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September 2010

Finanzen München 2018

Eine Schätzung des offiziellen Organisationsbudgets (OCOG-Budget) für München 2018 vom 3.9.2010 zeigte die völlig unrealistischen Ansätze der Bewerbungsgesellschaft: Es soll allein durch „Local Sponsoring“ die Summe von 436 Millionen Euro auf der Einnahmenseite aufgebracht werden. Dabei konnten schon nicht einmal trotz der zahlreichen Unternehmen der Öffentlichen Hand die 33 Millionen Euro für die Bewerbung aufgebracht werden. (Die Aufstellung lieferte wiederum der schon erwähnte Hamburger Spezialist für olympische Haushalte, Prof. Maennig.)

Die Kosten für Sicherheit wurden inzwischen von ehedem 17 bis 21 Millionen Euro auf 31,8 Millionen Euro erhöht. Zum Vergleich: In Vancouver 2010 lagen sie bei rund 700 Millionen Euro.

Frau Mühlhäuser von München 2018 erklärte diese Diskrepanz in einer Email vom 28.10.2010 damit, dass die 31,8 Millionen Euro nur für private und öffentliche Sicherheitsdienstleistungen angesetzt seien. „Personalkosten für Polizeikräfte in Bayern z.B. sind nicht extra ausgewiesen, da diese ohnehin gezahlt würden, ob mit oder ohne Olympische und Paralympische Winterspiele.“
Das ist auch eine Möglichkeit, Sicherheitskosten zu senken!

Ein weiterer Effekt der Katastrophe bei der Love Parade: Bei der Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen im Februar 2011 werden die Zuschauereinnahmen auf jeden Fall um etwa 800.000 Euro niedriger als vorgesehen ausfallen. Statt 150.000 Fans bei elf Rennen werden nun nur noch bis maximal 11.000 pro Rennen zugelassen. Außerdem muss die Gemeinde für 200.000 Euro die Treppen des Olympia-Skistadions entfernen und dafür Rampen installieren. Die Erweiterung des Betriebsgebäudes am Gudi-Hang wird die Gemeinde 1,8 Millionen Euro kosten, die Kühlanlage am Beschneiteich „Am Bödele“ 250.000 Euro.

Zusätzliche Sicherheitskosten für Rettungskräfte und Krankenwagen von 250.000 Euro sollte erst die Gemeinde übernehmen; schließlich wurden sie vom Landkreis getragen.
(Loveparade-Drama: Strengere Sicherheitskonzepte für Ski-WM 2011, in merkuronline 2.9.2010; Hoffmann, Nadja, Landratsamt rudert zurück, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 9.11.2010; Garmisch-Partenkirchen: Hunderttausende Euro für Wintersport und Veranstaltungen, in merkur-online 21.9.2010; Kaiser, Wolfgang, Holzapfel, Matthias, Aufrüstung für die Sicherheit, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 22.9.2010)

Ähnliche unvorhergesehene oder sehr wohl vorhergesehene, aber nicht genannte oder aufgeführte Kostensteigerungen und Maßnahmen in mehrstelliger Millionenhöhe würde es auch bei den Olympischen Winterspielen 2018 geben.

Eine andere Rechnung machte der Dritte Bürgermeister Hannes Krätz (Freie Wähler) Ende September 2010 auf: 620 Millionen Euro könnten die Olympischen Spiele 2018 für Garmisch-Partenkirchen bringen. Seine Kalkulation: 130 Millionen Euro für den Wanktunnel, 250 Millionen Euro für die Oberau-Umgehung, 40 Millionen Euro für den Eisenbahn-Ausbau und 200 Millionen Euro für 100 Wohnungen aus dem Olympischen Dorf. Die Gemeinde hätte dagegen nur Investitionen im einstelligen Bereich. (Kaiser, Wolfgang, 620 Millionen Euro Profit mit Olympia, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 30.9.2010)
Schon wieder eine olympische Milchbubenrechnung: Krätz errechnet 620 Millionen Euro Profit. Und die Strecke München-Mailand wird über das Loisach-Tal um 100 Kilometer kürzer als über den Brenner. Garmisch-Lastwagenkirchen…

Der General-Direktor feiert die Bewerbung

In einem Interview mit einem kritischen Journalisten im Rheinischen Merkur erklärte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper, dass drei Milliarden Euro für München 2018 investiert werden müssten, dafür aber „ein modernes und positives Image im Ausland “ erhielte. Auf die Frage nach der fehlenden Begeisterung konstatierte er: „In Deutschland melden sich halt zuerst die Kritiker und die Bedenkenträger.“

Als positiven Effekt sah Vesper, dass „wir uns der Welt wieder einmal zeigen können“ und: „So soll die Schienenverbindung zwischen München und Garmisch ertüchtigt werden – ein Riesengewinn. Die Region wird einen Aufbruch erleben.“
Ob die Region diesen „Aufbruch“ ohne Schaden überleben wird, ist eine andere Frage, siehe die kürzere Verbindung München-Mailand. Die „Ertüchtigung“ der Bahnstrecke ist dagegen mehr als lächerlich: eine Einsparung von vielleicht 15 Minuten.

Vesper stellte auch für Vancouver einen „Beitrag zur Versöhnung zwischen den indigenen Einwohnern und der Mehrheitsbevölkerung“ fest.
Würde ich ganz anders sehen: siehe 18 Gründe: Vancouver.

Vesper weiter: „Hinzu kommen zwei Milliarden Euro für investive Maßnahmen, die meist ohnehin durchgeführt würden.“
Das ist das unvermeidliche Standardargument aus der untersten Schublade des IOC-Frage- und Antwortspiels, das auch durch häufigste Wiederholung nicht wahrer wird. So stehen die meisten Straßenbaumaßnahmen im Bundesverkehrswegeplan weit hinten

Vespers Plannungen: „Wir planen mit einer schwarzen Null. Sollte es wider Erwarten zu einem Defizit kommen, müssten öffentliche Garantien greifen.“
Das IOC und der DOSB zahlen natürlich nichts, sondern holen nur Geld ab. Und die bayerischen Landtagsabgeordneten von CSU, SPD, FDP und Freien Wählern werden olympia-betrunken nach dem Oktoberfest das Olympia-Gesetz beschließen – mit einer UNBESCHRÄNKTEN Bürgschaft öffentlicher Gelder!

Dann wurde Vesper besonders dreist bezüglich der üblichen olympischen Kostenexplosion: „Bei uns sind die Gefahren begrenzt, denn wir brauchen, anders als zwischen Vancouver und Whistler, keine neuen Straßen zwischen München und Garmisch zu bauen.“

(Zitate aus: Deges, Stefan, „Wir planen mit einer schwarzen Null“, in Rheinischer Merkur, 23.9.2010)

Die Bauprojekte hat gerade der Dritte Bürgermeister Krätz aufgeführt, siehe oben. Geplant ist die Verlängerung der Autobahn von Eschenlohe nach Garmisch mit dem Auerberg-Tunnel und mit der Umgehung von Oberau plus den Wank-Tunnel für derzeit etwa 600 Millionen Euro. Das macht nach den üblichen Kostensteigerungen dann bis 2018 erfahrungsgemäß etwa eineinhalb Milliarden Euro.

Der Vorsitzende von München 2018 tritt zurück

Am 6.9.2010 trat Willy Bogner aus gesundheitlichen Gründen zurück, betonte aber sofort, ein „glühender Verfechter unserer Bewerbung“ zu bleiben (Bogner legt Amt als Vorsitzender nieder, in spiegelonline 6.9.2010). DOSB-Präsident Thomas Bach warf Bogner hinterher: „Das ist kein Schaden, die Ampeln stehen auf Grün“ („Bogners Rückzug ist kein Schaden“, in SZ 9.9.2010).

„Die Bewerbung hängt nicht an Willy Bogner alleine, sie ist insgesamt eine Fehlkonstruktion, die er nicht retten konnte“, stellte dagegen Grünen-Vorsitzender Dieter Janecek fest.

Bernhard Schwank, bisher Mitglied der Geschäftsführung, wurde Bogners Nachfolger als Vorsitzender. Axel Doering kommentierte den Wechsel so: „Das sind weder neuer Wein noch neue Schläuche – der war doch von Anfang an dabei. Es ist und bleibt eine Pannenbewerbung, und die Personalie Schwank bürgt dafür“ (Effern, Heiner, Lode, Silke, „Die Argumente sind auf unserer Seite“, in SZ 8.9.20)

Als neues „Gesicht der Bewerbung“ war Kati Witt vorgesehen, die eine Protagonistin der ehemaligen DDR bis zu deren Ende war und blieb und die eine Stasi-Kooperation bis Ende Oktober 1989 pflegte. (Vergleiche auch: „Von Willi Bogner zu Kati Witt“ )

Staatsminister Schneider feiert sich

Schneider verhandelte Anfang September 2010 in den USA über die Nutzung des Golfplatzes in Burgrain bei Garmisch-Partenkirchen, wo das „Snow Village“ geplant war: „Sollte da Eis gewesen sein, ist es gebrochen“, sagte der Herr Staatsminister. (Bogner legt Amt als Geschäftsführer nieder, in br-online 6.9.2010)
Auch diese Variante wurde – wie so viele – umgehend wieder umgeplant und nicht mehr erwähnt.

Schneider intervenierte auch im Garmisch-Partenkirchner Gemeinderat und brachte Bürgermeister Schmid dazu, eine Sommerklausur mit dem Gemeinderat abzuhalten: Die Winterspiele sollten umweltschonend, kostenneutral, zukunftssichernd und identitätserhaltend sein. CSU-Fraktionsvorsitzende Koch sagte: „Das war eine lockere Plauderstunde ohne Beschlusswert“ (Effern, Heiner, Garmischer Lösungsversuche, in SZ 9.9.2010).

Mitte September 2010 verkündete Schneider wieder einmal einen Durchbruch. Das Olympische Dorf soll nur temporär auf dem Gelände des Eisstadions und der Bahnrückbauflächen (Erdgeschoss plus zwei Obergeschosse) errichtet werden. Grüngürtel und Stieranger sollen unangetastet bleiben.

Die Golfplatz-Lösung in Burgrain für das Mediendorf war schon wieder gestorben Die 3700 Journalisten sollen auch nicht mehr in einem Media-Dorf auf dem Grüngürtel untergebracht werden, sondern in der Werdenfelser Kaserne in Murnau (siehe auch weiter unten). Schneider hatte wieder einmal mit Vertretern der Vereine (nicht identisch mit den Grundeigentümern!) verhandelt und behauptete: „Mit diesem Lösungspaket gewinnen alle“ (PM 402 Staatskanzlei 17.9.2010; Holzapfel, Matthias, Durchbruch für Olympia 2018, in merkur-online 17.9.2010; Effern, Heiner, Riedel, Katja, Olympia-Planer sehen sich am Ziel, in SZ 18.9.2010).

Schneider ist „einer, der sich im Maschinenraum der Macht besser zurechtfindet als auf der Kommandobrücke“, schrieb die SZ. (Szymanski, Mike, Auf Augenhöhe hinuntergestiegen, in sueddeutsche.de 24.9.2010)
Das könnte richtig sein: Schneider aus dem Maschinenraum verkaufte seine Politik und verhandelte rein strategisch – allerdings mit den falschen Leuten.

In der SZ vom 18.9.2010 stand der wichtige Satz, dass die Interessengemeinschaft, mit der Schneider verhandelt hatte, „außer dem Vertrauen der Bevölkerung keinerlei Legitimation“ besitze. Denn sie verfüge „über keinerlei Verhandlungsmasse“ (Riedel, Katja, Fragwürdiger Sinneswandel, in SZ 25.9.2010).

Die Verhandlungsmasse, nämlich die Grundstücke, sind nämlich in der Hand der Grundeigentümer, die von einem Rechtsanwalt vertreten werden, der von Schneider nicht kontaktiert wurde: Es handelt sich also um einen klassischen Bluff!

Vergleiche auch: „Gemeinderat von Garmisch-Partenkirchen ignoriert die Grundbesitzer“

Die Strategie von Staatsregierung und DOSB liegt klar auf der Hand:
a) München 2018 bestimmt über fremdes Eigentum, thematisiert dies aber überhaupt nicht.
b) Schneider und München 2018 posaunen in die Welt hinaus, dass nun alles o. k. sei und behaupten, alles sei „in trockenen Tüchern“.
c) Man wartet einfach ab.
d) Man ist froh über jeden Tag, den sich die Grundeigentümer nicht zu Wort melden.
e) Irgendwann stellen die Grundeigentümer richtig, dass es sich um ihren Grund handelt, den sie nicht hergeben möchten.
f) Aufschrei: „Ja warum habt ihr denn nichts gesagt?“ – „Ja, jetzt ist es zu spät.“ – „Jetzt sind schon Millionen geflossen, die verloren wären.“ – „Das geht jetzt nicht mehr: Die Planungen sind zu weit.“ – „Warum habt ihr euch denn  nicht früher gemeldet?“ – „Ihr schadet GaP.“ Usw.
g) Pogromstimmung in Garmisch-Partenkirchen und der deutschen Presse gegen die Grundeigentümer: München 2018 hofft, dass sie diesen Druck nicht aushalten und auseinander dividiert werden.
h) Niemand fragt mehr danach, wer den Druck aufgebaut hat: Der Täter (München 2018) wird wieder einmal zum Opfer.
Die Grundeigentümer sollten deshalb möglichst bald an die Öffentlichkeit gehen.

Garmisch-Partenkirchener Bürger

Unerbittlich teilten sich die hiesigen Bewohner in Befürworter und Gegner. Der Geschäftsführer des Deutschen Eishockey Bundes, Franz Reindl, verwies auf die Zerstörungen durch den Kandahar-Ausbau für die Ski-WM 2011 und sagte: „Das alles kann keiner mehr ungeschehen machen. Deshalb sollte man diese Pisten jetzt auch nutzen.“ Und er wusste, wie die Werdenfelder Wiesen wieder renaturiert werden: „Plane drauf, halber Meter Erde drauf, Rohre rein, Erde drauf, Container drauf. Nach den Spielen kommt das alles wieder weg.“

Der Garmisch-Partenkirchner Förster Axel Doering sagte der Journalistin Geisler: „Die haben hier solche Schweinereien gemacht – und deshalb muss ich für Olympia sein?“ Die versprochenen „Grünen Spiele“ sind für ihn ein „modernes PR-Märchen“.

Der schon erwähnte Landwirt Ignaz Streitel scherzte im September 2010: „Ich bet jeden tag ein Extra-Vaterunser – für unsere Landschaft und gegen Olympia“ (Alle Zitate: Geisler, Astrid, Heu gegen Stadel, in taz.de 16.9.2010) Er schrieb auch am 24.9.2010 in einem Leserbrief im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt: „Statt an ein Olympiagesetz zu denken (Enteignung?), wäre es an der Zeit, die Finanzierung für die olympischen Spiele 2018 zu überdenken. Es wäre lobenswert, Herrn Staatsminister Schneider nicht mit leeren Versprechungen übers Land zu schicken.“ Die CSU könnte durch die Rückgabe der Bewerbung den Staatshaushalt um Milliarden entlasten. Die Kommerzialisierung des Sports gehe zu Lasten der Landwirtschaft und des Fremdenverkehrs, „weil zwei geltungsbedürftige Bürgermeister mit ihrem Anhang trotz der nicht mehr überschaubaren Schulden von Bund, Land und Kommunen die olympischen Spiele 2018 durchsetzen wollen. Die Hauptsponsoren der Finanzierung der Spiele 2018 (ob Flughafen München, Lotto Bayern und so weiter) sind die Steuerzahler.“

Ein Kommentar in der taz sah eine grundsätzliche Kritik an Großprojekten, die nur einer kleinen Klientel dienten: Die Bauern „handeln aus dem gleichen konservativen Impuls wie die Gegner von Stuttgart 21“. Und beide, die Bewohner im „beschaulichen Ländle und im gemütlichen Oberbayern“ würden „nicht mehr auf die Heilsversprechungen aus Politik und Sport“ hereinfallen (Winkler, Thomas, keine Bauernopfer, in taz.de 16.9.2010).

Ausgewählte Gäste bei Sendung des Bayerischen Rundfunks

Am 8. September 2010 organisierte der BR das „Bürgerforum“ aus Garmisch-Partenkirchen. Die Karten für die BR-Veranstaltung konnte man vorbestellen: allerdings anscheinend nur dann mit hinlänglichem Erfolg, wenn man für die Olympischen Winterspiele 2018 war. Viele Gegner bezeugten, dass es plötzlich keine Karten mehr gab oder dass die bestätigte Reservierung „nicht geklappt“ hatte, wie die Organisatoren erklärten.

Die Themen wurden vorab so vorbesprochen, dass der Moderator wusste, wer wie antworten würde und kritische Beiträge ignorieren konnte. Auch bei der Besetzung der Diskutanten gingen die Veranstalter auf Nummer Sicher: Neben Staatsminister Schneider waren auf der Befürworterseite noch Bewerbungschef Bernhard Schwank, Ex-Skirennfahrer Christian Neureuther und Bürgermeister Thomas Schmid; die Gegnerseite wurde allein durch Axel Doering vertreten.

Dazu spielte der Moderator Tilmann Schöberl eine nur für Uneingeweihte ausgeglichene Rolle, die zunehmend eindeutig die Befürworterseite bevorzugte. Da die Auswahl der Zuhörer schon im Vorfeld erfolgt war, sprachen sich dann bei der abschließenden „Probeabstimmung“ plötzlich von 180 Besuchern 160 für die Spiele aus: bei den Tricksereien des BR keine Überraschung.

Schneider versprach etwas, auf das eventuell noch zurückzukommen sein wird: „Wir sagen zu, dass wir den Grüngürtel nicht anrühren werden, dass wir keinen einzigen Landwirt, der sein Grundstück nicht hergeben will, zwingen werden oder versuchen werden, das Grundstück trotzdem zu bekommen.“ (br-online 9.9.2010)
Angesichts auch der im neuen Naturschutzgesetz vom Herbst 2010 verankerten Möglichkeit der Enteignung für Rodel- und Skipisten wird das Ganze doch hinlänglich spannend: ob nämlich letztlich nicht doch zum Instrument der Enteignung gegriffen wird.

Ein langjähriger Garmisch-Tourist warnte: „Es werden vier, fünf Jahre die Touristen systematisch aus dem Ort vertrieben.“ Die Vertreterin des Hotel- und Gaststättenverbandes Jutta Gries erklärte zum wiederholten Mal, dass der Ort zu 80 Prozent vom Tourismus lebt. Als Doering diese Zahl auf sachlich richtige 20 bis 25 Prozent korrigierte, lachte der Saal. Doering nannte den Steuerzahler den „größten Sponsor der Olympischen Spiele“.

Bürgermeister Schmid bestritt das Recht auf ein Rats- oder Bürgerbegehren als „nicht zulässig“. Neureuther sprach sich wie stets vehement für die Spiele auf.

Bürgermeister Schmid versprach sich von 2018 den Wanktunnel – bis 2018!

Einer der Hauptverantwortlichen für die Landschaftszerstörungen durch den Ausbau der Kandahar-Abfahrtsstrecke für die WM 2011, Heinz Mohr, der auch Leiter des Olympiastützpunktes in Garmisch-Partenkirchen ist, sagte: „Ich sehe eine Jahrhundert-Chance für die Jugend des Ortes und der Region.“
Immer wenn den olympischen Wunschdenkern nichts mehr richtiges einfällt, kommen scheinbar hehre Ziele zum Einsatz: Jugend, Weltfrieden, Völkerverständigung. Sieht man näher hin, bewirken die Olympischen Spiele das genaue Gegenteil: Chancenlosigkeit, Verarmung, Konflikte, Nationalismus.

(Hoffmann, Nadja, Probeabstimmung pro Olympia, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 9.98.2010; Bewerbung um Winterspiele spaltet einen Ort, in sueddeutsche.de 9.9.2010; Die Bedenken bleiben, die Diskussion geht weiter, in br-online 9.9.2010)

Vertrauen ist gut, IOC-Kontrolle besser

Mitte September 2010 wurde bekannt gegeben, dass die IOC-Evaluierungskommission unter Führung der Schwedin Gunilla Lindberg (IOC-Vizepräsidentin von 2004 bis 2008) mit sechs Kollegen und vier Beratern zwischen dem 27. Februar und dem 5. März 2011 nach München und zu den Austragungsorten in Oberbayern kommen wird. Angela Ruggiero kommt als Athletenvertreterin des IOC, Dwight Bell für die Wintersportverbände und Tsunekazu Takeda als NOC-Repräsentant. Transport-Experte Philip Bovy wird die Verkehrsangaben testen, Simon Balderstone die Umweltangaben, John McLaughlin die Finanzen.

Der Besuch soll fünf Tage dauern. Die offiziellen Besuchsdaten sind mit Vorsicht zu genießen: Bei der Bewerbung Salzburg 2014 reiste Philip Bovy zwei Tage früher als angegeben an.

Die Eckdaten der Bewerbung wurden Anfang September 2010 von der Bewerbungsgesellschaft in Lausanne vorgestellt: Die Ausgaben sollen bei 1,181 Milliarden Euro liegen, wovon 430 Millionen Euro vom IOC kommen würden. Detailliertere Zahlen wurden nicht verraten. (Olympia 2018: Zahlt das IOC 430 Millionen Euro für die Winterspiele, in merkur-online 10.9.2010; Olympia-Detektive: Die tz erklärt die IOC-Prüfungskommission, in merkur-online 15.9.2010)
Die auf den ersten Blick machbar erscheinende Summe bildet ein altes Konzept dieser, aber auch aller anderen Bewerbungen ab. Man beginnt mit niedrigen Summen, um nicht die realistischen finalen Größenordnungen zu verraten. Teurer wird es dann sowieso.

Lotto Bayern spielt mit

Die Sportmarketing-Agentur „pilot sport“, welche die Kampagne der Bewerbungsgesellschaft betreut, wurde am 10.9.2010 als „Nationaler Ausstatter“ vorgestellt: Sie soll „die Begeisterung für München 2018 in die Bevölkerung“ tragen. (München 2018, PM 10.9.2010)
Scheint ein eher zäher Prozess zu sein, die Begeisterung!

Und am 17. September 2010 präsentierte die Bewerbungsgesellschaft München 2018 stolz Lotto Bayern, ein rein staatliches Unternehmen, als neuen nationalen Förderer der Bewerbungsgesellschaft München 2018 mit zwei Millionen Euro.

Lotto-Chef Erwin Horak stellte fest: „Der Funke ist noch nicht übergesprungen“: Deshalb sollen die 3800 Lottokioske in Bayern zu „Olympia-Informationsstellen“ werden und die neun bayerischen Spielbanken für Empfänge und Events zur Verfügung stehen. (Lode, Silke, Glück und Geld, in SZ 18.9.2010)

München-2018-Aufsichtsratsvorsitzender Michael Vesper sagte dazu: „Trotz Finanzkrise ist es gelungen, einen weiteren Partner hinter der Bewerbung zu versammeln. Das zeigt, dass die Wirtschaft zu der Bewerbung steht“ (SZ 15.9.2010).

Als ihm der bayerische Grünen-Vorsitzende Dieter Janecek vorwarf, dass mit den Geldern der Lottogesellschaft Steuermittel in die Bewerbung fließen würden, entgegnete Vesper: „Nein, das kommt aus dem Werbeetat. Das ist das Geld der Lottospieler.” (AZ 17.9.2010)
Nach zehn Jahren als Minister kennt man natürlich alle Taschenspielertricks. Wahrer werden die Aussagen dadurch allerdings nicht.
Nie vergessen: Der größte Sponsor der Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018 in München ist schon jetzt der Steuerzahler. Und ein Zuschlag am 6. Juli 2011 würde unbezahlbar.

Vergleiche auch:
https://www.nolympia.de/2010/09/lotto-bayern-wie-es-leibt-und-lebt/ und
https://www.nolympia.de/2010/07/olympische-kohle-munchen-2018-2/

Kurz danach zeigten zwei „juristisch versierte“ Olympiakritiker die Stadtsparkasse, den bayerischen Sparkassen- und Giroverband, den Flughafen München, die staatliche Lottogesellschaft, die Stadtwerke München und die Messe München wegen des Vorwurfs der Vorteilsannahme bei der Staatsanwaltschaft München I an. (Strafanzeige vom 20.9.2010 an Staatsanwaltschaft München I; Hutter, Dominik, Olympia-Kritiker zeigen Sponsoren an, in SZ 22.9.2010). Im Dezember 2010 teilte die Staatsanwaltschaft München I mit, dass kein Strafverfahren eingeleitet würde, da die Verdachtsmomente für ein Strafverfahren wegen Untreue nicht ausreichten (Olympia-Sponsoring – rechtlich unbedenklich, in sueddeutsche.de 23.12.2010).

Auf Anfrage von MdL Ludwig Hartmann teilte die Staatskanzlei im November 2010 zu Geld- und Sachleistungen mit: Geldleistung 2,0 Millionen Euro brutto; Sachleistungen: a) Nutzung der Spielbank Garmisch-Partenkirchen für bis zu fünf Veranstaltungen inklusive Catering, b) Anzeigenschaltungen sowie Platzierung von redaktionellen Beiträgen im Kundenmagazin „Spiel mit“ von Lotto Bayern, c) Integration in sämtliche Marketingdisplays in allen Lotto-Annahmestellen, d) Nutzung der Lotto-Annahmestellen als Kommunikationsplattform. (Ludwig Hartmann, Anfrage Nationale Förderer und Ausstatter der Bewerbung vom 20.10.2010, Antwort Staatskanzlei 25.11.2010)

Konkret wurde jeder Lottoladeninhaber von Lotto Bayern aufgefordert, ab 1.12.2010 jedem Lottospieler einen Ansteck-Button mit dem Signet München 2018 zu überreichen und im Laden ein Poster mit dem Motiv München 2018 aufzuhängen.
Olympisches Glücksspiel kann süchtig machen!

Nolympia München bei Streetlife

Zwei Tage – am 11. und 12.9.2010 – organisierte Nolympia München einen Stand auf dem Streetlife-Festival. Infos, Unterschriftenlisten und ein ausführliches Hintergrundpapier fanden viel Resonanz. Die Vorsitzende der Grünen Jugend München, Katharina Schulze und Christian Hierneis vom BN München stellten fest, dass die Münchner Bevölkerung nicht hinter der Bewerbung stehen würde (PM Grüne Jugend 13.9.2010).

Vgl. auch: https://www.nolympia.de/2010/09/olympia-planungen-in-munchen/

Olympisches Dorf, neu

Bei einer öffentlichen Diskussion am 15.9.2010 im Alten Rathaus wurde vom Planungsreferat der Wettbewerb für das zweite Olympische Münchner Dorf vorgestellt, der bereits seit Frühsommer 2010 läuft. Anfang Dezember 2010 sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden. Das Planungsreferat ließ ein großes Modell der olympischen Anlagen bauen. Bauherr wird die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG sein. Die Planer schwärmten von der Vergrößerung des Olympiaparks in den Park der Bundeswehr.

Ein Zuhörer fragte nach den Planungen zum gesamtstädtischen Verkehrs- und Mobilitätskonzept und bekam nur dürftige Antworten seitens der Stadt. „Daher fragen sich selbst bislang erklärte Befürworter der Bewerbung: Wo ist der Nutzen, den Olympia 2018 gesamtstädtisch bringen wird?“ (Außmann, Yvonne, Im Dezember wird geklärt, wie das Olympische Dorf aussehen soll, in Münchner Forum, Online-Magazin, Standpunkte 10/2010)

Münchner Kreml-Spuren

Wie auf der website www.Nolympia.de mehrfach beschrieben, legt das IOC Wert auf eigene Straßen-Fahrspuren (Olympic lanes), die für die „Olympische Familie“ abgesperrt werden. Eigens geplant ist der vierspurige Ausbau des Föhringer Rings für 13 Millionen Euro, der für die ungestörten Fahrten der „Olympischen Familie“ vom Flughafen zu ihren Hotels im Arabellapark dienen soll – über die so genannten absperrbaren „Kremlspuren“. Insgesamt sind in und um München 380 Kilometer absperrbare Fahrspuren geplant. Entgegen der Behauptungen von Anna Lena Mühlhäuser von der Bewerbungsgesellschaft, dass nur unmittelbar vor oder nach den Veranstaltungen abgesperrt würde, steht im „Leitfaden zur Erarbeitung der Bewerbungsdokumente (Bid Books)“, Kapitel IOC-Fragen wörtlich: „An Olympic lane is a continuous directional road lane dedicated to designated Olympic traffic during 15 hours or more per day”:

Also mindestens 15 Stunden pro Tag und keinesfalls nur zu den Veranstaltungen. Betroffen sind nach den Unterlagen der Bewerbungsgesellschaft der Mittlere Ring sowie Ludwig- und Leopoldstraße in beiden Fahrtrichtungen in München, die Autobahn A 95 nach Garmisch-Partenkirchen, die A 8 bis zum Inntaldreieck sowie die Autobahnen von München zum Flughafen mit jeweils einer gesperrten Spur in beiden Richtungen. Der gesamte Verkehr wird also täglich auch in der Stoßzeit erheblich beeinträchtigt: Berufspendler und Besucher würden sich auf lange Staus einzurichten haben. (Hutter, Dominik, Freie Fahrt für Olympia, in SZ 3.9.2010; Olympische Familie, Offizielle und Medienvertreter, Fachkommission Umwelt, 31.7.2010, S. 62) Vgl. dazu auch: https://www.nolympia.de/2010/09/olympia-planungen-in-munchen/

Deutscher Naturschutzring (DNR) verlässt die Fachkommission Umwelt
Seit Sommer 2009 verließen die Fachkommission Umwelt der Bewerbungsgesellschaft die Umweltverbände Bund Naturschutz, Mountain Wilderness, CIPRA Deutschland und der Verein zum Schutz der Bergwelt. Am 13.9.2010 veranstaltete der DNR, eine Dachorganisation mit 96 Mitgliedsverbänden, eine Pressekonferenz in Berlin, auf der DNR-Vizepräsident Prof. Hartmut Vogtmann, DNR-Präsidiumsmitglied und stellvertretender BN-Vorsitzender Sebastian Schönauer und der DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen den Austritt aus der Fachkommission Umwelt von München 2018 bekannt gaben. In der Einladung stand schon der Satz: „Die Visionen von umweltverträglichen Olympischen Winterspielen 2018 sind gescheitert.“ – „Natur- und Landschaftszerstörung im Oberland in Zeiten des Klimawandels, fehlende Transparenz und explodierende Kosten, für all das steht inzwischen München 2018“, kritisierte Sebastian Schönauer. Und Helmut Röscheisen listete auf: „Schlimm sind vor allem die vorgesehenen und teilweise bereits erfolgten Eingriffe beim Ausbau der Kandahar-Abfahrt und der Weltcup-Strecke Gudiberg mit ihren besonders geschützten Biotopen“ (Presseinformation 13.9.2010). Hartmut Vogtmann kritisierte die Bewerbungsgesellschaft, „die überhaupt keine Ahnung hat“.

DOSB-Generaldirektor Michael Vesper gab sich überrascht: „Die Gründe verstehe ich nicht“ und beschloss: „Das ist wohl eine politische Stellungnahme.“ Er bezeichnete München 2018 als „ehrgeizigstes Umweltkonzept, das es in den letzten Jahren bei Olympia-Bewerbungen gegeben habe“. („Eingriffe in die Umwelt zu groß, in SZ 13.9.2010; Naturschutzring steigt aus, in weltonline 13.9.2010; Lesch, Andreas, „Sie können ja nicht unter der Erde Ski fahren“, in Berliner Zeitung 14.9.2010; Geisler, A., Grün gewaschene Winterspiele, in taz.de 13.9.2010)

Michael Müller, der Vorsitzende der Naturfreunde, kündigte Mitte September 2010 ebenfalls den Ausstieg seiner Organisation an; dieser Ausstieg erfolgte dann aber im weiteren nicht offiziell.

Der Landesbund für Vogelschutz (LBV)stellte der Bewerbungsgesellschaft ein Ultimatum: Nur wenn ein weitreichender Schutz der Bergwelt und Moore garantiert werde, könne sich der LBV weiter engagieren. Ludwig Sothmann betonte, dass der LBV nie für die Winterspiele war und den Ausstieg des DNR voll mittrage.
Das war sehr tricky vom LBV: Sich fast schon als Gegner der Winterspiele zu positionieren wie in der PM vom 13.9.2010: „Der LBV ist kein Befürworter der olympischen Spiele im Alpenraum“, und gleichzeitig in der Fachkommission Umwelt bei der Vorbereitung und Durchführung der Spiele mitzuarbeiten.

(LBV setzt Frist für den DOSB, PM 13.9.2010; Bund für Vogelschutz droht Olympia-Planern, in SZ 14.9.2010; Effern, Heiner, Neuer Rückschlag für Olympia 2018, in SZ 16.9.2010)

Falls auch der LBV die Kooperation beendet, wäre der DAV der letzte Naturschutzverband, der München 2018 unterstützen würde – und deshalb war er für den DOSB so wichtig.

Umgehend veröffentlichte der DAV eine Pressemitteilung am selben Tag des DNR-Austritts, dem 13.9.2010. „München 2018: Gute Chancen auf umweltverträgliche Winterspiele“ – der DNR wurde darin nicht erwähnt. DAV-Hauptgeschäftsführer Urban äußerte: „Wir sind von der Aktion nicht nur überrascht, sondern auch irritiert“ (Tokarski, Janine, Naturschützer sind sich nicht grün, in merkur-online 17.9.2010) Zwei Tage später protestierte der Hauptgeschäftsführer des DAV, Thomas Urban, offiziell beim DNR-Präsidium und drohte: „Abhängig von Ihrer Antwort erwägen wir weitere Schritte, z.B. einen entsprechenden Antrag an die Mitgliederversammlung.“ Auch der Interimsvorsitzende Ludwig Wucherpfennig unterschrieb den Brief.
Falls Urban den selben Weg gehen würde wie beim eigenen Verein DAV, müsste er das DNR-Präsidium abwählen lassen. Siehe auch: https://www.nolympia.de/2010/10/der-dosb-der-dav-und-der-schnee-von-morgen) Ende November 2010 wird das Thema München 2018 erneut im DNR-Präsidium verhandelt. Der Münchner OB Ude hat sich angekündigt; Themen sind Unterstützung des DAV-Projektes und des LBV. Schließlich geht es auch und immer um Geld.

Die Bewerbergesellschaft München 2018 bedankte sich in einer PM vom 13.9.2010 beim DNR für die Zusammenarbeit. Vesper ging explizit auf den DAV ein: „Wir freuen uns, dass auch nach dem Ausstieg des Dachverbandes DNR u. a. sein Mitgliedsverband, der Deutsche Alpenverein an unserem Umweltkonzept konstruktiv mitarbeitet.“

Der bayerische Grünen-Vorsitzender Dieter Janecek bezeichnete den DAV als „letzten Mohikaner, der im Gleichklang mit dem Deutschen Olympischen Sportbund seine Verlautbarungen herausgibt“ (Tokarski 17.9.2010).

Die Lüge mit den falschen Mehrheiten

Auch im September 2010 gelang es der Bewerbungsgesellschaft München 2018, eine hingetrickste „Mehrheitsmeldung“ in die Medien zu lancieren. Der Sportinformationsdienst (SID) ließ durch das Dortmunder Marktforschungsinstitut „Promit“ 1202 Personen zur Olympiabewerbung befragen: 78,3 Prozent seien dafür, lautete das gewünschte Ergebnis. Allerdings ist auf der Website von promit unter quickCheck nachzulesen, dass bei dieser Umfrage „rund 1.200 repräsentativ ausgewählte sport und/oder fußballinteressierte Personen ab 14 Jahren“ befragt werden. Jeder Statistiker wird einer solchen Umfrage angesichts der bewusst verzerrten Auswahl der Grundgesamtheit Unseriosität attestieren. SID, DOSB und promit haben natürlich ein Interesse, die Zustimmungsraten möglichst hoch zu tricksen.  (Klare Mehrheit für Olympia-Bewerbung, in SZ 16.9.2010; Bevölkerung unterstützt Münchens Olympia-Bewerbung, in zeitonline 15.9.2010)

Der Chef der Bewerbungsgesellschaft München 2018, Bernhard Schwank, verwendete die Zahlen in einem Interview mit dem Münchner Merkur am 16.10.2010. Er nannte Zustimmungswerte von 76 Prozent für München und zwei Drittel der Befragten in Garmisch-Partenkirchen sowie “bundesweit knapp unter 80 Prozent” und bezog sich unverfroren auf den Sportinformationsdienst und seine getrickste Umfrage. (Olympia-2018-Chef: “Ich sehe keinen Widerstand mehr”, in merkuronline 16.10.2010) Vergleiche auch: https://www.nolympia.de/2010/09/vorsicht-mit-statistiken-die-man-nicht-selbst-gefalscht-hat/

Untersuchungsausschuss Salzburg

Bereits im September 2009 wurde bekannt, dass im Zug der Ermittlungen zur Salzburger Bewerbung 2014 gegen den Strategieberater Erwin Roth, gegen den Generalsekretär und Intimus von Franz Beckenbauer, Fedor Radmann und dessen Nachfolger Gernot Leitner und Rudolf Höller die Staatsanwalt ermittelt.

Roth soll monatlich 13.000 Euro erhalten haben. Radmann soll 150.000 Euro gefordert haben. (Fedor Radmann räumt Provisionen ein, in Berchtesgadener Anzeiger 9.9.2010)

MdL Ludwig Hartmann besuchte als Beobachter im September den Salzburger Olympia-Untersuchungsausschuss und sah einige Parallelen zur derzeitigen Bewerbung München 2018. Jeweils zwei Geschäftsführer gingen. Die Salzburger Kosten lagen zunächst bei sieben, später bei zehn Millionen Euro. München 2018 begann mit 30 und liegt derzeit bei 33 Millionen Euro. Und die Bevölkerung begeistert sich nicht.

Sponsoren rechneten hohe Sachleistungen ab. Die Salzburger Wirtschaftskammer deklarierte von einer halben Million Zuschuss 400.000 Euro als Sachleistung. Laut Ausschussvorsitzender Astrid Rössler (Grüne) sei die monetäre Bewertung der insgesamt eineinhalb Millionen Euro Sachleistungen durch Sponsoren schwer einzuschätzen.

Die Sponsorenmillionen wurden zwischen der Salzburger Bewerbungsgesellschaft und dem Wiener Förderverein verschoben: Die großen Beträge sollten nach Wien fließen und waren der Kontrolle entzogen, die kleinen gingen an Salzburg 2014. (Olympia-U-Ausschuss, Zweifel an Sponsoren, in Kleine Zeitung.at 21.9.2010)

300.000 Euro soll der österreichische Ex-ÖSV-Trainer und die Hauptfigur im Doping-Skandal bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin, Walter Mayer, bekommen haben, damit er eine eingereichte Klage gegen IOC-Präsident Jacques Rogge zurückziehen würde. Der Anwalt des Ex-Geschäftsführers Rudi Höller sagte im Untersuchungsausschuss: „Eine Olympiabewerbung sei mit der Tätigkeit in einem normalen Unternehmen nicht vergleichbar“ (Pfeiffenberger, Alfred, Salzburg: Olympischer  Selbstbedienungsladen, in Salzburger Nachrichten 23.9.2010). Insgesamt wurden auf das Wiener Geheimkonto über fünf Millionen Euro einbezahlt.

Drei der acht bisher bekannten Berater Münchens standen 2006 übrigens im Dienst der Salzburger Skandal-Bewerbung. Hartmann sagte: „Man kommt sich wirklich so vor, als würden die von einer zur nächsten Baustelle ziehen – mit ihren immensen Honoraren“ (Olympia: Millionen hin- und hergeschoben, in salzburg.orf.at 22.9.2010)

8,8 Millionen Euro wurden schon bis Mitte September 2010 an die Berater von München 2018 ausbezahlt. (Hilfe für bayerische Olympia-Gegner, in derStandard.at. 21.9.2010)

Anfang Oktober 2010 war bei der Salzburger Olympiaaffäre die Zahl der Verdächtigen auf neun gestiegen: Es handelt sich um die drei früheren Geschäftsführer Fedor Radmann, Gernot Leiter und Rudolf Höller, den Ex-ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth und Strategieberater Erwin Roth, den ehemaligen ÖOC-Präsident Leo Wallner (noch immer IOC-Mitglied), zwei ehemalige ÖOC-Kassiere  und die frühere Stellvertreterin von Jungwirth (Olympiaaffäre: Neun Verdächtige, in Salzburger Nachrichten 2.10.2010).

Fedor Radmann, Intimus von FIFA-Exekutivmitglied Franz Beckenbauer, war inzwischen dick im Geschäft für die australische Bewerbung um die Fußball-WM 2011 (Kistner, Thomas, Perlen für den Vorstand, in SZ 3.7.2010).

Die Vorsitzende des Salzburger Landtags-Untersuchungsausschusses, Astrid Rössler, schrieb Anfang Oktober 2010: „Nach den Erfahrungen in hier Salzburg hat eine Olympiabewerbung so viele Risiken, nicht nur finanzielle, dass man nur sagen kann: Hände weg! Ich empfinde die Strukturen beim IOC als geradezu mafiös, verbunden mit einem wahren Privilegienstadel. Bei den Bewerbungen zieht offensichtlich ein Beraterheer von Stadt zu Stadt, die alle scheinbar ehrwürdigen Organisationen entstammen und sich im Dunstkreis des IOC zu einem höchst dubiosen Wirtschaftsgefüge mischen und ihre Eigeninteressen verfolgen“ („Hände Weg!“ in SZ 2.10.2010).

Mitte Oktober 2010 warf ein Gerichtsgutachten sowohl der Salzburger Bewerbungsgesellschaft als auch dem Förderverein vor, „dass Geld mit vollen Händen ausgegeben zu haben, obwohl beide Institutionen immer klamm waren“ (Politiker schuld an Olympia-Sumpf, in chiemgau-online 26.10.2010).

Junge Union Garmisch-Partenkirchen

Am 16.9.2010 veranstaltete die Junge Union eine Podiumsdiskussion zu München 2018 mit Jochen Färber und Steffi Klein (Kommunikationsdirektor und Sportdirektorin München 2018), dem Sportjournalisten Jens Weinreich und dem Salzburger Olympiakritiker Willi Rehberg. Im Saal waren die Olympia-Skeptiker eindeutig in der Überzahl.

Thomas Grasegger (CSU), der Sprecher der Interessengemeinschaft der neun Vereine, jubilierte über seine Gespräche mit Staatskanzlei-Minister Schneider: „Wir haben mehr als 100 Prozent von dem erreicht, was wir gefordert haben“ (Reinbold, Peter, Viel Emotionen, wenig Fakten, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 18.9.2010). Auch auf dieser Veranstaltung warb der Hauptverantwortliche für den Kandahar-Ausbau WM 2011, Heinz Mohr, für die Spiele 2018.

Die Junge Union sprach sich dann vor der Abstimmung im Garmisch-Partenkirchner Gemeinderat am 6.10.2010 gegen die Bewerbung München 2018 aus.

Die CSU Garmisch-Partenkirchen veranstaltete am 30.9.2010 eine Informationsveranstaltung „Der Weg zum aktuellen Olympia-Konzept“. Auf Powerpoint-Sheets wurde erklärt, warum sich die hiesige CSU vom Gegner zum Befürworter entwickelte: (angeblich) keine Kosten für die Marktgemeinde, Absicherung eines Defizits etc. Dazu kommt, dass die Medaillenvergabe nicht ausschließlich in München, sondern auch in Garmisch-Partenkirchen stattfinden soll. Oberbürgermeister Ude wertete dies großzügig als „freundliches Zeichen in Richtung Garmisch-Partenkirchen“ (Lode, Silke, Effern, Heiner, Chancen für Olympia steigen, in SZ 21.9.2010). Bei der Abstimmung im Garmisch-Partenkirchner Gemeinderat Anfang Oktober 2010 werden dann trotzdem drei CSU-Vertreter für und drei gegen die Bewerbung stimmen.
Ein nicht unwesentlicher Effekt: Die olympische Bewerbung erzeugt in hohem Maß sozialen Unfrieden: Die CSU in Garmisch-Partenkirchen ist gespalten, ebenso die Grüne Partei (Landesverband, Landesdelegiertenversammlung und Münchner Stadtverband sind dagegen, Grüne Münchner Stadträte dafür). Beim DAV wurde der auf Naturschutz bedachte Präsident Prof. Heinz Röhle weggemobbt. Die Umweltverbände Bund Naturschutz, Mountain Wilderness, CIPRA Deutschland, Verein zum Schutz der Bergwelt und DNR sind gegen die Bewerbung, DAV und LBV sind dafür.
Dabei behauptet die olympische Bewegung, sie sei eine Friedensbewegung!

Olympiapark und Bundeswehrgelände München

Das derzeitige parkähnliche Gelände der Bundeswehr im Südwesten des Olympiaparks wurde 1967/77 für 180 Millionen DM bebaut und preisgekrönt. Auf 18 Hektar wurden feingliedrige Bürogebäude errichtet, die vom damaligen Stadtbaurat Uli Zech als „bestes Büroquartier Münchens“ bezeichnet wurden.

Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung führte im Rahmen der Bewerbung München 2018 für das Olympische Dorf und das Mediendorf eine Untersuchung bezüglich des Bewuchses durch. Eine Aufstellung vom 28.9.2010 ergab, dass insgesamt 2630 Bäume gefährdet wären (davon 108 sehr erhaltenswert und 1594 erhaltenswert) sowie 14784 Quadratmeter flächige Gehölzbestände (davon 4652 Quadratmeter erhaltenswerte).

Ende September 2010 billigte der Planungsausschuss des Münchner Stadtrats das Konzept für die neuen Bauten und Grünflächen im Rahmen München 2018. Betroffen sind:

–  die Montessori-Schule, die seit etwa dreißig Jahren dort ist und damals eine Million Mark für die Gebäude bezahlte, deren Eigentümer das Land Bayern ist. Sie will ihren Standort nicht aufgeben (Henzler, Claudia, Montessori-Verein lehnt Umzug kategorisch ab);
– das Tollwood-Gelände, das eventuell an die Moosacher Straße umziehen soll (aus dem Tollwood-Umfeld war bislang wenig zu hören – OB Ude ist schließlich Schirmherr);
– die Sportanlagen des FC Teutonia;
– die Tierklinik und
– das Theaterzelt „Das Schloss“.
– Auch ein Wohnhaus mit 80 Wohneinheiten an der Hedwig-Dransfeld-Allee soll abgerissen werden. Laut Schreiben der Münchner Stadtbaurätin Merk und München-2018-Chef Willy Bogner „wird es einen adäquaten Neubau innerhalb des Geländes geben“ (Schreiben vom 3.9.2010).

Was dann letztlich wo bleiben soll, war vorerst ungeklärt. Grundsätzlich soll ein Verbleib der genannten Institutionen im Olympiapark ermöglicht werden, aber Oberbürgermeister Ude forderte von ihnen umgehend eine „erforderliche Flexibilität“.

Für die Bundeswehr-Gebäude, die in den letzten sieben Jahren für 8,75 Millionen Euro saniert wurden, müssten als Ersatz hohe Bauten an der Dachauerstraße für 120 Millionen Euro errichtet werden.
Das sind alles Kosten, die nicht im offiziellen OCOG-Budget auftauchen, sondern im Non-OCOG-Budget: übrigens überflüssige und sinnlose Kosten. Völlig intakte Gebäude würden abgerissen.

Für das Olympische Dorf 2018 haben Stadt und Land schon einen internationalen Wettbewerb ausgeschrieben, dessen Preisgericht Ende November 2010 tagen wird. Die 880 Wohnungen, die von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften GWG und Gewofag gebaut würden, sollen nach den Spielen dem Münchner Mietmarkt zur Verfügung stehen.

(Patzig, Johannes, München plant: Der Olympiapark der Zukunft, in merkur-online 21.9.2010; Schmidt, Rainer, Leserbrief in der SZ vom 20.9.2010; Hutter, Dominik, Renoviert für den Abriss, in SZ 1.9.2010; Kur für den Park, in SZ 22.9.2010; Tollwood bleibt im Olympia-Park, in tz-online 29.9.2010; Stadtrat billigt Olympiapark-Konzept, in SZ 30.9.2010)

Dabei würde es mit Sicherheit beim Olympischen Dorf München 2018  laufen wie in Vancouver, wo nach den Olympischen Winterspielen 2010 auch Miet- und Sozialwohnungen geplant waren: Da Vancouver durch die Spiele fast pleite ist, wurden daraus inzwischen teuere Eigentumswohnungen.
Bislang stand das Bundeswehrgelände der Öffentlichkeit zur Verfügung: was kaum ein Münchner Stadtrat wusste. Die meisten Stadträte kannten das Gelände nicht und fanden es auch nicht nötig, sich zu informieren. Bedingt durch das Attentat bei den Olympischen Spielen in München 1972 würde das Gelände zum Hochsicherheitstrakt. Und nach den Spielen würde mit Sicherheit von den neuen Wohnungseigentümern ein umgrenzender Zaun gefordert, um den Besitz vor unbefugten Besuchern abzuschirmen.

Architekten und Planer zu München 2018: Die Skepsis überwiegt

Am 15.9.2010 fand im Rahmen der „Münchner Zukunftsreihe“ (Schirmherr: Christian Ude) eine Podiumsdiskussion zum Thema „München 2018 – Chancen für die Stadtentwicklung“ im Alten Münchner Rathaus statt. Die Ausführungen der Architekten und Landschaftsplaner zeigten, dass kein Vergleich zu München 1972 zu ziehen sei: München sei eine fertige enge Stadt, das Olympia-Areal keine leere Fläche mehr, die Vorgaben des IOC bezüglich des Olympischen Dorfes rigide. Am Ende würde wenig Kreatives übrig bleiben. Das gerühmte Plusenergiedorf wird ab 2020 in der EU ohnehin Standard. „Das Wort Nachhaltigkeit stehe bei allen Olympischen Spielen im Vordergrund, werde dann aber nur zu ganz kleinen Teilen umgesetzt“ (Riedel, Katja, „Am Ende bleibt wenig Kreatives übrig“, in SZ 17.9.2010).

Georg Grill schrieb in einem Leserbrief in der SZ vom 27.9.2010: „Die wahren Interessenten sind neben der Bauindustrie wohl eher Politiker wie der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude… Wer sonst noch Interesse an diesem Großspektakel hat, ist aus der Liste der Sponsoren für die Bewerbung zu ersehen.“

Münchner Grüne und Münchner Grüne Stadträte

Die Münchner und bayerischen Grünen protestieren gegen München 2018; die Münchner Stadträte sind geschlossen für München 2018. Die Berliner Parteispitze schweigt. Und die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth sitzt im Kuratorium München 2018; sie soll den bayerischen Grünen-Vorsitzenden Dieter Janecek „abgebürstet“ haben, als DOSB-Generaldirektor und Grünen-Mitglied Michael Vesper aufforderte, während der Bewerbung die Parteimitgliedschaft ruhen zu lassen. (Hartmann, Grit, „Ja, liebe Frau Roth, ich wollt Sie mal fragen…“, dradio.de 4.9.2010;

Dieter Janecek kündigte einen „heißen Herbst“ an, da die Stadtversammlung der Grünen am 4.10.2010 ein zweites Mal über die Bewerbung abstimmen wird. Münchens Grünen-Chef Nikolaus Hoenning prophezeite Anfang September 2010, das es keine Mehrheit mehr geben würde. Die Vorsitzende der Grünen Jugend München, Katharina Schulze, fand die Zustimmung der grünen Stadträte „total peinlich“ und kündigte den Antrag zum Ausstieg aus der Bewerbung an. (Kristlbauer, Matthias, Olympia 2018: Heißer Herbst um Winterspiele, in merkur-online.de 10.9.2010)

Der Sportredakteur der taz, Andreas Rüttenauer schrieb: „Die Olympiabewerbung stürzt manche Grüne in längst vergessene Gewissenskonflikte: Darf man autobahnähnliche Umgehungsstraßen, die durch ein enges Alpental führen, als ‚nachhaltig’ feiern, nur weil das olympische Dorf in Niedrigenergieweise errichtet wird? Sind zubetonierte Weidewiesen kein Umweltverbrechen mehr, wenn darauf nur noch Hybridautos parken? Und ist die Rodung von Bergwäldern zum Ausbau der Skipisten nur noch halb so schlimm, wenn zugleich ein Ökoinstitut entsteht, in dem der Schaden für die Bergwelt wissenschaftlich dokumentiert wird? … Die grünen Olympiafreunde sind dabei, einer völlig intransparenten und immer wieder auch korrupten Sportorganisation wie dem Internationalen Olympischen Komitee eine Bühne für ihre Milliardengeschäfte zu zimmern.“ (Sündenfall Winterspiele, taz 22.9.2010)

Olympisches Oktoberfest und Sicherheit:

Die Straßenzüge des äußeren Sperrrings um das Oktoberfest werden inzwischen während der Dauer komplett gesperrt. Erstmals 2010 sollen an den Eingängen zum Oktoberfest selbst 50 tonnenschwere Betonsäulen verhindern, dass Terroristen mit bewaffneten Fahrzeugen auf den Festplatz gelangen können. (Anlauf, Thomas, Das Sicherheitsnetz zieht sich zusammen, in sueddeutsche.de 9.9.2010)
Man kann sich die Sicherheitsmaßnahmen der „freundlichen“ Olympischen Winterspiele München 2018 förmlich vorstellen.

Am 18.9.2010 zapfte OB Ude wie seit Jahrhunderten das erste Fass an – diesmal allerdings fand er es opportun, ein Hemd mit dem Signet von München 2018 auf dem Bauch und am Oberarm zu tragen (Impressionen vom Oktoberfest, in sueddeutsche.de 18.2010).

Einige Tage danach feierten mehr als 30 Olympiateilnehmer einen „Wiesn-Stammtisch“ der Deutschen Olympischen Gesellschaft im Armbrustschützenzelt, um über die Bewerbung München 2018 zu reden (Fuchs, Florian, So schön  könnt’s sein, in SZ 24.9.2010).

Die olympische Immo-Welt 2018

22 Unternehmen der Immobilienbranche, Baufirmen, Bauträger, Makler, Architekten und Projektentwickler schlossen sich im September 2010 in München zur Initiative „Immo 2018“ zusammen, um „die Bewerbung ins Münchner Stadtbild zu integrieren“ (Direktor Kommunikation München 2018) und wurden für 220.000 Euro „Nationaler Ausstatter“. Dabei sind u. a. die Baufirmen Bayerische Hausbau, BaywoBau, GBW AG, Hammer AG, Hochtief, Südhausbau, Wöhr + Bauer sowie Aurelis (soll auch die Bahn-Grundstücke für das „Snow-Village“ in Garmisch-Partenkirchen verkaufen), Drees & Sommer, Hines, Investa, Steinlein Werbeagentur plus zehn weitere einschlägige Unternehmen.

Aber Baufirmen engagieren sich nicht aus barmherzigen Gründen: Baufirmen zählen global zu den Profiteuren Olympischer Spiele. Und an den Austragungsorten steigen die Quadratmeterpreise und die Mieten.

Elf großformatige Plakate zwischen 20 und 570 Quadratmeter mit dem Bild des Skirennfahrers Felix Neureuther wurden in der Stadt drapiert, um endlich die olympische Begeisterung der Münchner zu wecken. Normalerweise handhabt die Münchner Lokalbaukommission Werbung im öffentlichen Raum sehr restriktiv: Alles über einem Quadratmeter muss genehmigt werden. „Doch ein Machtwort Udes und das Argument, Olympia 2018 sei ein Ereignis von internationaler Bedeutung, überzeugte die LBK“ (SZ 20.10.2010).
So einfach geht das manchmal: nicht unbedingt demokratisch, aber das hohe Ziel München 2018 soll wohl die Mittel rechtfertigen.

(München 2018: Pressemeldung: München 2018 riesig plakativ; Weidner, Ingrid, Werben für Olympia, in SZ 20.10.2010; Zitate aus den Websites der Unternehmen)

Vergleiche auch: https://www.nolympia.de/2010/11/die-olympische-immo-welt-2018/

Neues Mediendorf, kaserniert

Als neueste Variante sollte das Mediendorf für Journalisten (ehedem im „Schnee-Park in Garmisch-Partenkirchen geplant) nun auf dem Gelände der Werdenfelser Kaserne in Murnau temporär errichtet werden. Bekannt wurden die Pläne, weil ein Fernsehteam die Kaserne von außen filmte. Auch der Kasernenkommandant Ingo Handschuh war völlig überrascht: „Ich betone, dass solche Gespräche oder Planungen weder mit mir noch mit dem zuständigen Standortältesten geführt worden sind.“

Der Murnauer Bürgermeister Michael Rapp (CSU) merkte an, dass sein Ort nur ins Spiel gebracht worden war, weil die Verhandlungen in Garmisch-Partenkirchen gescheitert waren: „Wir haben uns nicht freiwillig gemeldet.“
Weder Bürgermeister noch Gemeinderat noch Kasernenleitung wussten etwas davon: wieder ein glänzendes Beispiel für die angeblich so transparente Planung von München 2018.

Auch der Seehausener Bürgermeister Markus Hörmann zeigte sich überrascht, dass „nicht nur fast alle Gemeinden als mögliche Standorte genannt wurden, sondern alle Gemeinden über die Kreisumlage zu unfreiwilligen Sponsoren gemacht worden sind“. Die Bewerbungsgesellschaft versuche zwar, die Bürgermeister des Landkreises ins Boot zu holen: „Aber offensichtlich war die Arche damals schon voll besetzt mit Funktionären sowie Vertretern von Verbänden und Interessensgruppen.“

Der Murnauer CSU-Gemeinderat Josef Bierling war dagegen begeistert, weil Murnau „mit im Rampenlicht stehen würde“. Außerdem habe Garmisch-Partenkirchen „mehr von den Wettkämpfen 1936 als von jeder WM“ gezehrt.

(Effern, Heiner, Riedel, Katja, Klein, aber glücklich, in sueddeutsche.de 20.9.2010; Jandretzki, Silke, Mediendorf-Pläne: Angst um Kaserne, in merkur-online 21.9.2010; Überrascht von Kasernen-Plänen, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 24.9.2010; Grußwort des Bürgermeisters, Gemeindeblatt Seehausen am Staffelsee, 53/September 2010)

DAV-„Naturschutz“-Tagung

Vom 24. bis 26.9.2010 fand (ausgerechnet) in Garmisch-Partenkirchen die Tagung „Vielfalt im Alpenraum bewahren“ statt. Der Anfang Juli 2010 weggemobbte Heinz Röhle war noch für Begrüßung und Eröffnung angekündigt. Unter Titeln wie „Olympiabewerbung München 2018 – Nachhaltige Bergsport- und Tourismusentwicklung“ und der Exkursion „Olympiabewerbung 2018 – Sportstätten in alpiner Landschaft“ wurde eine Jubelveranstaltung pro München 2018 durchgeführt. Der DAV-Vorsitzende von Garmisch-Partenkirchen, Markus Dorfleitner gab die Linie vor: „Wir wollen keine Verhinderer sein, sondern uns konstruktiv einbringen.“ (Die DAV-Sektion will im Ort eine Kletterhalle errichten.)

DAV-Interimspräsident Ludwig Wucherpfennig sah denn auch die Arbeit der Fachkommission Umwelt als „durchaus erfolgreich“ an und erklärte, dass München 2018 „Maßstäbe für die Durchführung umweltverträglicher Winterspiele setzen kann“. (Sebald, Christian, Olympischer Spagat, in SZ 27.9.2010)
Grünes Licht vom DAV für München 2018 und die Reihen fest geschlossen – auch dank dem Neumitglied DOSB-General-Direktor Michael Vesper und dem Rauswurf des Ex-Präsidenten Röhle!

Zwei Projekte der Bewerbung München 2018 sollten als ökologische Alibi-Veranstaltung dienen: „BergTour 2018“ ist ein Sammelsurium diverser Sportaktivitäten von Mountainbiken bis Gleitschirmfliegen, die den Bergsport und Tourismus „nachhaltig“ weiterentwickeln sollen und allesamt unter dem Oberbegriff „umweltfreundlich“ zusammengefasst wurden. Und die „18 Leitprojekte“ (Kosten zwischen 90 und 140 Millionen Euro) sollen eine positive Ökobilanz liefern.

DAV-Funktionär Manfred Scheuermann erklärte die Unterstützung der Bewerbung durch den DAV damit, dass keine Schutzflächen bedroht seien und die temporären Stätten nach den Spielen zurückgebaut würden.
Erstens stimmt dies nicht, da sehr wohl Biotope „tangiert“ würden, wie es in der Planersprache heißt, vulgo dass von ihnen nicht mehr viel übrig bliebe. Zweitens ist es reines Greenwashing, temporäre olympische Sportbauten als nachhaltig zu verkaufen. Und drittens würde die ursprüngliche nacheiszeitliche Landschaft in Schwaiganger zunächst planiert und nie wieder im originalen Zustand „herzustellen“ sein.

Einzelne Kritik wurde laut, wie zum Beispiel vom Bundeslehr-Team des DAV, dem Tölzer Franz Mettal, der das Projekt Biathlon- und Langlauf in Schwaiganger kritisierte: „Für mich ist es vollkommen sinnlos, in Ohlstadt solche Wettbewerbe auszutragen.“ Und als Simone Meier von der DAV-Sektion Schrobenhausen skeptisch fragte, ob für den Naturschutz mit Olympia mehr getan wäre als ohne, bejahten der München-2018-Umweltleiter Boris Schwartz und DAV-Scheuermann eilfertig.

Auf den Einwand, dass viele neue Beschneiungsanlagen installiert werden müssten und dies dem Grundsatzprogramm des DAV widerspräche, entgegnete laut Protokoll eines Teilnehmers der DAV-Geschäftsbereichleiter Bergsport, Wolfgang Wagner: „Wir schreiben das Grundsatzprogramm gerade um…“ (Schandl, Veronika, Ein schwieriger Spagat, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 27.9.2010)

Michael Schödl, der Geschäftsführer des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) in Garmisch-Partenkirchen, lieferte laut Protokoll eines Anwesenden die ultimativ intelligenteste Aussage: „Wenns eh scho hi is, de Natur, dann schaugn ma, das mas Beste no rausholn.“

DAV-Hauptgeschäftsführer Urban kritisierte zur gleichen Zeit die Olympia-Kritiker und lobte die Bewerbung: „Hier ist wirklich gute Arbeit geleistet worden. Die Naturbelastung ist außerordentlich gering“ (Riesch trommelt für 2018 – Eckdaten stehen, in Abendzeitung 27.9.2010). Urban bekräftigte: „Wir bleiben dabei“ (Effern, Heiner, Riedel, Katja, Im Bann der Ringe, in SZ 28.9.2010).
Überflüssige Bemerkung: Das weiß inzwischen sowieso jeder. Dafür wurde schließlich der Präsident ausgetauscht. Die neue gereinigte DAV-Spitze steht nunmehr voll hinter der Bewerbung und will diese um jeden Preis durchziehen: damit Sportklettern eine olympische Disziplin  werden kann.

In einem Artikel über diese Tagung stand im DAV-Panorama 6/2010: „Ein weiterer Trend mit erheblichem Landschaftsverbrauch ist die Errichtung von Funparks und Erlebnisinstallationen in den Alpen.“
Dabei zählt gerade der DAV zu den Befürwortern von Funparks: Es muss lediglich „die Natur- und Landschaftsverträglichkeit sichergestellt sein“ (Deutscher Alpenverein, BergTour 2018 – Nachhaltige Bergsport- und Tourismusentwicklung in der Olympiaregion, München, 18. März 2010). Und der DAV befürwortet inzwischen auch Erlebnisinstallationen wie das Alpspix oder das Karwendelrohr.

Und weiter: „Am Ort der geplanten alpinen Skiwettkämpfe durfte in Garmisch-Partenkirchen eine intensive Diskussion zur Bewerbung Münchens um die Olympischen Winterspiele 2018 nicht fehlen.“

Nolympia-München-Treffen

Am 29.9.2010 traf sich die Gruppe Nolympia München. Die Teilnahme am Streetlife-Festival war ein voller Erfolg, die Resonanz beachtlich.

Zur aktuellen Diskussion: In Garmisch-Partenkirchen ist ein Hype zugunsten München 2018 festzustellen bei gleichzeitigem Informations-Chaos. Speicherteiche sollen gekühlt werden. Das Media-Village wurde hin- und hergeschoben. Die Halfpipe-Wettbewerbe sollen eventuell nach München, die Nordische Kombination mit Loipen nach Garmisch-Partenkirchen. Der Anteil der temporären Bauten wächst ständig.

Die Zentrale Hochschulsportanlage kann laut SZ 15 Monate nicht benutzt werden; Konzerte würden nicht nur beim Tollwood-Festival, sondern auch im Olympiastadion für das neue Olympische Dorf zu laut.

Die Garmisch-Partenkirchner Grundeigentümer geben trotz anders lautender Informationen aus der Staatskanzlei ihren Grund nicht her.

Olympia-Gesetz

Im vorauseilenden Gehorsam kündigte die bayerische Staatsregierung Ende September 2010 noch für den Herbst ihr Olympiagesetz an. Darin ständen unter anderem eine Rückbau-Garantie über zehn Millionen Euro für landwirtschaftliche Flächen und eine Garantie im Fall der Finanzknappheit des Organisationskomitees. (Olympiagesetz soll im Herbst kommen, in SZ 25.9.2010; Effern, Heiner, Riedel, Katja, Im Bann der Ringe, in SZ 28.9.2010)

Vorläufiges Bid Book und Umweltkonzept

Am 27.9.2010 präsentierten DOSB-Generaldirektor Vesper, Geschäftsführer Schwank von München 2018 und der Münchner OB Ude Details des „Eckpunktepapiers“, das weitgehend identisch mit dem am 11.1.2011 abzugebenden „Bid Book“ sein soll. „Grundlegend Neues – weitgehend Fehlanzeige“ schrieb der Münchner Merkur. (Reinbold, Peter, In einer Woche Tag der Wahrheit, in MM-Kompakt 29.9.2010)

Der Münchner Oberbürgermeister Ude (SPD) lobte Staatskanzlei-Minister Schneider (CSU). Die Bewerbung München 2018 setze „neue Standards, wenn es um das nachhaltige Erbe von Olympischen und Paralympischen Spielen geht“, äußerte General-Direktor Vesper. (Spitzenniveau in Sachen Nachhaltigkeit, PM München 2018/27.9.2010)
Das ist richtig: Nicht nur wegen einem Anteil von über 50 Prozent temporärer Bauten ist dieser Umweltstandard in Wirklichkeit verheerend. Vergleiche auch: https://www.nolympia.de/grunde-gegen-olympia-2018/temporar/

In dieser PM von München 2018 wurde der hohe Anteil temporärer Bauten raffiniert ausgeblendet. Ralf Roth von der Sporthochschule Köln machte folgende Angaben: „Von der Gesamtfläche, die München 2018 für sämtliche Sportstätten für die Winterspiele 2018 benötigt, werden 99 % bereits heute für den Sport verwendet oder nur temporär für die Spiele genutzt. Die dauerhafte Neuerschließung beschränkt sich damit auf 0,48 Hektar… Lediglich 1 % der Flächen werden speziell für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele dauerhaft baulich umgestaltet.“ (Ebenda)
Dass ist ein rhetorischer Trick: Damit umgeht Roth die Problematik  der temporären Bauten, die das Gegenteil von nachhaltig sind und im übrigen NICHT in die CO2-Bilanz eingehen.

Roth erklärte auch: „Es sind keine Eingriffe in die Natur beispielsweise in Form von Speicherseen oder kilometerlange Wasserleitungen notwendig“ (MM-Kompakt 29.9.2010)
In Schwaiganger (Biathlon- und Langlaufwettbewerbe) wären allein die (temporären!) Leitungen für die Beschneianlagen fast acht Kilometer lang – plus 1,75 Kilometer von der Loisach bis Schwaiganger. Es ist vorgesehen, das Wasser herunterzukühlen; Da dies nicht über die beim Bierzapfen übliche Durchlaufkühlung erfolgen kann, sind wiederum Speicherteiche erforderlich.

Ähnlich niedrige Angaben für den Flächenverbrauch wurden auch für Garmisch-Partenkirchen gemacht.

Das Gesamtbudget soll zwischen 2,56 und 3,1 betragen; auf das Durchführungsbudget (OCOG-Budget) sollen 1,16 Milliarden Euro entfallen. 213 Millionen werden für die Technik für Fernsehen und Kommunikation angesetzt. Das temporäre Olympische Dorf in Garmisch-Partenkirchen und temporäre Sportstätten werden mit 118 Millionen kalkuliert. Für ein Defizit des OCOG-Budgets müssten Bund, Land Bayern und Stadt München je zu einem Drittel haften. Garmisch-Partenkirchen wird nach dem Eckpunktepapier auf mindestens 7,37 Millionen Euro Kosten sitzen bleiben – trotz Garantieübernahme der Partner.

Zu den Einnahmen aus Fernsehrechten vom IOC (320 Millionen Euro) und vom Ticketverkauf (knapp 180 Millionen Euro) und Marketing sollen mehr als die Hälfte des Budgets, nämlich 530 Millionen Euro von Sponsoren kommen. Das sei „konservativ gerechnet“, wie Schwank betonte. (Effern, Heiner, Riedel, Katja, Im Bann der Ringe, in SZ 28.9.2010)
Man kennt die üblichen Olympischen Milchbubenrechnungen aus allen früheren Bewerbungen.

Tourismusexperte Thomas Bausch stellte fest: „Jeder feiert gerne eine große Party. Die Frage ist, welcher Kater danach kommt. Wenn man die Olympiaden der vergangenen 20 Jahre analysiert, ist keine Region dabei gewesen, die tatsächlich einen lang anhaltenden Boom feststellen hat können.“ Und der Salzburger Olympia-Kritiker Willi Rehberg beschreibt die olympische Rechenmethode: „Zunächst werden falsche Zahlen genannt, die sich dann erhöhen“ (Die Angst vor dem Kater danach, in br-online 29.9.2010).
Diese Kosten werden bei allen Olympischen Spielen zunächst weit geringer angegeben, als die endgültigen Kosten sein werden. Hinterher ist für gewöhnlich jeder der Beteiligten/Verantwortlichen/Politiker überrascht und fassungslos und konnte dies nicht im Geringsten absehen. Allein der Ansatz, dass 530 Millionen Euro von Sponsoren kommen sollen, ist völlig illusorisch. Die Summe ist außerdem doppelt so hoch angesetzt wie beim südkoreanischen Konkurrenten Pyeongchang.

In München seien Investitionen von 426 Millionen Euro geplant – mit 220 Millionen Euro staatlichen Zuschüssen. 1310 neue Wohnungen nannte Ude, deren Zahl aber im November stark reduziert werden wird. „Die Spiele dauern sechs Wochen, aber das Erbe bleibt 60 Jahre,“ prophezeite Ude (Hutter, Dominik, Drei Milliarden Euro für die Spiele 2018, in SZ 28.9.2010).
Ude könnte recht haben, wenn er die Dauer der Schuldenrückzahlung  meinte, die München nach 2018 mühsam zurückzuzahlen hätte.

Ministerpräsident Seehofer ersuchte derweil in Südafrika bei der „Regierungschefkonferenz der bayerischen Partnerregionen“ um Unterstützung für München 2018 (Seehofers Reise nach Südafrika, in SZ 27.9.2010) Und im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München soll die Ausstellung „Olympische Spiele 1972 in München“ die Öffentlichkeit für München 2018 begeistern.
Als ob 2018  mit 1972 vergleichbar wäre!

Maria Riesch findet endlich Freunde

Maria Riesch gründete Ende September 2010 den Freundeskreis „Maria und ihre Freunde“ zur Unterstützung von München 2018 und stiftete jedem Freund ein weißes Armband. Als ersten Freund fand Riesch den Berufs-Jugendlichen Thomas Gottschalk und als zweiten den Berufs-Winnetou Pierre Brice. (Winnetou unterstützt Olympiabewerbung von München und Garmisch-Partenkirchen, in merkur-online 2.10.2010)
Johannes Heesters wurde von Riesch vermutlich bereits angefragt; Luis Trenker steht leider nicht mehr zur Verfügung.

Reiner Schmid-Egger aus Garmisch-Partenkirchen schrieb in einem Leserbrief zu Riesch und Gottschalk: „Da singen ‚zwei blonde Engel für Olympia’ ihr Halleluja, bei der Bevölkerung im Werdenfelser Land herrscht aber Heulen und Zähneklappern vor… Es handelt sich nicht um ein freundliches ‚Spiel ohne Grenzen’, sondern um grenzenlose Schäden für die Bevölkerung, die Landschaft und den Finanzhaushalt.“ Und Toni Walcher meinte in seinem Leserbrief: „Irrsinnig ist auch die Idee, ein neues Biathlonstadion zu bauen und nach den Spielen wieder abzureißen“ (merkur-online 29.9.2010).