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Kim Un Yong

Von 1986 bis 2005 war Kim Un Yong  (* 1931, † 2017) Mitglied im IOC, dazu Mitglied im IOC-Exekutivkomitee und seit 2003 IOC-Vizepräsident. Bis 2004 war er auch Präsident der General Association of international sports federations (GAIFS), seit 2009 in SportAccord umbenannt.
Kim war Agent des südkoreanischen Geheimdienstes und Sekretär des Premiers Park Chung Hee, der den blutigen Staatsstreich 1961 initiierte. Er hatte auch zwischen 1970 und 1988 engste Kontakte zu den südkoreanischen Militärdiktatoren Chun Doo Hwan und Roh Tae Woo. „Jeder blutrünstige General, der die Macht an sich riss, konnte auf seine Loyalität zählen“ (Andrew Jennings).

Kim Un Yong wurde 1973 Präsident der World Taekwondo Federation und blieb dies bis  2004. Der eigentliche Entwickler dieser Sportart, der südkoreanische General Chi Hong Hi, der nichts mit der Militärdiktatur zu tun haben wollte, wurde von Kim ausgetrickst – und damit drei Viertel aller Taekwondo-Sportler. Kim holte mit Horst Dassler die Olympischen Sommerspiele 1988 nach Seoul.

Kim setzte 1993 auch die Aufnahme des koreanischen Kampfsports Taekwondo als olympische Disziplin im Jahr 2000 durch, indem er diesmal die Karate-Sportler ausbootete. Er kassierte mit Wissen von Samaranch von Sportlern, Kampfrichtern und den Funktionären des Taekwondo-Sports Gebühren für die Teilnahme an den Olympischen Spielen.

Kim beherrschte den südkoreanischen Sport dreißig Jahre lang. Er führte einen falschen Doktortitel und war in den Bestechungsskandal von Salt Lake City verwickelt. Ein Geschäftsmann aus Salt Lake City sagte vor Gericht aus, dass er an den Sohn John Kim 70 000 Dollar für die Stimme des Vaters bezahlt habe. (John Kim hatte sich nach Korea abgesetzt und fand Arbeit im Samsung-Konzern des IOC-Mitglieds > Lee Kun Hee.) Für Kim Un Yong erfand das IOC eine eigene Bestrafungskategorie: den „strengstmöglichen Tadel“.

Kim Un Yong wurde kurz vor den olympischen Sommerspielen 2004 in Athen wegen der Annahme von umgerechnet 660 000 Euro Bestechungsgeld und der Veruntreuung von über zwei Millionen Euro zu zwei Jahren Haft verurteilt. Er kam durch seinen Rücktritt vom Amt des IOC-Vizepräsidenten einem Ausschluss zuvor und trat auch 2004 als Präsident von GAIFS zurück (Nachfolger wurde IOC-Mitglied Hein Verbruggen). Kim Un Yong wurde schon 2005 wieder aus dem Gefängnis entlassen – wegen gesundheitlicher Probleme (Wrusch 24.4.2014).
Samaranch bezeichnete Kim früher als „einen meiner wichtigsten Mitarbeiter“ und lud ihn noch zu den Sommerspielen 2008 in Peking als Stammgast ein. Auch > Thomas Bach war mit ihm befreundet und einer der drei Bürgen, als Kim Un Yong gegen Jacques Rogge 2001 um das Amt des IOC-Präsidenten kandidierte und verlor.

Nachtrag 1:
„Der einst wegen Korruption und Unterschlagung verurteilte ehemalige IOC- Vizepräsident Kim Un-yong aus Südkorea ist am Dienstag in der Hauptstadt Seoul im Alter von 86 Jahren gestorben. (…) In jenem Jahr (2004; WZ) war er in seiner Heimat zu zwei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe in Höhe von 640 000 Euro verurteilt worden. Die Richter hatten es als erwiesen angesehen, dass Kim 2,3 Millionen Euro von der WTF und anderen Organisationen unterschlagen habe. Zudem soll er von Unternehmen Bestechungsgelder angenommen haben“ (SID, SZ, Kim Un-Yong gestorben, in SZ 5.10.2017).

Quellen:

Gnadenakt für den Olympiatraum, in SZ 30.12.2009
Haftstrafe für IOC-Vize Kim Un Yong, in Handelsblatt 3.6.2004
Hein Verbruggen weiter GAIFS-Präsident, in focus.de 27.4.2007
Jennings, Andrew, Das Olympia-Kartell, Reinbek 1996
Kistner, Thomas
– An den Fäden des Sportbundes, in SZ 7.10.2009
– So korrupt ist das IOC, in Cicero 6/2008
Kistner, Thomas/Weinreich, Jens, Der olympische Sumpf, München 2000
Lee wieder im IOC, in SZ 9.2.2010
Pyeongchang: Olympiafavorit für 2018, Blog 4.5.2009
Sandomir, Richard, Olympics: Suspended I.O.C. Official Is Asking for Receipts, in nytimes.com 18.3.2004
Schneppen, Anne, Anklage gegen Kim – Südkorea verstößt seinen Sportkaiser, in FAZ 4.3.2004
Simson, Vyv/Jennings, Andrew, Geld, Macht und Doping – Das Ende der olympischen Idee, München 1992
Votum mit politischer Brisanz, in Berliner Zeitung 9.2.2006
Weinreich, Jens
– Kims letzter Kampf, in Berliner Zeitung 19.3.2004
– Mahnendes Beispiel, in SZ 11.3.2009
Wrusch, Paul, Geldgeile alte Männer, in tsz.de 24.4.2014