht

Die Ausstellung „GAP neu gedacht!“ vom 16. bis 23.3.2011, eine Veranstaltung u. a. des Werkbundes, war so neu nicht: Sie wurde von der „Immo 2018“ gesponsert, und der Moderator der ersten Diskussion, Prof. Ottmann, kam von der Südhausbau, die Mitglied in der „Immo 2018“ ist.
Vergleiche: Immo-Welt
Referenten und Teilnehmer waren vornehmlich Architekten, Städtebauer und Regionalplaner. Behandelt wurden die Themen „Landschaft, Mobilität und Verkehr“ und „Landschaft, Tourismus und Sport“.
Die Garmischer sollten aus Lethargie und Hang zu Einzelinteressen herausgeholt werden. Oder wie es die frühere Münchner Stadtbaurätin Christiane Thalgott formulierte: Die Garmisch-Partenkirchner sollten „den Traum von vergangener Größe und eine bemerkenswerte Selbstzufriedenheit“ überwinden (Effern, Heiner, Schluss mit der Selbstzufriedenheit, in SZ 19.3.2011).
Der Werkbund sandte Studenten der TU München ins Werdenfelser Land: Diese sollten, wie es der Vorsitzende vom Werkbund Bayern formulierte, „Ideen entwickeln ohne Hemnisse wie Besitzverhältnisse, Finanzen oder Befindlichkeiten“ (Ebenda).
Damit forderte man die Studenten auf, in und mit Garmisch-Partenkirchen identisch das Selbe zu machen wie die Bewerbungsgesellschaft München 2018! Also wieder einmal: Man übergeht Garmisch-Partenkirchen mit Unterstellungen und Belehrungen aus München – und alles im Sinn und in der Abfolge von München 2018.

Neue Werbeträger für München 2018

Die Bewerbungsgesellschaft München 2018 hatte ja Anfang 2011 eine geballte Werbeinitiative angedroht. Aber dass es gleich so hart kommen musste!

Anlässlich der Internationalen Handwerksmesse in München wurden elf entsprechend schöne München 2018-Logos von Bäckern, Elektrikern, Konditoren, Malern, Orthopädietechnikern u. a. präsentiert. „Ob aus Holz, Fleisch, Mehl, Stein oder Metall, das markante M war immer gut zu erkennen“, erkannte Sportbotschafter Alexander Resch (PM München 2018, 19.3.2011: Das bayerische Handwerk unterstützt kreativ die Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele).
Aber es sollte noch besser kommen!
„Am Sonntag, 27. März 2011 zeigt der Tierpark Hellabrunn Flagge für die Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele. Rund um den Tierpark wirbt die Eisbärendame Giovanna als München 2018-Botschafterin auf Plakaten für die Winterspiele in München, Garmisch-Partenkirchen und auf der Kunsteisbahn am Königssee. Um 13 Uhr wird Giovanna an der Eisbärenanlage offiziell zur Botschafterin ernannt.
Alle Besucher haben zudem auf dem Spielplatz am Kindertierpark die Möglichkeit, sich rund um die Bewerbung zu informieren und einige Wintersportarten auszuprobieren“ (München 2018).
Ein Höhepunkt der Ignoranz und Geschmacklosigkeit dieser Bewerbung: Eisbären sind durch den Klimawandel vom Aussterben bedroht. In einer Glosse in der SZ wurde Giovanna vorgeworfen, mit ihrem Engagement für München 2018 ihren früheren, gerade verstorbenen Mitbewohner Knut verraten zu haben, da dieser mit seinem Patenonkel Sigmar Gabriel als Maskottchen gegen Klimawandel gekämpft hatte. Giovanna sorge dagegen noch dafür, „dass den Hängen noch schneller der Schnee und den Gletschern das Eis ausgehen: Der Kunstschnee verbrauche zu viel Energie, die Touristenmassen pusten bei der Anreise CO2-Wolken in die Atmosphäre“ (Riedel, Katja, Eisbärendienst für Olympia, in SZ 23.3.2011).

Neue Anfragen gegen München 2018

Am 24.3.2011 stellte ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff beim Münchner Oberbürgermeister Ude aus gegebenem Anlass eine Anfrage:
„1. Ist der Stadt bekannt, zu welchem Zweck auf dem Gelände, das noch im Eigentum der Bundeswehr ist, Bäume gefällt werden sollen? Stehen die geplanten Baumfällungen bereits im Zusammenhang mit dem eventuellen Bau des Olympischen Dorfes 2018? Liegt eine Genehmigung für das Fällen der Bäume vor?
2. Wer hat die Auszeichnung der Bäume veranlasst? Wer trägt die Kosten der Maßnahme?
3. Um wie viele Bäume handelt es sich? Welche Baumarten sind betroffen?“
(Tobias Ruff, Anfrage im Stadtrat: Werden für das Olympiadorf 2018 schon jetzt Baumfällungen vorbereitet? München, 24.3.2011).

Umgehend beantwortete die Stadtverwaltung Ruffs Anfrage. Es würden tatsächlich erste Vorarbeiten vorgenommen. Die farbigen Punkte sollen den bereits kartierten Baumbestand von noch aufzunehmenden unterscheiden. „Baumfällungen, betont man bei der Stadt, seien mit diesen Vorarbeiten noch nicht vorbestimmt“ (Bäumen droht die Olympia-Axt, in SZ 28.3.2011).
Sehr wahrscheinlich sind die olympischen Baum-Opfer bereits exakt verzeichnet. Laut Architektenausschreibung werden, wie schon erwähnt, allein von den 1594 als „erhaltenswert“ klassifizierten Bäumen 80 Prozent gefällt, das sind mindestens 1275 Bäume!
Vergleiche hierzu: Chronologie Februar 2011 und Hochbunker

Am selben Tag stellten MdL Ludwig Hartmann und MdL Thomas Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) eine weitere Anfrage: „Kommerzielle Werbung an Schulen durch die BMW Group“, da an bayerischen Schulen ein grundsätzliches Werbeverbot besteht. Deshalb wurde angefragt,
1) wie die Staatsregierung die Kriterien für kommerzielle und politische Werbung beurteilt;
2) wie die Staatsregierung vor diesem Hintergrund die Informationsbroschüre „Lernen von den Spielen“ beurteilt;
3) ob die Staatsregierung die wiederholte Nennung des Sponsors BMW in dieser Broschüre mit dem Werbeverbot für vereinbar hält;
4) ob diese Broschüre derzeit an bayerischen Schulen verteilt wird;
5) „Wenn die Staatsregierung die Auffassung teilt, dass mit der Broschüre ‚Lernen von den Spielen‘ gegen das Werbeverbot an Schulen verstoßen wird, welche Maßnahmen unternimmt sie, um den Verstoß zu unterbinden?“ und
6) „Wer trägt die Informationspflicht und-verantwortung bei Kenntnis über den Versuch von poilitischer und kommerzieller Werbung an Schulen?“

Und am 31.3.2011 wollte Ludwig Hartmann Auskunft über die Merchandising-Artikel, welche München 2018 im Online-Shop anbietet. Er fragte nach der Herkunft, der Einhaltung der Standards der International Labour Organisation (ILO), der Art der Zertifizierung, dem Anteil an recycelten Material etc.

Die Bewerbungsdirektion fliegt nach Neukaledonien

Am 26. März 2011 präsentierten DOSB-Präsident Bach, Bernhard Schwank und Frontfrau Katarina Witt die Bewerbung von München 2018 im schönen Ort Nouméa vor dem Oceania National Olympic Committee (ONOC). (Hier findet 2011 auch die Sportveranstaltung „Pacific Games“ statt.) Die Delegation benötigte für Hin- und Rückflug 30 Stunden – für 36 Stunden Anwesenheit. Wobei von fünf IOC-Delegierten immerhin vier anwesend waren (Weinreich, Jens, 36 Stunden in der Südsee, in dradio.de 28.3.2011).
Folgende Zusammenstellung wäre hoch interessant und dringend nötig: wie viel die Bewerbung München 2018 insgesamt an CO2-Ausstoß produziert – mit all den weltweit verteilten Meetings, Wettbewerben, Treffen an den feinsten Orten dieses Planeten. Dabei wird alles als nachhaltig und umweltfreundlich, völkerübergreifend und Frieden stiftend deklariert. Ebenfalls von Interesse wäre der CO2-Ausstoß der weltweit agierenden Sportfunktionärselite, Sportler und internationalen Sport-Großereignisse.

Bach erwähnte nicht ohne Absicht die Gründung des ONOC 1981 beim Olympischen Kongress in Baden-Baden und sprach von „recharging the batteries of winter sport in its heartland“, nicht ohne die Fußball-WM 2006 zu erwähnen. Er schwärmte von den“sustainable Games … leaving no White Elephants“.
Die White Elephants würden nicht stehenbleiben, sondern ein hoher Anteil der Sportstätten wird gleich nach den Spielen wieder abgerissen!
Witt schwärmte vom Sand und der Sonne – und vom „winter wonderland“. Dazu erwähnte sie die letzten Sport-Großereignisse in Deutschland wie die Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen und die Bob- und Skeleton-WM am Königssee.
Schwank pries München mit den besten Hotels, Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten und erwähnte das Oktoberfest mit sechs Millionen Besuchern sowie seinen hervorragenden Flughäfen. Er lobte die Sportstätten des „Festival of Friendship“ die „Medals Plaza at Marienhof“.
(Alle Zitate: www.gamesbids.com, Transcript of remarks from Munich 2018 Prese