Laufbahn
Radmann (* 1944, Berchtesgaden) begann seine Karriere als Touristik-Chef bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München: Er wurde persönlich von Willi Daume engagiert. Danach war er sechs Jahre Kurdirektor in Berchtesgaden. Seit Ende der 1970er Jahre arbeitete er für Horst Dasslers Konzern Adidas als Marketing-Direktor.
„Radmann stammt aus der Schule von Horst Dassler, dem Adidas-Herrscher, der einst so geschickt die internationale Sportpolitik lenkte, dass die mächtigsten Anführer von Juan Antonio Samaranch, Ex-IOC-Präsident, über Joao Havelange, Ex-Weltfußballchef, bis zu Primo Nebiolo, Ex-Welt-Leichtathletikchef, ihm ihre Inthronisierung zu verdanken hatten. Ab 1979 arbeitete Radmann für die Abteilung ‚Internationale Beziehungen’ bei Adidas. Ein auf Dauer dienliches Betätigungsfeld: Auch einer wie IOC-Vizepräsident Thomas Bach durchlief ab 1985 diese Kaderschmiede der Sportdiplomatie.“ (Winterfeldt 11.3.21006; Hervorhebung WZ. Bach ist seit September 2013 IOC-Präsident).
Eine Auswahl: Sport-Großereignisse und Bewerbungen
1993 organisierte Radmann die Eishockey-WM in München und Dortmund.
1996 fand die Eishockey-WM in Österreich statt: mit Radmann als Vizepräsident (Ide, Schuller 17.6.2005).
Radmann war bis Juni 2003 Vizepräsident des deutschen Organisationskomitees für die Fußball-WM 2006, Kulturbeauftragter und Präsidiumsberater“ des OK-Präsidenten Franz Beckenbauer (Ide, Schuller 17.6.2005) Später wurde er dessen „Intimus“ (Kistner 3.7.2010) und Beckenbauer sein Trauzeuge (sbgv.orf.at 12.3.2006). „Fedor Radmann besuchte im Gefolge Franz Beckenbauers Belgrad – – und gewann den Organisator der Fußball-Weltmeisterschaft gleich als Olympia-Botschafter. Mit Beckenbauer bereist Radmann derzeit alle 31 Teilnehmerländer“ (Winterfeldt 11.3.2006).
WM-2006-Probleme
Radmanns Sport-Netzwerk geriet ins Gerede. Er hatte sich „ein so dichtes Netzwerk geschaffen, dass zuletzt regelmäßig Filz-Vorwürfe auftauchten, wenn in seinem Umfeld Millionenaufträge zu vergeben waren. Der Grünen-Sportsprecher Winfried Hermann fragte aufgrund der diversen Beraterverträge Radmanns offiziell nach, was mit den 30 Millionen aus Bundesmitteln ausgestattete Kulturprogramm der WM geschieht: „Es muss gewährleistet sein, dass es nicht zu Interessensverquickungen kommt. Ich lasse mich nicht mit dem Versprechen Betroffener abspeisen. Man kann sich vorstellen, dass Leute wie Beckenbauer, die problemlos Posten, Funktionen und Werbeverträge verquicken, für solche Forderungen nicht sehr sensibel sind“ (Weinreich 27.3.2003). Auch im Bundesportausschuss wuchs das Unbehagen darüber (Kistner 3.6.2003). Dazu bestanden enge Beziehungen zwischen Radmann und der Münchner Agentur Abold, siehe unten.
„Auch im WM-OK mußte der Beckenbauer-Freund aus dem Amt des Vizepräsidenten in die Position des minder repräsentativen Kulturbeauftragten weichen, als diverse heimliche Nebenabreden, die Radmanns Integrität Zweifel aussetzten, ans Licht kamen: ein Beratervertrag mit Kirch, einen ruhenden mit Adidas“ (Winterfeldt 11.3.2006). Der Beratervertrag mit Kirch – dem vor der Insolvenz der Kirch-Gruppe die TV-Rechte an der WM 2006 gehörten -, wurde erst im Februar 2003 von Radmann offengelegt, der Beratervertrag mit WM-Sponsor Adidas am 11.3.2003 (Kistner 3.6.2003). – „Erst nach Zeitungsveröffentlichungen hatte er im Februar zugegeben, einen Beratervertrag mit der inzwischen insolventen Kirch-Gruppe, der die Fernsehrechte an der WM gehörten, abgeschlossen zu haben. Der Kontrakt wurde erst nach Aufforderung des OK im März aufgelöst. Ein Beratervertrag mit dem WM-Sponsor Adidas, für den er früher arbeitete, ruht inzwischen“ (Bossmann 2.4.2003). – „Radmanns Salami-Taktik bei der Offenlegung diverser Verträge war wenig hilfreich“ (Berliner Zeitung 4.3.2003).
Am 3.4.2003 wurde Radmann als Vizepräsident des WM-Organisationskomitees durch den Schatzmeister des DFB, Theo Zwanziger ersetzt. Der Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball-Liga, Werner Hackmann, erklärte: „Wir haben beschlossen, dass Herr Radmann als Berater des OK tätig sein wird“ (Ebenda). – „Radmanns Entmachtung ist eine späte Konsequenz aus den Negativschlagzeilen der vergangenen Monate“ (Berliner Zeitung 4.6.2003). Radmann bekam den Posten eines Kunst- und Kultur-Beauftragten sowie Marketing- und Tourismus-Beraters (Ebenda).
Bewerbung Fußball-WM 2022
Danach war Radmann für die australische Bewerbung um die Fußball-WM 2022 tätig (Kistner 3.7.2010). „Gemäß Informationen des Sydney Morning Herald sollen Australiens Regierung, für 45,6 Millionen australische Dollar (41,6 Millionen Schweizer Franken) Hauptsponsor der Bewerbung, Details verheimlicht worden sein. ‚Geheime Millionen schmieren WM-Bewerbung’, titelt der Sydney Morning Herald. Zudem seien 6,5 Millionen Dollar an Fußballverbände in Afrika, Asien und Ozeanien gezahlt worden. Die Zeitung beruft sich auf Originaldokumente und berichtet über 11,37 Millionen Dollar inklusive Bonuszahlungen für die beiden Lobbyisten. Radmann soll über die Münchner Agentur seines langjährigen Geschäftspartners Andreas Abold, die ebenfalls Australiens Bewerbung betreut, bis zu 3,5 Millionen Dollar Honorar plus rund 4 Millionen Erfolgsprämie erhalten, sollte Australien WM-Veranstalter werden. Im Fifa-Exekutivkomitee stimmt auch Radmanns Freund Beckenbauer ab“ (Weinreich 1.7.2010). – „Dann ist da Milliardär Frank Lowy, der hinter Australiens Bewerbung 2022 steht. Dort gab es schon Ärger um Perlengeschenke an Fifa-Funktionärsgattinnen, auch sorgt für Unmut, dass Lowys obskure Lobbyisten-Riege mit Steuergeld bezahlt werden soll; im Erfolgsfall geht es um Millionen. Mit dabei einer, der den Blick auf Deutschland lenkt: Fedor Radmann. Der Intimus von Fifa-Vorständler Beckenbauer ist häufiger Gast im Zentrum von Filz und Sport. Man hat ihn auch noch aus der Bewerbung und Organisation der WM 2006 hierzulande in Erinnerung. Um so peinlicher wirkt im konkreten Fall, dass Radmanns diskretes Wirken in Lowys Reich auf einem Deal des DFB mit Australiens Verband FFA gründet. Er soll über die Agentur seines Münchner Geschäftspartners Andreas Abold angebunden sein, beide stellten die Tätigkeit an sich vor Monaten nicht in Abrede. Umso delikater, falls Millionen fließen, wenn Australien siegt – und in der Fifa Beckenbauer mit abstimmt“ (Kistner 17.10.2010).
Im Juli 2012 unterstützte Radmann den skandalumtosten Fifa-Präsidenten Sepp Blatter: „Er sollte zumindest die Chance bekommen, einen Neubeginn zu starten. Dieses Recht hat er“ (focusd.de 16.7.2012).
Blatter ist seit 1975 in hohen und höchsten Positionen bei der Fifa tätig, seit 1998 Fifa-Präsident: Damit ist er für alle Skandale in diesen Jahrzehnten verantwortlich.
Radmann und die Salzburger Bewerbung
Vom März 2006 bis Januar 2007 war Radmann für die Bewerbung der Stadt Salzburg um die Olympischen Winterspiele 2014 tätig, bis er aus „schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen“ das Amt des Bewerbungschefs nach nur zehn Monaten niederlegte.
„Schon im Herbst 2006 war Radmann von Kontaktleuten des russischen Mitbewerbers Sotschi angesprochen worden, die ihn ‚zu sich rüberziehen wollten’, sagte Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden. (…) Im Juli (2007; WZ) vergibt das IOC in Guatemala die Winterspiele 2014. Salzburg liegt im Bewerber-Index bisher klar in Front. Indes verringert sich der Vorsprung auf die Mitbewerber Sotschi und Pyeongchang (Südkorea), und Radmanns viel umraunter Abgang dürfte keinen guten Eindruck bei den IOC-Juroren machen“ (Ebenda).
„Fedor Radmann war kurze Zeit Geschäftsführer des Projekts Salzburg 2014, dankte dort aber unter merkwürdigen Umständen bald wieder ab. Er führte gesundheitliche Gründe an – gerüchtehalber wurde ihm eine Nähe zum russischen Konkurrenten Sotschi nachgesagt, der den Wettbewerb um die Olympischen Winterspiele 2014 gewann. Radmann hat derlei Verbindungen stets bestritten“ (Weinreich 1.7.2010).
September 2009: Es wurde bekannt, dass im Zuge der Ermittlungen zur Salzburger Bewerbung 2014 gegen den Strategieberater Erwin Roth, gegen den Generalsekretär und Intimus von Franz Beckenbauer, Fedor Radmann und dessen Nachfolger Gernot Leitner und Rudolf Höller die Staatsanwalt ermittelt. Roth soll monatlich 13.000 Euro erhalten haben. Radmann soll 150.000 Euro gefordert haben (Berchtesgadener Anzeiger 9.9.2010).
Oktober 2010: Die Zahl der Verdächtigen war bei der Salzburger Olympiaaffäre auf neun gestiegen: Es handelt sich um die drei früheren Geschäftsführer Fedor Radmann, Gernot Leiter und Rudolf Höller, den Ex-ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth und Strategieberater Erwin Roth, den ehemaligen ÖOC-Präsident Leo Wallner (noch immer IOC-Mitglied), zwei ehemalige ÖOC-Kassiere und die frühere Stellvertreterin von Jungwirth (Salzburger Nachrichten 2.10.2010).
Mai 2010: Ermittelt wurde auch gegen die ehemaligen Chefs der Bewerbungen Salzburg 2006, 2010 und 2014, Fedor Radmann, Gernot Leitner und Rudolf Höller und den Strategieberater Erwin Roth (Kreuzer 5.5.2012).
Juli 2013: „Der ehemalige Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC), Heinz Jungwirth, muss für fünf Jahre ins Gefängnis. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat Freitagmittag die im vergangenen Juli über Jungwirth verhängte Strafe des Wiener Straflandesgerichts bestätigt, der wegen Untreue mit einer Schadenssumme von 3,3 Mio. Euro schuldig erkannt worden war. (…)Der einst wohl mächtigste Sportfunktionär des Landes hatte laut nunmehr rechtskräftigen Feststellungen der Gerichte von 2003 bis 2009 in zahlreichen Angriffen seine Zeichnungsberechtigung auf ÖOC-Konten missbraucht und sich Gelder zugeeignet, um damit sein kostspieliges Privatleben zu finanzieren. Er gönnte sich etwa einen Fuhrpark, zehn Pferde und eine Reithalle im Ausmaß von 70 Mal 20 Meter“ (diepresse.com 12.7.2013).
Nachtrag vom Mai 2014: Anfang Juli 2006 observierten deutsche Sicherheitsbehörden „ein Treffen zwischen russischen Regierungsvertretern und Bossen der Russen-Mafia in einem Restaurant in der Münchner Innenstadt. Teilnehmer des Treffens waren Sergei Prichodko, damals außenpolitischer Berater von Präsident Putin und heute stellvertretender Premier Russlands, sowie Leonid Tyagachev, Präsident des russischen Olympischen Komitees. Ihr Gesprächspartner war Radik Jussupow, Chef der russischen Mafia-Gruppierung ‚Dragons‘, die in Moskau, Sankt Petersburg, Perm und Sewastopol operiert. Thema der Runde in München war die Olympia-Ausschreibung, über die 2007 entschieden werden sollte“ (faz.net 25.5.2014). Jussupow kontaktiert zwei Monate später Fedor Radmann, der bei dem Treffen massiv unter Druck gesetzt worden sein soll. Radmann bestritt dies, trat dann im Januar 2007 aus „schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen“ als Bewerbungschef von Salzburg zurück (Ebenda). Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden: „Und er (Radmann; WZ) hat wortwörtlich gesagt, er lasse sich nicht erpressen“ (salzburg.orf 25.5.2014).
Radmann und Abold
Bereits bei der Eishockey-WM 1996 in Österreich entwarf Andreas Abold die Werbeplakate – im Auftrag des Vizepräsidenten Radmann.
Zusammen mit Andreas Abold hatte Radmann Anteile an der Münchner Agentur S&K-Marketing, die die Sponsoren der Fußball-WM 2006 betreute (Ide, Schuller 17.6.2005). Jens Weinreich berichtete im März 2003 über eine weitere Verbindung von Radmann mit Abold: „Beide sind an der Agentur Benner & Partner beteiligt, die wiederum für den FC Bayern (Beckenbauer) tätig ist“ (Weinreich 27.3.2003).
„Auch hatte Radmann mit Andreas Abold, der mit der Entwicklung des WM-Logos (für die Fußball-WM 2006; WZ) und des öffentlichen Erscheinungsbildes beauftragt wurde, gemeinsam Anteile an einer Münchner Agentur. Zudem gehörte die Firma S+K-Marketing, die in die Betreuung der WM-Sponsoren involviert ist, früher Radmann“ (Bossmann 2.4.2003). – „Unter Radmanns Ägide wurde – ohne Ausschreibung und von der Agentur seines Freundes und Geschäftspartners Andreas Abold – ein WM-Logo erstellt, über dessen Qualitäten im Ausland bloß gelacht wird“ (Weinreich 27.3.2003).
Die Zuschläge gingen weiter: „Vetternwirtschaft, der Vorwurf kommt immer wieder. Gerade zweifeln die Verbände der Kommunikations- und PR-Agenturen die ordnungsgemäße Vergabe der Freundlichkeitsoffensive an, die 2006 Taxifahrer zum Lächeln animieren soll. Den Zuschlag für die drei Millionen Euro schwere Kampagne bekam wieder Andreas Abold. In der Jury saß auch Radmann – und seine Frau Michaela, sie ist beim OK für Tourismus verantwortlich“ (Ebenda).
Die Münchner Agentur Abold bereitete erfolgreich im Auftrag des FC Bayern und des TSV 1860 auch den Wahlkampf für den Bürgerentscheid über den Bau der neuen Fußballstadions in Fröttmaning („Allianz Arena“) vor und arbeitete dann mit Albert Speer & Partner bei der Vorbereitung des Stadionbaus zusammen, das dann nach den Plänen von Herzog & de Meuron errichtet wurde.
Abold begleitete nicht nur die Olympiabewerbung 2016 von Baku, Hauptstadt der Diktatur Aserbaidschan, sondern auch vom ersten Tag an die Bewerbung um Olympische Winterspiele 2018 in München (www.abold.de 19.7.2011). Bei der Bewerbung München 2022 war Abold ebenso beteiligt.
Auch bei der Bewerbung Australiens um die Fußball-WM 2022 saß Abold im Boot (siehe auch oben: Bewerbung Fußball-WM 2022). „Die Agentur Abold soll mit dem australischen Verband FFA einen Vertrag in der Höhe von 3 Millionen Dollar abgeschlossen haben. Abold, der zuletzt die siegreichen WM-Bewerbungen von Deutschland und Südafrika betreute, sagt auf Anfrage, er könne diesbezügliche Fragen leider nicht beantworten. ‚In meinem Vertrag habe ich mich zur Verschwiegenheit bezüglich der Inhalte verpflichtet.’“ (Weinreich 1.7.2010).
Die australische Whistleblowerin Bonita Mersiades leitete drei Jahre lang die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die WM-Bewerbung für 2018 von Australien. Sie schrieb in einem Beitrag vom November 2014: „Für den ’strategischen Rat‘ unserer drei internationalen Berater, Fedor Radmann, Andreas Abold und Peter Hargitay, zahlten wir ohne Nachfragen mehr als umgerechnet zehn Millionen Euro Steuergeld“ (Mersiades, Bonita, So geht die Fifa mit Whistleblowerinnen um, in zeitonline 20.11.2014).
Nachtrag 1: Juni 2014
Im Zusammenhang mit der umstrittenen Vergabe der Fußball-WM an Katar tauchte Franz Beckenbauer auf – „samt Geschäftsfreund Fedor Radmann. Der sorgt ja verlässlich für Schlagzeilen, wo immer er aus den stillen Tiefen des Sportlobbytums emporgespült wird. Die Causa Beckenbauer erscheint erklärungsbedürftig. Er spielte ja auch im Kontext der Russland-Kür für die WM 2018 eine spannende Rolle: Kurz nach der Wahl gab er sein Fifa-Mandat auf und wurde Sportbotschafter der russischen Energiewirtschaft. Wen er kurz zuvor wohl gewählt hatte, der Kaiser?“ (Kistner, Thomas, Zwischen Titanic und Kabarett, in sueddeutsche.de 10.6.2014).
Fazit
Der Zirkel der „Spin Doctors“, die mit Bewerbung, Planung und Durchführung von Sport-Großereignissen beschäftigt sind, ist sehr überschaubar. Man trifft stets auf die selben Personen. Fedor Radmann war immer mitten drin. Thomas Kistner nannte Radmann „den erfolgreichsten Strippenzieher der letzten Jahre“ (Kistner 10.12.2008).
Nachtrag 2: Oktober 2015: Schwarze Kasse mit Robert Louis-Dreyfus-Millionen kauft WM 2006
„Der ehemalige Vizepräsident des deutschen Organisationskomitees der Fußballweltmeisterschaft 2006, Fedor Radmann, hat Korruption im Zusammenhang mit der Vergabe der Endrunde vor neun Jahren vehement bestritten. ‚Das Bewerbungskomitee hat niemals irgendjemanden bestochen. Ich bin bereit, dies sogar zu beeiden. Wir haben keine Stimmen gekauft‘, sagte der 71-Jährige dem TV-Sender Sky Sport News. (…) Radmann ist ein langjähriger Vertrauter von Franz Beckenbauer, damals Chef der deutschen WM-Bewerbung und des OK für die WM 2006. Zusammen hatten die beiden im Vorfeld der WM-Vergabe Reisen in zahlreiche Länder unternommen, um auf Stimmenfang für die deutsche WM-Bewerbung zu gehen“ (Radmann bestreitet Korruption, in spiegelonline 17.10.2015).
Nachtrag 3: November 2015
Aus einem Beitrag der SZ nach dem DFB-Skandal um die WM-Vergabe 2006 an Deutschland: „Merkwürdig blass bleibt bei dieser Affäre aber bislang Fedor Radmann. Dabei ist er vermutlich eine zentrale Figur. Er versteht von den Dingen, um die es damals ging, mehr als andere. Ein Beziehungskünstler, das sagt man gern, wenn man nett sein will. In Branchenkreisen wurde er böserweise ‚Schiebor‘ genannt. Gelernt hat er bei Willi Daume. Der holte ihn 1969 ins OK für die Olympischen Spiele 1972 in München. Nach einem Abstecher nach Berchtesgaden, wo er Tourismusdirektor war, ging es charakterbildend weiter: Marketingleiter bei Adidas; Deutschland-Statthalter der Marketingagentur ISL, die in der Sportwelt und speziell bei der Fifa in der Korruption neue Maßstäbe gesetzt hat, und dann Helfer von Beckenbauer und Koordinator bei der Bewerbung für die WM 2006. (…) Klar war aber schon damals, dass Radmann, dem Beckenbauer bis heute vertraut, viele Angriffsflächen bot. Wegen eines Beratervertrages mit Kirch und anrüchigen Geschäftsbeziehungen musste er 2003 seinen offiziellen Posten im WM-OK räumen – sein Nachfolger wurde der unglückselige Zwanziger“ (Leyendecker, Hans, Ott, Klaus, Beziehungskünstler, in SZ 13.11.2015).
Nachtrag 4: Februar 2016: Fedor Radmann soll zahlen
„In der WM-Affäre fordert der Deutsche Fußball-Bund der ‚Bild‘-Zeitung zufolge von Fedor Radmann, dem früheren Vizepräsidenten des WM-Organisationskomitees, die Zahlung von 6,7 Millionen Euro. Der Vertraute des einstigen OK-Chefs Franz Beckenbauer soll die Summe demnach innerhalb von 20 Tagen an den Verband überweisen. Der Betrag entspricht der Summe, die der DFB vor der Weltmeisterschaft 2006 auf ein Konto des Weltverbands Fifa geleitet hatte. (…) Mit dem Vorgehen gegen Radmann würde der DFB einen weiteren Schritt unternehmen, um einen möglichen finanziellen Schaden vom Verband fernzuhalten. (…) Zuvor hatte der DFB Güteanträge bei der Öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle in Hamburg eingereicht, um den Anspruch auf möglichen Schadensersatz in Millionenhöhe zu wahren. Die Ansprüche richten sich neben Beckenbauer und Radmann auch gegen die ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach, Ex-DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt, den Testamentsvollstrecker von Robert Louis-Dreyfus sowie die Fifa“ (DFB fordert von Beckenbauer-Freund Radmann 6,7 Millionen Euro, in spiegelonline 9.2.2016).
Radmann wies die Forderungen des DFB energisch zurück. „Der DFB hatte dem 71-Jährigen im Rahmen der Affäre um die Vergabe der Fußball-WM 2006 einen Zahlungsbefehl zugestellt. ‚Das Schreiben vom Betreibungsamt habe ich am 8. Januar erhalten und sofort reagiert‘, sagte Radmann. „Jetzt muss der DFB beweisen, dass er überhaupt eine berechtigte Forderung hat. Dafür gibt es aber null Anlass. Ich werde ja juristisch beraten, die lachen noch nicht mal mehr darüber, sondern machen sich darüber nur noch lustig. Das wird vollkommen ins Leere laufen.‘ Eine Sache bedauert Radman allerdings mittlerweile: Den Schwur auf das Leben seiner Kinder in der Affäre um die Fußball-WM 2006. ‚Das war damals unglücklich von mir‘, sagte er: ‚Das würde ich so nicht noch einmal sagen'“. In einem Interview mit der „Zeit“ hatte Radmann Anfang November erklärt: ‚Ich könnte beim Leben meiner sechs Kinder beschwören, dass ich felsenfest davon überzeugt bin, dass nicht ein Mensch von uns bestochen wurde.‘ Er sei dieser Meinung weiterhin, sagte er nun: „Nach meinem Kenntnisstand ist niemals bestochen worden. Es ist nichts Unredliches passiert'“ (Radmann weist Geldforderung des DFB zurück, in spiegelonline 9.2.2016).
Nachtrag 5: 6,7 Millionen Euro an Jack Warner?
Der bekannt gewordene Vertrag mit Jack Warner, von Beckenbauer höchstpersönlich unterschrieben, sei nur zur Vorsicht zustande gekommen: Radmann: „Wir wollten verhindern, dass er andere Wahlmänner beeinflusst, auch noch gegen uns zu stimmen… Wir wollten ihn uns quasi vom Hals halten“ („Ein Beruhigungsvertrag“, in SZ 12.2.2016). – „Branchenkenner Elias Zaccour (…), für die Deutschen im Umfeld der WM-Kür 2006 aktiv, sagte der SZ 2013 im Juni 2013 in Rio de Janeiro, ein Asiate sei ausgeschert – und Warner habe für Deutschland gestimmt“ (Ebenda).
Nachtrag 6: Vergabe WM 2006, auf ein Neues
Der Libanese Elias Zaccour hatte bereits früh gewusst, dass von den vier Stimmen des asiatischen Fußballverbandes AFC die Stimme des Südkoreaners Chung in ein anderes Lager gehen würde. 2003 wurde bekannt, „dass der Medienunternehmer Leo Kirch einen Vertrag aufsetzen ließ, der dem Rennpferde-Liebhaber Zaccour 250.000 Dollar im Jahr bescheren sollte, insgesamt eine Million. Kirch wollte unbedingt die WM ins eigene Land holen, um seine Fernsehrechte teurer vermarkten zu können. Er hatte auch das Geld für so einen Vertrag. der eigentliche Kopf dahinter aber war Fedor Radmann, der engste Vertraute von WM-Bewerbungschef Franz Beckenbauer. Radmann hatte kurz vor dem Vergabetermin Druck gemacht, dass Kirchs Leute den Zaccour-Vertrag schleunigst unter Dach und Fach bringen sollten“ (Buschmann, Rafael, Dahlkamp, Jürgen, Latsch, Gunther, Schmitt, Jörg, Der vierte Mann, in Der Spiegel 8/22.2.2016).
Zur Vergabe der WM 2006 schrieb die SZ: „Anhand des Reports der vom DFB eingesetzten Kanzlei Freshfields lässt sich der Fortgang im Anschluss ans Mai-Gespräch in Teilen rekonstruieren. Demnach habe Radmann dem damaligen DFB-Chef Wolfgang Niersbach zugeraunt, es könne etwas zur WM 2006 ‚hochkommen‘. Die DFB-Spitzenkraft Stefan Hans traf sich daraufhin mit Radmann und erfuhr, dass es womöglich ‚Unregelmäßigkeiten mit der WM 2006‘ gebe. ‚Da sei etwas mit 20 Mio. gewesen‘, habe Radmann gesagt, und mit dem WM-Kulturprogramm. Geld sei möglicherweise anders verwendet worden als gedacht“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Bei Anwälten hinterlegt, in SZ 16.3.2016). Dazu kam nun auch die umstrittennen Vergaben der Fußball-WM 2018 an Russland und 2022 an Katar. „Beckenbauer war damals Fifa-Wahlmann, er legte das Amt Wochen nach der Kür der Veranstalterländer nieder und wurde Botschafter der russischen Gasindustrie. 14 Monate vor der Kür machte er auch, auf Radmanns Betreiben, einen Geschäftsbesuch bei WM-Bewerber Katar. Er traf den Emir, der sich einst so vehement für die Deutschland-WM eingesetzt hatte. Und Radmann? Gilt als Schattenmann in der erfolglosen Bewerbung Australiens für 2022, bei der er nach Aktenlage mit Dauer-Geschäftspartner Andreas Abold mehrere Millionen kassiert haben soll. (…) Bekannt ist ihr nach SZ-Informationen, dass es zwischen Beckenbauer, Radmann und Abold enge Geschäftsbande gibt – unter anderem über eine Firma, zu deren Geschäftszweck laut Auszug aus dem Handelsregister nicht nur Weingüter im Ausland, sondern auch Beratung und Sponsoring im Bereich Sport und Kultur gehören“ (Ebenda).
Nachtrag 7: Radmann und die Beckenbauer-Millionen
Die Tätigkeit von Franz Beckenbauer als OK-Chef der Fußball-WM 2006 war nicht selbstlos: Er kassierte dafür 5,5 Millionen Euro. Mittendrin Fedor Radmann, gegen den die Schweizer Bundesanwaltschaft ebenfalls ermittelt: „Und außerdem gehen die Schweizer in einem Verfahren gegen Beckenbauers langjährigen Intimus Fedor Radmann der Frage nach, wofür Radmann 5,4 Millionen Euro erhalten und einen großen Batzen davon an Beckenbauer weitergereicht haben soll. (…) Die größte Konstante in Beckenbauers Netzwerk ist sein Berater Fedor Radmann. Auch der Oberbayer kommt aus dem Adidas-Kosmos. Jahrelang fungierte er als Geschäftsführer beim Sportrechtehändler ISL – jener 2001 pleite gegangenen Schmiergeldfirma des früheren Adidas-Chefs Horst Dassler. Sie hatte Generationen von Spitzenfunktionären korrumpiert. Radmann, Spitzname ‚Schiebor‘, gilt als der Mann fürs ganz Grobe im Team Beckenbauer, als Meister darin, Kontakte zu knüpfen und gewinnbringend zu vernetzen“ (Dahlkamp, Jürgen, Kramer, Jörg, Latsch, Gunther, Schmitt, Jörg, Weinreich, Jens, Wulzinger, Michael, Simsalabim, in Der Spiegel 38/17.9.2016).
Nachtrag 8: Auch Radmann kassierte Millionen
Fedor Radmann war von 2001 bis 30.6.2003 Vizechef des WM-2006-Organisationskomitees. Ab September 2003 war Radmann als Berater tätig. „Laut eines Berichts der Bild-Zeitung soll Radmann für seinen Job als Vize-Chef des WM-Organisationskomitees und später als Berater drei Millionen Euro erhalten haben“ (SID, Drei Millionen für Radmann, in SZ 7.11.2016).
Dazu Andreas Rüttenauer in der taz: „Fedor Radmann hat also für das Organisationskomitee der WM 2006 gearbeitet, und zwar in unterschiedlichen Funktionen. Ohne den Strippenzieher des deutschen Sports geht es einfach nicht. Er hat schon bei den Olympischen Spielen in München 1972 mitgemischt. Doch er war mehr, bei Adidas war er für internationale Beziehungen zuständig. Auch für die Medienunternehmen der Kirch-Gruppe war er als Berater unterwegs. Dass er seine Beratertätigkeit weitergeführt hat, als er 2001 zum Vizepräsidenten des Organisationskomitees für die WM 2006 bestellt war, ist so unsauber gewesen, dass er seinen Posten aufgeben musste. Er bekam dann einen Beratervertrag. Der Mann lebt jetzt in der Schweiz. Dort ermittelt die Bundesanwaltschaft im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-WM 2006 wegen Geldwäsche und Untreue gegen ihn. Auch das ist allgemein bekannt. (…) Was so ein Strippenzieher genau macht, man weiß es nicht so ganz genau. Hier geht es dem DFB auch nicht viel anders als all den ratlosen Beobachtern, die sich immer wieder die Augen reiben, wenn die immer selben Berater auftauchen, sobald es um die Vergabe eines großen Sportereignisses geht. Was die finanziellen Vergütungen angeht, da wird sich der DFB gewiss schlaugemacht und die Bild-Zeitung vom Montag gelesen haben. Von Januar 2001 bis Juni 2003 soll Radmann als Vizepräsident des Organisationskomitees 60.000 Mark im Monat kassiert haben. Dazu 1,4 Millionen Mark an Provisionen für Werbeverträge. Dazu gab es noch eine Bonuszahlung von 500.000 Mark. Als er Mitte 2003 das OK verlassen musste, weil er nicht die ganze Wahrheit über seine Beratertätigkeiten gesagt hat, erhielt er eine Abfindung von 250.000 Euro. Warum einer, den man entfernen muss, weil er Mist gebaut hat, ein Abfindung erhält, das wüssten wir dann doch gern. Jedenfalls verdiente Radmann danach als Berater noch 320.000 Euro pro Jahr“ (Rüttenauer, Andreas, Ein schmutziges Sommermärchen, in taz.de 9.11.2016).
Nachtrag 9: Radmann war nur dankbar
„Etwas lautstark ging es teilweise zu, als kürzlich bei der Bundesanwaltschaft in Bern neue Erkenntnisse zur Affäre um die Fußball-WM 2006 in Deutschland auf den Tisch kamen. Erkenntnisse über Millionen-Transfers, die alles nur noch mysteriöser machen. Die Schweizer Ermittler hatten Fedor Radmann geladen, Intimus von Franz Beckenbauer und dessen wohl wichtigster Helfer bei der erfolgreichen Bewerbung für die Weltmeisterschaft. Radmann war Beckenbauers Netzwerker gewesen. Ein Tausendsassa im internationalen Sportgeschäft, der die richtigen Kontakte zu den richtigen Leuten beim Weltverband Fifa herstellte und so entscheidend dazu beitrug, dass Deutschland den Zuschlag erhielt. Angeblich war alles, so sagen das Beckenbauer und Radmann immer wieder, ganz sauber. Doch nun präsentierte die Bundesanwaltschaft nach Informationen von SZ, NDR und WDR Belege für weitere, bislang unbekannte Zahlungen vor und nach der WM. Was zu einigen heftigen Disputen führte. Im Jahr 2007 hatte Radmann von einer Firma des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus einen Scheck über 5,4 Millionen Euro erhalten. Die Hälfte des Betrages, 2,7 Millionen Euro, reichte Radmann an Beckenbauer weiter. (…) Das Dreyfus-Geld war damals, im Jahr 2002, über Umwege bei einer Firma in Katar aus dem Imperium eines einflussreichen Fifa-Funktionärs gelandet. Und von dort, aus Katar, hatte Radmann bereits in diesem Jahr, also 2002, einen Scheck über 1,7 Millionen Euro erhalten und eingelöst. Auch das haben die Schweizer Behörden herausgefunden. Da fließt also erst heimlich Geld von Dreyfus für das WM-OK und landet in Katar. Dann wird dieses Geld später genauso heimlich und unter einem erfundenen Verwendungszweck vom WM-OK an Dreyfus zurückgezahlt und im Deutschen Fußball-Bund (DFB) falsch verbucht, um alles zu verschleiern. Und nun stellte sich heraus: Aus Katar und von Dreyfus flossen insgesamt 7,1 Millionen Euro erst an Radmann und dann teilweise auch an Beckenbauer. Aber wofür? (…) Bei der Vernehmung in Bern betonten Radmann und sein Anwalt, auch die 5,4 Millionen Euro im Jahr 2007, die per Scheck von Dreyfus kamen, seien in Ordnung gewesen. Es sei ebenfalls um Rechtevermarktung gegangen, und um den Aufbau von Gesellschaften. Radmann soll gesagt haben, die Hälfte des Betrages habe er „aus Dankbarkeit“ an Beckenbauer weitergereicht. Schön, wenn man solche Freunde hat“ (Mascolo, Georg, Ott, Klaus, Dankbarer Tausendsassa, in SZ 1.4.2017).
Nachtrag 10: Neue Erkenntnisse zu den Geldflüssen im „Sommermärchen“
„Im Sommer 2003 befasste sich eine Mitarbeiterin der Genfer Filiale der Großbank BNP Paribas mit den Konten von Robert Louis-Dreyfus, dem mittlerweile verstorbenen, langjährigen Adidas-Chef. Sie listete auf, welchem Zweck welches Konto diente. Als sie beim Konto mit der Nummer 3136594 anlangte, hielt sie fest: Zweck sei ein Darlehen, zehn Millionen Franken an einen Geschäftsfreund, um TV-Rechte aus dem Nachlass der Kirch-Gruppe zu kaufen. Wer dieser Geschäftsfreund sein soll, zeigt der Namenszusatz des Kontos: ‚F. B.‘ – wie Franz Beckenbauer. (…) Hat Beckenbauer damals ins Fernsehrechte-Geschäft investiert – und sich ein Darlehen dafür später vom WM-Organisationskomitee (OK) tilgen lassen, dessen Chef er war? Diesem Verdacht geht nach SZ-Informationen die Staatsanwaltschaft Frankfurt nach. (…) Am 22. Mai 2002, damit geht es los, wird ein Agreement signiert zwischen der SKK/Rofa, die Beckenbauer vermarktet und Schwan gehört, und der Firma Kemco des Skandalfunktionärs Bin Hammam in Katar. Beckenbauer und Schwan nehmen bei einer Bank in Kitzbühel ein Darlehen auf. Zwischen dem 29. Mai und dem 8. Juli 2002 fließen über eine Anwaltskanzlei sechs Millionen Franken zu Bin Hammam. Verwendungszweck laut Überweisung? Nein, nicht etwa ‚Vorschuss für WM- Zuschuss‘ – sondern der Erwerb von TV-Rechten für die Asien-Spiele 2006. (…) Am 20. August 2002 fließen zehn Millionen Franken von Louis-Dreyfus an besagte Kanzlei, dort wird die Summe geteilt: sechs Millionen zurück zu Beckenbauer, vier an Kemco. Somit sind nun zehn Millionen bei Bin Hammam angekommen. (…) Während 2002 die Zahlungen fließen, steckt die Kirch-Gruppe in Existenznot. Im Frühjahr melden ihre Gesellschaften Insolvenz an. In einem Schweizer Ableger, der KirchSport AG, werden rasch die TV-Rechte an den WM-Turnieren 2002 und 2006 gebunkert – die Kronjuwelen. Auch für die Fifa sind sie überlebenswichtig. Existentielle Verluste drohen, Präsident Sepp Blatter steht intern unter Druck. Im Oktober 2002 erhält ein Konsortium unter Führung von Louis-Dreyfus den Zuschlag für KirchSport, die Agentur wird Monate später in Infront umbenannt und ist bis heute ein großer Player am Markt. Die vormaligen Kirch-Manager Günter Netzer und Oscar Frei sind damals dabei, und vor allem vier Mehrheitsaktionäre: Louis-Dreyfus, die Deutschen Christian Jacobs und Martin Steinmeyer – sowie Scheich Saleh Kamel. Der saudi-arabische Milliardär ist ein Geschäftsfreund Bin Hammams und 2002 ein wichtiger Wahlhelfer für Sepp Blatter in der Fifa. (…) Tatsächlich waren Radmann, Bin Hammam und Kamel eng verwoben. Schon im Jahr 2000, rund um die WM-Bewerbung, versprachen die Deutschen ihrem wichtigsten Wahlhelfer Bin Hammam, sich für ihn einzusetzen. Der Funktionär wollte die TV-Rechte an der EM 2004 für die Firma Arab Radio and Television (ART). Die gehört Kamel. Der Deal klappte nicht. Aber für Kamel gab es Trost: Er durfte bei der neuen Infront einsteigen. Wie sich nun aus den Akten ergibt: auch dank Radmann. Radmann wiederum hat an der ART gut verdient: 1,7 Millionen Franken erhielt er im Oktober 2002, angeblich für die Hilfe bei Vertragsabschlüssen. Und auch die neue Infront gab Radmann einen Beratervertrag: 250 000 Dollar jährlich. (…) Doch die neuen Erkenntnisse haben noch eine andere Qualität. Demnach hätte das WM-OK im Jahr 2005 schlicht einen Millionen-Privatkredit seines Cheforganisators getilgt. Beckenbauer kauft TV-Rechte, der DFB zahlt? Ohne dass das jemand durchschaut? Das Sommermärchen hält wohl noch weitere Rätsel bereit. Franz Beckenbauer, der jegliches Fehlverhalten bestreitet, ist im Frankfurter Steuerverfahren nur Zeuge. Wichtiger dürfte für ihn sein, wie die Bundesanwälte in Bern die Wendung beurteilen. Sie führen ein Verfahren wegen des Verdachts auf Betrug, Untreue und Geldwäsche – auch gegen Beckenbauer persönlich“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Franz im Wunderland, in SZ 11.11.2017).
Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Franz Beckenbauer;
Fußball-WM 2006: Blatters WM-Kabinett 2000 – und was daraus wurde
Quellen:
Bossmann, Berries, WM 2006: Machtverlust für Fedor Radmann, in welt.de 2.4.2003
Der Fall Radmann, in Berliner Zeitung 4.6.2003
Fedor Radmann räumt Provisionen ein, in Berchtesgadener Anzeiger 9.9.2010
Holte die Russen-Mafia die Spiele nach München? in faz.net 25.5.2014
Ide, Robert, Schuller, Moritz, In Treue zum Kaiser, in tagesspiegel.de 17.6.2005
Jungwirth-Urteil: Fünf Jahre Haft bestätigt, in diepresse.com 12.7.2013
Kistner, Thomas
– Neuer Job für Radmann, in SZ 3.6.2003
– Zwanziger für Radmann, in SZ 4.6.2003
– Plötzlich weg von der Bildfläche, in sueddeutsche.de 10.12.2008
– Perlen für den Vorstand, in SZ 3.7.2010
– Peinliches Kulissengeschacher, in SZ 17.10.2010
Kreuzer, Heinz Peter, Außer Kontrolle, in dradio.de 5.5.2012
Munich 2018 and abold – a successful cooperation … www.abold.de 19.7.2011
Olympia: Was kann München von Sochi lernen, Herr Abold? www.abold.de
Olympiaaffäre: Neun Verdächtige, in Salzburger Nachrichten 2.10.2010
Radmann wünscht Blatter die Chance auf Neubeginn, in focus.de 16.7.2012
Russische Mafia gegen Olympia in Salzburg, in salzburg.orf 25.5.2014
Schulze, Ludger, Drei Säulen auf dem schwarzen Rasen, in SZ 27.4.2001
Wer ist Fedor Radmann? in sbgv.orf.at 12.3.2006
Wikipedia
Winterfeldt, Jörg, Beckenbauers Freund soll Salzburg Olympia bescheren, in welt.de 11.3.2006
Weinreich, Jens
– Radmann ist Radmann, in Berliner Zeitung 27.3.2003
– Im Reich des Bösen, in Berliner Zeitung 12.3.2004
– Gerücht um geheime Millionen, in nzz.ch 1.7.2010