All the World’s a Stage, wusste Shakespeare. All the World is Sport, heißt es heute. Februar 2010: Olympische Winterspiele in Vancouver. Juni/Juli 2010: Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Schwimm-Weltmeisterschaft. Schieß-Weltmeisterschaft. Kanu-Weltmeisterschaft… Und nun endlich August 2010: Olympische Jugendspiele in Singapur, und dann in Innsbruck/Österreich 2012, und dann in Nanjing/China 2014! Und so weiter. Der Dollar/Euro/Rubel rollt. Die Olympischen Jugendspiele sind ein Lieblingskind des IOC-Präsidenten Jacques Rogge und sollen sich als weitere Cash Cow entwickeln.
Die Olympischen Jugendspiele sollen sich auch behaupten gegen IOC-ferne Aktivitäten wie die X-Games, die Ticket-To-Ride-Tour (TTR) etc.
Und sie bieten eine weitere Möglichkeit für das IOC, „um abgelehnte Bewerberstädte für Olympische Sommerspiele und Winterspiele zu vertrösten“ (Michalek 15.1.2012).
Wie die Großen, so die Kleinen
Im Juli 2007 beschlossen die IOC-Mitglieder bei ihrer Session in Guatemala auf Vorschlag von Jacques Rogge einstimmig eine Jugendversion der Olympischen Spiele. Bei den Olympischen Sommer-Jugendspielen sollen maximal 3500 Jungsportler und 875 Betreuer mitmachen, bei den Olympischen Winter-Jugendspielen 1000 Jungsportler und 500 Betreuer.
IOC-Präsident Rogge wollte zunächst auf Nationalsymbole verzichten: „Aber ich habe auf dem Weg nach Singapur viele kleine Gefechte verloren. Ich wollte keine Flaggen, Hymnen und Podien. Doch die überwältigende Mehrheit der IOC-Mitglieder hat gesagt: Nein, nein, nein, es soll alles wie bei den traditionellen Spielen sein“ (Weinreich 28.4.2010). – „Nein, das ist nicht möglich, wir wollen nationale Fahnen, sie sind der Stolz unserer Länder. Ich bin unterlegen“ (Kistner 9.2.2010).
Auch der angebliche „Verzicht“ auf einen Medaillenspiegel stimmte nicht: „Das Wettkämpfen um Medaillen war nach wie vor dominant vorhanden. Der Medaillenspiegel wurde weiterhin interpretiert“ Michalek 15.1.2012)
Die Jugendsportler werden also eingeführt in die olympische Welt: „Sie sind eine Elite, die längst eingeschworen ist darauf, ihrem Land später als Gewinner zu dienen, also waren sie in Singapur auf den Sport konzentriert“ (Hahn 27.8.2010).
Singapur, August 2010
Im Vorfeld wurde auch hier ein Fackellauf mit Olympischen Feuer auf Weltreise inszeniert. 3600 Sportjugendliche von 14 bis 18 Jahren aus 205 Sportnationen durften sich in die Welt der Großen einüben. „Jene 26 Sportarten, die in London 2012 auf dem Programm stehen, werden auch in Singapur ausgetragen.“ (Weinreich 28.4.2010)
Die Stadien waren theoretisch ausverkauft und praktisch leer: Denn über 80.000 Tickets gingen über Ministerien an Schulen und fanden dort kein Interesse, genauso wenig wie die Karten von Sponsoren an Geschäftspartner. (SZ 20.8.2010)
Alle Teilnehmer mussten in Singapur vom 14. bis 26.8.2010 anwesend sein, um vom IOC „Werte und Ideale“ vermittelt zu bekommen. (Kistner 12.8.2010) Das „Cultural and Education Program“ des IOC fand eher am Rande statt – kein Schaden, wie Thomas Hahn in der SZ schrieb: „Je weniger die Jugendlichen von der Friede-Eierkuchen-Doktrin des IOC im Gedächtnis behalten, umso besser.“ Und Thomas Kistner fragt sich:
„Welchen Sinn hat es, die Jungen für genau den Olympismus empfänglich zu machen, an dem die Altvorderen seit Jahrzehnten immer kläglicher scheitern? Betrug, Korruption, Manipulation sind ja keineswegs Randerscheinungen – sie sind Systemzwang, Essenz des Spitzensports und der Wirtschaftspolitik, die ihn antreibt. Insofern müsste echte olympische Bildung darauf hinauslaufen, junge Menschen über Motive und Propagandisten dieses Leistungssports aufzuklären – was sie wohl eher in Opposition brächte.“ (Kistner 12.8.2010)
Die Kosten
Die Kosten für die ersten Olympischen Sommer-Jugendspiele wurden auf 30 Millionen Dollar (etwa 23 Millionen Euro) geschätzt; für die Winter-Jugendspiele liegen die Schätzungen bei 15 bis 20 Millionen Dollar (etwa 11 bis 15 Millionen Euro).
Die tatsächlichen Gesamtkosten Singapur 2010 sollen bei 222 Millionen Euro gelegen haben, also beim Siebenfachen der ursprünglich geschätzten Summe. Allein die Eröffnungsfeier vor 27.000 Zuschauern kostete um die 24 Millionen Euro (Hahn 27.8.2010; SZ 18.8.2010). Diese Summe hat Innsbruck, der Austragungsort der Winter-Jugendspiele 2012, gerade einmal als Gesamtbudget eingeplant. (SZ 18.8.2010) Dort wird man dann 2012 über die tatsächliche Endsumme staunen!
Das IOC kommt für Reise, Kost und Logis der Sportler und Betreuer auf. Die Beteiligung des IOC lag bei geschätzten 80 Millionen Euro und war trotzdem profitabel: Der „Club der alten Herren“ – gezeichnet von einem „dramatischen Überalterungsprozess“ (Thomas Kistner) konnte mit Jugend punkten und sein Image aufpolieren. Außerdem werden neue Orte erschlossen: „Klein-Olympia (ist) künftig für alle interessant, die sich an den großen Spielen verheben würden“ (Hein 26.8.2010).
Die Jungathleten
DOSB-Präsident und IOC-Vizepräsident Thomas Bach beneidete die Jugendlichen in Singapur, „weil sie ohne Leistungsdruck in einem olympischen Dorf wohnen dürften“ (Maurer 14.8.2010). Dabei tun die jungen Sportler (wie die älteren) alles, um eine Goldmedaille zu bekommen und „Gewinner der Jugendspiele“ zu werden (Olympiasieger dürfen sie sich nicht nennen). Auch finanziell rechnet sich ein Sieg, wie ein deutscher Gewichtheber erkannte: „Wenn ich hier in Singapur eine Medaille hole, bekomme ich vielleicht einen Sponsor“ (Hein 26.8.2010).
DOSB-Leistungssportdirektor Ulf Tippelt stellte fest: „Wir sehen diese Athleten auf dem Weg zu Olympischen Spielen, Singapur war da ein Meilenstein.“ (sportschau.de 4.9.2010) Und so sah es auch die Wassersportlerin Kieu Duong (15): „Im Kopf bin ich schon einen Schritt weiter. Es ist mein Traum, 2012 in London dabei zu sein.“ Diese Jugendspiele seien „eine mentale Vorbereitung auf die echten, großen Olympischen Spiele“ (Hahn 27.8.2010).
Abgekupferte Idee
Wie schon im Fall der Artiade wurde auch die vermeintliche IOC-Idee der Olympischen Jugendspiele schlicht von anderen übernommen. Der Österreicher Johann Rosenzopf hatte sich 1999 beim Wiener Markenamt die Idee schützen lassen, die 14- bis 18-Jährigen bei olympischen Junioren-Spielen antreten zu lassen. Er bot dem IOC dieses Konzept an. Der damalige IOC-Präsident Samaranch ließ ihn wissen, dass das IOC schon alles habe. Sein Nachfolger Jacques Rogge verwies Anfang 2002 auf die Terminschwierigkeiten mit einer internationalen Veranstaltung, um dann auf der IOC-Session 2007 die künftigen Olympischen Jugendspiele als seine Idee zu präsentieren.
Später verhandelten die Anwälte des IOC und des Wieners, der kein Geld, sondern eine Urkunde möchte, in der steht, „dass ich der Autor des Gedankens bin, eine Jugend-Olympiade zu schaffen“ (Kistner 14.8.2010). Im Dezemnber 2010 bequemte sich schließlich im Dezember 2010 in einer Urkunde zu dem öffentlichen Statement, dass Rosenzopf einen maßgeblichen Impuls und Beitrag für die Entwicklung der Olympischen Jugendspiele geleistet habe (Seele 27.12.2010).
Der Kommerz von morgen
„Nun also Jugendspiele: statt Sieg und Kommerz Erziehung und Wertevermittlung beim Großevent… tatsächlich wird nur der Kommerz von morgen gesichert“ (Kistner 12.8.2010).
Thomas Bach lobte nicht von ungefähr die Jugendspiele: „Besser kann man nicht investieren.“ (Kistner 12.8.2010) Allerdings waren die großen Sponsoren noch nicht interessiert, die Fernsehsender mussten nur wenig für die Rechte bezahlen. (Die Kundschaft muss schließlich vorsichtig angelockt werden.) Darum forderte Bach für die Zukunft umgehend eine „kontrollierte Kommerzialisierung der Jugendspiele“ (Hahn 27.8.2010) beziehungsweise die Spiele „kontrolliert für Sponsoren zu öffnen“ (Hein 26.8.2010). Die Sponsoren melden sich derzeit schon für Nanjing 2012 an: „Denn keine Zielgruppe ist für die werbende Wirtschaft so interessant wie Jugendliche“ (Hein 26.8.2010).
Das IOC hat „vor allem eines hervorgebracht: ein weiteres Massenereignis“ (SZ 16.8.2010). Das neue Geschäftsmodell wird einschlagen.
Neue Kontrollgruppe Olympische Jugend
„Saubere Jugendspiele kann es nicht geben, so lange im logischen Fortgang einer Sportkarriere Pillen, Nadeln und satte Prämien warten“ (Kistner 10.10.2009). Der olympische Leistungssport der Erwachsenen mit Kommerz und Doping fordert nun auch logischerweise bei den olympischen Jugendlichen seinen Preis. Schon früh begann dieser Prozess: „Jung-Siegfriede müssen Duftmarken auf olympischen Boden setzen – was das heißt? Gedopte Jugendspieler gab es schon bei den europäischen Jugendspielen 1991“ (Kistner 12.8.2010).
Und der Doping-Prozess geht weiter – je jünger, umso ernster und furchterregender:
„Rekordreife 21 Schutzsperren wurden soeben von der Nordischen Junioren-WM in Frankreich vermeldet, überhöhte Blutwerte sind fast immer Hinweise auf Doping. Bei den Junioren, muss man wissen, wurde bisher kaum kontrolliert, die meisten gehörten nicht mal den Testpools an. Deshalb entlarven solche Zahlen jetzt nicht nur das Funktionärsgewäsch, sie zeigen, dass es wirklich höchste Zeit ist für eigene Olympische Jugendspiele: 2010 geht’s los!“ (Kistner 5.2.2010)
Genau die richtigen olympischen „Vorbilder“ üben die Jugendlichen erst einmal ein auf ihre neue Welt: „Usain Bolt und Michael Phelps werden den ‚Chat with Champions’ führen. Bolt und Phelps als Sinnstifter – kann man die Realität dieses Milliardengeschäftes dramatischer ignorieren?“ (Kistner 12.8.2010).
Schussfeste olympische Jugend
Singapur war auch die Generalprobe für Laserpistolen beim Fünfkampf: Sie sollen „spektakulärer, umweltfreundlicher und kostengünstiger“ sein, dazu seien die Kosten um zwei Drittel niedriger, erklärte der deutsche Weltpräsident der Modernen Fünfkämpfer. Außerdem gilt die Laserpistole nicht mehr als Waffe, und so könnten Kinder leichter mit dem Modernen Fünfkampf beginnen: „Trainiert werden kann nun im Flur, im Keller oder im Garten“ (SZ 24.8.2010).
Ist es wirklich wünschenswert, wenn der/die Kleine schon mit fünf Jahren mit Laserwaffen im Wohnzimmer auf Ziele schießt? Damit wird letztlich ein noch früherer Umgang mit Waffen möglich, die Waffenideologie gefördert und eine spätere Praxis mit realen Waffen gefördert.
Irgendwie passt hierzu auch, dass sich die russische Teilrepublik Dagestan, die als die unruhigste Kaukasus-Region gilt, um die Olympischen Jugendspiele 2018 bewirbt. Oligarchen wie der Milliardär Suleiman Kerimow wollen eine Milliarde US-Dollar in ein Stadion, weitere Sportstätten und Infrastruktur investieren (Ballin 11.4.2011).
Wieder einmal wird offensichtlich, dass die Olympische Idee offensichtlich langfristig mit diktatorischen und autoritären Regimen liebäugelt.
Der Sinn Olympischer Jugendspiele
Wenn man davon absieht, dass Olympische Jugendspiele eine neue exklusive Treffmöglichkeit des IOC sind – in Singapur 2010 residierte das IOC im Hotel Ritz, die deutsche Delegation von München 2018 im Hotel Mandarin Oriental -, erschließt sich der weitere Sinn kaum. Selbst der ehemalige IOC-Vizepräsident Richard Pound sieht die Effekte der Olympischen Jugendspiele kritisch:
„Mit den auf Höchstleistungen fixierten Jugendspielen erreiche man ‚maximal zwei Prozent der Kinder’, sagte Pound: ‚Eine Minderheit, die ohnehin Sport treibt…Ich frage mich, ob eine Struktur aus dem 19. Jahrhundert der richtige Ansatz ist, die Probleme zu lösen.’“ (Weinreich 28.4.2010)
„Anders als vom IOC gedacht und erhofft, steht keineswegs dieses jugendliche Zusammensein mit breiten sozialen sozialen und kulturellen Komponenten im Fokus der Aufmerksamkeit, sondern … rein der Kampf um olympisches Edelmetall“ (echoonline 1.9.2010). Der ehemalige Vizepräsident des Deutschen Leichtathletikverbandes, Eike Emrich erklärte: „Wir haben befürchtet, dass es schon bei Kindern und Jugendlichen nur um Medaillen, Nationenvergleiche und Rekordergebnisse geht, dass sich sportpolitisches Handeln allein an der Steigerung von Leistung ausrichtet – sich das sportliche Wettrüsten in immer frühere Altersbereiche vorverlagert“ (Ebenda).
Aber der Sinn der Jugendspiele ist nun einmal Kommerz, Umsatz, Geschäft. Und bevor das IOC von seinem kommerziellem Ansatz, von seiner Markterweiterung lässt, führt es eher noch eine weitere Neuerung ein: die Olympischen Kinderspiele.
(Hiermit melde ich – selbstverständlich ernsthaft – die Urheberschaft auf diese herausragende neue olympische Idee an. Es ist natürlich fraglich, ob und wann das IOC darauf reagieren wird.)
Nachtrag 1: Olympische Gefahren-Planung
Nach den ersten Olympischen Jugend-Sommerspielen 2011 in Singapur finden im Januar 2012 die ersten Olympischen Jugend-Winterspiele in Innsbruck statt. Nun wurde das neue Geschäftsmodell recht überstürzt entwickelt. Deshalb müssen die 17- bis 18-jährigen Bobfahrer in den schweren Erwachsenenbobs starten: Leichtere Bobs aber kosten mehr als die 40.000 Euro, die ein schwerer Bob kostet. “Die Idee, Schüler in Erwachsenenbobs fahren zu lassen, gilt als Schnapsidee” (Kreisl 5.10.2011).
Man darf gespannt sein…
Nachtrag 2:Jugend im Gentest
„Geld ist der Grund, weshalb der Sport nach Talenten lechzt, es sind Firmen entstanden wie Atlas Sports Genetics in den USA: Das Unternehmen bietet für 169 Dollar ein Testset an, mit dem man einen Abstrich nehmen und einsenden kann. Die Firma teilt mit, welche Talente laut DNA vorliegen, Typ schnellkräftig, Typ ausdauernd. Sie wirbt damit, dass der Test ‚Eltern und Trainern frühzeitig Informationen über die genetischen Anlagen ihres Kindes‘ gibt“ (Neudecker 5.12.2012).
Vergleiche auch Olympische Jugend-Winterspiele 2012 Innsbruck
Nachtrag 3: Mangelnde Nachfrage
„Swiss Olympic setzt nach dem Bündner ‚Nein‘ nun auf die Bonsai-Version Olympischer Spiele, die Olympischen Jugendspiele. Lausanne bewirbt sich für deren Durchführung 2020. Einzige Konkurrentin ist die rumänische Stadt Brasov“ (Wenigstens Bonsai-Olympia, in nzz.ch 30.11.2013).
Nachtrag 4: Nanjing 2014
Die 2. Olympischen Jugendspiele warten auf u. a. mit Golf, Rugby, Inline-Skating, Wushu. „Ganz modern ist auch der Fackellauf der Spiele. Die Fackel wird nämlich virtuell durchs Internet weitergereicht“ (Rawohl, Astrid, Hollmann, Frank, „Olympiareife Sportstätten und Schattenseiten“, in deutschlandfunk.de 10.8.2014). „Eine Art kindgerechte Version der großen Spiele soll Jugend-Olympia sein, damit die Starter im Alter zwischen 14 und 18 nicht gleich verfeuert werden. (…) Das IOC ist die Vermarktungs-Agentur der olympischen Ringe, es sucht Personal und Kundschaft für die Show von morgen. (…) Und auch die schönen Reden von Freundschaft und Fairplay dürfen nicht davon ablenken, dass in Nanjing eine Elite am Start ist, die längst drinsteckt in einer durchgetakteten Leistungssportmühle“ (Hahn, Thomas, Talente für die Marketing-Mühle, in SZ 21.8.2014). Offiziell sollten die Medaillen nicht in der Nationenwertung gezählt werden. – „Täglich unterliefen große Staatsmedien die Medaillen-Nicht-Zählerei und feierten Chinas Spitzenposition“ (dpa, China jubelt, in SZ 28.8.2014).
Aus dem Resumée von Thomas Hahn in der SZ: „Das Motto ‚Dabeisein ist alles‘ ist auch bei Jugend-Olympia vor allem ein Werbeslogan. Wenn es anders wäre, würde das IOC seine Jugendsport-Moral viel konsequenter verfolgen. (…) Dieser entschleunigte Friede-Eierkuchen-Sport, der bei den Jugendspielen zur Aufführung kommt, lenkt von dem eigentlichen Ziel des IOC ab: dem Produkt Olympia eine Zukunft zu geben mit einem Personal, dem das Ringe-Marketing früh in Fleisch und Blut übergegangen ist“ (Hahn, Thomas, Kinderdressur in Nanjing, in SZ 28.8.2014).
Nachtrag 5: Olympisches Wachstum
Der Präsident des französischen Olympischen Komitees, Denis Masseglia, hat angesichts der Jugendspiele 2014 in Nanjing und fast 3.800 Jugendsportlern Befürchtungen geäußert, dass die Olympischen Jugendspiele das Niveau und Ausmaß von Olympischen Spielen erreichen würden. Er ist besorgt, dass die Jugendspiele ihre originäre Idee verlassen hätten. Masseglia: „Wir können nicht gut das Ausmaß kritisieren, das die Organisatoren von Nanjing 2014 gewählt haben, aber gleichzeitig müssen wir uns fragen, ob es das wert ist“ (Butler, Nick, French Olympic chief concerned over impact of lage-scale nature of Nanjing 2014, in insidethegames.biz. 20.8.2014; Hervorhebung WZ).
So ist das im olympischen Business: Größer, pompöser, teurer.
Nachtrag 6: Lillehammer 2016 (I)
„Die Frage stellt sich nicht mehr, ob Olympische Jugendspiele richtig oder falsch sind. Der frühere IOC-Präsident Jacques Rogge hat sie gewollt und 2010 bekommen. Dass die Veranstaltung den Wettkampfkalender vieler Hochbegabter zusätzlich belastet, dass sie die Ringe-Idee einer gewissen Beliebigkeit preisgibt – das ist dem IOC egal. In den nächsten zehn Tagen finden die Jugendspiele zum vierten Mal statt, Lillehammer ist der zweite Ausrichter der Winter-Version nach Innsbruck 2012. 1100 Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren aus 70 Nationen nehmen teil, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) entsendet 44 Jungen und Mädchen aus den Nachwuchskadern seiner Spitzenverbände. Die Spiele haben sich wie selbstverständlich eingefügt in den Trend zum Event, der den Sport längst erfasst hat. Wirklich infrage stellt sie kaum einer. Der Kampf um einen etwas entspannteren Zugang junger Leute zum Leistungssport ist damit verloren. (…) Bisher hat das IOC jedenfalls nicht den Eindruck erweckt, als rede es mit seinen Eliteschülern auch über Themen, die wehtun, Korruption, eingeschränkte Menschenrechte in olympischen Gastgeberländern, die großen Doping-Skandale usw. Das Leben ist zu komplex für ein Unternehmen, das sich in erster Linie dafür interessiert, Personal auszubilden, das unfallfrei Zielrauminterviews geben kann und schon mal was von Anti-Doping gehört hat. Es stimmt schon, Optimismus ist auch eine Tugend. Aber der Optimismus der Sportverbände sieht meistens vor, mit Hurra für eine rosarote Scheinwelt zu werben“ (Hahn, Thomas, Zukunft auf dem Ponyhof, in SZ 12.2.2016).
Nachtrag 7: Lillehammer 2016 (II)
„Die Jugendspiele wirken wie ein großes, offenes Sportlabor. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) lässt hier mit aktiven Athleten an Formaten experimentieren, die es eigentlich gar nicht gibt. Es laufen die Forschungen für das Programm von morgen, und so lernen Beobachter in Lillehammer alte Sportarten in neuen Darreichungen kennen. Monobobfahren, Langlauf-Cross, Einzel-Eishockey. (…) Das Prinzip ist dabei, Elemente aus dem Jugendtraining auf die Wettkampf-Bühne zu bringen. (…) Es geht nicht nur um neue Formen der Sport-Unterhaltung bei den Jugendspiele-Experimenten. Es geht auch um jugendgerechte Wettkämpfe. (…) Dass es bei den Erwachsenen bald wie im Tennis zugeht und Eishockey-Matches wie Crosby – Owetschkin statt Kanada – Russland den Sportbetrieb in Atem halten, ist nicht zu erwarten. Noch gibt es keinen Trend, Teamsportarten in Einzeldisziplinen zu zerlegen. Aber wer weiß, was den Schöpfern des Fernsehsports noch alles einfällt. Und beim Langlauf-Cross ist der kommerzielle Aspekt unverkennbar“ (Hahn, Thomas, Im Ringe-Labor, in SZ 17.2.2016).
Quellen:
Ausverkauft – und leer, in Süddeutsche Zeitung 20.8.2010
Bach lobt Olympische Jugendspiele, in www.sportschau.de 4.9.2010
Ballin, Andre, Dagestan wirbt um Olympia-Jugendspiele, in wirtschaftsblatt.at 11.4.2011
Erste Lektionen für Nachwuchs-Olympier,. In Süddeutsche Zeitung 16.8.2010
Fünfkämpfer mit Laser, in 24.2010
Hahn, Thomas
– In der Eierkuchen-Welt, in Süddeutsche Zeitung 27.8.2010
– „Meine Familie hat auch gesagt: Streng dich an!“ in Süddeutsche Zeitung 27.8.2010
Hein, Christoph, Flamme aus – Fragen offen, in faz.net 26.8.2010
IOC prüft weiter, in Süddeutsche Zeitung 18.8.2010
Kistner, Thomas
– Neue Einzelfälle fürs Fernsehen, in Süddeutsche Zeitung 5.2.2009
– Der Asket wird noch gebraucht, in Süddeutsche Zeitung 10.10.2009
– „Der Reiz der Spiele ist stärker denn je“, in Süddeutsche Zeitung 9.2.2010
– Olympia der Schwärmer, in Süddeutsche Zeitung 12.8.2010
– Stiller Urheber sucht Vergleich, in Süddeutsche Zeitung 14.8.2010
Kreisl, Volker, Experiment im Eiskanal, in SZ 5.10.2011
Maurer, Marco, Kein Druck, aber Medaillen, in Süddeutsche Zeitung 14.8.2010
Michalek, Gerd, Kleines Olympia – Was steckt hinter der Idee von Jugendwinterspielen? in dradio.de 15.1.201
Myrrhe, Anke, „Wir haben uns auf den Sport konzentriert“, in zeitonline 25.8.2010
Neudecker, Michael, Balljunge, in SZ 5.12.2012
Rogge rechnet mit Bachs Kandidatur: „Wird antreten“, in Süddeutsche Zeitung 26.8.2010
Schon wieder ein Olympia-Feuer, in Süddeutsche Zeitung 26. Juli 2010
Seele, Rainer, Olympischer Frieden, in faz.net 27.12.2010
Weinreich, Jens
– Mit alten Rezepten die Jugend gewinnen, in Süddeutsche Zeitung 28.4.2010
– Olympia 2018: eine Wasserstandsmeldung und ein nervöser Bewerber, Blog 20.8.2010
Wikipedia
23.700.000 Euro Skilager, in echoonline (Echo Tirol) 1.9.2010