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September 2014

Webseite-Besucher
Im August 2014 besuchten 30.497 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich August 2014 hatten wir damit 984.220 Besucher. Wir bedanken uns für das immer noch anhaltende Interesse.
Neu unter “Aktuelles”: Wir helfen IOC und DOSBDer Fifa-Geld-Kunstrasen; Quo vadis, Öko-Institut?; Gericht entscheidet gegen Sudelfeld; Bewerbung 2024: verpfuscht; IOC-Knebelvertrag bleibt IOC-Knebelvertrag: hier
Im Kritischen Olympischen Lexikon: Kosten Olympischer Spiele
Ziemlich frisch im Kritischen Olympischen Lexikon:
Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis Juni 2014: hier; 7-8/2014: hier; ab 9/2014: hier (wird laufend aktualisiert)
Was ein Gaskonzern und Sport, Oligarchen und Putin miteinander zu tun haben. Gazprom-Chronik (1):  bis 31.12.2012: hier; Gazprom-Chronik (2) 1/2013 – 8/2014: hier; Gazprom-Chronik (3): ab 9/2014: hier. Wird laufend aktualisiert.

In eigener Sache
Die Webseite und ihre Informationen stehen allen zur Verfügung, um die tatsächlichen Hintergründe im Spitzensport und seinem Umfeld aufzuzeigen und zu beschreiben. Ich bemühe mich meinerseits, korrekt zu zitieren und Quellen anzugeben. Umgekehrt wäre es fair, dass auch die Nolympia-Webseite als Quelle in den Artikeln von Journalisten angegeben wird.
Dr. Wolfgang Zängl

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Zitate des Monats

DOSB-Präsident Alfons Hörmann zur Befragung des Volkes im Fall Hamburg 2024 und Berlin 2024: „Ein Szenario wie in München wollen wir nie mehr erleben“ (Hungermann, Jens, Olympia-Entscheid hängt von der Bevölkerung ab, in welt.de 12.9.2014).

Die Abgeordnete Heike Sudmann von DIE LINKE in der Debatte über Hamburg 2024 in der Bürgerschaft: „Ich bin mir sicher, dass das IOC schon jetzt vor den Forderungen von Olaf Scholz und Innensenator Michael Neumann zittert, wie die den Laden verändern wollen“ („Das IOC zittert vor Olaf Scholz“, in abendblatt.de 11.9.2014).

Thomas Kistner in der SZ zur wahrscheinlichen Fußball-EM-2024 in Deutschland und der Bewerbung Hamburg 2024/Berlin 2024: „… die Totgeburt einer olympischen Idee“ (Totgeburt einer Idee, in SZ 19.9.2014).

Peter Ahrens im Spiegel zur EM-Bewerbung 2024 des DFB: „Der Schein muss auch in den kommenden Monaten gewahrt bleiben. Aber Olympia 2024 in Deutschland ist ab diesem Freitag tot“ (Ahrens, Peter, Fußball kontert Olympia aus, in spiegelonline 19.9.2014).

Sepp Blatter, ewiger Fifa-Pate: „Ich möchte der Fifa auch in einer fünften Amtszeit als Präsident zur Verfügung stehen und dienen“ (Blatter kündigt erneute Kandidatur an, in spiegelonline 26.9.2014. Wahrscheinlich will Blatter noch mehr Uhren, siehe unter VI).

Der russische Sänger Andrej Makarewitsch zu Putin-Russland: „Mein Land hat den Verstand verloren. Aber ich kann ihm nicht helfen“ (Bidder, Benjamin, Intellektuelle fliehen aus Putins Russland, in spiegelonline 8.9.20134).

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Die Gliederung im September 2014 sieht so aus:

I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC
II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden
III: Aktuell aus München und Bayern
IV: Zur DOSB-Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin
V: Allgemeine Nachrichten
VI: Aktuelle Fußball-Sportsplitter von Fifa, Uefa etc.
VII: Sport-Millionen und -Millionäre
VIII: Doping-News
IX: Die Sportsender ARD/ZDF

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I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC

– Budget für Oslo 2022 stark gekürzt. Da die Zustimmung für die Bewerbung um Olympische Winterspiele 2024 in Oslo weiter gesunken ist und ein Hauptgrund die hohen Kosten sind, wurde das Budget vom Bewerbungskomitee um eine Milliarde Euro gekürzt. Es liegt nun bei 3,2 Milliarden Euro. Das Parlament in Oslo soll im Herbst über 2022 entscheiden (Kostenreduzierung soll Olympia 2022 für Norweger attraktiver machen, in europeonline-magazin.eu 4.9.2014). Der Osloer Rathauschef Stian Berger Rosland bestritt eine Krise bei Oslo 2022 und äußerte zu der Budgetkürzung: „Es ist eher eine neue Beschreibung dessen, was möglich wäre“ (Berglund, Nina, Oslo drastically cuts its Olympic budget, in newsinenglish.no 1.9.2014).
Die Kosten im Fall Oslo 2022 wären in jedem Fall zu niedrig gewesen: um einen Faktor drei bis fünf über der offiziellen Budgetsumme. Und was den Norwegern auch verschwiegen wurde: Der Staat müsste dem IOC eine UNBEGRENZTE Defizitgarantie geben.
Am 19.9.2014 demonstrierte die Jugendorganisation der Sozialistischen Partei in Oslo gegen die Spiele 2022. Gleichzeitig sprachen sich – wenig überraschend – 18 von 19 regionalen Sportkonföderationen für Oslo 2022 aus. Unterstützung kam vom Präsidenten der norwegischen Handelskammer (schon wieder eine Handelskammer, siehe Hamburg 2024, Berlin 2024 und München2018 und 2022!) und dem Generaldirektor des norwegischen Unternehmensverbandes (Butler, Nick, Messaage of sporting support but still much opposition to Oslo 2022, in insidethegames.biz 17.9.2014).

– IOC-Präsident betet gesund. Im Interview in der Welt am Sonntag verbreitete Thomas Bach nur Zuversicht (Meinhardt, Gunnar, Distanzieren Sie sich nun mehr von Putin, Herr Bach? in welt.de 31.8.2014).
– Bach zu den ersten 365 Tagen als IOC-Chef: „Extrem intensiv und sehr ermutigend. Die große Überraschung ist die breite Unterstützung und vorbehaltlose Bereitschaft zu Reformen.“
Wer’s glauben mag…
– Bach zum von ihm „praktizierten Schulterschluss mit Russlands Präsident Wladimir Putin bei den Winterspielen in Sotschi“: “Die Aufgabe des IOC und der Olympischen Spiele ist es, sicher zu stellen, dass während der Spiele und für alle Teilnehmer die olympische Charta Anwendung findet. Das war der Fall. (…) Die Olympischen Spiele waren ein herausragender Erfolg, den man auch durch die nachfolgenden Ereignisse nicht abwerten darf.
Bach zu einer IOC-Krise: „Für Krisenmanagement gibt es überhaupt keinen Anlass. Wir stehen auf einer sehr gesunden Basis. Unsere Partner bringen uns ein enormes Vertrauen entgegen: So haben wir zum Beispiel mit NBC den TV-Vertrag von 2021 bis 2032 für 7,75 Milliarden US-Dollar verlängert. Mit Topsponsoren haben wir ebenfalls weitere langfristige Verträge geschlossen. Insgesamt habe ich allein in diesem Jahr Verträge im Wert von circa zehn Milliarden US-Dollar unterschrieben.“
– Bach zum schwachen Bewerberfeld für olympische Winterspiele 2022: „Wir sind in der glücklichen Lage mit Almaty, Oslo und Peking drei starke Bewerber mit ganz unterschiedlichen Konzepten zu haben. Wenn jemand diese Konzepte nicht für das Optimum hält, möge er sich bewerben und zeigen, dass er es besser oder anders kann. Aber es ist eben bequemer, sich auf die Couch zu setzen und alles zu kritisieren, ohne selbst den Willen oder die Vorstellung aufzubringen und zu beweisen, dass die eigene Vorstellung die bessere ist.“
Es gibt keine eigenen Vorstellungen – das IOC diktiert alle Bedingungen!
– Bach zu den wachsenden Milliardensummen für olympische Spiele: „Ich glaube, dass dies bei einigen auf Missverständnisse zurückzuführen ist. Manche denken immer noch, dass Olympische Spiele zig Milliarden kosten würden. Das aber stimmt so nicht, das ist ein Vorurteil. Das nutzen jedoch jene, die in grundsätzlicher Opposition zu Olympia stehen.“
– Bach zum Eindruck, beim IOC „geht es nur noch um den größtmöglichen Reibach“: „Das ist für Olympische Spiele nicht richtig. 90 Prozent der Einnahmen des IOC fließen zurück in die Finanzierung des Weltsports, und nur deshalb kann der Sport so universal wirken.“
– Bach zur Frage nach den finanziellen Gewinnen des IOC und der Steuerbefreiung im Austragungsland: „Wir investieren sofort in das Gastgeberland unter anderem mit unseren Milliardenzuschüssen für das Organisationskomitee. Darüber hinaus haben wir regelmäßig auf den dem IOC zustehenden Anteil am Gewinn der Spiele zu Gunsten des Sports im Gastgeberland verzichtet. Deshalb sind Steuerfragen eher ‚linke Tasche, rechte Tasche’, weil ja das, was erwirtschaftet wird, zum großen Teil ins Land zurückgeführt wird und im Übrigen der internationalen Solidarität im Sport dient.“
– Bach zur Bewerbung von Hamburg und Berlin um 2024: „Ich verfolge das mit großer Sympathie. Wenn sie Umfragen von Hamburg lesen, dass dort 73 Prozent der Bevölkerung Olympische Spiele haben möchten, ist das entgegen vieler dieser Auguren eben auch Ausdruck der Faszination Olympias. Hier gehen öffentliche Meinung und veröffentlichte Meinung einmal mehr auseinander.“
Die 73 Prozent Zustimmung werden gebetsmühlenartig von Sportfunktionären heruntergebetet – sie stammen von nicht repräsentativen 500 Befragten.

– Ein Jahr IOC-Präsident: ziemlich schlechtes Fazit. Zu einem Jahr IOC-Präsident Bach fällt vielen deutschen Sportjournalisten eher Negatives ein:
Thomas Kistner im Gespräch mit dem Deutschlandfunk: „Thomas Kistner hat den IOC-Präsidenten Thomas Bach im DLF für seine Äußerung, dass Sport und Politik nicht vermischt werden dürfe, scharf kritisiert. ‚Es gibt in unseren Zeiten nichts politischeres als den Sport‘, sagte der IOC-Kenner. Außerdem hätten sich die Bilder von Bach mit Wladimir Putin in Zeiten der Ukraine-Aggression eingeprägt. Ein Mann, der solche Bilder produziere, aber gleichzeitig von einer Trennung von Sport und Politik rede, sei einfach nicht glaubwürdig, sagte Kistner“ („Für Bach hat alles Charme, was in seine Pläne passt“, in deutschlandfunk.de 6.10.2014).
Thomas Lelgemann in Der Westen: „Während das IOC im Geld schwimmt, finden sich immer weniger Bewerber um Olympische Spiele. (…) Für Bach gehören Politik und Sport nicht zusammen. Bei den Winterspielen in Sotschi hat er sich jedoch mehr als nötig vom russischen Präsidenten vereinnahmen lassen“ (Die Bilanz von IOC-Präsident Bach hat einen großen Fehler, in derwesten.de 9.9.2014).
Michael Helms in Frankfurter Neue Presse: „Bach hat in seiner jetzt zwölf Monate währenden Regentschaft niemanden enttäuscht, denn mit seiner Wahl waren keinerlei Hoffnungen verknüpft. (…) Dafür hielt Bach weiterhin jeden Anflug von Politik von der ach so heilen Welt des Sports fern. Er warf sich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin während der Winterspiele in Sotschi rhetorisch an den Hals, als ob es keine Zwangsumsiedlungen und Gewalt gegen Homosexuelle in der Olympiastadt gegeben hätte. Schon allein aus diesem Grund sind zwölf Monate mit Bach an der IOC-Spitze kein Grund zum Feiern“ (Helms, Michael, Kein Grund zum Feiern, in fnp.de 10.9.2014).
Axel Eger in Thüringer Allgemeine: „Doping, Korruption, Amtsmissbrauch – der Sport kennt viele Baustellen. Die Neuausrichtung des IOC ist überfällig. Die 50-Milliarden-Spiele von Sotschi krönten den bisherigen Gigantismus. Immerhin: Im Dezember will Bach seine Reformpläne dem Komitee vorstellen. Sein Versprechen, die Spiele den Athleten zurückzugeben, muss er noch einlösen. Doch die Zukunft Olympias wird nicht mehr allein im exklusiven Zirkel der Ringe entschieden. Erst jüngst haben die Deutschen möglichen Winterspielen in München per Bürgerentscheid eine Absage erteilt. Trotz eines Präsidenten Thomas Bach“ (Eger, Axel, Pulsschlag: Das Versprechen des Präsidenten, in thueringer-allgemeine.de 10.9.2014).
Phillipp May in Deutschlandfunk: „Keine Frage, IOC-Präsident Thomas Bach hat Dampf gemacht in seinem ersten Jahr. Doch was sagt das über seine Qualitäten aus? Nicht sehr viel. Denn Reformen im IOC sind nach Jahren des Stillstands unter seinem zuletzt kranken Vorgänger Jacques Rogge schlicht unvermeidbar. Sonst findet sich – insbesondere für die Winterspiele – bald kein Ausrichter mehr. Doch dafür, dass sich die Ringe Organisation unter Bach zu einem transparenten Gegenentwurf zum skandalumtosten Weltfußballverband FIFA verwandelt, spricht derzeit wenig bis nichts. Nicht ein kritisches Wort von Bach zum Olympia-Gigantismus a la Sotschi. Nichts zu den Menschenrechtsverletzungen der russischen Behörden während der Spiele, stattdessen nur überschwängliches Lob für Putin. (…) Nach seinem ersten Jahr an der IOC-Spitze ist – allem Reformgerede zum Trotz – Skepsis angebracht“ (May, Phillipp, Skepsis ist angebracht, in deutschlandfunk.de 10.9.2014).
Friedhard Teuffel im Berliner Tagesspiegel: „Die Übertragungsrechte in den USA für die Spiele von 2022 bis 2032 hat das Komitee für 7,75 Milliarden Dollar an den Sender NBC verkauft, 10 Milliarden Dollar kommen über weitere Fernseh- und Sponsorenverträge herein. Das IOC hat also unter Bachs Führung das getan, was es besonders gut kann: vermarkten und verdienen. Doch es gibt im Sport noch eine zweite Währung, Glaubwürdigkeit. Und wenn man sich die Bewerber für die Winterspiele 2022 anschaut, musste man zuletzt einen Kursverfall feststellen. Almaty, Peking und Oslo sind noch im Rennen, doch die Norweger könnten sich noch zurückziehen. Die Bewerbungen in Graubünden, München, Stockholm und Krakau waren an der Bevölkerung gescheitert“ (Teuffel, Friedhard, Was hat Thomas Bach für Olympia erreicht? in tagesspiegel.de 10.9.2014).
Johannes Aumüller in der SZ:Während sich die Welt wegen Russlands Verhalten gegenüber Gastarbeitern, Zwangsumgesiedelten und Homosexuellen aufregte; während die Justiz parallel zu den Spielen mit einem konstruierten Vorwurf den Olympia-Kritiker Jewgenij Witischko in Lagerhaft steckte; während Russland während der Paralympics auf der Krim zu zündeln begann und damit nicht nur gegen das Völkerrecht, sondern auch gegen die viel beschworene antike Tradition der olympischen Waffenruhe verstieß – da waren von Bach keinerlei kritische Worte zu hören. Stattdessen gab es Bilder, auf denen Bach gut gelaunt mit Putin an der Schwarzmeerküste spazieren ging oder mit einem Gläschen Sekt anstieß. (…)Die umstrittene Sotschi-Sause preist er noch heute als ‚herausragend‘, und zum Thema Spiele und Finanzen fällt ihm der bemerkenswerte Satz ein: ‚Manche denken immer noch, dass Olympische Spiele zig Milliarden kosten würden. Das aber stimmt so nicht, das ist ein Vorurteil.‘ Leider stimmt es so schon, nicht nur bei den Exzessen wie in Sotschi. Ein paar Milliarden Euro kostet die Infrastruktur für Spiele immer, das wäre auch bei den jetzt erwogenen Bewerbungen von Hamburg und Berlin so(Aumüller, Johannes, Jahr der großen Worte, in SZ  10.9.2014).
Markus Völker in der taz: „Thomas Bach hat in seinem ersten Jahr als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) mehrmals den Globus umrundet, 81 Staats- und Regierungschefs die Hand geschüttelt und zweimal den Papst besucht. Er hat Sportfunktionäre sonder Zahl beschwatzt, bei den Winterspielen von Sotschi den russischen Premier Wladimir Putin gut aussehen lassen und bei den Jugendspielen von Nanking den freundlichen Sportchef zum Anfassen gegeben. (…) Auch das IOC eignet sich neuerdings den Sprachgebrauch der westlichen Elite an, parliert von „Nachhaltigkeit“ und „Transparenz“. Druck kommt von nationalen Olympischen Komitees aus Deutschland, Schweden, der Schweiz und Österreich, die auch gern mal wieder im Schatten der fünf Ringe mittanzen würden, aber zuletzt ihr Publikum nicht bei Laune halten konnten, weil das IOC für den demokratiegeschulten Bürger eben auch für Privilegienreiterei, Kungelei und Intransparenz steht“ (Völker, Markus, Schmiere fürs Getriebe, in taz.de 11.9.2014).

IOC regiert durch. Der Basketball-Weltverband Fiba drohte Japan mit einem Ausschluss von den Olympischen Spielen in Tokio 2020 gedroht. Als Hauptgrund gilt, dass in Japan aktuell zwei konkurrierende Profiligen existieren: die National Basketball League (NBL) und die bj-league. Fiba-Generalsekretär und IOC-Mitglied Patrick Baumann dazu: „Sie müssen drei Dinge erledigen. Die Ligen müssen fusionieren. Außerdem müssen in der neuen Führung andere Strukturen geschaffen werden, den Mechanismus der Entscheidungsfindung betreffend. Dazu soll ein Plan zur Entwicklung des Sports bis 2024 vorgelegt werden“ (SID, Japan droht Ausschuss, in SZ 12.9.2014).
Aus dem Kritischen Olympischen Lexikon, Stichwort IOC: Das IOC ist nicht einfach nur eine Franchise-Organisation für sein Produkt Olympische Spiele. Übersehen wird oft, dass das IOC längst die von Putin gerühmte “vertikale Demokratie” (früher auch Führerprinzip genannt) im weltweiten Sport eingeführt hat: Vertikal und stramm vom IOC in Lausanne über den DOSB aus bis hinunter in den letzten deutschen Sportverein ist der Sport streng hierarchisch durchorganisiert. Mit Demokratie hat das internationale Sportgeschehen schon lange nichts mehr zu tun.

– Katar und Dubai bereit für Olympische Spiele. „Wir sind im Mittleren Osten in vielen Städten fähig, Olympische Spiele auszurichten – Dubai ist bereit, Doha ist bereit“ (Middle East ready ‚to host Olympics‘, in gulf-daily-news.com 19.9.2014).Das sagte der kuwaitische Sportpate Al Fahad Al-Sabah, Präsident der Olympischen Komitees von Asien und Garant für die Wahl von Thomas Bach zum IOC-Präsidenten im September 2013. Zur Erinnerung: In der WDR-Sendung „Monitor“ wurde vor der Wahl von Bach ein Interview mit Al-Sabah ausgestrahlt, in dem dieser erklärt: „Wir werden an unserer Vision, unserem Fahrplan festhalten, und wir haben eine Verabredung seit 12 Jahren. Daher werde ich offen sein: Ich bin Unterstützer von Thomas Bach“ (Gehrmann Ein unerlaubter Befreiungsschlag, in nzz.ch 10.9.2013; Hervorhebung WZ). Die Frage ist, worin diese „Verabredung“ besteht: zum Beispiel die Vergabe Olympischer Spiele in ein arabisches Land? Nach dem Einwurf von Al-Sabah kann man fast sicher sein, dass die Spiele während der zweiten Amtszeit von Bach dorthin vergeben werden. (Katar hat die Fußball-WM 2022 ja schon erhalten.)

– Knebelvertrag bleibt Knebelvertrag. Am 16.9.2014 schrieben Christophe Dubi, Olympic Games Executive Director und Howard Stupp, Director of Legal Affairs, an die drei Bewerber um die Olympischen Winterspiele 2022 einen Brief, indem sie die Vertragsänderungen im Host City Contract (HCC) priesen. Aber wenn man den HCC 2022 mit dem Host City Contract 2018 vergleicht, bleibt bis auf zwei tatsächliche Änderungen kaum etwas übrig von den großartigen Verbesserungen für die Austragungsorte. Das IOC setzt die Vergütung an die Austrager auf 880.000 $ fest (§ 14). Es verpflichtet sich nunmehr im § 33, nach Vertragsunterzeichnung nur im Einvernehmen mit den Ausrichterstädten die Zahl der Sportdisziplinen zu verändern. (Auch dies war juristisch sowieso äußerst fragwürdig, siehe das Gutachten von Prof. Gerrit Manssen.) Sodann setzt das IOC die Zahl der unterzubringenden Personen auf 4.900 fest (§ 29). Der Rest der Änderungen erstreckt sich auf Beliebigkeiten (das Verbot von Diskriminierung wird – wohl als Folge von Sotschi 2014 – etwas stärker betont). Grundsätzlich bleiben alle anderen Knebel in den IOC-Knebelverträgen erhalten: Steuerbefreiung, Haftungsfreistellung des IOC, keine Einladung des Ausrichterlandes ohne Zustimmung des IOC möglich, grenzenlose medizinische Versorgung der „Olympischen Familie“, Olympic Lanes, Werbeverbot außer für IOC-Sponsoren etc.
Und dann gibt es natürlich noch neben vielen anderen Verträgen und Handbüchern die „Olympische Charta“ – da steht zum Beispiel drin: „Das NOK, das OK (Organisationskomitee) und die Gastgeberstadt haften gesamtschuldnerisch für alle Verpflichtungen … mit Ausnahme der finanziellen Haftung für Ausrichtung und Durchführung dieser Spiele, die vollständig die Gastgeberstadt und das OK gesamtschuldnerisch trifft … Das IOC übernimmt keinerlei finanzielle Haftung hinsichtlich Ausrichtung und Durchführung der Olympischen Spiele“ (Olympische Charta S. 38; Hervorhebung WZ).
IOC-Knebelverträge bleiben IOC-Knebelverträge, da helfen auch kleine Auflockerungen nicht.
Zum Beitrag „IOC-Knebelvertrag bleibt IOC-Knebelvertrag“: hier

– IOC-Evaluierungs-Kommission 2022. Das IOC gab die Mitglieder der Evaluierungs-Kommission für die Olympischen Winterspiele 2022 bekannt: Vorsitzender ist Putins Vertrauter Alexander Sukowk, dazu drei IOC-Mitglieder: der Neuseeländer Barry Maister, der Brite Adam Pengilly und der Japaner Tsunekazu Takeda.
Da steht Kasachstan mit Almaty als Mitglied von Putins fabelhafter „Eurasischer Union“ doch schon fast so gut wie fest.

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II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden

– Die Frankfurter Rennbahn wird an den DFB verschleudert. Aus der März-Chronologie: Fußball siegt über Pferdesport. Der scherzhaft nach seinem Verursacher genannte “Oliver-Bierhoff-Campus” ist ein “Leistungs- und Kompetenzzentrum” des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Es wird mindestens 60 Millionen Euro kosten und soll auf dem Gelände der Frankfurter Galopprennbahn mit Aussicht auf die Frankfurter Bankensilhouette gebaut werden. Das dortige “Direktorium für Vollblutzucht und Rennen” ist entsetzt “und kündigte an, für den Erhalt kämpfen zu wollen. Aber Frankfurt hat mit dem Angebot des städtischen Grundstücks an den DFB längst Tatsachen geschaffen. Der Kampf der Galopper ist wohl verloren, bevor er begonnen hat” (Selldorf, Philipp, Oliver-Bierhoff-Campus, in SZ 21.3.2014). – “Der Rennverein war entsetzt, die Pächter beharrten darauf, einen gültigen Mietvertrag bis 2024 zu besitzen” (Perkuhn, Anja, Klopper gegen Klepper, in SZ 16.4.2014). Bislang wurde der Pachtvertrag der Hippodrom GmbH nicht gekündigt.
Im September 2014 protestierte dann die Frankfurter SPD-Politikerin Stefanie Then gegen die Verschleuderung des Geländes an den DFB für 6,8 Millionen Euro. Das macht bei den rund 15 Hektar Grund einen Quadratmeterpreis von gerade einmal 45,33 Euro aus. Then: „Ich habe den Eindruck, dass der DFB alles ausgereizt hat, um den Verbleib zu ermöglichen“ (Küppers, Moritz, „Die Rennbahn wird unter Wert verkauft“, in deutschlandfunk.de 13.9.2014).

– Mehr, mehr, mehr: Radfahren. Der Präsident des Weltradfahrbundes UCI, Brian Cookson, will zusätzliche Radfahr-Disziplinen bei Olympischen Spielen wie z. B. Downhill Mountain Biking und Cyclo-Cross – gern auch mehr (Rowbottom, Mike, UCI President wants cyclo-cross und downhill mountain biking in Olympics, in insdidethegames.,biz 21.9.2014). Zur UCI: hier

– Mehr, mehr, mehr: Handball. Die europäischen Handballer (EHF) machen es den europäischen Fußballern (UEFA) nach: „Die Handball-Europameisterschaft 2020 der Männer, die erstmals mit 24 anstatt mit 16 Mannschaften ausgespielt wird, findet grenzübergreifend in Schweden, Norwegen und Österreich statt. Das gab die Europäische Handball-Föderation (EHF) am Samstag bei ihrem Kongress in Dublin bekannt. Für die Ausweitung hatten die 46 Mitgliedsverbände tags zuvor einstimmig votiert. Bei der EM-Premiere 1994 in Portugal waren zwölf Teams dabei, bei der EM 2002 wurde auf 16 aufgestockt“ (Drei Länder, 24 Teams, in SZ 22.9.2014).
Das Ergebnis: Jeder darf mitmachen, Langeweile, noch mehr Spiele im Fernsehen, noch mehr Kohle…

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III: Aktuell aus München und Bayern

– Sudelfeld-Ausbau: DAV und BN ziehen Klage zurück. Am 19.8.2014 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde vom Deutschen Alpenverein (DAV) und Bund Naturschutz (BN) auf Erlass eines sofortigen Baustopps zurückgewiesen. Das Hauptverfahren war damit noch nicht entschieden, aber absehbar im Sinne der Umweltzerstörung – wie immer beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, siehe Isental-Autobahn etc.etc. Bei einem Urteil Mitte 2015 wären die Baumaßnahmen beendet gewesen und die Klage chancenlos. BN-Vorsitzender Hubert Weiger monierte, bei einem Urteil im Sommer 2015 sei „die Anlage auf dem Sudelfeld schon feierlich eröffnet“ (Effern, Heiner, Schwere Schlappe am Sudelfeld, in SZ 19.9.2014). Weiger weiter: „Mit dem Ausbau der Beschneiungsanlage am Sudelfeld wird ein völlig falsches Signal für die Entwicklung des Alpenraumes gesetzt, da damit kurzfristigen ökonomischen Interessen der Vorrang vor dem Schutz und der Erhaltung der gerade durch den Klimawandel bedrohten Alpenlandschaft eingeräumt wird“ (DAV, PM Eine öffentlicher Debatte über die touristische Entwicklung in den bayerischen Alpen ist wichtiger denn je! 19.9.2014). DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig: „Mehr denn je brauchen wir jetzt eine noch breitere öffentliche Debatte über die touristische Entwicklung der gesamten bayerischen Alpen“ (Ebenda; DAV und BN ziehen Klage zurück, in merkur-online 18.9.2014). Weiger kündigte aufgrund der Chancenlosigkeit des Naturschutzes vor bayerischen Gerichten für 2015 eine Musterklage vor dem Europäischen Gerichtshof an, um das deutsche Planungsrecht anzugreifen (Effern 19.9.2014). Vergleiche auch: Gericht entscheidet gegen Natur

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IV: Zur DOSB-Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin

Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis Juni 2014: hier; 7-8/2024: hier; ab 9/2014: hier (wird laufend aktualisiert); Wir helfen IOC und DOSB; Bewerbung 2024: verpfuscht

– Deutsche Olympia-Bewerbungen: Leichen pflastern ihren Weg. Berchtesgaden 1992: †; Berlin 2000: †; Leipzig 2012: †; München 2018: †; München 2022: †; Hamburg/Berlin 2024: †? – vermutlich durch die DFB-Bewerbung um die Fußball-EM 2024 erledigt, siehe unten.

– Die wahren Kosten Olympischer Spiele. Bent Flyvbjerg und Allison Stewart veröffentlichten im Juni 2012 über die Saïd Business School/University of Oxford die Studie: „Olympic Proportions: Cost and Cost Overrun at the Olympics 1960 – 2012“. In dieser Studie untersuchten die Autoren die Kostenüberschreitung Olympischer Spiele anhand der letztendlich offiziell angegebenen Kosten verglichen mit den in der Bewerbung genannten Kosten, die dem IOC sieben Jahre vorher angegeben wurde. Die Kostenüberschreitung betrug durchschnittlich real 179 Prozent und nominal 324 Prozent. (Real terms bedeutet hier: preisbereinigt.) „Die Daten zeigen, dass die Entscheidung, Olympische Spiele auszurichten, für eine Stadt und ein Land eine der finanziell höchst riskanten Typen von Megaprojekt ist, das überhaupt existiert – ein Risiko, das viele Städte und Länder auf eigene Gefahr erfahren haben“ (S. 3 der Studie; Hervorhebung WZ). Diese Studie ist auch im Hinblick auf die Bewerbung Hamburg 2024 und Berlin 2024 wichtig. Zur Zusammenfassung der Studie im Kritischen Olympischen Lexikon: hier

– Die Handelskammer: eine alte Bekannte. “Olympia, Volksentscheide, Seilbahnen. Überall hat die Hamburger Handelskammer ihre Finger drin. Bislang konnte sie schalten und walten, wie sie wollte und die Politik in nahezu allen Belangen vor sich her treiben. Dafür sorgt z.B. auch der Umstand, dass es eine Zwangsmitgliedschaft für Betriebe und Unternehmen gibt, verbunden mit entsprechenden Beiträgen. 170.000 Zwangs-Mitglieder hat die Handelskammer Hamburg dadurch und allein Rücklagen von geschätzten 50 Millionen Euro. Nun gibt es erstmals eine Opposition im Plenum. “Die Kammer sind Wir” zog im Frühjahr mit 12 VertreterInnen in dieses Gremium ein. Nun gibt es Streit und Auseinandersetzungen in dem sonst so harmonischen Kreis. Und es gibt mehr Öffentlichkeit, denn die Oppositionellen bloggen über ihre Auseinandersetzungen zur Reform der Handelskammer. Über Seilbahnen, Olympia und einiges mehr. Mehr darüber auf ‘umweltFAIRaendern.de’ unter diesem Link” (Seifert, Dirk, Macht und Millionen: Hamburgs Handelskammer, in www.nolympia-hamburg.de 14.8.-2014). – Der Hamburger Sportsenator Michael Neumann (SPD): “Bis vor Kurzem war es allein die Handelskammer, die sich für eine Bewerbung Hamburgs als Olympiaveranstalter stark machte” (Goy, Martina, Lauterbach, Jörn, “Olympia geht alle etwas an”, in Die Welt 17.8.2014).
Und die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) hält mit. „Auf der Seite 1 der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung hat der Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer, ein gewisser Eric Schweitzer, verkündet, warum Berlin die Olympischen Spiele unbedingt nach Berlin holen müsse“ (Hoeltzenbein, Klaus, Die alte Dame hat schon wieder schlechte Laune, in SZ 15.9.2014). Schweitzer ist Miteigentümer der Berliner Entsorgungsfirma Alba (Alba Basketball), seit 2004 Präsident der IHK Berlin und seit 2013 Präsident des DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag; Loke, Matthias, Thomsen, Jan, Alba-Chef Schweitzer wird DIHK-Präsident, in berliner-zeitung.de 18.3.,2013). Schweitzer im O-Ton zu Berlin 2024: „Das wäre für Berlin eine große Chance, sich international zu präsentieren… Die Berliner Wirtschaft ist für Olympia“ (Loke, Matthias, Miller, Tobias, „Berlin ist einfach sexy“, in berliner-zeitung.de 12.9.2014). Zwei Wochen später stand in der SZ: „Von immensen Bankverbindlichkeiten, Schuldverschreibungen und anderen Verbindlichkeiten ist die Rede – mit geschätzt 800 Millionen Euro soll Alba verschuldet sein“ (Uhlmann, Steffen, Grüne Kohle – leere Kassen, in SZ 26.9.2014). Die Ratingagentur Standard & Poors hat die Bonität der Alba-Gruppe „im Mai auf die sehr mäßige Note ‚B‘ gesenkt“ (Ebenda).
Anmerkung von nolympia.de: Auch in München war die hiesige Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern treibende Kraft der Bewerbung München 2022. Der Zwangsmitgliedschaft kann man sich als Firma nur durch Verlegung des Firmensitzes entziehen, also quasi gar nicht. Derzeit laufen vor hohen Gerichten Klagen gegen diese Zwangsmitgliedschaft. Was treibt die IHKs in nunmehr drei Bundesländern an, diese olympische Propaganda zu betreiben?

– Sportbusiness-Magazin macht Olympia-Umfrage. Das Sportbusiness-Magazin Sponsors führte im September 2014 nach eigenen Angaben eine Umfrage unter 1024 Personen durch: „Danach haben sich 74 Prozent aller Befragten für eine Ausrichtung von Olympia in Deutschland ausgesprochen“ (Mehrheit für eine deutsche Olympia-Bewerbung 2024, in zeitonline 12.9.2014; vgl. auch Mehrheit für eine deutsche Olympia-Bewerbung 2024, in rp-online 12.9.2014). Es darf in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass es bei der Bewerbung Münchens um Olympische Winterspiele 2018 eine Umfrage des Dortmunder Marktforschungsinstitutes promit im August 2009 gab: Mit seriöser Meinungsforschung hatte dies allerdings weniger zu tun. Auf der Webseite von promit konnte man damals unter quickCheck nachlesen, dass bei dieser Umfrage „rund 1.200 repräsentativ ausgewählte sport- und/oder fußballinteressierte Personen ab 14 Jahren“ befragt wurden“. MdL Ludwig Hartmann (Grüne), Sprecher des Netzwerkes Nolympia, äußerte damals dazu: „Das ist, wie wenn ich die Betreiber von Atomkraftwerken befrage, ob sie gerne die Laufzeiten verlängern würden.“ Zitate aus dem Beitrag unserer Webseite: „Vorsicht mit Statistiken, die man nicht selbst gefälscht hat!“: hier

– Wer nicht zahlt, befiehlt. Bei der Bewerbung Hamburg 2024 und Berlin 2024  – wie bei den Bewerbungen München 2018 und 2022 mit Kosten von offiziell jeweils rund 33 Millionen Euro – war nie die Rede davon, dass sich der DOSB an den 50 Millionen Euro Bewerbungskosten beteiligt. Die späteren Milliarden nach der eventuellen Vergabe der Spiele an eine deutsche Stadt zahlen ja auch Andere: nämlich der Staat bzw. die Steuerzahler. Bei der Bewerbungsgesellschaft hat der DOSB dann vermutlich die üblichen 51 Prozent: die Mehrheit, ohne eine Einlage bezahlt zu haben. Auch bei München 2018 und 2022 war der DOSB mit 51 Prozent bestimmend: ohne Einlage!
“Ein Nassauer ist ein Schmarotzer, der mit der nichtberechtigten Inanspruchnahme von Leistungen Erfolg hat. Ein Nassauer ist ein Mensch, der auf Kosten anderer etwas bekommt, d.h. ein anderer bezahlt. Dem Nassauer ist dann auch egal, welche Folgen das für den anderen hat. Die besondere Eigenschaft des Nassauers gegenüber einem normalen Betrüger ist nun, dass er damit davonkommt” (Wikipedia). Von Nassau/Rheinland-Pfalz nach Frankfurt/Main, dem Sitz von DOSB und DSB, sind es nur rund 75 Kilometer.
Siehe auch unter II: Die Frankfurter Rennbahn wird an den DFB verschleudert

Termine:
16.9.2014, 19 Uhr, NOlympia Berlin: Sportliches Spektakel für die einen – Bürde für die anderen: Braucht Berlin Olympia? Mit Jens Weinreich, Judith Demba, Mehmet Yildiz.Helle Panke, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin. Zur Pressemitteilung: hier

19.9.2014, 19 Uhr: nächstes NOlympia-Berlin-Bündnistreffen in der Geschäftsstelle der NaturFreunde, Paretzer Straße 7, 10713 Berlin (U-und S-Bahnhof Heidelberger Platz). „Wir werden über die bisherigen Aktivitäten sprechen, neue Aktivitäten planen und freuen uns, wie immer, über neue Ideen und Mitstreiter*innen.“

26.09.2014, 14:00 – 19:45 Uhr: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion: Andere Spiele sind möglich! – Sportgroßereignisse nachhaltig und in Einklang mit Menschenrechten gestalten
Deutscher Bundestag, Paul-Löbe-Haus, Raum 4.900, Eingang PLH West, Konrad-Adenauer-Str. 1,. 10557 Berlin. Zum Programm: hier
U. a.: Michael Vesper, Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), Barbara Susec, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) und Tilman Heuser, BUND für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Berlin e.V.
Da ist sie, die Traumkombination: Vesper/DOSB und Heuser/BUND Berlin, die ich mir schon im Juni 2014 gedacht habe. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt. Vesper und Heuser sind die Bündnispartner für die Fiktion „Andere Spiele sind möglich“. (Vielleicht 2024 in St. Petersburg…). Vorschlag für weitere zarte Verbesserungen Olympischer Spiele: Kaugummiverbot; Jutekondome; bleifreies Coca-Cola; Recycling-Nationalfahnen; temporäre Sportbauten – aufgehängt an Siemens-Lufthaken; Kugelstoß-Kugeln aus Recycling-Eisen; FCKW-freie Hochsprunglatten; Hürden aus Palettenholz; Gazprom-Biogas für das Olympische Feuer; Olympische Urkunden aus Altpapier-Karton; Olympische Medaillen in Katzen-Gold und Silber-Imitat … Weitere Vorschläge gern unter: info@goef.de
Zur Erinnerung meine drei Standardsätze zur Reformwilligkeit des IOC: 1) Eher hört die NSA auf, in Deutschland zu spionieren, als dass sich das IOC reformiert. 2) Eher führt Deutschland ein Tempolimit auf Autobahnen ein, als dass sich das IOC reformiert. 3) Eher wird Wladimir Putin ein bisschen demokratisch, als dass sich das IOC reformiert. Bachs IOC-Reform Agenda 2020 erinnert mich an ein Schild in einer Kneipe in Amsterdam: „Free Beer tomorrow“.
Vergleiche auch: Wir helfen IOC und DOSB

– Bündnisgrüne Friedrichshain-Kreuzberg lehnen Olympia-Bewerbung ab. Aus dem Antrag, der am 11.10.2014 auf dem Grünen Landesparteitag eingebracht werden soll:
“Die LDK möge beschließen: Bündnis 90/Die Grünen Berlin lehnen eine Bewerbung Berlins um die Austragung Olympischer Sommerspiele in Berlin 2024 oder 2028 ab. Wir werden uns daher an politischen Bündnissen zur Verhinderung einer Bewerbung beteiligen.
Statt einer Olympiabewerbung fordern wir vom Senat, die wesentliche Probleme in dieser Stadt jetzt in Angriff zu nehmen – im Bildungswesen, in der Jugendhilfe, in der Arbeitsmarktpolitik, in der öffentlichen Infrastruktur, in der Wohnraumfrage, bei Bürgerdiensten, bei der Entlastung ein­kommens­schwacher Haushalte, bei gesundheitlichen und sozialen Dienstleistungsangeboten und in der Flüchtlingsbetreuung.
Begründung: Die positive Idee der Völkerverständigung und des sportlichen Wettstreits ist durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) ruiniert worden, so dass die Ausrichtung Olympischer Spiele heute vor allem mit Steuergeldverschwendung, Korruption und fehlgeleiteter Stadtentwicklung verbunden werden. Für die Ausrichterstädte bedeuten die Spiele wenig Mitsprache, hohe finanzielle Verluste und kaum sinnvoll nutzbare Infrastruktur. Die Annahme, das IOC bis zum Austragungs­zeitpunkt grundsätzlich zu reformieren, halten wir für illusorisch. Die Gewinner von Olympia sind vor allem Fernsehanstalten und Sponsoren. Verlierer sind die zerstörte Natur und Umwelt, die Anwohner*innen sowie die Volkswirtschaften der Austragungsländer.” Zum Antrag: hier

-Keine Bewerbung Hamburg/Berlin 2024? Es sieht so aus, als ob der DFB gerade die Olympiabewerbung Hamburg/Berlin 2024 versenkt hat: Der DFB zog am 19.9.2014 die Bewerbung um das Fußball-EM-Endspiel 2020 zurück und wird sich um die Fußball-EM 2024 bewerben. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: „“Ich habe in der Exekutivsitzung unsere Bewerbung für das Finale zurückgezogen, sodass es keine Kampfabstimmung gab und wir unser Ziel erreicht haben, auch wenn die heutige Entscheidung noch nicht den Zuschlag für die ganze EM 2024 bedeutet“ (London bekommt das EM-Finale, München ein Viertelfinale, in spiegelonline 19.9.2014).
Nun sind aber zwei Sport-Großereignisse innerhalb eines Jahres nach Olympischer Charta § 35 und Ausführungsbestimmung nicht zulässig: „Die Ausrichtung, der Ablauf und die Medienberichterstattung der Olympischen Spiele dürfen in keiner Weise von einem anderen Ereignis beeinträchtigt werden, das in der Gastgeberstadt oder in ihrer Umgebung oder an anderen Wettkampfstätten oder Austragungsorten stattfindet“ (Durchführungsbestimmung 2 zu Regel 35, Olympische Charta. Kommentierte Olympische Charta im Kritischen Olympischen Lexikon: hier).
Vergleiche unter Aktuelles –  Olympische Bewerbung 2024: verpfuscht

– Kommentar von Peter Ahrens in spiegelonline: „Denn ein Ja für die Heim-EM 2024 in Deutschland ist praktisch gleichbedeutend mit einem Nein für Olympia 2024 in Deutschland, egal ob sich Hamburg oder Berlin bewerben wird. Zwei so gewaltige sportliche Großereignisse, die sich in ihrer Aufmerksamkeit und ihren Profiten gegenseitig kannibalisieren – das machen weder die Spitzenverbände noch die Sponsoren mit. (…) Die DFB- und DOSB-Sportfunktionäre räsonieren trotzdem regelmäßig vom ‚Super-Sportsommer 2024‘, wie DOSB-Generalsekretär Michael Vesper dies noch am Freitag im Anschluss an die Uefa-Entscheidung getan hat. In Berlin und Hamburg wird für 2024 getrommelt, als ginge es ums Seelenheil der beiden Städte. Aber das ist alles für die Kulisse. Der Schein muss auch in den kommenden Monaten gewahrt bleiben. Aber Olympia 2024 in Deutschland ist ab diesem Freitag tot“ (Ahrens, Peter, Fußball kontert Olympia aus, in spiegelonline 19.9.2014).

– “Olympia – Stresstest für den Immobilienmarkt”. Das ist der Titel eines Artikels von Susanne Osadnik auf capital.de (30.9.2014). Auszüge: “Bau- und Immobilienbranche wittern schon Morgenluft: Hier wären jede Menge gute Geschäfte zu machen. Aber schon jetzt stöhnen Projektentwickler, weil Grundstücke teuer und rar sind oder der Erwerb an viele Bedingungen geknüpft ist, so dass die Gewinne schrumpfen. Das dürfte in einer Olympiastadt eher schlimmer als besser werden. Außerdem haben sie ohnehin genug zu tun: Berlin ist schon seit Jahrzehnten eine einzige Großbaustelle. Hamburg hält daran fest, 6000 Wohnungen im Jahr zu bauen; das wären zu Beginn der Spiele 60.000 Wohnungen mehr als heute schon vorhanden sind. Also, bedarf es keiner Olympischen Spiele als Motivation. Auch die Rechnung, dass das IOC die Kosten für die Neubauten übernimmt, geht nicht auf. Der DOSB hat bereits kund getan, dass das nicht der Fall sein wird, weil die Gebäude später öffentlich genutzt werden und daher keine expliziten Aufwendungen für die Spiele sind.
Für die Bürger in den beiden Städten heißen Olympische Spiele in erster Linie noch mehr Baustellen, noch mehr Verkehrschaos und zusätzliche Kosten. Da wird sich vielleicht der ein oder andere überlegen, ob er noch bleibt.”

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V: Allgemeine Nachrichten

– Camp Beckenbauer: Der Sport feiert sich. „Ab Montag (1.9. – 3.9.2014; WZ) schlägt Beckenbauer in den Kitzbüheler Alpen seine private Ehrentribüne auf. Handverlesene Entscheider des Sports, Geldgeber und Meinungsführer bittet er zum Netzwerken und Nachdenken. (…) Das Camp Beckenbauer soll zu einer Institution, zu einem ‚Major‘ werden – wie so ziemlich alles, was Markenprofi Marcus Höfl (Beckenbauers Berater; WZ) anpackt. (…) Fifa-Präsident Sepp Blatter tritt mit kleinem Gefolge an, IOC-Präsident Thomas Bach ebenfalls – der mächtigste Olympionike hat als Keynote-Speaker am Montagabend den größten Aufschlag. (…)
Als private Werbefigur war der Kaiser vor Jahren derart präsent, dass Experten schon vor dem Vampireffekt warnten: Das zu bewerbende Produkt droht hinter dem irrlichternden Testimonial zu verschwinden. Wer einen kaiserlichen Werbespot gesehen hat, erinnert danach zwar noch an Beckenbauer, aber nicht mehr die beworbene Schraube, Automarke oder Mobilfunkgesellschaft. Unter Höfls Beratung änderte sich die Strategie: Weniger ist mehr. Beckenbauers Portfolio wurde gestrafft, aufgewertet und mutmaßlich verteuert. Heute tritt er an als Experte für den Bezahlsender Sky, gleichfalls sein Sprachrohr in eigener Sache. (…) Ein Vertrag mit der Russian Gas Society, die Beckenbauer als Sportbotschafter engagierte, wurde von vielen kritisch beäugt. Gerade nach der vorherigen Fifa-Abstimmung zugunsten einer WM-Ausrichtung Russlands, an der Beckenbauer teilnahm, geriet dieser Vertrag ins Zwielicht. Unabhängig oder käuflich? Allein die Zweifel schmeckten Beckenbauer überhaupt nicht“ (Mersch, Thomas, Merx, Stefan, Camp Beckenbauer: Der Kaiser lädt auf den Sport-Olymp, in wsj.de 29.8.2014).
Aus einem Beitrag von Benedikt Warmbrunn in der SZ: „Das eigentliche Thema des „Camp Beckenbauer“ ist natürlich ein anderes, laut Untertitel die Zukunft des Sports, aus Sicht der anwesenden Mächtigen also: die bessere Vermarktung. Sie reden über die Dominanz des Fußballs, die Zukunft der Sportberichterstattung, das Marketingkonzept der Uefa. Zu den drängenden Fragen der nahen Zukunft schweigen die Mächtigen, nur eine Aussage muss sich in nächster Zeit behaupten. Zu einem möglichen Boykott der WM 2018 sagt Blatter: ‚Wir stellen die WM in Russland nicht in Frage.‘ Ein Boykott habe noch nie etwas gebracht“ (Warmbrunn, Benedikt, Selfie unter Freunden, in SZ 4.9.2014). Zum Boykott der WM siehe auch unten.

– Boykott oder Nicht-Boykott? Natürlich kein Boykott. Fifa-Präsident Sepp Blatter positionierte sich eindeutig: „Wir stellen die WM in Russland nicht in Frage. Wir sind in einer Situation, in der wir den Organisatoren der WM 2018 und 2022 unser Vertrauen aussprechen“ (dpa, „Wir stellen die WM in Russland nicht in Frage“, in zeitonline 2.9.2014). Im Zusammenhang mit dem von Russland initiierten Krieg in der Ostukraine und einem möglichen Boykott der Fußball-WM 2018 oder des Formel-1-Rennens in Sotschi 2014 schreibt Johannes Aumüller in der SZ: „Doch ausgerechnet die mächtigsten Repräsentanten des Weltsports verschließen sich ihr komplett. Sepp Blatter, der Präsident des Fußball-Weltverbandes. Thomas Bach, der Chef des Internationalen Olympischen Komitees. Und Bernie Ecclestone, der Herr über die Formel 1. Jene Sportlenker also, die sich immer wieder gerne in herzlicher Atmosphäre mit Russlands Staatschef Wladimir Putin ablichten lassen und diesen mit Lobreden überschütten. Der Sport ist doch politisch neutral. Ein Boykott bringt doch eh nichts. Mit diesen ewig gleichen Ansätzen wehren sie jede Diskussion ab, doch beide Argumente treffen nicht zu.
Tausendfach ist belegt, wie eng Politik und Sport miteinander verwoben sind – und bizarrerweise hat das in den zurückliegenden Jahren ja ausgerechnet Wladimir Putin intensiver vorexerziert als jeder andere Staatsmann. Er war es, der Russlands vielfältige Tätigkeiten in der Welt des Sports, von der immensen Zahl an Veranstaltungen bis zum Ausbau des Sponsorings durch Staatsfirmen wie Gazprom oder Rosneft, maßgeblich vorantrieb. (…) Und wenn ausgerechnet derart begnadete Machttaktiker wie Blatter oder Bach solche Sanktionen rigoros ablehnen, vergeben sie nicht nur Verhandlungsspielraum – sondern positionieren sich auch in diesem Konflikt eindeutig. Gegen den Westen, an der Seite Putins“ (Aumüller, Johannes, Boykott als Chance, in SZ 6.9.2014).
Vergleiche auch: Der Sport ist politisch

– Entwicklungsminister kritisiert Shell und Adidas. Gerd Müller (CSU) bezeichnete die Zustände bei der Ölförderung in Nigeria (Beispiel  Shell) und in der Textilindustrie (Beispiel Adidas) als „inakzeptabel“ und rief zum Boykott der Verursacher auf. „Der Entwicklungsminister ging auch mit der globalen Textilindustrie scharf ins Gericht. Das neue Weltmeistertrikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft mit seinen vier Sternen koste 84 Euro. ‚Davon bekommt die Näherin in Bangladesch 15 Cent.‘ Der CSU-Politiker kritisierte grundsätzlich die Ausbeutung der Arbeiter in Asien und Afrika durch Konzerne aus Europa und Nordamerika: ’16 Stunden-Tage, 5 Cent die Stunde, sechs Tage Arbeit für die Frauen – es kommt hinten ein Lohn heraus, der nicht zum Leben reicht, geschweige denn für die Familie.‘ Es gebe keinen Arbeitsschutz, und bei Schwangerschaft folge die sofortige Kündigung“ (Schäfers, Manfred, Entwicklungsminister will Shell und Adidas boykottieren, in faz.net 10.9.2014). Siehe auch unten

– Adidas-WM-Trikots-Gewinn. Der Spiegel recherchierte seit längerem bezüglich des WM-Trikots. Er kam auf 50 Cent Stundenlohn für die Näherinnen (Länge, Maximilian, Zand, Bernd, Trikots aus der Trutzburg, in Der Spiegel 38/15.9.2014). Die Trikots werden für Adidas in China hergestellt von der Firma Bowker Yee Sing Garment Factory. Ein chinesischer Kollege veröffentlichte einen Bericht am Tag nach dem Fußball-WM-Finale. Die Arbeiterinnen und Arbeiter arbeiten von 7 bis 22 Uhr mit einer Stunde Mittagspause. Adidas verweigerte jede Kooperation mit den Spiegel-Journalisten, ebenso zum WM-Trikot. Dem Spiegel zufolge setzen sich die 85 Euro wie folgt zusammen: Gewinnspanne Hersteller Adidas 16,26 €; Mehrwertsteuer 13,57 €; Stoff, Näharbeiten und Verschiffung 8,23 €; Gebühren an den DFB 5,10 €; Marketing 2,39 €; Vertrieb 2,02 €; Sportgeschäfte und Onlineshops 37,43 € (Ebenda). „Die Nachfrage ist riesig, am Ende des Jahres wird Adidas allein in Deutschland weit über zwei Millionen DFB-Tickets verkauft haben“ (Ebenda).
Vergleiche auch die Veröffentlichung von Greenpeace vom Mai 2014: Rote Karten für Sportmarken

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VI: Aktuelle Fußball-Sportsplitter von Fifa, Uefa etc.

– EU überlegt Boykott der WM 2018. Im Rahmen der Sanktionsmaßnahmen gegen Russland wegen Putins Invasion in der Ostukraine erwägt die EU einen Boykott der Fußball-WM in Russland. Schon Anfang August 2014 hatte dies der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer gefordert: „Bleibt Putin bei seiner Linie, kann ich mir eine Fußball-WM in Russland nicht vorstellen“ (EU erwägt Boykott der Fußball-WM, in spiegelonline 3.9.2014). „Angesichts des völkerrechtswidrigen Verhaltens hatten verschiedene deutsche Politiker einen Boykott oder Entzug der Weltmeisterschaft gefordert, zuletzt Rebecca Harms, die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im EU-Parlament“ (EU erwägt Boykott-Empfehlung, in faz.net 3.9.2014).
Die im Camp Beckenbauer (siehe oben) in Going bei Kufstein versammelten Granden des Internationalen Sports lehnten sogleich einen Boykott ab. Fifa-Präsident Sepp Blatter: „Wir stellen die WM in Russland nicht infrage“ (Ebenda). „Das hat noch nie etwas gebracht“ (spiegelonline 3.9.2014). – DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: „Der Versuch, über den Sport auf politische Dinge Einfluss zu nehmen, ist gescheitert. Niemand von uns nimmt das Wort Boykott in den Mund, und das wird auch nicht von der Politik erwartet“ (Ebenda). – „IOC-Präsident Bach warnte vor diesem Schritt. Der Sport dürfe sich nicht verleiten lassen, den Boden der politischen Neutralität zu verlassen, sagte der Vorsitzende des Internationalen Olympischen Komitees(Ebenda).
Neutralität heißt hier: mit jeder Diktatur und jedem Diktator zu paktieren – und seine Sportfeste ungeachtet aller humanitären und ethischen Proteste abzufeiern.
In Weißrussland, Russland, China, Aserbaidschan, Kasachstan etc.
Dazu aus einem Kommentar von Michael Horeni in der FAZ: „… zurück ins sportpolitische Feld an die Veranstalter aus dem Hause Blatter, die ihr höchstes Gut gleich an zwei fragwürdige Ausrichter vergeben haben. In diesen Tagen sieht sich der Fifa-Präsident nun genötigt, Russland und Qatar sein Vertrauen auszusprechen. Das wird auf Dauer nicht reichen. Denn die Diskussionen um die Standorte ihrer sportlichen Großveranstaltungen, die sich nun auch die Fifa nach dem Internationalen Olympischen Komitee für die Vergabe von Olympia nach Sotschi (und zuvor Peking) einhandelte, hat sich der Weltverband ebenso verdient wie die Europäische Fußball-Union. Beide Verbände hatten und haben offenbar keine Bedenken, sich ihre Spiele nicht zuletzt auch noch von Gazprom, Putins wirtschaftspolitischem Kraftprotz auf dem internationalen Spielfeld, finanzieren zu lassen. Die vielen Millionen, gleichgültig aus welch fragwürdigen Quellen sie kommen und zu welch machtpolitischen Zielen sie eingesetzt werden, sind der großen internationalen Fußballfamilie immer noch mehr wert als jede ihrer Aktionen, mit denen sie in den Stadien fröhlich für Fairplay und Respekt werben“ (Horeni, Michael, Die Fifa hat sich verkauft, in faz.net 3.9.2014).
Vergleiche auch: Der Sport ist politisch

– Rassismus im Fußball. Blatters große Fußballfamilie ist oft auch mal rassistisch: Das war gut zu beobachten gewesen bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien. Nun traf es den dunkelhäutigen brasilianischen Torwart des FC Santos, den die Anhänger von Porto Alegre am 28.8.2014 diffamierten – gerade wenige Wochen nach der Fußball-WM. „Ich habe versucht, es auszuhalten. Aber als dann die Affengeräusche dazukamen, konnte ich nicht mehr“ (Porto Alegre wegen rassistischer Sprechchöre vom Pokal ausgeschlossen, in spiegelonline 4.9.2014). Die von Fernsehkameras gefilmten rassistischen Fans erhielten ein zweijähriges Stadionverbot. „Schiedsrichter Wilton Pereira Sampaio hatte die Vorkommnisse trotz der Hinweise von Aranha nicht im Spielbericht vermerkt. Er wurde daraufhin mit einer Sperre von 90 Tagen belegt“ (Ebenda).

– Uefa bläht Fußball-EM 2016 auf. Statt 16 nehmen nun 24  Mannschaften teil. „Im modernen Fußball geht es grob gesagt darum, an noch mehr Tagen mit noch mehr Fernsehübertragungen noch mehr Geld zu verdienen, und der Trick dabei ist, für diesen Plan immer noch mehr wohlklingende Worte zu finden. (…) Leider hat der Verband, der sich so rührend um das Spiel kümmert, gleichzeitig das EM-Teilnehmerfeld von 16 auf 24 Teams aufgebläht (ein sog. neues Format), weshalb es nun fast die Hälfte der 53 Mitgliedsstaaten zum Turnier schaffen wird; selbst die Gruppendritten können sich über die Playoffs qualifizieren. Das ist die klassische Funktionärsglanztat: Spannung gibt’s jetzt zwar keine mehr, aber die Nicht-Spannung kommt jetzt noch häufiger im Fernsehen“ (Kneer, Christof, Mehr, mehr, mehr, in SZ 6.9.2014).

– WM 2022 in Katar – oder nicht. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge, ist auch Vorsitzender der European Club Association (ECA), welche die Interessen der europäischen Fußballvereine gegenüber Fifa, Uefa und der europäischen Politik vertritt. Eine Verlegung der WM 2022 muss eng mit der ECA in Genf aufgrund der Spielpläne abgestimmt werden und stößt hier auf Widerstand. Die Fifa schließt eine Verlegung auf Januar und Februar 2023 grunsätzlich aus: „Katar habe den Zuschlag für 2022 bekommen, deshalb müsse das Turnier entweder zu Beginn oder am Ende jenes Jahres stattfinden“ (Teevs, Christian, Rummenigge warnt vor Winter-WM, in spiegelonline 9.9.2014). Anfang 2022 finden die Olympischen Winterspiele statt: „Die Fifa dürfte sich kaum mit dem IOC anlegen